Fortschritte

Auf der einen Seite fühle ich mich nach der Ochsentour des Infekts Anfang November endlich wieder gut. Freilich, ich merke, dass mich die zwei Wochen mit nur Spazierengehen, weitere zwei Wochen wirklich langsam machen und danach nochmal zwei Wochen ohne strukturiertes Training (und vor allem ohne harte Belastungen) sehr viel von meinem Trainingsstand gekostet haben. Ob es jetzt „volle Kanne“ in das Marathon-Training geht, hängt auch davon ab, wie gut ich mich nach ersten Versuchen mit Schlüsseleinheiten fühle. Aber es geht wieder besser – obwohl ich deutlich merke, wie gesagt, wie tief runter der Trainingsstand nach den besagten sechs Wochen ist.

Auf der anderen Seite mache ich bei etwas anderem Fortschritte: Ich habe mich weiter mit dem Thema „Widerstandskraft“ als Schätzer für die Schwere einer Aktivität unabhängig von der Leistung meines „Motors“ befasst. Für die Charakterisierung der Leistungsfähigkeit meines Herz-Kreislauf-Skelettmuskel-Systems benutze ich ja das PRAPP (inzwischen verbessert zum sbPRAPP, steigungsbereinigtes Puls-Reserve-Ausnutzungs-Pace-Produkt) beim Laufen und den PRAGQ (Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient) beim Radfahren sowie die pApzH (physikalische Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag. In den letzten Wochen habe ich mehr und mehr auch mit etwas gespielt, bei dem sich die Leistung meines Herzen herauskürzt: gemessene Leistung dividiert durch Geschwindigkeit. Dieser Wert hat die Dimension einer Kraft und ich nehme das nun als eine Summe generalisierter Widerstandskräfte.

Um Fortschritte zu machen, habe ich mir die Komponenten, in die ich diese generalisierte Widerstandskraft zerlegen will, mal aufgeschrieben. Über die Hubarbeit und die Hubarbeits-Rückgewinnung habe ich ja schon geschrieben, Anfang der Woche bzw. am vergangenen Wochenende. Nun habe ich auch mal angefangen, mit dem geschwindigkeitsabhängigen Luftwiderstand beim Radfahren und mit der nicht voll zurückgewinnbaren Hubarbeit pro Schritt beim Laufen herumzuspielen:

Selbstverständlich werde ich den cw-Wert, die effektive Fläche Aeff und dergleichen nicht exakt bestimmen können, dafür müsste ich einen Laborversuch im Windkanal machen. Aber der Anspruch ist auch gar nicht, diese Einzelfaktoren zu bestimmen bzw. zu entfalten, sondern phänomenologisch das Produkt aus Luft- und Rollwiderstand für die einzelnen Räder oder Gespanne zu charakterisieren. Ebenso ist die genaue Mechanik und vor allem Dynamik der Laufeffizienz analytisch zu verstehen, also von den mit nicht voll bekannten Unsicherheiten behafteten Messgrößen auf die „generalisierte Widerstandskraft“ zu schließen, wohl überambitioniert und nicht mein Ziel.

Ich gehe also nicht wie die SI-Einheiten bei der Aktivität radioaktiver Stoffe vor – in Becquerel, also Zerfällen pro Sekunde. Nein, ich arbeite nach dem Prinzip, mit dem die erste Aktivitätseinheit definiert wurde, das Curie – es ist eine relative Größe: Ein Curie ist die Aktivität eines Gramms reinen Radiums.

Kurz: Ich schaffe mir relative Größen der Widerstandskräfte, versuche eher, Abhängigkeiten in qualitativer Weise und relativen Größen zu verstehen, als dass ich absolute Werte quantitativ ableiten möchte. Das reicht für meine Zwecke. Wenn ich nun nämlich am Ende des Tages Hubarbeit (durch Anstiege während meiner Fahrten oder Läufe), Rückgewinnung von Hubarbeit (bei Abfahrten oder beim Runterlaufen), Luft- und Rollwiderstand in Abhängigkeit vom Tempo und Laufwiderstand in Abhängigkeit von Laufeffizienz-Werten verstehen und rausrechnen kann, will ich mal schauen, was am Ende übrig bleibt. Beim Radfahren würde ich unterstellen, dass dann „netto“ Rücken- und Gegenwindeffekte stehenbleiben. Wenn ich also die gemittelten, modellierten, generalisierten Widerstandskräfte (Anstiege, Luft- und Rollwiderstand, Laufeffizienz) von Leistung geteilt durch Geschwindigkeit abziehe, bekomme ich etwas heraus, für jeden Lauf und jede Radfahrt. Wenn bei den Radfahrten dieser Wert sehr stark mit der Windrichtung bezogen auf meine Fahrtrichtung korreliert, ist das ein Indiz, dass Rücken- bzw. Gegenwind für die Schwierigkeit einer Radfahrt der dominierende Aspekt ist. Wenn der Zusammenhang eher vage ist, dann kann ich nochmal gucken, ob mein Verfahren stimmt – und mich zugleich auf die Suche nach anderen Einflussfaktoren machen. Ähnliches gilt dann auch für’s Laufen.

Um die Effekte einigermaßen entfaltet zu bekommen, habe ich nun erstmal angefangen, mir Ideen für alle Effekte zu beschaffen, indem ich die obigen Diagramme erstellt habe – Effekte von Geschwindigkeit, Anstieg (siehe oben verlinkter Post) und Laufeffizienz. An die Daten meiner Läufe und Radfahrten anpassen werde ich das Modell dann „alles in einem“, um nicht einen Teil der Geschwindigkeitsabhängigkeit mit der Hubarbeits-Korrektur wegzufitten – und um nicht den Effekt verschiedener Fahrräder als einen generellen Geschwindigkeitseffekt fehlzuinterpretieren. Denn eines ist klar: Mit dem „Green Scooter Killer“ (grün im Diagramm) fahre ich im Mittel weit schneller, aber auch widerstandsärmer und mit geringerem Gewicht als mit dem „Red Flash“ (rot). Noch schlechteren Luftwiderstand und mehr Gewicht bringt dann die Kombination des „Red Flash“ mit dem als „Greyhound“ bezeichneten Hänger ein. Betrachtet man also im oben gezeigten Diagramm in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit alles unabhängig vom Fahrrad, könnte man denken, dass die generalisierte Widerstandskraft (Leistung durch Geschwindigkeit) um so geringer wird, je schneller ich fahre – was aber offenkundig Quatsch ist. Deswegen muss man das nach verwendetem Fahrrad oder Gespann differenzieren – der zugrundeliegende Effekt ist aber derselbe. Somit kann ich den generellen Zusammenhang modellieren und den generalisierten Widerstandsbeiwert meiner Räder als weiteren Parameter meines Modells fitten, wenn ich es denn mal richtig parametrisiert und eine Fit-Funktion dafür geschrieben habe.

En passant kam dabei noch eine Notwendigkeit heraus, einen weiteren Aspekt von Läufen und Radfahrten in der Datennahme mit zu erfassen, aber davon hoffe ich, morgen etwas schreiben zu können – oder vielleicht auch erst nächste Woche, da ich morgen in Rheinzabern bei der Winterlaufserie laufe.

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