[KuK] New Charles‘ Rest

Ich bin gestern Abend in meinem beschaulichen Karlsruhe das erste Mal an der (zugegeben einzigen) Station, an der das möglich ist, aus der U-Bahn (naja eigentlich eine Straßenbahn, die mit dem grün hinterlegten „S“ so tut, als sei sie eine S-Bahn) ohne das Freie zu betreten in die Shoppingmall ausgestiegen.

Das fühlte sich nach London, mindestens Hamburg, Frankfurt, Berlin oder München an… oder halt nach USA.

Da dachte ich fast, in „New Charles‘ Rest“ zu sein, nicht in Karlsruhe.

Carless Talk

Vielleicht kennt Ihr es, vielleicht auch nicht: „Careless Talk“ von Billy Joel, veröffentlicht auf dem Album „An Innocent Man“. Ich mag dieses Lied sehr gerne – im Titel des Beitrages habe ich mich aber dennoch nicht vertippt. Denn auch wenn es bereits sehr konkret wurde, nun ist es final, offiziell und tatsächlich der Fall:

Wir sind autolos.

Man kann tatsächlich sagen, dass es ein wilder Ritt war da hin. Vor etlichen Jahren fuhren mein Mann und ich nach Karlsruhe, um irgendwas in der Stadt zu tun. Damals pendelte ich mit dem Auto nach Stuttgart zur Uni, mein Mann ebenfalls mit dem Auto zu seiner Arbeit. Er fuhr täglich zehn Kilometer hin und wieder zurück, bei mir waren’s 86 – eine Strecke. Wir waren das Autofahren gewohnt, beide. Mein Mann blinkte, um einzuparken, und mit aufheulendem Motor schoß ein Lieferwagen an uns vorbei – das kam so unerwartet, dass er nicht mehr reagieren konnte. Da aber der Wagen schon vor uns war und somit der Kotflügel seines Autos und die Seite des Lieferwagens beschädigt worden war, und die Versicherung der Gegenseite sich streitig stellte, bekam er vor Gericht eine Teilschuld. Ich glaube, an dieser Stelle ist bei ihm sehr schnell und nachhaltig, bei mir aber auch langsam etwas an unserer Beziehung zum Autofahren zerbrochen. Das war eine Zeit, in der ich noch nicht wieder viel lief und gar nicht Rad fuhr, er das Rad auch wenig benutzte.

Im Laufe der Jahre sind viele Entwicklungen passiert, und dennoch: Ich würde den Anfangspunkt auf diesen Unfall legen. Da wurde für uns vieles in Frage gestellt, vieles an diesem Leben, in dem das Auto und der rücksichtslose, hektische und teils auch völlig unreflektierte Umgang damit selbstverständlich sind. Es mag peinlich sein, dass es nicht das Ökologische war, das für uns das Umdenken ausgelöst hat, aber in den folgenden Entwicklungen schwang auch der ökologische Aspekt stets und gewann mit jeder Entscheidung weg vom Auto mehr Betonung in unserer Motivation. Zuerst schaffte er sich ein Pedelec an, um auch ohne Dusche auf Arbeit dorthin ohne Auto pendeln zu können. Er fuhr nun also mit dem Rad oder dem Pedelec zur Arbeit, sein Auto verkauften wir, meines blieb noch in unserem Besitz – wurde aber weniger gefahren, da ich durch einen Stellenwechsel meine Pendelstrecke reduzierte – zuerst auf die Hälfte, ein halbes Jahr später mit abermaligem Wechsel auf nur noch 20 Kilometer. Ich pendelte meist mit der Bahn, gelegentlich auf Laufschuhen zur Arbeit. Ende 2019 begann ich das Radfahren wieder, Anfang 2020 wurde das Fahrrad mein bevorzugtes Pendel-Verkehrsmittel. Unser Auto diente nur noch für den Wocheneinkauf und gelegentlich zum Fahren in den Urlaub, wobei die ganz weiten Strecken auch zunehmend lästig erschienen und wir mehr und mehr mit der Bahn fuhren, wenn so etwas anstand.

Die Pendelstrecken waren somit für uns autofrei seit 2018 – mit den Gepäcktaschen an meinem Alltagsrad (statt Rucksack) entstand die Idee, mit dem Rad einzukaufen, aber Getränkekästen blieben ein Problem. Das Alltagsrad hatte ich im Januar 2021 angeschafft im März 2021 kam dann der Fahrradanhänger dazu, und Getränkekästen waren kein Problem mehr. Für uns begann der Alltagstest des Projekts „ohne Auto“.

Es hat also nichts mit den aktuell hohen Benzin- und Dieselpreisen zu tun, dass wir es nun final gemacht haben. Wir haben unser Auto, den kleinen Toyota Aygo, nunmehr verkauft. Liebe Freunde, bei denen es nicht ohne Auto geht, haben ihn übernommen und ihr größeres, weniger sparsames Fahrzeug abgeschafft. Vor drei Wochen war der Alltagstest abgeschlossen, nach zwölf Monaten war klar: Das Auto wird nicht mehr gebraucht. Wir hatten dann mehrere Optionen geprüft und letztlich einen privaten Verkauf bevorzugt. Am gestrigen Samstag holten wir, in der letzten Fahrt des Aygo in unserem Besitz, die Freunde vom Bahnhof ab, nachdem wir gemeinsam beim Park Run in Karlsruhe waren – ausnahmsweise und letztmalig mit dem Auto.

Vor etwas mehr als einer Stunde ist unser ehemaliges Auto davon gefahren. Nach einem Jahr Test, ob es ohne geht, ERFOLGREICHEM Test, DASS es ohne geht, war immer noch dieser kleine Gedanke: „Und was wenn…?“ dabei, als wir die Rücklichter um die Ecke verschwinden sahen. Vor allem aber war das erleichterte Gefühl, kein Geld mehr für Steuer, Versicherung und Wartung eines Gefährts zu zahlen, das hier eh nur herumsteht, davon nicht besser wird und nicht benutzt wird. Das erleichterte Gefühl, im Hof mehr Platz zu haben, auch eine Ecke in der Garage, in dem die Winter- bzw. Sommerkompletträder lagerten, freigeräumt zu haben.

Es ist getan. Von einem Auto-Pendler mit zweimal zehn Kilometern am Tag und einer Auto-Pendlerin mit über 35.000 Kilometern im Jahr sind wir zu einem autofreien Haushalt geworden, in dem fünf Fahrräder genutzt werden, gegebenenfalls ÖPNV oder im Notfall auch Taxi die seltenen Gelegenheiten, wenn’s nicht mit dem Rad geht, einspringen können – aber gebraucht haben wir das in den zwölf Monaten, die wir getestet haben, de facto nicht.

Gestern sprach ich mit einigen Verwandten auf einer Feier. „Ich kann mir das nicht vorstellen ohne Auto.“, „Manchmal würde ich schon gerne mit dem Auto losfahren.“, „Es ist halt so bequem mit dem Auto.“, das waren Dinge, die mir gesagt wurden. Auch das Argument, bei großen Einkäufen würde man es doch vermissen, habe ich gehört. Dass das Wocheneinkaufen mit dem Anhänger bei einer gewissen Gebrechlichkeit nicht mehr geht, war ein Argument, dass dann aber gleich von einem „Ich kaufe dann halt einen Tag Milch, den anderen Tag Mehl, ich habe ja Zeit.“ abgemildert wurde. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, ein wenig mischte Unglauben, dass wir wissen, was wir tun, mit dem Bedürfnis, zu rechtfertigen, dass man selbst nicht ohne Auto kann oder will. Das Auto ist mehr in unseren Köpfen als tatsächlich nötig. Es ist durch Lebensweise und Alternativen bereits in vielen, gut erschlossenen Gegenden weit weniger nötig, als man das denkt – aber da ist noch ein weiter Weg zu gehen, an vielen Orten.

Wir allerdings haben uns mit den zugegebenermaßen privilegierten Gegebenheiten im Bereich Karlsruhe/Rastatt arrangiert. Rad, ÖPNV und ggf. Miet- oder Carsharing-Wagen sowie Taxi genügen für den Alltag, die Bahn oder Mietwagen für weitere Reisen. Wir haben unsere persönliche Autokorrektur getestet, sie funktioniert und somit haben wir sie vollzogen.

Wir sind autolos. Und das ist auch gut so!

U-Strab – Touristenmodus

Vor gar nicht allzulanger Zeit war die Karlsruher Straßenbahn – genauer: Die Kombination aus Stadtbahn und Tram mein Pendel-Verkehrsmittel schlechthin. Hin und wieder lief ich stattdessen ins Büro oder nach Hause, aber in aller Regel fuhr ich mit der S7 oder der S8 vom Bahnhof Bietigheim bis zur Haltestelle Kronenplatz (Fritz-Erler-Straße) und von dort dann wieder zurück. Nachdem ich im Jahr 2019 im Dezember das Radeln wieder angefangen habe, und dann im März 2020 die ganze Corona-Problematik anfing, fuhr ich nur noch per Fahrrad zur Arbeit, die Straßenbahn mied ich. Erst recht, als unser Büro in die Karlstraße umzog und ich hätte umsteigen müssen – da war das Rad dann attraktiver.

So war es eher eine touristische Aktion, sich gestern die neue U-Strab anzuschauen. U-Strab, das ist der Karlsruher Kurzcode für „U-Straßenbahn“ und bezeichnet das „T“ von Gleisen im Zentrum der Stadt, die vom Mittelstreifen der vielbefahrenen Ettlinger Straße sowie aus der Fußgängerzone heraus verlegt wurden – aber nicht horizontal, sondern vertikal nach unten. Somit ist nun zwischen dem Durlacher Tor, dem Kongresszentrum und dem Mühlburger Tor ein unterirdisches Gleis-T in Betrieb gegangen, mit unterirdischen Stationen an den drei genannten Stellen sowie am Ettlinger Tor, dem Kronenplatz und dem Europaplatz. Die Haltestelle Herrenstraße fiel dabei weg. Außerdem wurde die verwinkelte Routenführung der Tram 5 am Nordrand der Südstadt oberirdisch gelassen, aber auf die Kriegstraße verlegt, wo nun die vielbefahrene Autostraße in den Untergrund kommt.

Gestern war ich zum Impfen in der Stadt, und da haben meine bahnverrückte Schneeleopardin Xue und ich die neue Haltestelle am Gleisdreieck Marktplatz sowie die U-Strab im allgemeinem mal etwas erkundet. Und wie soll ich sagen: Ich find’s großartig, es ist richtig schön geworden!

[KuK] Die Expertin sagt…

Xue begutachtet meinen Impfpass.

„Mau wurde gepiekst“, sagte Xue. „Hoffentlich denkt sie dran, ihren Rucksack wieder mitzunehmen, wenn wir gleich zurückfahren. Das große Abenteuer ist noch nicht lange genug her, dass ich ein neues brauche. Erst recht nicht, wenn Rocky nicht dabei ist!“ Danach sinnierte die kleine Schneeleopardin über drei verschiedene Impfstoffe – aber recht schnell verlor sie das Interesse und war mit den Gedanken wieder bei Karlsruhes neuer U-Straßenbahn.

Xue mit ihrem Ticket bei der Einfahrt in die U-Station Ettlinger Tor.

Manchmal kommt es anders…

Es war geplant, dass mein Rad zum Ersetzen der Bremsklötzchen kommende Woche Donnerstag in die Werkstatt meines Radhändlers kommt. Den Termin hatte ich ausgemacht, und eigentlich war er mir fast ein bisschen lang hin, aber diese Woche hatte mein Händler Urlaub.

Indes, es kam anders. Freitagfrüh radelte ich in Richtung Arbeit, in der Absicht, einen sportlich halbwegs ruhigen Arbeitstag zu verbringen – ohne große Umweg hin- und zurückradeln, in der Mittagspause einen lässigen Zehner laufen. Rückblickend war das Gefühl unter meiner Vordergabel schon ab Durmersheim komisch, aber spätestens in Mörsch war klar: Mein Vorderrad verliert Luft. Bäm, der erste Platte meiner wiedergeborenen Radfahrkarriere. Donnerstag erst hatte ich von einem befreundeten Läufer und Radler aus der Pfalz über eine abgebrochene Tour wegen eines Platten gelesen, nun war ich dran. Aber ich fahre ja nicht in der Wildnis: Ich schob mein Rad zur Haltestelle Rösselsbrünnle, hatte meine Fahrt nach 8,5 Kilometern plattfußbedingt abgebrochen. Meinen Buff zog ich über Mund und Nase, als Maske, die Maske mit den Spaghettiträgern hinter den Ohren ließ ich im Rucksack – wie die Stoffbedeckung über Mund und Nase gehalten wird, ist ja für die Wirkung egal. Nur DASS man Mund und Nase bedeckt, ist inzwischen auch auf den Bahnsteigen des KVV Pflicht, und da ich mir wirklich Sorgen über dieses blöde Virus mache, gab es da auch keine Frage meinerseits, ob der Sache zu folgen war…

Nur eine andere Sache verschwitzte ich völlig. Ich habe eine Jahreskarte, muss also nicht drüber nachdenken, wenn ich in eine KVV-Bahn einsteige, Mund und Nase hatte ich bedeckt, ansonsten war mein Kopf von der Frage beherrscht, wo ich in Karlsruhe während meiner Arbeitszeit und in der Zeit, in der mein Radhändler urlaubsbedingt zu hatte, einen neuen Schlauch draufmontiert bekommen würde. Da kam der Kontrolleur auch schon auf mich zu – als er auftauchte, wurde mir klar: Oh Mist, ja, in der Zeit von sechs bis acht braucht Dein Rad ein eigenes Ticket – halt, nein, es ist nach acht – ach verdammt, das gilt von sechs bis NEUN, nicht von sechs bis acht.

Schon wurden meine Personalien aufgenommen, ich bekam einen Überweisungsträger (halt, einen Überweisungsträger? Finsteres Mittelalter!) in die Hand gedrückt. 20 Euro soll’s kosten, aber der Kontrolleur dokumentierte auch noch meinen Platten und meinte, ich solle beim KVV anrufen und fragen, ob ich unter diesen Umständen vielleicht mildernde Umstände bekäme, da ich mir sonst nichts zuschulden habe kommen lassen.

Nicht unbedingt bester Laune kam ich auf die Arbeit. Aber dann entwickelte sich die Situation wieder in eine andere Richtung: Der KVV hatte die Meldung noch gar nicht vorliegen, Dienstag darf ich nochmal anrufen. Vielleicht zahle ich die 20 Euro einfach, die ganze Zeit dran zu denken, da nochmal anrufen zu müssen, kostet mich mehr Nerven, als diese 20 Euro wert sind. Beim Büro um die Ecke gibt’s zudem einen Gebrauchtradhändler mit Werkstatt, der mir am Telefon auf meine Terminanfrage völlig irritiert beschied, ich solle einfach vorbeikommen – und mir dann gleich noch sagte, er könne mir die Bremsklötze tauschen, den zweiten Schlauch noch angucken, Rahmen und vor allem auch Kette und Zahnkränze reinigen…

Nun habe ich neue Bremsklötze, einen neuen Schlauch im vorderen Laufrad, ein (nach der Rückfahrt nicht mehr ganz so) sauberes Rennrad und immer noch einen Wartungstermin kommende Woche… allerdings hat mir nun eine Freundin einen Floh ins Ohr gesetzt: Kombipedale! Vielleicht nutze ich den eh vereinbarten Termin dann, um mich mal bezüglich einsteigerfreundlicher und weiterhin neben dem Klick-System auch ohne solches benutzbarer Pedale und passender Schuhe beraten zu lassen – und das dann gleich umzusetzen.

Manchmal kommt es anders… und man kann das beklagen, oder auch umarmen und nutzen.

Das ist DAS Wetter…

… um zu zeigen, dass man bei fast jedem Wetter Rad fährt. Heute früh stürmte es, aber da war es Rückenwind. Heute Nachmittag dann, auf der Heimfahrt, war das Gegenwind. Nasser Gegenwind. Die Wege und Straßen waren nass, der Sand spritzte unter den Sattel, auf meinen Hintern, auf die Unterseite meines Rucksacks. Eine Sauerei!

Vermutlich habe ich – weil ich recht schnell aufspritzte, als ich aufgerufen wurde – bei meiner Frauenärztin dreckigen Sand auf dem Stuhl im Wartezimmer hinterlassen, da ich auf dem Heimweg noch ein Rezept holen war. Ich glaube, mit dem Radhelm auf, das Radhelm-Rücklicht noch an, habe ich auch einige andere Patientinnen irritiert. Aber hey, wenn man mit dem Rad zur Arbeit bzw. von der Arbeit heim fährt und unterwegs Dinge erledigt, dann sieht man halt aus… naja, wie eine Radlerin!

Jedenfalls habe ich mich von Gegenwind mit (laut Strava) im Mittel 24,6 km/h nicht abbringen lassen, auch nicht von Regentropfen, die mir in diesem Tempo entgegenkamen, nicht von Ästen und Blättern und Nässe auf den Wegen. Ich plane eigentlich nicht, dieses Jahr nochmal länger auf den ÖPNV für die Fahrt zur Arbeit umzusteigen, der Plan ist, den Winter mit dem Rad durchzufahren, wenn es irgendwie geht. Das tut mir gut, meinen Laufleistungen und auch der Umwelt. Den ÖPNV lasse ich allerdings nicht im Regen stehen, denn ich will ja auch nicht, dass mich die Bahnen des KVV im Regen stehen lassen – mein Monatsticket für’s gesamte KVV-Netz kaufe ich weiterhin.

Aber wenn es irgend geht, nutze ich es nur als Notnagel. Denn mein Verkehrsmittel ist das Fahrrad – in voller Inbrunst, auch wenn ich erst seit 01.12.2019 wieder Rad fahre.

Hybrid-Dienstreise

Die Strecken meiner „Hybrid-Dienstreise“, zumindest die mit dem Fahrrad.

Wie vorgestern schon angerissen, habe ich gestern Außentermine mit dem Fahrrad und der Bahn erledigt. Mit der Bahn allein wäre das nicht möglich gewesen – denn die beiden Termine, die ich hatte, waren doch ein ganzes Stück auseinander. Also brauchte ich ohnehin ein Fahrrad – und konnte mir somit den Transfer zu Fuß zum Bahnhof in unserem Ort und per S-Bahn nach Karlsruhe sparen. Nur die vollen 50 Kilometer von Zuhause zum Zielort, die wollte ich nicht am Morgen vor dem Termin radeln. Daher wurden es 22 km zur Bahn, ca. 25 km mit der Regionalbahn und 5 km von der Bahn zum ersten Termin, dann nochmal in der Mittagspause in zwei Abschnitten 5 km zum zweiten Termin – und schließlich fast 55 Kilometer nach Hause.

Die einzige Alternative, wie die Termine schaffbar gewesen wären, wäre mit dem Auto gewesen. Mit halbwegs guter Erreichbarkeit mittels ÖPNV wäre mir das als Verschwendung vorgekommen – und so war das Rad in Verbindung mit dem ÖPNV doch die effizienteste Alternative.

Ich muss gestehen, etwas skurril fühlte es sich schon an, eine Dienstreise mit dem Fahrrad zu machen. Das habe ich zwar schonmal gemacht, da ging es aber um „nur“ zehn Kilometer vom Büro aus, und das fühlte sich nicht ganz so verrückt an. Ich weiß allerdings gar nicht, WARUM es sich so verrückt anfühlen sollte, denn ich hatte all mein nötiges Zeug dabei: die fraglichen Dokumente, Wegbeschreibungen, persönliche Schutzausrüstung, Wechselklamotten (Radsachen und „gute“ Kleider für die Interaktion mit denen, die ich besuchte). Es ist nur so unglaublich „drin“, dass man Dienstreisen mit dem Auto macht, schon bei Dienstreisen oder Dienstgängen mit dem ÖPNV denke ich manchmal: „Hmm, das ist super-komfortabel, ökologisch sinnvoll und nicht falsch, warum fühlt es sich dann so an, als würde ich was Skurriles tun?“ Beim Radeln zu Terminen ist das noch ausgeprägter.

Wahrscheinlich geht es nicht nur mir so. Freilich, mit dem Rad da anzukommen, die vom Helm zerzausten Haare zu kämmen und zusammenzubinden und irgendwo zwischendrin von sportlich nach seriös zu wechseln, in der Klamottenhülle, das ist ungewohnt. Zumindest aber, wenn es um geistige Arbeit geht – egal, ob nun behördliche wie bei mir oder Beratertätigkeit – ist nicht viel zu transportieren, das schwer oder unhandlich wäre. In diesem Sinne: Das mache ich mal wieder! Man lernt ja mit der Zeit auch dazu, wie man „trotz des Radelns“ das professionelle Auftreten beim Außentermin noch mehr optimieren kann.

Nach nunmehr 87 Gesamtkilometern gestern, zwei mehrstündigen Außenterminen und einer kurzen Pause dazwischen war ich allerdings brotfertig und freute mich sehr auf mein Bett. Mental fertig bin ich aber ohnehin nach Terminen in fremder Umgebung, wo man auf so viel achten und sich auf neue Leute einstellen muss – und das habe ich mit dem Rennradfahren nach Hause fast schon weggesportelt gehabt. Radfahren und Laufen lüften einfach den Kopf ganz schön aus!

[KuK] Zwischenbilanz

Seit Februar sind da Dinge mit der Corona-Sache im Busch. Ich war ja bisher neben der Läuferin auch recht massive ÖPNV-Nutzerin…

… seit Anfang März saß ich quasi nicht mehr in der Bahn. Ich hatte dreimal Teilstrecken per Bahn zurückgelegt. Warum? Zweimal war mir nach 15 Kilometern echt der Elan für’s Laufen ausgegangen und ich fuhr den Rest per Straßenbahn vom Entenfang in die Innenstadt – und einmal bei Regen und Sturm nach ich ab der Rheinhafenstraße in Karlsruhe bis nach Mörsch die Straßenbahn.

Ich bin also seit zwei Monaten nicht mehr ernsthaft S-Bahn zur Arbeit gefahren, sondern habe jeweils mindestens die Hälfte jeder Strecke per Laufen oder Rad zurückgelegt – und an jedem Tag bin ich mindestens eine der Strecken vollständig gelaufen oder geradelt.

Das hätte ich mir nicht träumen lassen, als ich im Dezember wieder Fahrrad zu fahren begann und als Ende Januar das mit Corona aufkam. Aber beides in Kombination hat mich echt dazu gebracht, wirklich massiv von elektrischem Antrieb (S-Bahn) meinen Arbeitsweg wieder größtenteils über Verbrennungsmotor zu bestreiten. Aber über Glykogen- und Fettsäuren-Verbrennungsmotor: Muskeln. Das fühlt sich ganz schön krass an!