Der entstressende Fatalismus des Bahnpendlers

Flexibilität ist eine tolle Sache, Navigation auch. Aber jederzeit mit dem Auto eine potentiell schnellere Route nehmen zu können und von der Navigation zu hören, dass eine andere schneller gewesen wäre, macht mir Stress. Ich bin dann selbst dafür verantwortlich, dass ich zu spät bin, weil ich ja Störungen vorhersehen und umfahren hätte können …

Ist vielleicht albern und unnötig, aber ich reagiere unwillkürlich so.

Wenn ich dagegen die Bahn verpasse, bin ich zwar auch selbst dafür verantwortlich, aber rudere nicht wild, etwas schneller die verlorene Zeit aufzuholen – weil es absolut nichts bringt. Der Fahrplan steht, Verzögerungen und Ausfälle liegen außerhalb dessen, was ich beeinflussen kann. Es ist dann so, ich akzeptiere es und nehme die nächste Bahn.

Vielleicht bin ich – trotz der sieben Jahre 85km-Auto-Pendelstrecke – einfach nicht für’s Autofahren gemacht. Nicht, weil ich schlecht Auto fahren würde. Sondern weil mir die Gelassenheit fehlt, zu akzeptieren, dass die Grenze zwischen beeinflussbaren Verzögerungen und solchen, die einfach gegeben sind, für den Autofahrer fließend sind.

Kein Spaß, Mann!

Gestern verschlug es mich dienstlich mal wieder auf die Bundesautobahn 8. Ich war vom Büro in Bruchsal mit einem Ford S-Max Richtung Stuttgart unterwegs, hatte das Karlsruher Dreieck bereits hinter mich gebracht und fuhr ohne Hast auf der linken Spur aus dem Pfinztal hinauf Richtung Pforzheim. Wie immer auf der dreispurigen Richtungsfahrbahn mit einiger Steigung waren die beiden rechten Spuren von LKW und langsamen anderen Fahrzeugen eingenommen – die rechte mehr, die mittlere etwas weniger. Es regnete, mal mehr, mal weniger, der Himmel war grau, der Verkehr lief langsam, aber zunächst scheinbar beständig. Mit etwas Abbremsen vor LKW, die auf der mittleren Spur den Berg hinaufschnauften, und etwas mehr Tempo in den Lücken dazwischen war durchaus eine gewisse Schwingung im Tempo – aber das ist ja so weit nicht schlimm. Wenn ein etwas schnellerer LKW auf der mittleren Spur fährt, scheren ja immer einige aus, die das Rechtsfahrgebot etwas strenger nehmen, während andere bei weniger als 200 oder 300 Meter hintereinander fahrenden, etwas schnelleren LKW das nicht für lohnenswert halten, und die Ausscherer mit den Spurhaltern zu verheiraten, das kostet eben etwas Tempo.

Wenn, ja wenn die Ausscherer nur dort auf die linke Spur ausscheren, wo es geht. Denjenigen, der einfach „herausgeschnibbelt“ ist, wie meine Großmutter das gesagt hätte, habe ich nicht gesehen. „Herausschnibbeln“ meint dabei das „Schneiden“ eines anderen Fahrzeugs, also das Wechseln auf eine andere Spur, auch wenn die Lücke zu kurz und insbesondere der Abstand zum künftigen Hintermann zu gering ist. Jedenfalls bremste, sehr wahrscheinlich aufgrund eines solchen „Herausschnibbelns“ einige Fahrzeuge vor mir der Lieferwagen vor mit plötzlich massiv ab. Ich hatte mich zwar bemüht, aber wie alle um mich herum hatte ich nicht den Abstand gehalten, den ich hatte halten wollen – und so schaffte ich es mit gerade noch einem halben Meter Abstand zum Heck des Vordermanns, meinen Dienstwagen zum Stehen zu bringen. Bei meinem Hintermann war’s noch knapper, der war aber immerhin dann geistesgegenwärtig genug, nicht nur zu bremsen, sondern auch die Warnblinkanlage anzuschalten.

Nach kurzem Schockmoment ging es weiter, es hatte keine Auffahrunfälle gegeben. Nur eben fast. Aber es war ein sehr knappes „fast“. Zu knapp, für meinen Geschmack.

Freilich geißele ich nun den unachtsamen oder rücksichtslosen „Herausschnibbler“, aber mindestens ebenso, wenn nicht noch mehr trägt der allgemein mangelnde Abstand auf Autobahnen zu solchen Gefahrensituationen bei. Ich hatte – und das möchte ich betonen – mehr Abstand zum Vordermann als mindestens drei Fahrzeuge hinter mir zu ihren jeweiligen Vorderleuten. Aber auch mein Abstand war zu knapp, genau wie die Abstände auf dem Fahrstreifen rechts neben mir. Der Verursacher der Situation hat übrigens vermutlich gar nicht gemerkt, was er angerichtet hat. Für ihn wurde gebremst, aber das merkte er schon nur eingeschränkt. Dass die Hinterleute der Hinterleute immer heftiger zu bremsen hatten, weil allgemein zu wenig Abstand herrscht, und so eine Welle rückwärts durch den Verkehr läuft, kriegt der Verursacher der Welle auf der Autobahn in aller Regel nicht mit. Und so geben wir uns weiter alle der Illusion hin, dass wir toll fahren und nur die anderen spinnen. Letztlich ist aber jeder, der sich am Spiel mit zu geringem Abstand und zu häufigen Spurwechseln beteiligt, also de facto JEDER auf der Autobahn, Teil des Problems. Davon nehme ich mich explizit nicht aus, obwohl ich es besser weiß und danach handeln sollte. Oft geht das nicht. Manchmal tut man’s aber auch einfach nicht. Aus Eile, Gewohnheit, Unachtsamkeit. EIGENTLICH ist das fahrlässige Gefährdung von Eigentum und Unversehrtheit anderer. Sollte man sich mal klar machen. Immer wieder – und jeder. Auch die arrogant-besserwisserische Autorin dieser Zeilen.

Meine ersten 4 Wochen mit der A8 – ein kurzes Resümee

Nachdem ich seit meinem letzten Beitrag durch verschiedene Umstände einfach keinen Kopf fand, um einen Beitrag zu schreiben, wird es Zeit, mich mal wieder zu melden.

Es ist schon erstaunlich, was man jeden Tag auf der Autobahn so erleben kann und obwohl vieles nichts Neues ist, einen doch immer wieder den Kopf schütteln lässt. Ein paar kleine Beispiele:

  • Alle Spuren voll und ich mit 120km/h zwischen KA und PF auf der linken Spur unterwegs, vor mir eine Schlange von gut 20 Autos (vermutlich alle unter Mindestabstand) und trotzdem muss mein Hintermann, der gerade mit gefühlt 200 Sachen auf mich auffuhr seine Lichthupe malträtieren, nur damit ich Platz mache und er ein paar Meter weiter den Nächsten ärgern kann. Sieht der nicht wie die Autobahn vor ihm aussieht?
    Aber spätestens an der Engstelle PF sieht man sich ja wieder, weil er wohl die falsche Spur gewählt hat und ich gemütlich an ihm vorbeirolle.
  • Busse die LKWs überholen sind ja keine Seltenheit, aber ein FlixBus, welcher von der rechten Spur in einem Zug auf die linke Spur wechselt, weil er den LKW auf der mittleren Spur überholen möchte, welcher selbst gerade mit 2km/h Differenzgeschwindigkeit einen anderen LKW überholt, ergibt eine eindrucksvolle Metallwand, auf die du nicht mit 150km/h zufähren möchtest.
  • Meine absoluten Lieblingserlebnisse waren aber die beiden LKWs, welche es an unterschiedlichen Tagen geschafft haben, ihre Fahrzeuge ausgerechnet an der Einfahrt zur Engstelle PF (Fahrtrichtung KA) so lahmzulegen, dass nur noch eine Spur übrig blieb.

Und spätestens mit den beiden LKWs kam ich dann auch zu den mir von Wortman „versprochenen“ Staus, so dass ich auch dieses Erlebnis voll auskosten durfte. Aber Klimaanlage und ACC kann ich vollauf empfehlen, machen Stau und Stop-And-Go gleich viel angenehmer.
Für mich hab ich jedenfalls die Entscheidung getroffen, meinen Tempomat konstant auf 120km/h zu stellen und so weit wie möglich rechts zu fahren. Damit bin ich den Schnellfahrern nicht im Weg und zähle dann einfach bei PF wieviele davon mich vorher überholt haben.

Rampenpampe

Am vorgestrigen Abend war die Autobahn frei wie lange nicht mehr. Am Stuttgarter Kreuz ging’s ohne jede Stockung trotz der Baustelle an der Brücke über die Landesstraße von der A831 auf die A8. Auch in Pforzheim war vergleichsweise wenig Stockung.

Aber die Rampen! Es gibt mehrere große Rampen auf der A8, manche fahre ich morgens hoch und abends runter, andere umgekehrt. Eine Rampe, die ich abends hochfahre, und die mich beinahe zur Weißglut bringt, ist jene von Leonberg hoch nach Rutesheim. Die ist auf den ersten Blick nicht sehr steil – aber hat es durch die Länge und die konstante Steigung eben doch in sich. Dort denkt jeder, PKW wie LKW, er wäre unglaublich viel schneller als der Vordermann, weil’s ja plötzlich immer langsamer wird. Es geht einfach unmerklich, aber verhältnismäßig steil den Berg hoch. Unmerklich, aber verhältnismäßig steil, fragt Ihr? Was schreiben die Highway Tales hier für einen Mist? Nun – die Steigung ist nicht ganz so ohne. Aber die Autobahn ist hier breit, beidseitig dreistreifig ausgebaut, neu, glatt. Ringsum scheint die Landschaft bis auf die Lärmschutzwälle verhältnismäßig eben oder zumindest, wie man im Englischen sagen würde, „gently rolling“. Dass die Landschaft dabei dennoch Richtung Westen ansteigt, merkt man gar nicht so richtig. Daher scheint es eben zu sein, aber es geht in Wirklichkeit eben doch ganz schön aufwärts. In vielen Autofahrern geht dabei der Gedanke vor: „Meine Güte, die Tachonadel sinkt. Der Vordermann wird langsamer. Ich kann bestimmt schneller, es ist ja nicht bergig.“ Konsequenz: Ausscheren. Merken, dass es doch nicht schneller geht. Derweil ist die Lücke rechts zu. Machen PKW und LKW gleichermaßen. Unterstelle ich diese Gedanken nur? Wenn ja, dann nur, indem ich von mir auf andere schließe. Ich kenne diesen Gedanken, inzwischen weiß ich es besser.

Der Effekt am Ende ist, dass auf der linken Spur 102km/h gefahren werden, auf der mittleren 95km/h und auf der rechten 88km/h. Quälend langsam zieht man aneinander vorbei, alle Abstände sind zugefahren. Ein Fahrfehler, ein Bremsen läuft durch den ganzen Zug und alles fährt nur noch halb so schnell. Das passiert fast jeden Tag, so häufig wie – oder häufiger als! – der übliche Einfädelstau am Stuttgarter Kreuz.

Dann gibt’s da noch die andere Rampe. Die fahre ich runter, jeden Abend. Karlsbad bis Dreieck Karlsruhe. Das ist nun keine gerade, unmerkliche Rampe, das fühlt sich richtig „alpin“ an, auch wenn’s „nur“ die nördliche Abdachung des Schwarzwaldes ist, die hier in die Rheinebene abfällt. Zuerst geht es recht steil runter, rechts ist ein Hang im Blick, links geht’s runter auf die Gegenfahrbahn, dann noch tiefer nach Grünwettersbach und das zugehörige Tal, dann steigt der bewaldete Boden wieder an. Etwa auf halber Höhe gibt’s eine leichte Linkskurve, dann läuft die abfallende Autobahn langsam in Richtung Karlsruher Dreieck aus. Im oberen Teil der Abfahrt ist Tempo 120km/h vorgeschrieben, die meisten kommen von der windigen Ebene zwischen Palmbach und Stupferich recht schnell an – sehen den Hang und bremsen. Und bremsen. Und bremsen. 120km/h? Nie! Da geht’s ja runter! 100km/h, bestenfalls, oft sogar weniger, nicht nur die LKW. Dann kommt die leichte Linkskurve, plötzlich sehen alle: Da kommt das Karlsruher Dreieck, keine Kurve mehr voraus, lassen wir laufen – nur dummerweise sind hier 100km/h vorgeschrieben, die – wenn nicht gerade Rückstau von der A5 ist – oft maßlos überschritten werden. Die 100km/h einhaltende Fahrer werden bedrängelt. Für die Fahrer, die nach Süden auf die A5 fahren, geht’s dann in einer sanften Linkskurve unter der Gegenfahrbahn durch – und dahinter gibt’s einen Feldweg, von dem aus oft geblitzt wird. Unter der Brücke bremsen die ganzen Schnellfahrer dann von 130km/h auf 90 ab …

Warum mich das so ärgert? ICH würde eigentlich gerne meine erlaubten 120km/h von der Strecke zwischen Anschlussstelle Karlsbad und dem Beginn der Abfahrt durch den oberen Teil der Abfahrt retten – einfach rollen lassen, dabei kommt zumindest mein Auto im fünften Gang sogar noch auf 125km/h bis 130km/h, verliert dann langsam im Bereich des 100er-Schilds auf vielleicht 110km/h und in der flacheren Strecke bis zur Brücke unter der Gegenfahrbahn sind’s 95km/h – ohne gebremst zu haben. Ohne das Gas berührt zu haben. Quasi verbrauchslos – an Sprit wie auch an Bremsbelägen. Auf leerer Autobahn tiefnachts habe ich es ausprobiert – oben mit 120km/h in den Berg, an keiner Stelle mehr als 10km/h zu viel, unten mit 95km/h in den Gegenhang der Rampe auf die A5 Richtung Süden. Mehr als eine Minute einfach rollen lassen und nur steuern. Ein Traum!

In der Realität braucht’s keinen Stau von der A5 Richtung Norden auf die A8, dass das nicht klappt. Im oberen Bereich der Strecke, wo 120km/h erlaubt sind, werde ich bei 115km/h ausgebremst. Im unteren Teil, wo 100km/h erlaubt sind, werde ich bei 110km/h bedrängelt. Man sollte meinen, die Leute haben zu viel Geld, wenn sie für nichts und wieder nichts Sprit aufwenden, um ihre Bremsbeläge abzuschaben. Die könnten mir das Geld doch stattdessen auch überweisen? Zeitlich bringt’s ihnen nichts.

Blöde Rampenpampe!

Standard-Verfahren

Dies ist keine „Stau-Anatomie“ im eigentlichen Sinne, passt aber gut dazu, weswegen ich diesen Beitrag in die Kategorie reingesetzt habe.

Was tun etwa 20% der LKW-Fahrer, wenn es auf der dreistreifigen Autobahn stockt?

Genau, links raus. Ich kann sie verstehen. Die stehen unter enormem Druck. Dennoch ist dieses Verhalten toxisch. Denn: warum stockt es eigentlich? Da gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Die Autobahn verengt sich auf zwei Streifen. In nahezu allen Fällen auf meinen Strecken geht das mit einem LKW-Überholverbot kurz vor der Verengung einher. Was passiert also mit dem LKW, der ausgeschert ist und über 5km Stau vielleicht drei bis fünf LKW-Längen gewinnt? Er muss am Ende in die Reihe der eng zueinander aufgeschlossenen, rechts gebliebenen LKW einscheren. Das erzeugt meistens Probleme – denn aus 50cm Lücke die mehr als 10m zu machen, die ein großer LKW zum Einscheren braucht, das ist bei Stop-and-Go bei selbst in „Go“-Phasen nur wenigen Stundenkilometern langwierig. Es ergibt sich eine Düne.
    Nur so als Anmerkung, um den schwarzen Peter nicht rein bei den LKW zu lassen: PKW machen das ganz genauso – sowohl im oben genannten Sinne des Beitrages als auch kurz vor der Verengung, wo’s nach Einscheren aller ausgescherten LKW auf der rechen Spur wieder läuft – die PKW ziehen rechts rüber zwischen die wieder rollenden LKW, weil ihnen das Einfädeln zu langsam oder zu komplex ist. Die ziehen dann nach erfolgter Verengung wieder raus. Ergebnis ist die Nachstockung, die oftmals durch massive Nachstockung das Vermischen von linker und mittlerer Spur wieder sabotiert.
  • Ihr erinnert Euch noch, dass ich eine zweite Möglichkeit ansprach? Gut – ich brauchte das Aufpoppen des Aufzählungszeichens nach dem Return drücken. Möglichkeit zwei für die Stockung auf der dreistreifigen Autobahn, bei der viele LKW erstmal ausscheren, ist ein Unfall. Mit LKW auf der mittleren Spur wird die Sache mit der Rettungsgasse komplizierter – erstens sind die länger und brauchen mehr Rangier-Strecke, um auf voller Länge möglichst weit rechts auf der mittleren Spur zu stehen. In der Regel bilden auf der Mittelspur stop-and-go-ende LKW nämlich KEINEN Ansatz zur Rettungsgasse. Außerdem sind LKW breiter als PKW, sie müssen also noch dazu weiter nach rechts als PKW beim bilden der Rettungsgasse.

Schimpfe ich hier auf LKW? Ich finde nicht. PKW verhalten sich oft wesentlich irrationaler als LKW, bei einem großen, breiten und etwas behäbigen LKW fällt’s nur mehr auf.

Technisch gesehen wäre es für alle am besten, wenn man in der Stockung erstmal die Spur hält, Rettungsgasse bildet, den Reißverschluss bei der Verengung abwartet und dann durchzieht. Auch danach könnte man einfach mal die Spur halten. Ich glaube, das würde viele Staus entschärfen. Leider ist es tatsächlich so, dass egoistische Fahren sich (in Autolängen) lohnt, wenn auch nur marginal in Fahrzeitverkürzung. Vermutlich wird dieses „einfach mal bis zum Reißverschluss die Spur halten“ sich nie durchsetzen, außer wir geben das Steuer an eine verkehrsflussoptimierende KI ab.

Vielfaktor-Chaos

Am vergangenen Freitag habe ich nur über die Auswirkungen der verschobenen Leitplanke in der Baustelle auf der A5 zwischen Rastatt Nord und Karlsruhe Süd am Morgen berichtet, kurz nachdem es passierte.

Die Auswirkungen waren aber noch viel größer, denn die verschobene Leitplanke war bis zum abendlichen Feierabendverkehr noch nicht wieder repariert. Mein Schwiegervater erzählte am Samstagabend, er sei kaum aus Karlsruhe herausgekommen  über die B36, weit nordwestlich der Engstelle. Auch alle anderen aus der Schwiegerfamilie, die sich am Samstagabend eines Geburtstags wegen zum Essen traf, erzählten vom Verkehrschaos am Freitag. Dieses Chaos war aber sicher nicht allein der verschobenen Leitplanke geschuldet – auch wenn das dann der Auslöser war. Was kam da alles zusammen?

  • Die A5 ist – neben der A7 zweihundert Kilometer weiter östlich – eine der wichtigsten deutschen Nord-Süd-Verbindungen, die dann auch über die Alpen ans Mittelmeer führen. In der Urlaubszeit läuft da natürlich eine Menge Reiseverkehr – im Moment vor allem der Rückreiseverkehr nach Norden. Mit dessen Umschichtung auf die B36 hatte ich am Samstagabend auf der Fahrt zur Disco noch meinen Spaß.
  • Das Verkehrsaufkommen auf der A5 steigt natürlich, wenn die parallel verlaufende Bahnstrecke blockiert ist – wie es eben im Moment durch den Tunnelbau und die Probleme dabei in der Nähe von Rastatt der Fall ist. Das Resultat sind mehr LKW im Frachtverkehr, mehr PKW im Langstrecken-Personenverkehr und mehr PKW von Pendlern, für die der Schienenersatzverkehr und dessen Verzögerung das Pendeln mit dem Auto wieder attraktiver macht.
  • Dazu kommt, dass die A5 ja ohnehin in Bau ist an dieser Stelle. Selbst ohne verschobene Leitplanke verläuft der Verkehr statt auf drei breiten Fahrstreifen je Richtung auf nur zweien, die dazu noch eher schmal sind – eine Standspur fehlt auch, es gibt nur gelegentliche Nothaltebuchten. Damit wird die Strecke langsamer und anfälliger.
  • Auf den Zuleitungsstrecken zur A5 gibt’s auch die eine oder andere Baustelle, außerdem ist da auf der Hauptausweichstrecke, nämlich der B3 Rastatt Nord bis Karlsruhe Süd die fiese Ampel in Neumalsch, an der sich stets der Verkehr massiv bricht – die ist zwischen der situationsbedingt hochfrequentierten B3 und der Straße von Durmersheim nach Malsch gleichberechtigt geschaltet – und die Kreuzung ist eng.
  • Ah, genau, dann kommt natürlich noch dazu, dass die Anschlussstelle Karlsruhe Süd aus Richtung Basel und in Richtung Karlsruhe gesperrt ist. Dadurch wird die Linksabbiegerampel zwischen B3 und Verbindungsstraße zwischen Karlsruhe-Rüppurr und Ettlingen zum Problem – normal fährt da kein Mensch aus Süden auf die A5, geht in Karlsruhe Süd viel besser. Aber das geht im Moment nicht – auch ohne Probleme in der Baustelle auf der A5 ist der Abschnitt der B3 von Anschlussstelle Karlsruhe Süd bis Ettlingen im Moment zu Stoßzeiten ein einziger Stau.

Tja. Kein Spaß ist das im Moment, nichtmal ohne zusätzliche Unfälle. Mit Unfällen kommt es um Karlsruhe zum Verkehrsinfarkt. Bis Oktober geht das noch so, sowohl bezüglich der Bahnlinie als auch bezüglich der A5-Baustelle. Nächstes Jahr bauen sie auf der A5 dann gleich nochmal zehn Monate, andere Richtungsfahrbahn von Betonplatten auf Asphalt umrüsten.

Viele Blogbeiträge voraus, sagt mein Ausguck am Verkehrsbarometer.

Der Gelb-Gasgeber

Vorkommen: An Ampeln, bei nahezu jeder Verkehrslage.

Symptome: Ein Fahrer kommt an der Ampel nicht los – lässt immer mehr Abstand, der eigentlich fast schon Tempo 80 angemessen wäre, obwohl auch nach der Ampel kaum einer schon über 40km/h schnell fährt. Wird es Gelb, überbrückt er mit aufheulendem Motor im Sprint die Strecke bis zur Ampel, so dass er über die Ampel kommt. Nur er. Keiner der Hinterleute.

Unterstellte Ursachen: Er will Abstand halten? Sie denkt nicht drüber nach? Er denkt ‚ich komm‘ ja noch rüber‘? Keine Ahnung. Meist wären noch vier, fünf, sechs Autos mehr über die Ampel gekommen, wenn die Person mit leicht anwachsendem Abstand, aber eben doch nicht mit nur 2-5km/h auf die Ampel zugerollt wäre.

Nervfaktor: Zum in’s Lenkrad beißen!

Das Ausfließen

Vorkommen: An Steigungen auf mehrspurigen Autobahnen. Auch ohne Verengung auf weniger Fahrstreifen. Selbst bei Erweiterung auf mehrere Fahrstreifen. Oder auch: An Steigungen auf Autobahnen … ARGH!

Symptome: Sobald die Geschwindigkeit aufgrund der Steigung etwas zurückgeht, herrscht ein massiver Drang von mindesten 50% der Fahrzeuge auf einem Fahrstreifen nach links. Die sind aber nicht schneller als der Vordermann, sie denken nur, sie sind schneller. Prompt geht’s mit 60km/h den Berg hoch auf der rechten Spur, mit 62km/h auf der mittleren, mit 64km/h auf der linken.

Unterstellte Ursachen: Wenn der Berg anfängt, spürt das Fahrzeug vor einem eine stärkere Steigung als man selbst. Außerdem ist das Fahrzeug vor einem schon etwas länger in der Steigung, hat also – kein Schalten vorausgesetzt – schon etwas länger schleichend Geschwindigkeit verloren. Die Abstände sinken, man hält sich für schneller. Also will man überholen – ist aber selbst schon etwas ausgebremst. Außerdem verliert man ständig weiter Geschwindigkeit. So ganz nebenbei gilt für nahezu alle Fahrer, auch auf Deutschlands Autobahnen: Beim Spurwechsel werden sie in fast allen Fällen langsamer. Resultat sind Autos und LKW, die nicht schneller sind als der Verkehr vor ihnen, nur durch das schleichende langsamer Werden glauben, schneller zu sein, und nach links wechseln. Sie tragen damit die langsame Geschwindigkeit ihrer rechtsliegenden Fahrspur nach links – und bauen in aller Regel danach auch keine Geschwindigkeit wieder auf.

Nervfaktor: Hoch. Für den Ausscherenden ergibt sich minimaler Zeitgewinn, maximal ein, zwei Sekunden auf einen Kilometer, bei 2-5km/h Geschwindigkeitsvorteil gegenüber dem einfach rechts Bleiben. Für den auf der Spur weiter links Ausgebremsten und alle hinter ihm ergibt sich ein Geschwindigkeitsverlust von 20-30km/h und ein entsprechend höherer Zeitverlust. Und für ALLE ergibt sich das Runterbremsen von vorher mittels Verbrennen von Sprit aufgebauter Geschwindigkeit, nur um mit Energieaufwand produzierte Bremsbeläge abzuschaben und diese Geschwindigkeit im Anstieg wieder unter Verbrennen von mehr Sprit neu aufzubauen. Das ist nicht ökonomisch, für keinen davon. Ökologisch auch nicht. Aber es ist ständig der Fall, in letzter Zeit wieder immer häufiger. Ich bemerke und hasse es vor allem auf folgenden Teilstücken:

  • A8 Stuttgart-Karlsruhe, kurz nach Anschlusstelle Leonberg West
  • A8 Karlsruhe-Stuttgart, zwischen Autobahndreieck Karlsruhe und Anschlussstelle Karlsbad
  • A8 Karlsruhe Stuttgart, zwischen der Pfinztalbrücke bei Nöttingen und Anschlussstelle Pforzheim West
  • A8 Karlsruhe Stuttgart, zwischen Anschlussstelle Pforzheim Ost und Rasthof Pforzheim

… und jedes Mal entsteht hinter dieser Idiotie ein Rückstau!

Komplizierte Anschlussbauwerke

Als begeisterte Spielerin von Cities: Skylines und als eine Person, die für Phantasie-Welten auch Autobahnnetze mit Anschlussbauwerken und allem drum und dran entwirft, habe ich ein Faible für komplexe Auf- und Abfahrten. Der 450°-Turn, wenn man von Norden kommend auf der A81 in Ludwigsburg Nord abfahren und zu IKEA will, fasziniert mich ebenso wie die verschiedenen Formen von Autobahnkreuzen. Ob ein komplexes, ästhetisch schönes Bauwerk aber auch effizient ist, steht auf einem anderen Blatt. Oftmals ist es auch so, dass gewachsene Strukturen ohne massiven, langanhaltenden Eingriff in den Verkehr nicht geändert werden können, auch wenn sie weit vom Optimum entfernt sind – zum Beispiel am Dreieck Leonberg.

Durch die Baustelle auf der A5 zwischen Ettlingen und Rastatt Nord fallen mir die Anschlussbauwerke Dreieck Karlsruhe/AS Ettlingen und Karlsruhe Süd zur Zeit öfter ins Auge.

Karlsruher Dreieck/AS Ettlingen gehen ineinander über. Ich betrachte für den Moment nur den südlichen Abschnitt, da ich diesen recht intim kenne. Ich fahre seit sechs Jahren täglich hier entlang. Über eine Brücke „überspringt“ der südliche Arm der Richtungsfahrbahn der A8 Richtung Westen die A5, um dann mit der Richtungsfahrbahn der A5 nach Süden (Frankfurt-Basel) zusammengeführt zu werden. Drei Fahrstreifen aus Norden kommend vereinigen sich mit zwei Fahrstreifen, die von Osten her den Berg herunter gekommen sind. Bevor diese Aufgabe allerdings gelöst ist, steht die Anschlussstelle Ettlingen auf dem Plan. Diese verbindet die A5 mit der Verbindungsstraße zwischen Karlsruhe und Ettlingen (Herrenalber Straße auf Karlsruher Seite, Karlsruher Straße auf Ettlinger Seite) und bildet über ein kurzes Stück auch den Anschluss der A5 an die B3.

Im Bereich zwischen Dreieck und Anschlussstelle werden die zwei Fahrstreifen, auf denen man aus Richtung Stuttgart herangekommen ist, durch geordnetes Beenden des Rechten zusammengeführt. Die Wechsler von A8 auf A5 Richtung Süden können auf einer reichlichen fünfstreifigen Strecke (drei links, dann ein dicker unterbrochener Strich, zwei rechts) nach links wechseln – zunächst auf den linken Beschleunigungsstreifen, dann direkt auf die A5. Auf der Überleitung herrscht Tempolimit 100km/h, auf der A5 Tempo 120km/h, sollte also alles ganz gut gehen. Der linke der beiden aus der Überleitung kommenden Beschleunigungsstreifen wird allerdings später übergangslos zum Verzögerungsstreifen für die Anschlussstelle Ettlingen. So weit, so einfach. Dennoch scheint das Ganze nicht einfach zu befahren zu sein, denn Spurwechsel sind über Entscheidungsfindung und Ausführung komplex und anspruchsvoll – das kann ich sogar so akzeptieren, dass es so ist. Allerdings sind für die Entscheidungsfindung, wann ich auf welchen Fahrstreifen wechsle, verkehrsunabhängig ein paar Regeln hilfreich: Wenn ein Fahrstreifen endet, wechsle ich der Geschwindigkeit des laufenden Verkehrs angepasst nahe am Ende des Fahrstreifens auf einen der weiter verfügbaren. Ist ein Fahrstreifen Ein- und Ausfädelstreifen, kann ich ruhig so früh wie im Rahmen des Verkehrsaufkommens möglich auf den für meine Zielrichtung geeigneten Streifen wechseln. Das sind natürlich sehr unterschiedliche Anforderungen auf Fahrstreifen, die gleich aussehen. Und genau das macht die Kombination aus Autobahndreieck Karlsruhe und Anschlussstelle Ettlingen so kompliziert.

Dasselbe gilt übrigens für die beiden Fahrstreifen der A8, die Richtung Norden auf die A5 geführt werden – der linke davon wird zum Verzögerungsstreifen für die Anschlussstelle Karlsruhe Mitte, die auch wieder ein komplexes Bauwerk ist, nämlich ein teils als „Turbinenform“ ausgebautes Autobahnkreuz zwischen A5 und Karlsruher Südtangente.

Die Anschlussstelle Karlsruhe Süd ist aus zwei Gründen kompliziert: Dort wird der Verkehr der A5 mit der Bundesstraße 3 und dem Zubringer nach Karlsruhe, realisiert als L605, verbunden. Dazu werden noch die L566 und das Ettlinger Industriegebiet „Am Runden Plom“ angesteuert.

Von der A5 Richtung Süden gibt es nur eine Ausfahrrampe auf die B3 Richtung Süden und L605 Richtung Karlsruhe – der Beschleunigungsstreifen auf die L605 geht nahtlos in den Verzögerungsstreifen für die rechte Spur der B3 Richtung Süden über, die zweispurig von der L605 weg- und in einem 270°-Turn über sie hinweg geführt wird. Auf diesen zweistreifigen Strang stößt von rechts noch die Ausfahrt von der L605 auf die B3 Richtung Süden, dann gehen Stück für Stück die Zugänge zum Runden Plom und auf die L566 nach Westen und Osten ab. Allein das ist schon recht viel an Kreuzungen und Kurven auf recht wenig Strecke. So etwas ist kompliziert, da es viel Aufmerksamkeit und Entscheidungen erfordert, verschiedenartig geregelte Kreuzungen und Richtungswechsel in schneller Folge abzuarbeiten.

Kommt man von der B3 aus Süden und möchte auf die A5, so verzweigt sich die B3 in einen Strang auf die L605 Richtung Karlsruhe, die Überleitung führt dann ohne Spurwechsel auf die A5. Aber: Will man auf der B3 Richtung Norden bzw. Osten bleiben, muss man nach links wechseln. Der Verkehr aus Richtung Karlsruhe fährt an der Anschlussstelle typischerweise Richtung Süden auf die A5 und muss dafür den von der B3 auf die A5 führenden Fahrstreifen kreuzen. Auch das macht’s nicht einfach.

Allerdings ist das alles der Zustand, wenn nicht gebaut wird. 2017 kommen sogar Sperrungen auf dem Streckenabschnitt, eventuell sogar direkt eine Sperrung einiger Überleitungen im komplexen Bauwerk Karlsruhe Süd auf den Verkehr zu. Dass ich mich nicht darauf freue, ist eine Tatsache. Die Sanierung der A5 an dieser Stelle sehe ich allerdings ein: Es ist eine „Blow-Up“-anfällige, alte Betonpiste. Die muss saniert werden, keine Frage. Die längeren Heimfahrten wird mich dieses Wissen aber nur sehr bedingt entschädigen können.

Der letzte Drücker

Vorkommen: Auf den letzten paar Metern vor einem LKW-Überholverbot auf mehrstreifigen Autobahnen. Seltener auf den letzten paar Metern vor einem Überholverbot auf normalen Straßen.

Symptome: Das Überholverbotsschild ist in Sicht, der Grund für das Überholverbot auch schon. Und was passiert? Einer schert aus, vielleicht auch mehrere – bei viel Verkehr. Natürlich lässt den erstmal keiner mehr rein, weil ja die Lücken, einen LKW (Autobahnfall) oder PKW (Landstraßenfall) reinzulassen, in einem stockenden, dichten Verkehr nicht da sind und auch nicht so einfach aufzuziehen sind.

Unterstellte Ursachen: Brachialer, blanker Egoismus und das Gefühl beim agierenden Fahrer, etwas versäumt zu haben – das er nun aufholen muss.

Nervfaktor: Unnötig. Bringt vielleicht zwei, drei Fahrzeuge Raumgewinn, das entspricht, in Zeit … Nichts. Nada. Niente. Und es erzeugt eine Düne.

Der Nervfaktor ist so groß, dass ich hier die Stauanatomie der Verengungs-Aufwerfung wieder aufnehme, weil ich’s heute mal wieder mehrfach so gesehen habe.