PRAGQ Rekapitulation

Ich hatte ja vor einiger Zeit meine Probleme mit dem Radfahr-Formschätzer erläutert. Als Lösung des Problems erwies sich eine andere Art von Formschätzer, der beim Radfahren hervorragend funktioniert – und auch beim Laufen sinnvoll ist.

Leider sind die Skalen für die pApzH („physikalische Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“, man kann auch einfach „Schlagleistung“ sagen) durch die unterschiedliche Leistungsmessung und konzeptionell andere Kalibration von Lauf- und Radfahrleistung nur unter unmotivierten „Fummelfaktoren“ in Deckung zu bringen, für’s Schwimmen und, wenn ich das wieder mache, Skaten steht gar keine Leistungsmessung in Form einer physikalischen Arbeit oder einer ähnlichen Größe zur Verfügung. Dementsprechend muss es beim unten stehenden Vergleich bleiben:

Allerdings hatte ich glaube ich noch gar nicht aufgezeigt, wie der PRAGQ, also der „Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient“, etwas plakativer die zusätzlichen Herzschläge pro Strecke beim Radfahren für unterschiedliche Räder aussehen. Ich hatte nur eine Tabelle gezeigt.

Ab August 2022 habe ich nun nach Fahrrad aufgeschlüsselt den PRAGQ bestimmt. Grob folgt die Kurve in den Sommermonaten, in denen ich viel mit dem Rennrad (Izalco, genannt „Green Scooter Killer“) fahren konnte, eben der grünen Kurve. Der Übergang zu weniger nettem Wetter und dementsprechend der Umstieg auf das Trek („Red Flash“, mit Schutzblechen und Gepäckträger und breiteren, schlammtauglicheren Reifen) ist deutlich: zunächst nähert sich die Gesamtkurve der Kurve für den „Red Flash“ an, dann bricht die Kurve des Rennrads ab, weil es nicht mehr verwendet wurde.

Somit ist klar zu erkennen, dass der Anstieg im PRAGQ eigentlich nur ein Wechsel von der Nutzungs-Dominanz des „Green Scooter Killers“ auf die Nutzungs-Dominanz des „Red Flash“ war und nichts oder nur wenig mit der Fitness der Fahrerin zu tun hatte. Die oben gezeigte Schlagleistung in Form von „(physikalischer) Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“ ist also der bessere Indikator und die funktioniert mit der Stryd-Leistungsmessung auch für’s Laufen.

Ich schmeiße den PRAGQ und seine Schwestern PRAPP und PRASPP nicht weg, aber auf die pApzH kann ich somit auch nicht mehr verzichten. Tatsächlich habe ich für das PRAPP ein ziemlich gutes Gefühl, gerade auch zur Detektion von Infekten und zur Beurteilung, ob das Herz-Kreislauf-System noch belastet ist. Das habe ich neulich sogar zu Rate gezogen, als ich um Rat gefragt wurde, wie und wann und mit wie viel Belastung eine Freundin wieder ins Training einsteigen solle. Mit der pApzH geht das nicht, weil viele Leute keinen Stryd oder vergleichbare Leistungsmessung haben und da auch der Fokus des Schätzers ein ganz anderer ist. Am Ende des Tages haben beide Systeme Vorzüge – die Leistung auf Herzschläge umgerechnet ist sehr gut, um unabhängig von Bedingungen des Sportgeräts, der Wind- und Steigungsverhältnisse einordnen zu können, wie’s grad steht, während PRAGQ, PRAPP und vielleicht auch PRASPP unter Berücksichtigung vergleichbarer Verhältnisse bereits bei Einzelaktivitäten eine vom Tempo unabhängige Einschätzung liefern können, wie’s genau jetzt aussieht.

Sprich: Das eine System (pApzH) bietet eine von den Rahmenbedingungen unabhängige, generelle Einschätzung des Trends, sofern eine Leistungsmessung zur Verfügung steht, das andere System schafft wesentlich kurzfristigere Veränderungen zu charakterisieren, ist aber sehr abhängig von den Umständen, braucht aber keine Leistungsmessung.

Noch ’ne Entwicklung

Auf dem Rennrad geht’s leichter als auf dem Tourenrad und ein Hänger dran macht das Radfahren noch etwas schwerer. Binsenweisheit? Ja sicher, aber… kann’s nicht auch an etwas anderem liegen?

Dieser Gedanke ließ mir keine Ruhe. Nach überstandenem Corona, nach Trainingsausfall durch Fingerbruch und all dem ging es im Herbst 2022 bei mir endlich wieder bergauf, was körperliche Form anging. Laufen funktionierte wieder, Radfahren machte Spaß. Bestzeiten kamen rum, ein neuer persönlicher Rekord auf den Fünfer im November. Nun messe ich seit einiger Zeit meine Form durch einen selbst erdachten Formschätzer, genau genommen: Durch selbst erdachte Formschätzer für’s Laufen, Radfahren und Schwimmen. Die Formschätzer nennen sich PRAPP, PRAGQ und PRASPP. Hinter diesen kryptischen Abkürzungen verbirgt sich eigentlich keine Magie. Angefangen hat alles mit der Erkenntnis, dass die Pace (Läufer-Geschwindigkeit, in Minuten pro Kilometer, niedrigerer Wert ist schneller) mal den Puls in Schläge pro Minute Schläge pro Kilometer ergab. Das PPP war geboren – das Puls-Pace-Produkt.

Die Werte waren unhandlich, beim Laufen legt man kraft-ineffizienter Strecke zurück als auf dem Rad und nochmal schwerer geht’s im Wasser. Außerdem erwies sich das PPP als nicht unabhängig von meinem Tempo – je schneller ich lief, um so günstiger erschien es. Also dachte ich ein bisschen nach und kam auf die Idee, dass es vielleicht die zusätzlichen Herzschläge über den Ruhepuls hinaus waren, die „pro Strecke“ für jede Sportart konstant bzw. nur von der Effizienz meiner Bewegung und der Größe meines Herzen abhängig sind.

Geboren waren

  • das Puls-Reserve-Ausnutzungs-Pace-Produkt (PRAPP, in zusätzlichen Schlägen pro 100m),
  • der Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient (PRAGQ, in zusätzlichen Schlägen pro 200m) und
  • das Puls-Reserve-Ausnutzungs-Schwimm-Pace-Produkt (PRASPP, in zusätzlichen Schlägen pro 25m).

Ganz gleich waren die Werte nicht, aber alle bewegten sich bei halbwegs guter Form im Bereich zwischen 40 und 50 und waren von Trainingsgeschwindigkeit weitgehend unabhängig. Teils kann ich mit einer Erhöhung des PRAPP oder PRAGQ sogar Infektionen vor Ausbruch feststellen… meist bewegen sich die beiden Schätzer für Radform und Laufform halbwegs parallel, höchstens ein bisschen zeitversetzt… bis zum November 2022.

Das ließ mir keine Ruhe, denn PRAPP und PRAGQ funktionieren so gut, dass ich die undurchsichtigen Berechnungen meiner Garmin-Uhr und deren VO2max guten Gewissens in den Wind schlug. Grob proportional zu PRAPP und PRACQ bewegten sich die Werte für Laufen und Radfahren zwar, aber nicht SO zuverlässig wie meine eigenen Werte für mich. Und nun sagten mir Garmin Fénix und Garmin Edge ansteigende Form auf dem Rad, sinkende Form beim Laufen voraus, während ich super Zeiten lief, gut Rad fuhr, der PRACQ fast auf Krankheit hindeutete und das PRAPP ansteigende Form verhieß… WHAT?

Zurück zum Anfang. Ich entwickelte eine Hypothese: War vielleicht der zunehmende Umstieg vom Rennrad auf das schwerere, geometrisch-aerodynamisch ungünstigere Alltagsrad wegen des schlechteren Wetters der Grund? Das war nur ein Gefühl, aber es war eine plausible Vermutung. Hätte aber auch anders sein können… ich wollte es genauer wissen. Ein Diagramm habe ich noch nicht, aber zumindest Zahlen:

Der PRAGQ auf dem Alltagsrad (Trek) ist fast stets drei bis fünf Schläge pro 200 Meter höher als auf dem Rennrad (Izalco), ein bisschen weniger signifikant (wegen der geringen Zeiten) ist noch düsterer, wenn der Hänger dran hängt. Der PRAGQ hat – wie das PRAPP – den Vorteil, dass diese Schätzer „end-to-end“ messen, Herzschläge zu Vortrieb. Damit entsteht auch ein Nachteil – denn insbesondere beim Fahrrad ist „end-to-end“ nicht nur die Effizienz der „Mensch-Maschine“, also Herz, Lunge, Muskeln, sondern auch das Fahrrad. Und da ist natürlich das Alltagsrad dem Rennrad unterlegen.

Eine Binsenweisheit, ich weiß. Aber ich bin Wissenschaftlerin. Ich akzeptiere eine Binsenweisheit nur als Wahrheit, wenn ich sie nachweisen kann.

Wahrscheinlich ist das aber nicht die effizienteste Art und Weise, den Unterschied in Gewicht und Luftwiderstand zwischen Alltags- und Rennrad zu messen.

Abgeleitete Leistungswerte

Vor einiger Zeit hatte ich eine Unterhaltung mit jemandem über meine Sport-Auswertungen. Mein Gegenüber fand meine abgeleiteten Daten wohl etwas „magisch“ (immer gemäß dem dritten Clarke’schen Gesetz, dass jede hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie nicht zu unterscheiden ist), er sei mehr der „ZDF“-Typ, was „Zahlen, Daten, Fakten“ bedeutet.

Am Ende des Tages war ich da ein wenig beleidigt, habe das aber nicht nach außen gezeigt. Die Werte, die ich benutze, sind letztlich einfach nur Quotienten oder Produkte von Messwerten, also nichts anderes als „Zahlen, Daten, Fakten“, nur eben ein bisschen aufbereitet, um die Umstände rauszurechnen. Aber genug der gekränkten Eitelkeit.

Derzeit arbeite ich zur Erkennung von Trends in meiner Sport-Entwicklung mit drei verschiedenen Form-Schätzern. Einer davon ist inzwischen für das Laufen, das Radfahren und das Schwimmen gut etabliert und funktioniert nachweislich. In jedem Falle benutze ich dafür die „Pulsreserve“, auf der die Karvonen-Formel basiert. Dafür zieht man vom Puls einer Aktivität den Ruhepuls ab und setzt das dann mit dem Maximalpuls minus dem Ruhepuls in Beziehung. Das unterscheidet sich von der inzwischen sehr weitreichend üblichen Angabe von Trainingszonen in Prozent der Maximalherzfrequenz, ohne Beachtung des Ruhepulses. Ich habe Leistungspuls minus Ruhepuls deswegen etabliert, weil meine Leistungsschätzer nur dann unabhängig von der Intensität meiner Aktivität meinen Trainingsstand anzeigen.

Long Story short: Ich nehme Puls minus Ruhepuls für eine Aktivität und multipliziere mit der „Pace“, also der Läufer- und Schwimmer-Geschwindigkeit in Minuten pro Kilometer bzw. Minuten pro 100m. Beim Radfahren teile ich durch die Geschwindigkeit. Das ergibt dann über den Ruhepuls hinaus zusätzliche Herzschläge pro Strecke. Um handliche Werte zu bekommen, rechne ich beim Schwimmen zusätzliche Herzschläge pro 25 m, beim Laufen zusätzliche Herzschläge pro 100 m und beim Radfahren zusätzliche Herzschläge pro 200 m. Ich nenne diese Schätzer „PRASPP“ (Puls-Reserve-Ausnutzungs-Schwimm-Pace-Produkt), „PRAPP“ (Puls-Reserve-Ausnutzungs-Pace-Produkt) und „PRAGQ“ (Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient). Es ist natürlich keine „dimensionslose Kennzahl“, auf die die Maschinenbauer unter Euch so stehen, aber so viel Unterschied besteht da nicht. Wie sich die jeweiligen Werte des PRASPP, PRAPP und PRACQ über die letzten zwölf Monate entwickelt haben, seht Ihr in den Bildern hierunter:

Ich schwimme nicht so oft, aber in den Werten von Aktivitäten im Laufen und Radfahren, wo ich für jede einzelne auch PRAPP und PRAGQ bestimme, kann ich Infektionen schon Tage vor Ausbruch erkennen. Gibt es keinen sichtbaren Grund (schlecht geschlafen, viele Höhenmeter…) für die Erhöhung der zusätzlichen Herzschläge pro Strecke, so reduziere ich Trainingsmenge und vor allem Intensität – meistens kommen die Symptome dann etwas später. Neben der Eigenschaft als Leistungsschätzer sind die Werte also zuverlässige Krankheitsvorhersage.

Mittlerweile habe für das Laufen und Radfahren, wo mir durch Stages-Leistungsmesser-Kurbeln und Stryd-Footpod jeweils Leistungsmessungen zur Verfügung stehen, weitere Schätzer etabliert. Die sind aber noch im Experimentierstatus:

Die neuen Schätzer sind die physikalische Arbeit (also Joule = Wattsekunden) pro Herzschlag bzw. pro Schritt oder Pedaltritt. Vermutlich sollte ich die Arbeit nicht pro Herzschlag ableiten, sondern pro zusätzlichem Herzschlag. Aber wie gesagt, noch ist das Ganze im Experimentierstatus, während PRASPP, PRAPP und PRACQ hochgradig etabliert und auf Belastbarkeit ihrer Aussagekraft überprüft sind.

Natürlich sind das andere Schätzer als in der konventionellen Trainingslehre – aber einem funktionierenden Leistungsschätzer, den ich genau verstehe, traue ich mehr, als einem in der Blackbox meiner Fénix oder meines Edge-Fahrradcomputers nach einem von Garmin nicht veröffentlichen Modell berechneten VO2_max, zumal ich ja schon oft gesehen habe, dass insbesondere in PRAPP und PRAGQ Infektionen oder andere körperliche Probleme sichtbar werden, noch bevor ich sie wirklich spüre.

Analogien

Es ist schwer, ein bestimmtes Thema zur Zeit zu umgehen. Bis zu einem gewissen Grad geht mir das natürlich auf die Nerven wie jedem. Es gibt allerdings so ein paar Dinge, die mir immer wieder auffallen und zu denen ich Ansichten habe, aber auch neue Gedanken entwickle.

Da ist das Impfen. Viele Menschen misstrauen insbesondere der Impfung gegen Sars-CoV-2, und ganz besonders den mRNA-Impfstoffen, weit mehr als sie die Krankheit fürchten. Das ist mir unverständlich, denn bei der Impfung wurde bewusst ein Stoff entwickelt, der dem Körper so wenig wie möglich antut, aber dennoch das Immunsystem auf das Virus vorbereitet. Man hat die Vektor- und mRNA-Impfstoffe getestet – und zwar darauf, ob sie dem Körper das antun, was das Virus ihm antut (was sie nicht sollen und nicht oder zumindest extrem viel seltener als das Virus tun) und darauf, ob sie dem Körper anderes antun (was sie ebenfalls nicht sollen und nur extrem selten doch tun). Deswegen verstehe ich das Misstrauen gegen die Impfung nur sehr bedingt. Mir hat auch jemand im Zusammenhang mit dem Impfen erzählt, Impfungen für Erwachsene seien ja auf jeden Fall zu befürworten, aber ob man einem sich entwickelnden Immunsystem das antun solle, da sei er skeptisch. Außerdem habe ich nach dem zuvor diffusen Verdacht inzwischen einige Bestätigungen aus meinem Umfeld, dass Leute sich und ihre Kinder teils bewusst mit dem Virus infizieren, weil sie dem Virus mehr trauen als der Impfung.

Es gibt hier ein gefährliches Missverständnis, das ich schon lange beobachte. Was „natürlich“ ist, wie eben Sars-CoV-2, das von einem Tier in natürlicher Virus-Evolution auf einen Menschen übergesprungen ist, wird für per se gut gehalten, während künstliche, menschgemachte Dinge per se als ungesund oder schlecht angesehen werden – wie eben die Impfung. Natürlich sind industriell gefertigte Lebensmittel nicht der Weisheit letzter Schluss, die Überlegenheit frischer Lebensmittel aber unreflektiert auf andere Bereiche zu übertragen, ist ein gefährliches Unterfangen. Da wäre die laktosefreie Milch, auf der ein „ohne Gentechnik“ Label pappte. Habe ich zum Glück lange nicht mehr gesehen, denn es ist eine glatte Lüge! Wo sollte denn die Lactase, das Enzym, das den Lactose-Intoleranten fehlt, sonst herkommen? Sicher wurden keine Baby-Tiere ihrer Lactose entmolken, das wäre nicht nur grausam, sondern auch unwirtschaftlich teuer. Nein, man baut die Sequenz, mit deren Hilfe die Zellen Lactase herstellen, in Mikroorganismen ein – in deren DNA. Die transkribieren das dann in mRNA und daraus wird dann von der Zelle mit Hilfe von tRNA Lactase aufgebaut. Aber das nur als Nebenschauplatz…

Ich sehe an vielen Stellen, dass „Natürliches“ als gut, „Künstliches“ als schlecht angesehen wird. Menschen gehen in Radonstollen, wegen der natürlichen Heilkraft, aber bei künstlicher Radioaktivität geht gar nichts mehr. Mir wurde ernsthaft schon geantwortet, als ich auf gelöstes Radon aus dem Wasser, das beim Duschen freigesetzt wird, oder die Strahlung aus Granit verwies, das sei doch nicht schlimm, sei doch natürlich – aber jedes Mikrosievert Dosis aus Kernkraftwerken ist zu viel. Dabei ist die Einheit Sievert genau auf die „gleiche Schädigung“ geeicht, man nennt die zugehörige Größe auch „Äquivalentdosis“, weil sie ein Strahlenschaden-Risiko aus verschiedenen Strahlungsarten oder Strahlenquellen zahlenmäßig gleich abbilden soll. Oder anders – von natürlicher, frisch vom Melken kommender Milch wurde mir aufgrund der Menge an Fett darin schlecht – und wie kann ich keinen Knoblauch vertragen, wie kann Knoblauch meine chronisch entzündliche Darmerkrankung antriggern, ist doch ganz natürlich…

Ich möchte gar nicht in Abrede stellen, dass der Mensch auch viel Murks und Müll produziert und in die Gegend kippt. Aber wenn ich in der Apotheke jemanden „was gegen Erkältung“ anfragen höre und dann werden zwei Mittel vorgestellt, eines „pflanzlich“, das andere „Chemie“, und ich weiß doch, dass weitgehend das gleiche drin – einmal synthetisch hergestellt, das andere Mal von einer Pflanze synthetisiert, aber genau derselbe Stoff, dann geht mir das Messer in der Tasche auf. Und genau an dieser Stelle greift’s wieder ein. Wenn Sars-CoV-2 aus purem Eigennutz, um sich zu vervielfältigen und biologisch erfolgreich zu sein, seine ssRNA in eine menschliche Zelle einbringt, woraufhin daraus mRNA entsteht, mit der als Bauplan die tRNA Sars-CoV-2-Viren herstellt, dann ist das natürlich und gut und tötet Menschen, je nach Altersgruppe, im Prozentbereich der Erkrankungen. Wenn ich mir aber menschgemachte mRNA spritzen lasse, die nur das Spike-Protein von Sars-CoV-2 von der Zelle bauen lässt, worauf hin das Immunsystem lernt, dass dieses Spike-Protein böse ist und Abwehr dagegen aufstellt, dann ist das schlimm, weil künstlich, dem ist zu misstrauen, weil’s Menschen gemacht haben, die die Krankheit bekämpfen wollen – und natürlich ist es gelogen, dass wir hier bei schweren Nebenwirkungen eher über einstellige Fallzahlen pro 100.000 oder gar Million sprechen, weil es ist ja künstlich und böse. Und von diesen einstelligen Fallzahlen pro Hunderttausend sterben nicht zehn Menschen pro Fall (dann wären wir nämlich bei den 2 Promille Covid-Sterblichkeit in der Altersgruppe von 40-49, wie ich sie vorhin für Deutschland gelesen habe), sondern nichtmal EINER pro Fall, da die meisten möglicherweise mit Spikevax zusammenhängenden Herzmuskelentzündungen nicht zum Tod führten…

Aber ich hatte Analogien versprochen. Wem die obige Analogie zur Strahlung nicht genug war, und die mit der Gentechnik auch nicht akzeptiert hat, für den habe ich noch eine: Laufen. Damit kenne ich mich ein bisschen aus. Dennoch wird mir immer wieder erklärt, von allen Seiten, ich müsse vor dem Wettkampf, dieser enormen Belastung, dafür trainieren. Ich müsse die stark belastenden Training wie zum Beispiel Intervalle nicht so oft tun. Mein Körper vertrage es nicht, wenn er sofort oder dauernd mit maximaler Belastung klarkommen müsse… Seltsamerweise empfiehlt man auch Kindern nicht, ohne zu üben sportliche Wettkämpfe einzugehen, sondern vor einem Lauf- oder Turnwettkampf erstmal die Bewegungen, die Belastung der Muskeln, die Beweglichkeit zu trainieren, bevor man sie auf der Bühne oder im Wettkampf unter dem Druck von Publikum und Siegeswillen auf die Probe stellt. Warum sollte das beim Immunsystem anders sein? Soll denn das Immunsystem an ernsten Krankheiten mit möglichen Spätfolgen lernen, wie es die Erreger bekämpft? Das wäre so, als solle ein Sportler – egal welchen Alters – im Marathon-Wettkampf lernen, wie man sich die Kraft für 42,195 Kilometer einteilt, und nicht auf langen, langsamen Läufen in der Vorbereitung. Ach und zum Thema Vermeidung statt Training – was man nicht trainiert, gilt einer biologischen Lebensform als unnötige Energieverschwendung. Durch Schonen wird man beim Laufen nicht schneller, und auch das Immunsystem wird nicht besser, wenn es nichts zu tun hat. Im Gegenteil, der Körper schickt das Immunsystem dann in den Energiesparmodus.

Da stellt sich mir die Frage: Ist die Erkrankung an Masern, Windpocken, Sars-CoV-2 denn tolles Training, wenn der Körper gleich im Wettstreit zu einem von der Evolution auf Erfolg getrimmten Virus zu treten hat? Ist das nicht eher wie „Wettkampf ohne adäquates Training vorher“? Sollten wir nicht schauen, dass wir erstmal an zahnlosen Raubtieren, wie Vektor-, Tot- oder mRNA-Impfstoffen üben, oder an langen Läufen ohne Konkurrenz, die uns hinter sich lässt?

Tja. Vermutlich bin ich allmählich wütend, weil ich den ganzen Bullshit auch ohne Analogien als Kot männlicher Rinder erkenne, UND mir dazu noch Analogien einfallen, es aber dennoch nichts bringt. Wenn wir „natürlich“ leben würden, wäre unsere Lebenserwartung erheblich kleiner. Viele Krankheiten, deren Wahrscheinlichkeit durch unseren industriellen, rotes-Fleisch-lastigen, ungesunden Lebensstil wahrscheinlicher werden, würden wir ohne Impfungen, ohne Lebensmittel und Arzneimittel aus der Biochemie gar nicht erleben, weil wir vorher elend an dem Zeug verrecken würden, an dem unsere Vorfahren in ihren 30ern verreckt sind. Impfen, Antibiotika, Schmerzmittel… das ist alles biotechnisches, teils gentechnisches „Teufelszeug“, ohne das wir vermutlich nicht lange genug leben würden, um Verschwörungstheorien in die Absichten und Ziele hinter all diesen Mitteln hinein zu phantasieren.

Ja. Ich bin nicht nur vermutlich wütend. Ich BIN wütend. Weil unsere Politiker beschwichtigen und glauben, man müsse wissenschaftsfeindliche Wähler berücksichtigen, die auf von Quantenmechanik und Relativitätstheorie möglich gemachten Mini-Computern bei von Gentechnik lactose-frei gemachter Milch in ihrem hochnottechnisch entkoffeinierten Kaffee vom natürlichen Leben und der bösen Absicht hinter der Wissenschaft fabulieren und gedeckt von der Meinungs- und Versammlungsfreiheit skandieren, dass wir eine Meinungs- und Versammlungsfreiheits-freie Diktatur hätten.

Jetzt höre ich aber auf. Mir reicht’s selbst, wie wütend und zugleich erwachsen ich klinge. Ich gehe mal mit meinem Lego-Teilchenbeschleuniger spielen.

gezeichnet
Der innere Babysitter

Wettstreit der Verbrenner

Es gibt – im Zuge des Klimaschutzes und des damit verbundenen Aufstiegs des E-Autos – derzeit viele Diskussionen, ob Elektromobilität oder „der Verbrenner“ das Mittel der Wahl seien. Das bezieht sich dann auf die Autos, und man kann ja mit dem Materialaufwand für Akkus (insbesondere die Herstellung bestimmter Metalle, die für Akkus gebraucht werden, und deren Lebensdauer) gewisse Punkte ins Feld führen, dazu noch die Erzeugung des Stroms. Grundsätzlich sind aber nicht alle Verbrenner schlecht.

Die „Verbrenner“, die in meinem Alltag zum Einsatz kommen oder kommen können, habe ich nun mal in Beziehung zu setzen begonnen. Die Elektromobilität kommt bei mir bisher nur in Form von ÖPNV und öffentlichem Fernverkehr zum Einsatz, daher ist es tatsächlich ein Wettstreit der Verbrenner, wenn ich meinen Individualverkehr nach Strecke aufführe. Zur Personenbeförderung sind bei mir derzeit im Einsatz:

  • Toyota Aygo der zweiten Generation, Verbrenner fossiler, eher kurzkettiger Kohlenwasserstoffe mit gewissem Anteil regenerativer Alkohole (derzeit eher unter 5% als unter 10%)
  • Für kurze (schwer erfassbar) und längere Strecken „Schusters Rappen“, also Gehen und Laufen. Da ich teils auf Laufschuhen ins Büro gependelt bin und auch schonmal mit Rucksack zum Einkaufen zum Bäcker gerannt bin, möchte ich den „Glykogen- und Lipid-Verbrenner ohne Räder/Rollen“ nicht von den Verkehrsmitteln ausnehmen, auch wenn der Großteil der erfassten Laufstrecken doch eher in Training und/oder vergnügliches, freizeitliches „Spazierenlaufen“ fällt.
  • Bisher eher nicht als Verkehrsmittel genutzt kommt noch das Inline-Skaten dazu. Aber Freunde von mir skaten durchaus ins Büro, und wenn ich mal mehr Praxis und weniger Homeoffice habe, werde ich diese Option sicher nicht ausschließen. Schneller und dabei weniger schweißtreibend als das Laufen ist es allemal, und damit effizienteres Pendeln.
  • Definitiv stark als Verkehrsmittel genutzt tritt derzeit das Radfahren auf. Auch hier haben wir – wie beim Laufen und Skaten – einen Glykogen- und Lipidverbrenner vorliegen, der aber regenerativ betrieben wird, denn sobald organische Verbindungen als „fossil“ gelten dürfen, bin ich ziemlich sicher, dass ich sie nicht mehr essen oder trinken mag.
  • Der Vollständigkeit halber aufgeführt sei hier das Schwimmen.

Über die unteren vier – Laufen, Radfahren, Skaten und Schwimmen – führe ich ja schon länger Buch. Da nun aber bei mir erstens das Radfahren zunehmend kurze Auto-Strecken ersetzt, selbst wenn viel Last zu befördern ist, und ich zweitens durchaus mit dem Gedanken kokettiere, beim „Stadtradeln“ mal als Stadtradeln-Star mitzumachen zu versuchen, habe ich beschlossen, auch Auto-Kilometer zu dokumentieren und in der Liste aufzuführen. Das tue ich nicht rückwirkend, sondern erst ab Mai 2021, also ab dem laufenden Monat. Einerseits habe ich schon mehrfach im Kopf den Vergleich angestellt, wie sich per Muskelkraft zurückgelegte Strecken zu den mit dem Auto abgespulten Kilometern monats- und jahresweise bei mir verhalten, andererseits hilft’s mir natürlich, abzuschätzen, wie viel Umstellung es erfordern würde, wenn das Auto nicht mehr als eigenes Auto jederzeit auf dem Hof stünde – entweder, weil’s kaputt wäre, oder weil wir nur noch über Carsharing eine Verfügbarkeit des Autos für uns gewährleisten würden. Das ist jeweils rein hypothetisch gesprochen, denn unser kleiner Aygo funktioniert, hat immer noch unter 110.000 Kilometer auf dem Buckel und eine Abschaffung ist auch nicht in Planung. Natürlich nutzt die Statistik, wie oft und über welche Strecken das Auto genutzt wurde, auch bei der Abschätzung, ob und wenn ja, was für ein neues Auto angeschafft werden sollte, wenn der Aygo dann doch mal den Geist aufgibt.

Und somit habe ich nun die Möglichkeit, den „Wettstreit der Verbrenner (im Individualverkehr)“ in meinem Leben aufzumachen:

Das neue Gesamtkilometer-Diagramm ab Mai 2021. Stand der Monate vor Mai ohne Erfassung von Autofahrten, Stand der Erfassung im Mai: 05.05.2021, 6:00.

Bis jetzt ist nur in der Legende das Auto dazugekommen. Monate, in denen eine „0“ an Autokilometer zusammenkommt, erfasse ich für das Diagramm mit einem „#NV“, was in Excel dem Fehler „no value“ entspricht. In den Diagrammen erscheint dann kein Punkt. Natürlich geht das Auto nicht in die Kilometersumme „Cardio Gesamt“ ein, sondern steht als Gegenstück dazu mit drin. Da ich die Erfassung von Autofahrten erst ab Mai 2021 beginne und rückwirkende Schätzungen sicherlich sehr ungenau wären, und wir im Mai noch gar nicht Auto gefahren sind, gibt’s bisher keine Punkte in Braun, sondern nur den Legendeneintrag.

Ich bin sehr gespannt, ob ich die Disziplin habe, tatsächlich quasi ein Fahrtenbuch draus zu machen und somit eine Datenbasis zu legen, die auch die Entscheidung beim nächsten Auto fundierter machen wird. Wenn nämlich nur sehr wenige, lange Fahrten auftreten, ist eventuell die Mietwagen-Lösung gangbar. Sind’s einige kurze und weniger lange, dann könnte neben dem Rad eine Carsharing- und Mietwagen-Lösung her, sind es etwas mehr kurze, ist vielleicht ein E-Auto eine Idee. Nur bei eher mehr, eher langen Fahrten müsste man wohl, wenn die technische Entwicklung der tatsächlich verfügbaren Fahrzeuge und der Ladeinfrastruktur dann nicht wesentlich vorangekommen sein sollte, wieder einen eigenen Verbrenner in Erwägung ziehen.

Das klingt nun schon fast nach einem „ganzheitlichen persönlichen Verkehrskonzept“. Oh weh!

„Anybody Out There“ von Ben Miller

Auf den Blogbeitrag von Fiktion fetzt zum oben genannten Buch hin habe ich mir Ben Millers Buch über die Suche nach außerirdischem Leben gekauft und bin dann eine Weile nicht zum Lesen gekommen. Inzwischen jedoch habe ich es gelesen – und ich bin begeistert.

Ben Miller entführt auf sehr unterhaltsame Weise in die Suche nach außerirdischem Leben – aber er wird dabei auch sehr grundsätzlich. Nach der Einführung über UFO-Sichtungen und SETI spannt er den Bogen anhand der Drake-Formel vom unglaublich fein abgestimmten Universum in Sachen Physik, das optimale Bedingungen für das Entstehen von Leben bietet, über die Chemie und Biochemie, bis schließlich zu uns und all dem anderen Leben auf der Erde, das nun einmal unsere einzige Referenzgruppe ist. Anhand derer erläutert er, was wir von außerirdischem Leben zu erwarten haben und was nicht – und endet genau dort, wo er in SciFi abgleiten würde, wenn er den erwartungsvoll guckenden Leser befriedigen wollte.

Für mich als Physikerin mit Interesse für Biologie war einiges nur Wiederholung, daher kann ich nicht beurteilen, wie verständlich er bei den Details in seinen Fußnoten ist – im Text selbst jedoch bleibt er in einem Bereich, den zu lesen sehr angenehm ist, selbst wenn man Vorkenntnisse ausblendet. Letztlich kommt dabei auch der Humor nicht zu kurz – Überschriften aus Liedtiteln (wie auch der Buchtitel aus einem Shakespeare’s-Sister-Song) und gelegentliches ironisierendes Abstandnehmen inklusive.

Am Ende wollte ich lesen, dass wir bereits einen Kontakt gefunden haben und er nicht ist, wie eines der Beispiele, aber eben doch aus den Methoden, die zur Vermutung der Gestalt und Kommunikationsfähigkeit außerirdischen Lebens Ben Miller über das Buch hin etabliert hat. Natürlich kommt es nicht dazu – diese Sensation wäre mit aller Hoffnung und Panik, die so etwas auslöst, den Medien nicht entgangen. Wer eine Räuberpistole über UFOs erwartet, wird enttäuscht, auch wenn auch von UFO-Sichtungen die Rede ist. Viel wichtiger und das Buch dominierend ist aber die auf Verständlichkeit herunter gebrochene wissenschaftliche Annäherung an außerirdisches Leben, die zum Beispiel das SETI-Projekt beherrscht – auch wenn ich persönlich in zweierlei Hinsicht STI – the Search for Terrestrian Intelligence – fast spannender fände. Die eine bringt auch Ben Miller auf, denn auch auf unserer Erde ist noch so manches, (vergleichsweise) nah mit uns verwandtes Leben intelligent und nicht so bekannt, wie es sein könnte – zum anderen frage ich mich manchmal, ob wir selbst so schlau sind, auch wenn wir Speicherung von Information außerhalb unserer Gene, Ackerbau, Sprache und Gesellschaft entwickelt haben.

Aber ich gleite ab – das hier sollte eigentlich eine eindeutige Leseempfehlung sein.

Über den Wolken …

Wusstet Ihr, dass es so etwas wie kosmische Strahlung gibt? Ich stelle mir gerade die Bandbreite der Antworten vor: Von „Wie jetzt? Komische Strahlung?“ bis hin zu „Na klar! Welche meinst Du, solare, galaktische, intergalaktische Komponente? Höchste Energien, primäre, sekundäre?“

Ihr seht schon: Ich habe mich ein bisschen mit kosmischer Strahlung befasst – von Berufs wegen. Sie ist mir aber auch ein Hobby geworden und ich habe die kosmische Strahlung schon das eine oder andere Mal zu Vergleichen herangezogen. Zunächst einmal ist kosmische Strahlung eine Teilchenstrahlung, die aus den Tiefen des Weltalls auf unsere Erde trifft. Der größte Teil sind Atomkerne, davon wiederum das meiste Wasserstoff und Helium, Eisen ist auch eine Menge dabei. Wo das Zeug herkommt, ist unterschiedlich: Manches im verhältnismäßig niedrigen Energiebereich von der Sonne – rein von der Zahl der Teilchen ist das das meiste. Anderes kommt von Quellen aus unserer Milchstraße – diese Teilchen sind sehr, sehr schnell und energiereich, im Verhältnis zu unserer Vorstellungskraft, aber auch seltener als die Teilchen von der Sonne. Die energiereichsten kommen von außerhalb unserer Milchstraße, haben Energien im Bereich von ganzen Joules auf einem Atomkern und sind extrem selten – eins pro Jahrhundert und Quadratkilometer. Was ich damit sagen will – es gibt viele verschiedene Teilchen in der kosmischen Strahlung, sie haben sehr verschiedene Energien und sind sehr unterschiedlich häufig.

Allen gemeinsam ist, dass sie auf unsere Erde treffen – allerdings gibt es zwei Mechanismen, die uns davor schützen: Das Erdmagnetfeld und die Atmosphäre. Vor allem die häufigen und niederenergetischen Teilchen werden vom Erdmagnetfeld abgelenkt und so daran gehindert, die Erdoberfläche oder auch nur die Atmosphäre zu erreichen. Die Elektronen der kosmischen Strahlung werden weiter draußen abgelenkt, zwischen 15000km und 25000km über der Erdoberfläche sammeln sie sich, bevor sie nach einigen Monaten wieder in den Weltraum abgestrahlt werden. Die Atomkerne sammeln sich tiefer und damit näher an uns dran: 700km bis 6000km hoch bewegen sich vor allem hochenergetische Protonen. Im tieferen, näheren Gürtel bekommt eine dort befindliche Person an zwei Tagen etwa so viel Strahlendosis ab wie in Mitteleuropa in einem Jahr aus natürlichen Quellen, an besonders strahlenintensiven Stellen bei ungünstigem Sonnenwind sogar erheblich mehr – bis hin zur tödlichen Dosis innerhalb von 35 Tagen. Zum Glück sind unsere geostationären Kommunikationssatelliten weiter draußen, erdnahe Satelliten dagegen näher an der Erde als diese als „Van-Allen-Gürtel“ bezeichneten Bereiche. Dennoch bekommt man im Weltraum auch außerhalb der Gürtel mehr Strahlendosis ab als auf der Erde. Das liegt auch daran, dass unsere Atmosphäre eine gute Abschirmung ist. Die Lufthülle ist zwar nicht besonders dicht – aber dafür sehr dick. Das führt dazu, dass zum Beispiel in Deutschland nur rund 15% der Strahlung, die wir in einem Jahr aus natürlichen Quellen abbekommen, von kosmischer Strahlung herrühren.

Allerdings gibt es zwei Faktoren, die uns stärkerer kosmischer Strahlung aussetzen: 

  1. Wir bewegen uns in große Höhe.
  2. Wir reisen an Orte, an denen das Erdmagnetfeld nicht in der Lage ist, von oben kommende kosmische Strahlung abzulenken. Das ist an den magnetischen Polen und in deren Nähe der Fall.

Unter welchen Bedingungen reisen wir an den Nord- oder Südpol, als ganz normale Bürger, oder bewegen uns als Nicht-Bergsteiger in großer Höhe? Nun – das ist einfach: Auf Flugreisen. Seit 2001 sind zumindest Berufsflieger – also Piloten und Kabinenpersonal – dem Strahlenschutz unterworfen, aus genau diesem Grund. Die Art der Strahlung in großer Höhe ist allerdings ein bisschen anders als die Art, die wir hier auf der Erde mit dem Geiger-Müller-Zählrohr und seinen Anverwandten („Geiger-Zähler“) typischerweise gut messen können. Auch die üblichen Filmdosimeter zeigen von den etwas exotischeren Teilchen, die die kosmische Strahlung in der Atmosphäre erzeugt, nicht die richtigen Werte an. Das macht die dadurch erhaltene Dosis aber nicht harmlos. Zum Glück ist kosmische Strahlung und deren Wechselwirkung mit Magnetfeldern und Luft deutlich vorhersagbarer als zum Beispiel die Lagerstätten natürlichen Uranerzes im Boden. Genau dafür gibt es ein Werkzeug, das sogar für die amtliche Dosis-Feststellung für fliegendes Personal vom Luftfahrt-Bundesamt und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen wurde. Es heißt Epcard und ist über die zugehörige Webseite des Helmholtz-Zentrums München öffentlich über das Internet verfügbar. Man kann damit:

  • * die Strahlendosis berechnen, die man auf einer bestimmten Flugroute in einer bestimmten Höhe zu einem bestimmten Datum abbekommen würde und auch
  • * die Strahlendosis berechnen, die man in einer bestimmten Höhe an einem bestimmten Ort innerhalb einer Stunde bekommen würde.

Spaßeshalber habe ich ein paar Werte (für den 25.01.2018 – das Datum spielt wegen des „solaren Wetters“ eine Rolle) ausgerechnet – zum Beispiel, dass man auf dem Denali/Mount McKinley in Alaska aufgrund der Nähe zum magnetischen Nordpol eine höhere Dosis (1,9µSv/h) abbekommen würde als auf dem Gipfel des deutlich höheren, aber äquatornäheren Mount Everest (1,4µSv/h). Ich wollte noch den Mount Erebus in der Antarktis mit in den Vergleich nehmen – aber Epcard rechnet nur hinunter bis 5000m über dem Meeresspiegel, da es ja für Flugreisen designt ist – und der Mt. Erebus ist keine 5000m hoch. Zum Vergleich: In Mitteleuropa beträgt die mittlere Dosisleistung durch kosmische Strahlung auf Meereshöhe 0,03µSv/h.

Den Effekt des Erdmagnetfeldes sieht man besonders schön, wenn man in etwa vergleichbare Flugstrecken – einmal über den Pol, einmal nicht – miteinander vergleicht. Ich habe das hier mal für zwei Flüge ausgerechnet:

  • Am 27.01. von Helsinki nach Tokio auf 10000m Höhe, Dauer 9:35: 53µSv – das ist nicht beängstigend, es ist aber zum Beispiel mehr als doppelt so viel wie das Röntgen beim Zahnarzt. Im Vergleich dazu aber ein Flug auf anderer Route:
  • Am 27.01. von Frankfurt nach Buenos Aires in Argentinien, Dauer 13:45: 31µSv. Es fällt vielleicht auf, dass man zwar länger fliegt nach Buenos Aires, aber eben über den Äquator, wo das Magnetfeld die kosmische Strahlung gut abhält . und man somit bei anderthalb mal so langem Flug trotzdem nur gut die Hälfte der Strahlendosis bekommt.

Ich finde es die Sache absolut wert, darauf hinzuweisen, dass es dieses Tool gibt und dass jeder es benutzen kann. Viele Flugreisende kennen es nicht – wie ich immer wieder erfahren durfte. Sicherlich ist Fliegen nicht aufgrund der Strahlung sehr gefährlich – aber wenn wir um jedes Ticken eines Dosisleistungsmessgerät ein Drama machen, aber zweimal im Jahr z.B. nach Nordamerika fliegen – die Route führt ebenfalls nahe am magnetischen Nordpol vorbei – sollten wir darüber nachdenken, ob wir das mit der Strahlung auch konsequent durchdacht haben.