Winter

Einige Menschen um mich herum mögen den Winter. Sie jubilieren über Schnee und argumentieren gerne damit, dass die Natur, wie sie hier in Mitteleuropa ist, brauche den Winter. Ich kann die Ästhetik einer verschneiden Landschaft würdigen, aber sobald ich einen Fuß auf die verschneite Straße setze, oder einen Fahrrad- oder Autoreifen darauf bringe, ist’s aus mit der Begeisterung. Die Notwendigkeit für unsere Natur hier sehe ich ein, aber ich akzeptiere auch die Notwendigkeit von Vorsorge-Untersuchungen…

Kurz und gut: Ich verabscheue den Winter zutiefst. Ich mag nicht, wenn es kalt ist, ich mag nicht Schnee schieben müssen, schnee- oder gar eisglatte Straßen mag ich schon gar nicht. Die von der Heizung erhitzte und dadurch gnadenlos trockene Luft mag ich auch nicht, den Effekt eiskalter Luft in meinen Bronchien beim Sport draußen mag ich nicht, die kalten Finger und Zehen auf dem Rad ebenso nicht. Die kurzen Tage und langen Nächte, Arbeiten teils im Dunkeln beginnen und im Dunkeln beenden, das mag ich auch nicht.

Was bleibt vom Winter? Mein Geburtstag, am Heiligen Abend. Dieses Jahr fiel die große Party aus, die ich so schätze, die mir Licht und Wärme gibt, den Winter zu überstehen – freilich, es war wunderschön, mit ein paar (sehr) wenigen Freunden zu feiern, ein Video von den anderen geschenkt zu bekommen. Aber es reicht nicht, erst recht, weil dieser Winter wieder winterlicher ist als der vorige. Ich weiß natürlich auch, dass dieser Wintereinbruch, der im Norden schon stattfindet und langsam bei uns hier im Südwesten ankommt, eine Folge des instabileren Polarwirbels ist, und damit eine Folge des Klimawandels sein kann. Nur dass nun auch wieder Stimmen kommen, dass man noch ein bisschen mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen solle, damit es wärmer werde – und wenn man dann mit Wissenschaft kommt, bekommt man gesagt, man wolle die Leute verwirren.

Ich mag den Winter nicht, ganz simpel. Das ändert nichts daran, dass ich verstehe, dass wir ihn in Mitteleuropa brauchen, damit Mitteleuropa die Vegetations- und Klimazone bleibt, die es ist. Wir bräuchten ihn in der Form, wie ich ihn nicht mag, wie er früher war. Ob wir den windigeren, wechselhafter eiskalten und dann wieder supermilden Winter, wie ihn uns der Klimawandel und der dadurch instabilere Polarwirbel bescheren, dafür brauchen können, sei dahingestellt. Aber am Ende kommt’s dabei raus, dass ich hier zuhause bin, dem Winter also nicht entfliehen kann.

Auch wenn ich ihn nicht mag.

Unklarheit

Natürlich bin ich auch kein Fan von trübem Himmel, aber heute meine ich etwas Anderes. Es geht um Unklarheit beim Kranksein. Das ist in Zeiten der Corona-Pandemie noch ein bisschen krasser, aber prinzipiell gilt das alles unabhängig davon.

Zur Zeit hustet mein Mann. Er hat kein Fieber, er hat keine sonstigen Erkältungssymptome und auch der Arzt hält das Ganze nichtmal vage für einen Corona-Verdachtsfall, bei dem er einen Test sehen will. Und nein, mein Mann ist kein Raucher, er reagiert sogar sehr empfindlich auf Rauch und hat, auch aufgrund der Neigung, Erkältungen recht lang mit Husten nachträglich abzuarbeiten, eine starke Abneigung dagegen, im Rauch zu sitzen.

Nun sitze ich hier und denke nach. Im Winter läuft mir öfter mal die Nase – man hat viele Warm-Kalt-Wechsel beim Wechsel zwischen Innenräumen und Draußen, man lässt kühle Luft rein und erwärmt sie, wobei die Luftfeuchtigkeit nachlässt, das macht dann auch manchmal ein bisschen heiser oder so. Außerdem sitzt natürlich in den Luftkanälen der Heizkörper, in denen kalte Luft von unten reinkommt und erwärmt wird und dabei aufsteigt, auch ein bisschen Staub, der beim Heizen in der Raumluft verteilt wird, und auch das kann manchmal ein bisschen zu Atemwegsreaktionen führen. Alles ganz normal. Allerdings hatte ich Ende 2019 schonmal einen (damals so RICHTIG) erkälteten Mann zuhause und war laufen, da war’s der Silvesterlauf in Rheinstetten, also ein Wettkampf. Danach hatte ich eine echt fiese Erkältung! Das hat mich vorsichtiger werden lassen. So bin ich heute, weil ich mich öfter mal räuspere und direkt nach dem Aufstehen die Nase ganz kurz lief, nicht zum Lauftreff gegangen. Beim Laufen kann ich in mich hineinhören, aber wenn ich mit meinen Laufpartnern laufe, ist die Aufmerksamkeit nicht nur nach innen gerichtet, daher will ich heute – wenn überhaupt – lieber alleine laufen, und noch ein bisschen warten, wie sich die Gesamtsituation entwickelt.

Allerdings HASSE ich diese Unklarheit abgrundtief. Wäre ich wirklich erkältet, klar, kein Sport. Keiner will sich die Erkältung verschlimmern dadurch, selbst wenn man sich gut genug fühlt, um Dinge zu tun – und erst recht will keiner ein Übergreifen der Infektion, zum Beispiel auf den Herzmuskel. Wäre bei mir – und lieber noch zusätzlich auch bei meinem Mann – alles ausreichend klar in den Atemwegen, dass auch bei paranoidem Hineinhorchen keine Zweifel aufkämen, würde ich laufen. So stehe ich irgendwie dazwischen und weiß nicht, was ich tun soll. Im Zweifel nicht laufen, werden mir jetzt viele sagen – und das mache ich ja auch. Allerdings weiß ich auch, dass Ausdauersport mit für alles gut tut und ich möchte das nicht zu lange aussetzen. Unklarheit in dieser Hinsicht ist Mist.

Und der Himmel ist auch noch trübe. Ich will Sommer! Hört Ihr mich aufstampfen?

Was lange währt…

Ich habe lange über eine Sache nachgedacht, verschiedene Optionen gewälzt und mich damit befasst, ob ich es tun soll oder lieber nicht. Seit Oktober, eigentlich sogar schon länger gärt ein Gedanke in meinem Kopf. Allerdings wurde erst Ende November und jetzt im Januar wirklich offenbar, dass ich mir Gedanken gemacht hatte, die eben nicht einfach nur hypothetisch sind. Im Moment ist die Sache zudem nur bedingt akut, weil ich eh viel im Homeoffice bin.

Es geht um’s Radeln bei Schmuddelwetter. Lange war es letztes Jahr trocken und angenehm zu radeln, kein Problem. Mein Rennrad, der „Green Scooter Killer“ mit grünem Carbon-Rahmen, schmalen Reifen und zwei Kettenblättern vorne und elf Zahnkränzen hinten, ist leicht, leichtgängig und schnell. Aber ein paar Dinge hat es halt definitiv nicht und die werde ich auch nicht dranbauen: Schutzbleche zum Beispiel. Tragegestelle für Satteltaschen haben an dem Renner auch nichts verloren. Also pendelte ich bei gutem Wetter mit dem „Green Scooter Killer“ und einem Rucksack zur Arbeit und wieder zurück. Einen weiteren Nachteil hat der Carbon-Rahmen in diesem Zusammenhang: Der Fahrradkeller auf der Arbeit ist eng und oft müssen Räder umgestellt werden, wenn jemand sein Rad noch reinstellt oder früher rausholt. Es mag paranoid sein, aber ich bin nicht sicher, ob jemand, der schnell nach Hause will oder spät zu einem Termin kommt, so auf den Carbon-Rahmen aufpasst, wie ich das gerne hätte.

Mit dem Mountainbike die zwanzig Kilometer zur Arbeit zu fahren und später wieder zurück, das war’s dann aber auch nicht. Die Wege sind zu gut, um damit leben zu wollen, dass das Mountainbike halt doch ein ganzes Stück schwergängiger ist, außerdem hat’s auch keinen Gepäckträger… und der Rahmen ist aus Aluminium, das dann doch etwas leichter vermackt.

Also wuchs in meinen Gedanken ein Anforderungsprofil: Ein Stahlrahmen, Schutzbleche, Halterungen für Satteltaschen, am besten auch die Möglichkeit, im Extremfall viel Gepäck dran unterzubringen. Etwas breitere Reifen, bei denen nicht jedes Steinchen zum Wegspringen und Ausbalancieren führt, waren auch gewünscht. Dazu sollte das Rad eine robustere Schaltung haben als mein Rennrad, denn meine heißgeliebte Ultegra mag die Menge an Matsch, Sand und Schmodder, die man beim Radpendeln im Winter abbekommt, nun nicht so unbedingt… und nun habe ich es getan. Ich besitze nun ein drittes Fahrrad:

Der „Red Flash“.

Gekauft habe ich mir ein Trek 520, dazu Schutzbleche zum Selbstmontieren, die auf dem vorliegenden Bild auch noch nicht am Gerät sind. Heute kam die Maschine – die mitgelieferten Pedale habe ich nicht verwendet, sondern stattdessen Kombipedale montiert, die mir Experimente mit Klick-Schuhen erlauben, aber auch eine Plattform für Nicht-Klick-Schuhe haben. Zu den im Vergleich zum „Green Scooter Killer“ jeweils zwei Zähne kleineren Kettenblättern vorne kommt an der Kurbel des „Red Flash“ zusätzlich noch ein kleines Kettenblatt, falls es mal gar nicht geht. Hinten ist nur eine Neuner-Kassette dran, aber bei drei Kettenblättern vorne braucht’s auch nicht mehr, und mit Neuner-Kassette kann alles etwas breiter und robuster sein als mit der Elfer-Kassette beim Renner. Im obigen Bild sind ebenfalls noch nicht montiert: Die Aero-Halterung für meinen Garmin Edge 830, den ich letztes Frühjahr bei Eiswürfel im Schuh gewonnen habe, und meine Varia UT800 Frontleuchten sowie die Halterung für mein Garmin Varia RTL 511 Rücklicht mit Radar. Das ist inzwischen alles dran.

Probefahrt. Tally im nostalgischen „ONCE“-Trikot auf dem „Red Flash“.

Auf einer ersten kleinen Probefahrt bei heute recht gutem Wetter, aber immer noch Matsch auf den Wegen, konnte ich verifizieren: Der „Red Flash“ leistet, wofür ich ihn mir gekauft habe. Ersetzen wird der den „Green Scooter Killer“ freilich nicht. Wenn das Wetter gut genug und der Rucksack leicht genug ist, bin ich ziemlich sicher, dass der erste Griff zum grünen Carbon-Rahmen gehen wird. Aber die Alternative war mir wichtig und ich habe recht lange gezögert – die Läden waren im Corona-Jahr 2020 sehr ausgeplündert, dann hatten sie zu, der Wunsch nach einem Stahl- statt Alurahmen ließ die Verkäufer den Kopf schütteln. Aber nun bin ich sehr glücklich, dass ich erstens trotz weiteren Denkens und Recherchierens feststellen durfte, dass meine Idee für mich Hand und Fuß hat und dableibt – und ich sie nun verwirklicht habe. Ich bin mal gespannt, ob ich trotz Sturms morgen einen geschäftlich nötigen Weg, der sich auch in der Pandemie nicht vermeiden lässt, schon mit dem neuen Rad absolviere – oder ob ich bei Böen bis 60 km/h, auf dem Heimweg als Gegenwind, dann doch lieber mal ausnahmsweise mit dem Auto fahre.

Zwei Sachen mussten dann gleich sein: Die schon erwähnte Probefahrt und das Putzen des „Green Scooter Killer“. Das lohnte sich jetzt richtig, denn der schnelle Carbon-Renner muss ja nun nicht in den Schmodder, da konnte ich den Rahmen richtig schön waschen, die Kette und die Zahnkränze von Dreck, Sand und Schlamm befreien und anschließend ein bisschen fetten. Die Krallenpedale am „Green Scooter Killer“ habe ich bei der Gelegenheit auch gleich durch Kombipedale ersetzt, so dass eben insbesondere auch der Carbon-Renner jetzt fit ist für meine ersten Fahrversuche mit Klickschuhen.

[KuK] Wie ein Weihnachtsbaum

Ich hatte ja schon einmal geschrieben, dass ich neben meinem Garmin Edge 830 Fahrradcomputer, den ich bei Eiswürfel im Schuh gewonnen habe, auch ein Garmin Varia RTL 511 Rücklicht mit Radar verwende. Das diente mir über lange Zeit vor allem für die verbesserte Übersicht – ich wurde einfach früher vor von hinten kommenden Objekten (Autos, andere Radfahrer, Motorräder – E-Scooter eher selten, die sind langsamer als ich) gewarnt. Nun im Winter… ist Licht wichtig.

Und so besitze ich zwar weiterhin meine etwas „funzeligen“ günstigen, dennoch StVZO-konformen Frontlichter… habe aber insgesamt beim Licht aufgerüstet. In winterlich neblig-dunklen Fahrgefilden nutze ich derzeit:

  • Rücklicht: Garmin Varia RTL 511 (wie oben geschrieben), an der Sattelstütze
  • Rücklicht: Sigma Blaze mit Bremslichtfunktion, rechts an der Hinterradgabel
  • Rückwärtige Beleuchtung: Günstiges LED-Rotlicht am Rucksack
  • Rückwärtige Beleuchtung: Kleine LED-Leuchte hinten im Helm
  • Frontlicht: Günstiges LED-Frontlicht für Sichtbarkeit am Lenker
  • Frontlicht: Garmin Varia UT 800 als Helmlampe
  • „Positionsleuchte“: Reflektorbänder mit der Möglichkeit, sie mit LED zu beleuchten, um die Ellbogen, damit man meine Richtungsanzeigen sieht

Geplant ist, entweder statt der Helmlampe oder ergänzend zur Helmlampe dieselbe oder eine weitere Varia UT 800 am Lenker zu verwenden, statt des günstigen Frontlichts.

Es ist inzwischen also schwer, mich zu übersehen. Bei 21 Kilometer Fahrt zum Büro – wenn ich Bürotage und kein Homeoffice habe – und das meist teilweise oder ganz im Dunkeln und an manchen Stellen gezwungenermaßen auf Straßen statt auf Radwegen ist das auch ein Sicherheitsaspekt. Wenn man außerdem ordentlich voraus sieht, kann man auch im Dunkeln schneller fahren.

Früher oder später, wenn ich ein paar weitere Erfahrungen insbesondere mit dem Garmin Lichtnetzwerk und der Varia UT800 gesammelt habe, werde ich wohl mal über die Maschinchen berichten.

Dunkel, kalt und unsicher

Ich wusste schon lange, dass ich die Kälte nicht mag. Dafür brauchte ich nicht viel zu forschen – ich gehe im Winter raus und merke, es gefällt mir nicht, wenn’s kalt ist. Die Kältetoleranz ist durch Sport auch durch den Winter hindurch besser geworden, aber noch immer mag ich es lieber, wenn die Sonne auf mich scheint und die Temperatur es erlaubt, der Sonne viel Haut zu zeigen – auch beim Sport. 30 °C beim Laufen? Kein Problem für mich!

Das bringt mich zum anderen Punkt. Dunkel! Als Mensch, der in seinen Zwanzigern noch gerne bis Mittag schlief und in den krassesten Zeiten zwei bis drei Mal die Woche bis zum Morgengrauen in Discos mit bevorzugt schwarz gekleideten Menschen tanzte, war ich eigentlich der Ansicht, dass die Dunkelheit mich nicht stört. Tatsächlich gehe ich auch gerne mal bei Dunkelheit spazieren, laufe auch mal im Streulicht der Großstadt ohne Stirnlampe über die Felder, vorausgesetzt ich werde nicht geblendet. In zunehmendem Maße merke ich aber, dass nun, in meinen Vierzigern, mir das frühe Dunkeln im Winter zusetzt. Schon beim Pendeln nach Stuttgart, das den größten Teil meiner Dreißiger einnahm, störte es mich, im Dunkeln aus dem Haus zu gehen und dann im Dunkeln wieder nach Hause zu kommen. Im Auto geht das ja sogar noch besser, aber auf dem Fahrrad macht es gar keinen Spaß. Nun, wo ich wegen der Corona-Pandemie auch einiges an Homeoffice machen darf oder muss – ich empfinde es eher als ein „Dürfen“, wo ich mich nun daran gewöhnt habe – bemühe ich mich, so früh wie möglich zu Arbeiten zu beginnen, um nach dem Feierabend gegen 15:00 oder 15:30 noch ein bis zwei Stunden im Hellen zu haben – für Sport, Spaziergänge, irgendwas.

Zu Kälte und Dunkel kommt dieses Jahr die Unsicherheit. Als Sportlerin mag ich es eh nicht, mich zu erkälten. Rhino-, Grippe- und Coronaviren (nicht nur Sars-CoV-2) treiben sich im Winter ja sowieso überall herum, und ich möchte diesen Mist nicht in meiner Nase, meinen Bronchien, Lungen und erst recht nicht an meinem Herzen haben. Dass ich das nicht möchte, hat sich mit der zunehmenden Bedeutung des Lauf- und nunmehr auch Radsports in meinem Leben verschärft, denn Erkältung heißt Sportverbot, damit der Infekt schnell weggeht und nicht auf’s Herz schlägt, und Herzmuskelentzündung hieße LANGE keinen Sport. Aber das ist ja nicht alles! Da man sich Sars-CoV-2 leichter einfängt als irgendeinen HxNy-Grippevirus und Covid-19 tendenziell mehr Spätfolgen, die einem den Sport verleiden, haben kann, ist das sowieso super-ätzend mit einem solch neuen Erreger auf dem Markt der winterlichen Erkältungsviren. Aber es kommt ja dazu, dass nicht nur ich Sorge vor dem Erreger habe, und nicht nur ich mit allem Recht. Sars-CoV-2 mit seinem Erkrankungsbild Covid-19 mag vielleicht nicht schlimmer sein als die spanische Grippe damals, problematischer als die übliche saisonale Grippe-Epidemie ist es aber definitiv, denn erstens haben bisher nur einige Menschen durch Infektionen mit anderen Corona-Viren eine gewisse Resistenz gegen das Zeug und zweitens sind die Folgen potenziell schwerwiegender und noch nicht voll bekannt. Deswegen finde ich es richtig, dass Gesellschaften, Staaten und Menschen mehr Infektionsschutz als sonst betreiben. Ich finde es auch in normalen Wintern ohne neue, aggressive Influenza-Variante oder neues Coronavirus nicht gut, wenn ein rotnäsig-schniefend-hustender Mensch sich in der Bahn neben mich setzt oder wild in den Zug niest oder hustet. Auch wenn ich es nicht auf meinen Alltag anwenden konnte oder wollte, hatte für mich der Usus fernöstlicher Gesellschaften, mit Mund-Nase-Maske in Zug oder anderweitig die Öffentlichkeit zu gehen, wenn man erkältet ist, einen großen Appeal. Meine Idee war einfach, dann zuhause zu bleiben, um die anderen nicht anzustecken. Mit dem Mix aus schweren und symptomlos-ansteckenden Verläufen verschärft Sars-CoV-2 bzw. Covid-19 all das und ich bin voll dabei, dass wir das Infektionsgeschehen unter Kontrolle halten müssen. Vielleicht verabschiedet sich nun endlich auch der letzte davon, dass man sich erkältet, weil man in der Kälte steht oder mit nach dem Sport feuchten Haaren irgendwo sitzt… freilich sind Sport und Kälte Aspekte, die das Immunsystem vorübergehend ein wenig schwächen, während mindestens der Sport es langfristig stärkt. Dieses „Open Window“ für Infektionen aber als den Grund von Erkältungen zu sehen, spricht für eine Haltung, die die allgemeine Verbreitung, die Allgegenwart von Erkältungserregern im Winter als unausweichliche Tatsache akzeptiert. Das ist aber nicht so! Das Kind, das beim gemeinsamen Essengehen über zwei Stunden hinweg unaufhörlich Tisch, Besteck, Geschirr aller Begleiter der Eltern anhustet und anniest ist genauso vermeidbar wie der „heldenhaft“ mit knallroter Nase, Husten und Schnupfen im Büro krächzende Mensch, der sich für unersetzlich hält. Dass man nicht bei jedem kleinen Naselaufen daheim bleiben muss, wenn nicht gerade Sars-CoV-2 oder ein neuer Influenza-Flavour grassiert, ist mir auch klar – als Läuferin läuft mir im Winter durchaus auch mal ohne Infektion die Nase, weil die Schleimhäute in Nase und Augen auf Kälte und starke Temperaturwechsel nunmal mit Sekretion von Schleim reagieren. Feucht-kalte Luft, die angewärmt wird, wird dadurch nunmal in relativer Luftfeuchtigkeit trockener und reizt auch wieder die Schleimhäute. Aber verantwortungsvoll mit dem eigenen Körper und dem Infektionsrisiko der anderen umgehen fängt nicht erst bei Fieber an. Egal, was Kollegen und gegebenenfalls der Arbeitgeber sagen, den schlappen, infektiösen Körper nicht in den ÖPNV und nicht das Büro zu schleppen, ist kein Drückebergertum.

Tja. Ich schweife ab. Unsicherheit war das Thema. Mit einem neuen, auf schnelle Verbreitung sehr gut angepassten Erreger mit verhältnismäßig häufigen schweren Verläufen auf dem Markt ist unsere europäische Haltung zu Infektionsschutz und Drückebergertum gefährlich. An der Stelle ist es sinnvoll, die nicht „aus Vernunft“ heraus von jedem einzelnen ergriffenen Schutzmaßnahmen doch anzuordnen. Das beschränkt natürlich Freiheiten – und das sehen wir gerade. Mich nervt das ebenso wie so ziemlich jeden. Der lange, abschweifende Absatz vor diesem Absatz hier ist jedoch daraus geboren, dass ich mir selbst klar gemacht habe – schon vor Corona – und anderen klar machen will, dass Infektion durch Viren Erkältungen erzeugt und nicht die Kälte – und dass der Infektionsschutz sinnvoll ist. Freilich ist extreme Eindämmung bei eher milden Erregern übertrieben – es beschränkt unsere Freiheit zu sehr, macht die Produktivität kaputt und hindert zudem an der Entwicklung von Immunität gegen genau diesen und von Resistenz gegen ähnliche Erreger. Ist aber ein Erreger mit heftigeren Eigenschaften auf dem Markt, muss man das anpassen. Aber im Gedanken an „Kälte verursacht Erkältung“ und in der Erfahrung, dass die jährliche Grippewelle ja „noch nie so schlimm war, wie das immer aufgebauscht wurde“ sind wir nicht geübt in Infektionsschutz, auch wenn er nötig wäre. Und so lassen wir in Freiheitsdrang, Unwissen und teils der bewusst die Fakten durch Verschwörung ersetzender Kombination daraus den Infektionsschutz auch da zu gering, wo er nötig wäre – und bekommen ihn verordnet, in entsprechend harter Form.

Hier beschränkt dann unser Staat Grundrechte, um ein anderes Grundrecht, nämlich das Recht auf Leben und Unversehrtheit des Körpers (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zu schützen. Damit greift die Beschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 erster Halbsatz GG) durch den zweiten Halbsatz: „soweit er nicht die Rechte anderer verletzt“. Genau da kommt die Unsicherheit auf. Wir alle sind nicht daran gewöhnt, ICH bin nicht daran gewöhnt, dass unsere, meine freie Entfaltung der Persönlichkeit das Leben und die Unversehrtheit anderer gefährdet (bzw. insbesondere im Straßenverkehr sind wir zu sehr dran gewöhnt, dass wir’s nicht mehr sehen). Und so entstehen „plötzliche“ Einschränkungen, und je weniger Leute es einsehen, dass an dieser Stelle die Beschränkung der freien Entfaltung der Persönlichkeit, die im SELBEN Artikel des Grundgesetzes festgelegt ist, desto härter und unvorhersehbarer werden diese Einschränkungen.

Das Ergebnis ist eine Unsicherheit, die zusätzlich zu Kälte und Dunkelheit in diesem Winter auf meiner Seele liegt. Es gesellt sich in meinem Fall in diesem Jahr noch eine gewisse Unsicherheit in anderen Bereichen dazu – mit neuer Chefin, neuen Aufgaben und neuen Kollegen ist die Abstimmung der Gruppe noch nicht final, und wo durch den Corona-Winter Sicherheiten wegbrechen, sind zusätzliche Unsicherheiten für mein sprödes Nervenkostüm Gift.

Dunkel, kalt, unsicher. Keine gute Kombination, um froh, gesund, produktiv und kreativ zu sein. Ich musste mir das mal von der Seele schreiben.

Stirn-Gestirn

Ich bin gestern das erste Mal mit Stirnlampe gelaufen. Benutzt habe ich dafür das Teil, das ich beim Altstadtlauf in Ettlingen gewonnen habe.

Stirnlampe – gewonnen bei einem Lauf.

Zuerst hatte ich ein paar Problemchen, denn durch das Verschieben auf der Stirn nestelte ich den Haltegurt aus seiner Öse und musste so auf einem Stück von Durmersheim zum Fitnessstudio die Stirn- als Handlampe benutzen. Im Fitnessstudio allerdings reparierte ich das Ganze und sah, woran es lag. Ein bisschen sicherer wurde ich mir auch, dass die Lampe nicht jeden Entgegenkommenden blendete, auch wenn sie naturgemäß nicht wie Abblendlicht am Auto nur nach unten strahlt.

Insbesondere auf Wald-Passagen ohne Licht leistete mir das Teil tolle Dienste, es hielt auch sehr gut. Ein wenig doof war, dass mir reflektierende Schilder an der Straße sehr blendend entgegenleuchteten, aber ansonsten gab es keine Beschwerden. Es war erstmal nur ein Experiment – aber ein gelungenes.

Tally und ihr Stirn-Gestirn, aber schon nach dem Duschen.

Auf freiem Feld

Heute stürmt es. So weit, so klar. Bis Windstärke neun war angesagt, ich machte mir da keine Gedanken. So ganz vage ist mir in Erinnerung, dass ich ein Symbol eines Blitzes unter der dunklen Wolke auf meiner Wetterapp gesehen hatte – aber hey, es stürmt doch nur, nicht?

Also lief ich los. Da ich mein Geld noch im Gürtel hatte, den ich aber beim Spaziergang zum Bäcker VOR dem Lauf nicht rum hatte, lief ich einen Umweg zur Bank und zum Bäcker, lud dann Geldbeutel und Brot nach knapp fünf Kilometern Lauf zuhause ab. Dann ging es wieder auf die Straße. Da der Wind aus Südwesten kam, eine lange Gerade meiner typischen Laufstrecken aber südwest-nordöstlich verläuft, führte mein Weg erstmal im Schutz der Häuser nach Südwesten – ich wollte auf der langen Gerade auf freiem Feld den Rückenwind genießen und mich von ihm tragen lassen. Nach einigen Kilometern war ich in Ötigheim, unterquerte die alte Bahnstrecke, überquerte B36 und neue Bahnstrecke und war auf meinem Weg – der Wind blies mit Macht von hinten. Nach der kleinen Biegung weg von der B36 lief ich sogar exakt mit dem Wind, der immer mehr auffrischte. Über dem Schwarzwald, nach rechts vorne geschaut, hingen graue Wolken mit Regenstreifen drunter, links von Frankreich kam’s düster. Ich dachte mir so: „Ich laufe parallel zum Wind, das zieht an mir vorbei, überholt mich und trifft bei Karlsruhe auf die Steigung zum letzten bisschen Schwarzwald oder später auf den Anstieg zum Kraichgau.“ Der Rückenwind ließ mich bei 150 Schlägen des Herzen in der Minute unter fünf Minuten pro Kilometer laufen, es war wie ein Rausch – fünf Kilometer über freies Feld, wie im Flug. Es wurde dunkler, dann kamen erste Tropfen von hinten. Egal! Ich laufe schnell, der Regen kommt von hinten, es ist noch immer warm von innen! Yay! Halt …

„War das ein Blitz?“, fragte ich mich. Dann kam der nächste Blitz und der Hagel klapperte in den Rücken. „Hagel? Echt jetzt? Was soll das denn?“, fragte ich mich. Aber es war nicht zu leugnen. Sturmböen, Hagel, Blitze. Der Donner war wegen des Pfeifens des Windes nicht zu hören – und ich war noch auf freiem Feld. Mir wurde mulmig. Ich drehte um, um anderthalb Kilometer weit zurück ins Dorf und nach Hause zu laufen – aber es kam anders. Die Sturmböen mit Hagelkörnern von vorne ließen mich nicht vorankommen, ich bog ab und stellte mich im Windschatten eines Bauernhauses hin, während der Sturm noch mehr aufdrehte, es erst richtig anfing zu hageln und die Welt unterzugehen schien. Als ich gerade mein Handy rauszog, um meinen Mann zu bitten, mich abzuholen, kam schon seine Mitteilung: „Soll ich Dich abholen?“ Dann bat mich die Dame des Bauernhauses aus dem Regen in ihre Küche, angemaunzt von einem schwarzen Kater unterhielt ich mich mit ihr und lotste dann meinen Mann zu dem Hof, wo er mich mit dem Auto abholte.

Wie zum Hohn fuhren wir beim Aufklaren in den Ort und die Sonne kam strahlend heraus, als wir im Ort in unsere Straße abbogen. Ich lief aber nicht wieder los – mir wurde langsam kalt. Ein Wintergewitter auf freiem Feld – das ist mal ein Gefühl von Gefahr!

Hund und Läufer – Quell von Geschichten

Am vorgestrigen Abend war ich zuerst mit meinem Mann eine Runde mich einlaufen – und dann beim Intervalltraining auf einem Rundkurs in unserem Ort. Wenn ich nicht gerade auf eine Bahn gehe, was ich dann auch irgendwie doof finde, muss ich mir im Winter die beleuchteten Strecken mit den Leuten teilen, die ihre Hunde ausführen. Wie ich schonmal geschrieben habe, kann ich inzwischen den ein oder anderen Hund und auch den ein oder anderen Halter ganz gut einschätzen.

Etwa auf der Hälfte meines Rundkurses begegneten wir schon auf der ersten Runde, beim Einlaufen, zwei Hunden mit ihren Menschen, die an der Engstelle mit Schranke herumstanden, quatschten und nach meiner Einschätzung nicht wegen ihrer Hunde genau an dieser Stelle stehenblieben. Sie erzeugten damit auf sehr engem Raum eine Begegnung von zwei unaufmerksamen Hundehaltern, zwei eher nervösen Hunden und zwei Läufern. Da lief noch alles gut, aber ich dachte mir schon: „Hoffentlich begegne ich denen nicht wieder.“ Wie soll ich sagen: Eine ganze Weile später, auf meinem fünften schnellen Part, ein klein wenig weiter auf meiner Runde, gingen dieselben zwei Menschen mit denselben zwei nervösen Hunden auf ca. 95% von Straße und Bürgersteig entlang. Die Menschen bekamen von den Hunden und von den Geräuschen ringsum scheinbar nichts mit – dass ich dann vorbeilaufen wollte, zumal ich gerade in schneller Phase war, rief einen der Hunde auf den Plan, der dann einen Schlenker auf mich zu machte, bellte und sich aufrichtete bis sprang. Der andere fühlte sich davon angestachelt. Ich kann es nicht per se sagen, aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob das zur Ordnung rufen des Hundehalters dann dem Hund oder mir galt – mein Eindruck war, dass er mein Vorbeilaufen unverschämt fand.

Etwas später wollte ich noch auf der sechsten Runde wieder auf meine Runde einbiegen, doch da war ein Mann, dessen riesengroßer Hund mich schon die Runde vorher aufmerksam, mit angelegten Ohren gemustert hatte, als Herrchen in ein quer auf der Straße wendendes Auto hinein sich unterhielt und ich vorbeilief – in einer der ruhigen Laufphasen. Den schon wieder nervös starrenden Hund wollte ich dann nicht passieren und lief meine schnelle Phase auf anderer Route fertig.

Ich wünsche mir wieder Sommer mit helleren Abende, so dass die Runden, die ich normal laufe, wieder hell sind und ich nicht auf die kurzen, beleuchteten Wege im Dorf ausweichen muss, die ich mit all den Hundebesitzern teilen muss, von denen einige (nicht alle! vielleicht nicht einmal die meisten) eine den Hund nervös machende Läuferin, die unverschämterweise auch noch zwei oder mehrmals dieselbe Strecke läuft, als eine Zumutung zu empfinden scheinen.

Kalt

Nun wird es „endlich“ kalt. Ich erzähle zwar immer und gerne, dass die klassischen Wintermonate Januar und Februar sind und dass der März nicht viel weniger sicher kalt und schneeig ist als der Dezember, aber bei Dezember denkt irgendwie doch jeder an Weihnachtsdeko und Schnee. Unerwartet kommt’s auch nicht, dass es nun kalt ist, auch wenn astronomisch der Winter erst Ende kommender Woche beginnt.

Dennoch merke ich nun, das kalt nicht nur kalt bedeutet, sondern noch einen Haufen Nebenbedeutungen hat: Im Zug fahren viele erkältete Menschen mit, das Risiko, sich anzustecken, ist also größer als im Sommer. Zugleich werden Schleimhäute und Haut trocken. Das Mantra der „trockenen Heizungsluft“ geht mir dennoch auf die Nerven. Die Heizung trocknet die Luft nämlich nicht – die kalte Luft draußen hat nur bei Sättigung mit Feuchtigkeit erheblich weniger Wasser in sich gebunden. Heizen wir sie auf, wäre die Fähigkeit, Luftfeuchtigkeit aufzunehmen, viel größer – Wasser entsteht aber nicht aus dem Nichts. Die relative Luftfeuchtigkeit sinkt also beim Erwärmen. Gleichviel: Kälte und geringe relative Luftfeuchtigkeit im warmen Drinnen bedingen trockene Haut und Schleimhäute. Das nervt, gleichzeitig erhöht es auch wieder das Ansteckungsrisiko für Erkältungen.

Ich hoffe, nicht die dritte Erkältung in dieser Saison einzufangen und freue mich, mich nachher im Warmen und Hellen der Wohnung mit Tee und Decke einzumummeln. Das Klare, Helle des heutigen kalten Tags war zwar schön, aber nun zieht schon wieder nur Dunkel vor dem Fenster der S-Bahn vorbei.

Vielleicht muss ich ja doch akzeptieren, dass es Winter ist.