[KuK] ShadowRun, die dritte

Eine weitere Schatten- und Laufen-Analogie ist, dass ich nun im Sommer wieder mehr im Schatten zu laufen versuche. Die meisten Menschen laufen bevorzugt im Wald, habe ich den Eindruck. Ich persönlich ziehe in aller Regel vor, über die Felder zu laufen, denn ich habe gerne einen weiteren Blick über die Landschaft. Wenn ich auf einem kurvigen Waldweg laufe, bei dem ich nichtmal 400 Meter Weg nach vorne und hinten überblicke, fühle ich mich nicht wohl. Richtig gut wird’s, wenn ich kilometerweit in alle Richtungen schauen kann. Am liebsten habe ich auch Asphalt oder Beton oder zumindest festgetretene, ebene Erde unter mir, der typische Waldweg ist nicht unbedingt mein Ding.

Aber nun im Sommer schätze ich den Schatten im Wald. Ich renne im Schatten durch den Wald. Auch das ist schon wieder irgendwas in Richtung ShadowRun …

Mittagspause

Ich habe es mir zum Grundsatz gemacht –

So fangen Vorsätze an, die man früh ansagt und dann doch nicht einhält. Also: Ich habe damit angefangen, jeden Tag die Mittagspause mit einem Spaziergang zu verbringen, statt herumzusitzen oder in der Mensa etwas zu essen, das mich qualitativ nicht befriedigt. Also gehe ich spazieren – meistens eher flott.

Heute ging es wieder durch den Pfaffenwald in Stuttgart-Vaihingen. Die Gegend ist der Ausläufer des Rot- und Schwarzwildparks in Richtung Vaihingen, und untenstehend könnt Ihr sehen, wie hübsch Sonne und Wald miteinander in Wechselspiel traten.

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Gegangen bin ich übrigens fünf Kilometer in 45 Minuten und habe dabei fast neunzig Höhenmeter aufwärts bewältigt.

GPS-Ausfall und Irrläuferin …

Am heutigen Morgen gab es für mich einen etwas speziellen Lauf. Eigentlich hatte ich vor, nur so ein bisschen durch die Gegend zu joggen, nicht weit, nichts Innovatives, 5-6km und fertig.

Tja, als ich dann über den Federbach laufen wollte, im Bereich des Festplatzes, dachte ich mir so: „Musst ja nicht immer dieselbe Strecke laufen …“ Also bog ich ab auf den Federbachweg Richtung Handballverein und Durmersheim, überquerte kurz nach dem Handballverein den Federbach mittels der Brücke und freute mich meines Lebens und Laufens. Ich hätte schon auf die Idee kommen können, dass irgendwas anders ist als sonst, als ein Feuerwehrmann mit drei Flaschen Fanta vor sich auf dem Boden an einer Kreuzung zweier Waldwege stand. Als dann ein junger Mann mit einem Affenzahn an mir vorbeilief, kam ich immer noch nicht drauf – ich war zu beschäftigt damit, mich zu wundern: Mein Handy zeigte an, ich würde 22:50/km laufen und sei erst 600 Meter weit gekommen. Sechshundert Meter in mehr als 20 Minuten? Nein, es gab keine Klamotten-, Geekzeug- oder Schuhläden auf der Strecke, deren Existenz wäre mir am Federbach echt neu. Kurz und gut: Das GPS hatte das Signal verloren. Über zweimal neustarten und den Check, ob GPS in Google Maps funktionierte, kriegte ich das Problem gelöst. Bis dahin waren es dann 24 Minuten, die ich für die 600 Meter gebraucht haben sollte. Ich sagte Runtastic, es solle die Strecke nicht hinzufügen, lief mit wieder laufendem GPS weiter und bekam mehr und mehr den Eindruck, dass um mich herum – vor allem mir entgegenkommend – eine Menge Leute mit verbissener Wettkampfmiene und Startnummer unterwegs waren. Den nächsten Feuerwehrmann fragte ich dann, verließ die Strecke des 5km-Laufs und danach auch die des 10km-Laufs. Allerdings landete ich etwas später wieder auf der des 10km-Laufs, unterhielt mich nett mit dem vierten Streckenposten, dem ich begegnete, und lief dann über einen kleinen Umweg nach Hause. Aus den veranschlagten sechs Kilometern waren dann trotz GPS-Ausfall über sieben geworden, nach geschätzter Korrektur eher neun.

Zwischenzeitlich auf der Strecke kam ich mir allerdings vor wie Darth Vader auf der Rolltreppe, nur dass ich den entgegenkommenden Wettkampf-Läufern stets ein „Viel Erfolg!“ entgegenrief, statt eines „Stormtrooper!“ – das hätte sie vermutlich auch sehr irritiert. Allerdings muss ich betonen: Ich hatte keine Absperrung gesehen, weil es keine gab. Ich habe die Läufer auch nicht behindert, sondern teils noch darauf hingewiesen, wo entgegenkommende Wettkämpfer abbiegen mussten – da waren Pfeile auf dem Boden, aber an der besagten Stelle zwischen Bietigheim und dem Wasserwerk stand kein Streckenposten und die Wettkampfstrecke ging in den Waldweg rein, statt weiter dem asphaltierten Weg zu folgen. Einer hatte sich, als ich dort vorbeilief, schon vertan und wohl rund 200m Strecke zu viel absolviert, bevor ein ihm folgender Läufer ihn drauf hinwies.

Und somit habe ich heute die Hälfte meines „Solls“ vollgemacht: 600km wollte ich dieses Jahr laufen. 300km habe ich heute erreicht. Yay!

BÖSE-Lauf

Was ist ein „BÖSE“-Lauf, werdet Ihr jetzt fragen. Müsste es nicht eigentlich heißen: „böser Lauf“?

Nein. Müsste es nicht. Analog zum „MÖBS“-Radweg, der Muggensturm, Ötigheim, Bietigheim und Steinmauern in einem Rundkurs verbindet, verbindet der BÖSE-Lauf Bietigheim, Ötigheim, Steinmauern und Elchesheim. Einen solchen habe ich soeben mal wieder absolviert – das erste Mal dieses Jahr, ich glaube sogar erstmals seit 2014. Böse ist der Lauf auch nicht – er streift oder durchquert die vier genannten Orte und endet wieder in Bietigheim – geht also von meiner Tür bis wieder zu meiner Haustür. Vierzehn Kilometer sind’s, wenn mich nicht der Übermut reitet, noch etwas dranzuhängen. Das ist heute geschehen – als ich vom Wasserwerk aus wieder auf den letzten 2,5km zurück nach Hause war, merkte ich, dass ich noch weiter laufen wollte. Also drehte ich noch eine Runde zum Handballverein, zur Kirche und dann über den städtischen Bauhof zurück, damit wurden 16,5km aus den 14 der „puren“ BÖSE-Tour.

Auf dem Lauf wurden Erinnerungen wach. Ich kam endlich mal wieder an der Stelle vorbei, wo ich im Jahr 2009 oder 2010 das erste Mal eine längere Strecke in meinem damals noch neuen (bzw. wenn’s 2009 war sogar noch zukünftigen) Wohnort lief und mich prompt verlaufen hatte. Damals gewann ich den Eindruck, dass alle Wege nach Steinmauern führen – beim ersten Mal verlaufen landete ich an der Weggabelung, über die ich heute Steinmauern verlassen habe – nur eben von der dritten Richtung aus, die ich heute ignoriert habe. Dort traf ich damals zwei Frauen, die ihre Hunde ausführten, und musste erstmal fragen: „Welcher Ort ist das? Wie komme ich zurück nach Bietigheim?“ Später habe ich mich noch mehrfach verlaufen – von Ötigheim aus war mein Ziel Elchesheim – ich landete in Steinmauern. Von Bietigheim wollte ich nach Elchesheim – Steinmauern. Einmal wollte ich von Steinmauern eine neue Strecke nach Hause laufen – Steinmauern! Es war immer diese Weggabelung. Nun bin ich diese Weggabelung aus Richtung Bietigheim seit Jahren nicht mehr angelaufen, sondern immer aus dem Ort, also aus Steinmauern gekommen und dann Richtung Elchesheim weitergelaufen – erfolgreich, übrigens, denn ich kam danach wirklich in Elchesheim durch.

Auf dem Weg von Steinmauern nach Elchesheim liegt auch jene kleine Wald-Strecke, sehr gerade, mit weichem Untergrund in der Mitte zwischen den Reifenspuren, auf der ich das erste Mal stärker aus dem Sprunggelenk abspringen übte, damals noch auf meinen alten Asics-Schuhen, die ich seit Jahren nicht mehr anhatte. Inzwischen laufe ich meine Fivefingers und meine Mizuno Waves und bin immer stärker aus dem Sprunggelenk am Laufen, was effizienter und schneller ist. Aber damals habe ich – dank untrainierter entsprechender Muskeln – auf genau dieser Strecke das erste Mal 150 Schritte in dem Laufstil absolviert, der heute mein Standard ist.

Dann kam ich auch an jenem Haus vorbei, das mal meine Rettung war. In Elchesheim, kurz vor dem Tennisplatz, wurde ich mal gerettet. Das kam so: Als ich nach Elchesheim reinlief, aus Richtung Steinmauern, begann es: Darmkrämpfe. Der Puls ging durch die Decke, ich fühlte mich mies. Etwas später ging es wieder. Fünfhundert Meter weiter dasselbe nochmal. Und dann, kurz vor dem Tennisplatz, ging es nicht weiter. Wirklich gar nicht. Es krampfte. Die Leute, die auf dem Hof dort grillten, boten mir an, bei ihnen auf die Toilette zu gehen – und ich schlug ein. Danach ging es mir gut und ich bin danach noch acht Kilometer gelaufen. Diese freundlichen Leute grüßten mich heute wieder von ihrer Terrasse aus. Ob sie sich an mich erinnern, habe ich aber nicht gefragt. Ich habe dieses Haus und seine Bewohner aber in guter Erinnerung.

Es ist schön, spürbar aus dem Schatten meines bisher besten Laufjahres, nämlich 2014, herauszutreten. Es ist schön, all die Erinnerungen auf der BÖSE-Tour wiederzufinden und vielleicht bald neue, hoffentlich nur positive, zu erzeugen.

Blindschleiche am Aufbäumen

Beim Rennen durch den Wald in der Nähe meines Heimatdorfs lag heute – wie das öfter mal der Fall ist, so ein geodreiecklanger Bindfaden mit ganz leicht verdicktem Kopf auf dem Weg. Eine Blindschleiche, glaube ich zumindest. Normal liegen die Biester still und haben wohl mehr Angst vor mir als ich vor ihnen – meiner Schlangenphobie zum Trotz.

Dieses Mal begann das Tier, als es meine Schritte auf dem Boden spüren musste, sich zu winden und den Kopf zu recken. Meine blöde phobie-behaftete Phantasie stellte sich vor, es wolle mich anspringen, vermutlich wollt’s aber nur warnen – oder flüchten, wusste nur nicht, wohin. Bis allerdings die Bewegung abgeschlossen war, war ich längst vorbei – und als ich nochmal über die Schulter sah, war das Tier weg.

Was mich ein bisschen stolz macht: Trotz aller Angst vor Schlangen (und ja, ich weiß, biologisch-streng sind Blindschleichen keine Schlangen) ging der Puls kaum hoch – vier, fünf Schläge die Minute mehr, vielleicht für 30 Sekunden. Dann war wieder Ruhe.