… freut sich der Dritte, sagt man. Ich habe in letzter Zeit den Eindruck, dass es meistens anders ist. Von Streit hat keiner was. Meistens ist es auch so, dass Streits abstrahlen. Neutral zu bleiben ist nicht so einfach, wenn es im eigenen Umfeld stattfindet und man mit beiden Beteiligten arbeiten muss oder befreundet ist. Sich zu entscheiden ist auch immer schwierig, weil meistens die Lage nicht ganz eindeutig ist. Am Ende wird es meistens darauf hinauslaufen, dass man egoistische Entscheidungen trifft: Man schaut, dass man es mit der Seite hält, die einem wichtiger oder näher ist.
Niemand trifft solche Entscheidungen gerne. Ich habe derzeit einen Punkt offen, an dem ich eine solche Entscheidung nicht getroffen habe, aber jemand anderes, ein anderer „Dritter“, eine Entscheidung getroffen hat – und vermutlich auf die Dauer die eine Streitpartei ersetzen wird. Dann ist da noch eine Stelle offen, an der ich noch gar nicht vor der Entscheidung stehe, aber ganz genau weiß, wie meine Entscheidung ausfallen wird. Konkreter kann und möchte ich nicht werden, da dies hier öffentlich ist.
Mir persönlich ist es viel lieber, wenn jemand beim Erzählen vom Streit, beim Sprechen über das, was am anderen stört, von sich ausgeht und von seinen Gefühlen – und das auch klar macht und selbst klar sieht; wenn jemand sich dessen bewusst ist, dass er oder sie mir seine oder ihre Perspektive erzählt, vielleicht aber mehr und anderes dahintersteckt. Das macht es einfacher. Ich selbst gehe von mir aus, von dem, wie ich die Dinge wahrnehme und was mir wichtig ist. Das ist immer nur eine der vielen möglichen Perspektiven und Wahrnehmungen. Meist sind die Menschen, die ihre eigene Perspektive einnehmen, es sich aber auch bewusst machen, die eher Kompromissbereiten. Ich höre gerne zu, wenn jemand über das spricht, was ihm Probleme mit anderen bereitet, und versuche, zu helfen – und sei’s nur durch zuhören. Was ich nicht mag ist, wenn über andere hergezogen wird. Damit meine ich nicht die Rumflachserei, die jeder mal macht – die ist ja in der Regel auch zu Ende, wenn man sagt: „Ernst mal, bitte – das ist mir wichtig.“ Schwierig wird’s, wenn das auch nicht akzeptiert wird. Konstruktiv wird die Sache, wenn jemand zu mir kommt: „Ich möchte Deine Perspektive hören oder zumindest meine Perspektive an Deinem Zuhören und Deinem ‚Hmmm‘ oder ‚Ja‘ oder ‚Ich verstehe Dich‘ überprüfen.“ Oft kann man dann dennoch nicht helfen, sieht aber, dass die Situation wenigstens von dieser Seite noch nicht völlig verfahren ist. Ich hatte in den letzten Tagen einige Gespräche mit Parteien solcher Streits, in der ich „Dritte“ war. Ich hatte auch Gespräche über solche Streits und wie Partei ergriffen wurde, mit anderen „Dritten“ dieser Streits. Konkret sind’s mindestens zwei solche „Gefechte“, in denen ich zumindest potentiell gefährdet bin, bei Eskalation Kollateralschaden abzubekommen.
Nun sitze ich hier und denke mir: Die zwei Fälle sind nicht miteinander vergleichbar. Einer ist von beiden Seiten verfahren, der andere von einer, von der anderen erlebe ich gerade erst die Resignation. Beide spielen sich unmittelbar in meiner Umgebung ab, aber in unterschiedlichen Teilen meiner Umgebung. Aber beide Fälle zeigen: wenn zwei sich streiten, freut sich eben nicht der Dritte. In diesem Falle möchte die Dritte das Ganze auflösen, zur Ruhe bringen. Denn wenn es eskaliert, trifft’s auch mich als diese Dritte. Vermitteln ist aber auch vermintes Gelände.
Und so hoffe ich, dass die Dinge okay gehen, dass sie sich lösen. Parallel überlege ich mir Strategien, wie ich mit der Eskalation umgehen werde – und dabei selbst Porzellan zerschlagen. Blöde Sprichwörter könnten manchmal nicht falscher sein.
Nebenbei: Beim Laufen ist es genauso. Wenn sich zwei (gute, starke) streiten, werden sie schneller, wachsen an der Konkurrenz. Und der oder die Dritte wird abgehängt.