Begegnungsintensive Heimfahrt

Heute auf der Heimfahrt von der Arbeit schien die Sonne und es war warm. Die Fahrt war somit ein Fest!

Es gab allerdings die eine oder andere Begegnung – und manche davon waren nicht so wirklich ein Fest, das kann ich nicht anders sagen.

Zunächst mal war da die Radfahrerin am Rondellplatz. Ich fuhr von der Markgrafenstraße in den Kreisel ein und sah sie – sie radelte auf der Außenbahn vom Marktplatz (also eine Einfahrt nach mir) her in den Kreisel ein – eigentlich hätte sie mir, die ich auf dem Kreisel fuhr und dort erstmal blieb, Vorfahrt gewähren müssen. Sei’s drum, dachte ich – aber dann wurde sie langsamer und blieb auf dem Kreisel, zwang mich sozusagen auf die Innenbahn – dabei wollte ich auf die Erbprinzenstraße fahren. Ich machte langsam, um hinter ihr vorbeizufahren, aber sie hatte ihr Beschleunigungspulver beim mir die Vorfahrt nehmen verschossen – und so fuhr ich dann doch ziemlich irritiert vor ihr herum aus dem Kreisel raus. Vermutlich reichte mein scharfer Antritt aber, um Abstand zu gewinnen und sie so richtig gar nicht zu behindern.

Dann war da auf dem Radweg entlang der B36 ein Rechtsabbieger. Klar, der Rechtsabbieger von der vierstreifigen Bundesstraße hat dort Vorrang vor dem geradeaus seine Kurve kreuzenden Radfahrer. Was ich allerdings überaus nervig fand: Er blinkte nicht. Er fuhr nicht wirklich auf den Verzögerungsstreifen. Die einzige Möglichkeit für mich, sein Rechtsabbiegen zu antizipieren, war sein Verzögern. Erst sehr spät zog er auf den Verzögerungsstreifen. Ich war sehr froh, dass ich da schon angebremst hatte!

Ebenfalls auf dem Radweg entlang der B36 waren vier Radler unterwegs – schön im Viereck angeordnet, langsam – und auch auf mein Klingeln gingen sie nicht in „hintereinander“-Formation, nein. Auch an der Ampel ließen sie nicht zu, dass ich mich vor ihnen einordnete. Als dann die Ampel über eine Einmündung in die B36 grün wurde für Radfahrer und Fußgänger, machten sie sich sogar drei Fahrer breit, kamen nicht vom Fleck, und bremsten dann auch noch abrupt – da sie nicht weiter entlang der B36 fahren wollten, sondern die B36 an der anderen Ampel queren. Alle Absichten sind legitim, aber man braucht auch, wenn kein Gegenverkehr, sondern nur überholender Verkehr auf dem Radweg oder dem ampelbewehrten Überweg über die Straße da ist, nicht den ganzen Weg blockieren. Ich habe kein Recht auf Überholen, klar, ich mache das auch nur, wenn es geht. Aber es heißt in der neuen StVO auch, dass man nebeneinander fahren darf – aber nur, wenn man niemanden behindert. Mich behinderten sie – aber vermutlich ist es illegitim, über 20, gar über 25 oder sogar über 30 km/h fahren zu wollen, wenn man es kann, da andere nicht so schnell fahren. Das ärgerte mich eingestandenerweise ziemlich.

Aber es gab auch zwei überaus nette Begegnungen. An der Brücke über die Alb, weit vor den letzteren beiden Ereignissen, lief vor mir ein junger Jogger über die Brücke. Er lief ziemlich mittig und ich wusste nicht, ob ich nun rechts vorbei sollte, um mir dann eventuell vom rechtsabbiegenden Jogger den Weg abschneiden zu lassen, oder links vorbei mit entsprechender Konsequenz. Also fragte ich – in aus meiner Sicht nettem Ton, und hoffentlich auch so ankommend: „Rechts oder links?“ Er zögerte kurz, bis er die Frage verstanden hatte, dann meinte er: „Links!“ Also zog ich rechts vorbei bog auf den Radweg an der Alb unter der Südtangente durch und freute mich über Kommunikation im Radwegverkehr!

Die zweite Begegnung war dann in Durmersheim. Ich schoss – kann man kaum anders sagen, für mein Mountainbike sind 31 km/h schon recht flott – Auf dem Heilberg entlang und beabsichtigte, rechts auf die Mühlburger Straße zu fahren. Dort fuhr ein anderer Radfahrer entlang – der aufgrund der Eigenschaft der Mühlburger Straße als Vorfahrtstraße dort Vorrang vor mir hatte. Ich bremste ab und er zog nach kurzem Anbremsen durch, begriff, dass ich die ihm zustehende Vorfahrt gewährte. Als ich dann an ihm vorbeizog, meinte er: „Sie sind so schnell, ich hätte sie vorgelassen.“ Ich meinte sowas wie: „Passt schon. Lieber nach den Regeln.“ Das war klasse!

Im Endeffekt war’s dann doch in Ordnung, Aber es zeigt sich doch immer wieder, dass an manchen Stellen, wie ich heute zu meiner Chefin (ebenfalls Arbeitsweg-Radlerin) sagte: Der Autofahrer ist in Karlsruhe meist nur der zweitschlimmste Feind des Radlers. Der schlimmste Feind des Radlers ist der andere Radler…

Die Diskussion zum Tempolimit

Inzwischen ist ja die Diskussion um das allgemeine Tempolimit auf deutschen Autobahnen wieder aufgekommen. Die wird – wie kaum anders zu erwarten – ziemlich emotional geführt. Aus meiner Zeit als Pendlerin auf vollen bis übervollen süddeutschen Autobahnen habe ich die Überzeugung mitgenommen, dass ein Tempolimit von 120 oder 130 Kilometern pro Stunde eine gute Sache wäre. Dieser Überzeugung bin ich noch immer, auch wenn einige meiner Freunde – teils auch wohlbegründet – anderer Ansicht sind.

Mir ist aufgefallen, dass die größere Anzahl von Verkehrstoten auf Landstraßen und in der Stadt in der Diskussion angeführt wird. Diese Argumentationslinie kommt mir als Befürworterin des Tempolimits komisch vor. Nur weil ein Tempolimit auf Autobahnen an den beiden größeren Einzelposten an Verkehrstoten zunächst einmal nichts ändert, hat es dennoch einen Effekt, der die Verkehrssicherheit auf Autobahnen insgesamt verbessert und den dritthöchsten Posten an Verkehrstoten senken kann.

Es ist ja nicht nur die kinetische Energie, die bei höherem Tempo höher ist und so Unfälle bei höherer Geschwindigkeit tendenziell tödlicher und gefährlicher macht, es sind auch die hohen Geschwindigkeitsunterschiede, die Spurwechsel schwer abschätzbar machen. Freilich gilt beides vor allem dann, wenn es Unfallgegner auf der Strecke gibt, also der Verkehr einigermaßen dicht ist. Das dürfte aber zumindest für bestimmte Zeiten auf nahezu jeder Autobahn gelten – sonst müsste man sich fragen, wofür der Staat an dieser Stelle so viel Geld für ein viele Meter breites Band aus Beton oder Asphalt ausgegeben hat und so viel Bodenfläche versiegelt und überhaupt …

Dass der überproportional mit der Geschwindigkeit steigende Luftwiderstand zudem bewirkt, dass mit einem Geschwindigkeitslimit auch die Emissionen aus dem Verkehr sinken würden, ist dann eher ein Bonus, auch wenn der in der Diskussion um Begrenzung von Treibhausgasen und Klimawandel durchaus auch nicht unbedeutend ist.

Ich äußere mich als inzwischen fast gänzlich mit der Bahn pendelnde Ex-Vielfahrerin natürlich gewissermaßen von außen. Allerdings ist der Verkehr mindestens auf den Strecken, die ich früher dauernd gefahren bin, eher sogar noch dichter geworden und das halte ich für einen allgemeinen Trend. Ich habe durchaus auch im Blick, dass vielen Menschen das Schnellfahren gefällt und es gute Gründe geben muss, wenn man sie der Freiheit berauben möchte, dies außerhalb einer Rennstrecke zu tun. Aus meiner Sicht gibt es aber durchaus eine Menge Gründe dafür – denn ein generelles Geschwindigkeitslimit hat eine Auswirkung auf die Fahrkultur. Ein Tempolimit von 130 km/h zu Stoßzeiten auf frequentierten Strecken und auf gefährlichen Teilstrecken wird immer als „Ausnahme und Beschränkung“ wahrgenommen, erst recht, wenn Übertretungen wenig sanktioniert werden. Darf ich überall nur 130 fahren, ist dieses „war da ein Schild?“, das auch in meinem Kopf manchmal vorging, ausgeschaltet. Ich darf mich darauf verlassen, dass 130 km/h ausreichen, um den 80-90 km/h fahrenden LKW zu überholen, die Unterschiede zwischen den Geschwindigkeiten auf den Spuren sind reduziert und damit die Probleme, die aus extrem unterschiedlich schnell fahrenden Fahrzeugen resultieren.

Viele Argumente, die ich schon gehört habe, beruhen auf einer Optimierung unseres Lebens, unseres Equipments und unserer Wahrnehmung auf den Status Quo ohne Tempolimit. Das müsste nicht so sein und ist kein Argument für im Tempo unbeschränkte Autobahnen. Denn am Ende tut es dem Verkehrsfluss im Mittel besser, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede klein sind. Ökologisch und auch ökonomisch halte ich Schnellfahren auch nicht für sinnvoll, denn durch den überproportional ansteigenden Luftwiderstand, das überproportional ansteigende Risiko schwerer Schäden an Mensch und Maschine bei Unfällen und die stärkere Beanspruchung von Konzentration und Aufmerksamkeit von Schnellfahrer und anderen Verkehrsteilnehmern dürften den Zeitvorteil sehr schnell aufwiegen.

Aber natürlich bin ich als Bahnpendlerin inzwischen dahingehend Außenstehende und habe zudem nicht so stark das Bedürfnis, schnell zu fahren – und unter Zeitdruck zu Außendiensten fahre ich auch eher selten, zumal ich da dann lieber zu spät kommen oder das Ganze durch Planung vermeiden würde.

Angstgegner aus der Fahrschule

Es ist eine Weile her, dass ich in der Fahrschule war. Knapp zwanzig Jahre sind es, um genau zu sein, denn ich war 17, als ich in die Fahrschule ging, meine praktische Prüfung hatte ich im Januar nach meinem 18. Geburtstag.

Eines der Ereignisse, das mir am deutlichsten aus der Fahrschule in Erinnerung blieb und noch immer bleibt, ist ein Fehler, den ich damals gemacht habe. Ein Fehler, der zu einer Gefahrensituation geführt hätte, wenn mein Fahrlehrer nicht eingegriffen hätte. Ich wohnte damals noch bei meinen Eltern in einer Kleinstadt nahe Heilbronn, und so fanden Teile meines praktischen Fahrunterrichts in Heilbronn statt: Anfahrübungen auf einer unbelebten Straße des damals noch in den Anfängen befindlichen Gewerbegebiets „Böllinger Höfe“, das man von der A6 aus sieht, mit dem Stadtverkehr umgehen lernen in Heilbronn drin, Autobahnfahrten auf der A6 und A81 um Heilbronn herum. Auch das folgende Ereignis spielte sich in Heilbronn ab:

Ich fuhr von den Gewerbegebieten zwischen Heilbronn und Neckarsulm, nahe der Hauptfiliale von Kaufland bzw. Lidl und Schwarz, in Richtung B27. Die Straße, auf der ich fuhr, war dreispurig: ein Streifen führte rechts ab in Richtung Heilbronn auf die dort in jede Richtung mit zwei Fahrstreifen bestückten, baulich getrennten Richtungsfahrbahnen ausgestattete Bundesstraße, die anderen beiden Fahrstreifen nach links Richtung Anschlussstelle Heilbronn/Neckarsulm, die als Autobahnkreuz zwischen A6 und B27 ausgeführt ist. Ich befand mich auf dem Fahrstreifen ganz links, meine Ampel wurde grün und ich war so auf Lenken, Fahren, den Verkehr konzentriert, dass ich nicht realisierte, dass es zwei Fahrstreifen der Straße waren, die auf die zwei Fahrstreifen der B27 geführt wurden. Ich driftete nach rechts, auf den anderen Fahrstreifen, wo auch Fahrzeuge fuhren – ein beherzter Griff meines Fahrlehrers ins Lenkrad verhinderte einen Unfall, kurz war er sehr vehement – berechtigt! Dieser Lerneffekt hielt lange an – er hält bis heute an. Ich bemerke auch heute noch, dass ich beim mehrspurig abbiegen, insbesondere nach links, nicht nur besonders vorsichtig bin, sondern auch sehr deutlich wahrnehme, wenn jemand von seinem Fahrstreifen herunter auf einen anderen driftet. Das passiert leider nicht so selten – aber es ist sehr gefährlich, weil beim Abbiegen alle mit dem Abbiegen befasst sind und nicht damit rechnen, dass jemand auf den von einem selbst benutzten Fahrstreifen driftet.

Solche heilsamen Schocks, bei denen – hoffentlich – nichts passiert ist, haben bestimmt auch andere. Ich hoffe, auch bei anderen ist diese starke Sensibilität für die damalige Situation so präsent wie bei mir. Ich wünschte manchmal, dass ich glimpflich ausgegangene ähnliche Erlebnisse für andere potentiell gefährliche Situationen hätte. Das schärft enorm das Unrechts- und Gefahrenbewusstsein und macht einen mindestens in den betroffenen Situationen zu einem besseren Fahrer!

Mal wieder Rechtsfahrgebot

Zum Rechtsfahrgebot habe ich schon viel geschrieben, lamentiert, mich beschwert …

Heute war es keine Staubegegnung. Erstens waren es Begegnungen. Zweitens war’s nicht im Stau, sondern im laufenden Verkehr. Aber es fiel dennoch auf – viermal vor dem Brennpunkt, sechsmal nach dem Brennpunkt. Heute früh war – trotz Staus von Pforzheim West bis Pforzheim Ost – auf der Länge der Strecke eigentlich gar nicht so viel los. So ganz nebenbei fragt man sich an dieser Stelle, wenn mit verhältnismäßig wenig Fahrzeugen und recht großen Lücken im Verkehr alles läuft, auf den „langen“ Strecken ohne Fahrstreifenzahlveränderung, wieso verdammt nochmal man 20 Minuten vor Pforzheim Ost steht und nochmal 10 Minuten vor Stuttgart, nachdem man schon 20 Minuten auf dem Weg zur Autobahn verloren hat. Aber zurück zum eigentlichen Thema, das ich heute anschneiden wollte:

Insgesamt zehnmal passierte mir das heute. Auf tatsächlichen drei, wegen LKWs effektiven zwei Fahrstreifen lief der Verkehr bei irgendwas zwischen Tempolimit 120km/h und unbegrenzt so vor sich hin: 85-105km/h auf dem mittleren Streifen, 125-130km/h auf dem linken. Wundervolle Sache, alles gut. Dann kam ein längeres Stück ohne LKW, der rechte Fahrstreifen war völlig frei. Die Fahrer vor mir auf dem mittleren Streifen blieben bei 90-95km/h, der Abstand zum deutlich über 100km/h fahrenden Vordermann wuchs mächtig an, auf zwei, drei, vier adäquate Sicherheitsabstände. Der nächste LKW war weit weg. Auf dem linken Fahrstreifen wurde schnell gefahren – so schnell, dass ich mit meinem beschleunigungsschwachen kleinen Toyota Aygo nicht riskieren wollte, mit Vollgas von 90km/h auf die ca. 135km/h des Verkehrs links zu beschleunigen, weil ich genau wusste, dass ich damit jemanden dort zum in die Eisen steigen zwingen würde.

Fazit also: Rechts alles frei, viele hundert Meter voraus. Links schneller Verkehr, mittig knapp mehr als die Geschwindigkeit eines LKW auf der Autobahn, bei den PKW, und vor dem so verhältnismäßig langsam fahrenden PKW unendlich viel Platz (zumindest nach A8-Maßstäben). Was passiert also? Fährt der langsame Fahrer oder die langsame Fahrerin nach rechts? Nein.

Ich gestehe, an dieser Stelle habe ich etwas getan, was ich nicht tun möchte und nicht tun sollte. Ich fuhr recht rüber und ließ mein Auto einfach sich bewegen. Da die Fahrer schräg links vor mir meistens sogar langsamer wurden, wenn ich nicht mehr hinter ihnen war, hätte ich bremsen müssen, um nicht vorbeizurollen. Rechts überholen soll man nicht, darf man nicht, will man nicht. Wenn der Vordermann aber bei 200m Abstand zu seinem Vordermann nicht auf den völlig freien Fahrstreifen nach rechts fährt … bei Tempo 90 … und dann schleichend auf Tempo 85 verzögert, nachdem man selbst rechts rein gefahren ist …

So etwas ist unglaublich nervig. Das Argument, dass man nicht wieder auf den mittleren Fahrstreifen rausgelassen wird, zählt in meinen Augen bei so großen Abständen nicht. Klar, wenn der Verkehr sehr dicht ist, sind allzuviele Spurwechsel in einer überstrengen Auslegung des Rechtsfahrgebots toxisch für den Verkehrsfluss. Aber wenn alles läuft, doppelte bis vierfache Abstände im Bezug auf die Sicherheitsmindestabstände möglich sind und auch die rechte Spur nicht eine einzige LKW-Schlange ist, sondern die Abstände der LKW weit, WEIT über den eigentlich geforderten mindestens 50 Metern liegen, dann ist das Rechtsfahrgebot eine Sache, die dem Verkehrsfluss dient, nicht nur, weil es in der StVO steht.

Mittlere freie Weglänge

Ich habe vor langer Zeit einmal über Unfallhäufigkeiten gesprochen und dabei dann erwähnt, wie weit ich schon gefahren bin, ohne dass ich einen Unfall hatte. Dabei sind explizit Pannen ausgenommen, das kann immer mal passieren und hat, sofern es keine grobe Vernachlässigung des Wartungszyklus oder von Warnungen als Ursache gibt, nichts mit der Qualität des Fahrers zu tun.

Nun stellte sich mir – immer wieder, aber nie intensiv genug, um wirklich nachzuforschen, eine bestimmte Frage. Es war die Frage: Fahre ich nun über längere Strecken unfallfrei als der Durchschnitt, oder dauert das noch eine Weile. Natürlich muss man hier zwischen fremd- und selbstverschuldeten Unfällen unterscheiden, aber da ich seit einer ganzen Menge Kilometern GAR KEINEN Unfall welcher Art auch immer hatte, brauche ich diese Betrachtung auch erstmal nicht zu machen.

Zunächst einmal stellt sich die Frage: Wie weit bin ich überhaupt seit meinem letzten Unfall gefahren? Hierfür gehe ich mal zurück in das Jahr 2008. Mit meinem damaligen Freund und heutigen Mann war ich schon zusammen, es muss im Herbst 2007 oder im Winter 2007/08 gewesen sein. Da hatte ich etwas, das man als Unfall bezeichnen könnte – allerdings betraf es nur mein Auto und basierte auf einem technischen Versagen: an der Vorderradaufhängung meines Autos sprang etwas heraus, ich musste mich abschleppen lassen. Ein Glück kam mein Mann dazu und beruhigte mich etwas. Aber hier hatten wir technisches Versagen, wobei die Wartung zwar etwas her war, aber man mir sagte, dass man die Ursache für dieses Versagen bei einer normalen Inspektion erst wenige hundert Kilometer vor dem Vorfall hätte bemerken können. Wie weit das korrekt ist oder nicht, sei dahingestellt, aber es war der letzte unfallartige Vorfall, den ich hatte. Den kaputten Auspuff, der mal ein bisschen auf dem Boden schleifte (letzte Inspektion war ca. 2500km her), die defekten Zündkerzen und die kaputte Kupplung rechne ich nicht mit, da ich jeweils nach geordnetem Halten auf dem Seitenstreifen, checken des Problems, Telefonat mit ADAC oder Werkstatt aus eigener Kraft zur Werkstatt fuhr. Alles in allem hat mein silber-metallic Aygo der ersten Generation eine Viertelmillion Kilometer gefressen, der aktuelle liegt bei 56.000 Kilometer. Damit wäre ich also bei ca. 300.000 Kilometern, die ich seit dem letzten unfall-artigen Vorfall gefahren bin. Dazu kommen die ca. 195.000 Kilometer, die ich unfallfrei auf den oben erwähnten Wagen – einen grauen Mercedes 200D – gefahren hatte, bevor ich die „Alte Dame“ kurz nach dem Vorfall mit der Vorderradaufhängung gegen den silbernen Aygo tauschte. Die „Alte Dame“ hatte vom Vorbesitzer, meinen Großeltern, schon etwa 150.000 Kilometer gesehen, wurde also bei knapp 400.000 Kilometern außer Dienst genommen. Macht also eine knappe halbe Million Kilometer, die ich selbst bereits gefahren bin.

Das Vorgängerauto der „Alten Dame“ war mein blaumetallic-lackierter Fiat Punto, der sein Leben in einem Unfall aushauchte – einem nicht von mir verschuldeten, denn von mir verschuldete Unfälle, die versicherungsrelevant oder Polizei erfordert hätten, hatte ich noch gar nicht. Es gab nur mit oben genanntem Punto, der auch seine 200.000 Kilometer hatte, als er nach unverschuldetem Unfall mit Totalschaden aus dem Verkehr gezogen wurde, einen Vorfall bei Glatteis, bei dem ich in Zeitlupe Rücklicht an Rücklicht gegen einen Fiat Cinquecento rutschte, dabei ging eine Rücklicht-Scheibe zu Bruch und das war’s. Der „Kleine“ hatte damals keine 40.000 Kilometer auf dem Zähler.

In Summe kann ich also vorweisen:

  • etwas über 450.000 Kilometer gänzlich unfallfreies Fahren,
  • knapp 650.000 Kilometer ohne selbst verschuldeten Unfall und
  • etwa 700.000 Kilometer ohne selbst verschuldeten Unfall, der versicherungsrelevant geworden wäre.

Ist das nun viel oder wenig? Dafür brauche ich die Strecke, die ein durchschnittlicher deutscher Autofahrer zwischen zwei Unfällen zurücklegt. Dafür habe ich die ADAC-Unfallstatistik aus dem Jahr 2014 konsultiert. Relevant ist die Sparte „PKW“, in der 0,25 verunglückte Personen pro einer Million Personenkilometer ausgewiesen werden. Wenn man ganz naiv rechnet, sind das vier Millionen pro Person zurückgelegte Kilometer zwischen zwei Unfällen (mit Verletzten, wenn ich das richtig lese). Die entsprechende Vergleichszahl in meiner Fahrerkarriere sind die 700.000 Kilometer ohne selbst verschuldeten Unfall, der versicherungsrelevant geworden wäre. Beim Unfall, der meinen geliebten Punto zerstörte, wurde niemand verletzt – weder ich, noch die verursachende Gegnerin und auch nicht ihr Beifahrer. Da kam zwar die Polizei – was gut war, um alles in Sachen Schuld zu klären, mir wurde die Vorfahrt genommen – und ein Krankenwagen kam zufällig vorbei und kümmerte sich um mich und die andere Fahrerin, da wir beide einen Schock erlitten hatten. Aber verletzt im eigentlichen Sinne wurde niemand.

Von der „mittleren freien Weglänge“, die in der Physik die mittlere Strecke eines Gasteilchens zwischen zwei Stößen angibt, bin ich also noch weit entfernt. Die Arroganz, weiter zwischen zwei Unfällen gefahren zu sein als der gemittelte deutsche Autofahrer, muss ich mir also erst noch verdienen.

Licht-Automatik … oder nicht?

Mein kleiner Aygo – mein nunmehr zweiter, nicht mehr ganz so neuer kleiner Aygo besitzt im Gegensatz zum ersten etwas, das ich sehr zu schätzen gelernt habe – bis ich in den letzten Tagen die Schwäche des Systems bemerkte.

Es handelt sich um eine Licht-Automatik, die das Abblendlicht nach den Informationen eines Lichtsensors an- und ausschaltet. So kann man zum Beispiel beim Anhalten nicht mehr vergessen, das Licht auszumachen – es schaltet sich von sich aus ab (hier spielt der Sensor natürlich keine Rolle). Man kann aber auch nachts bei halbwegs beleuchteter Straße das Anschalten des Lichts nicht vergessen, was bei starker Straßenbeleuchtung in der Vergangenheit durchaus mal bei mir vorkam, zu meiner Schande. Man braucht so auch nicht in Tunnels an das Licht denken – es geht an und wieder aus, abhängig vom Umgebungslicht.

Leider erfüllt das Abblendlicht bei diesiger Atmosphäre und den Lichtbedingungen dieses wolkig-nass-kalten Spätaprils auch eine Signal-Wirkung, die vielleicht vom Tagfahrlicht mit seinen paar (wenigen) LEDs nicht erfüllt wird. Am Leonberger Dreieck gab mir ein Fahrer hinter mir am Mittwochfrüh die Lichthupe. Warum? Nicht nachvollziehbar, bis mir bewusst wurde, dass so ziemlich jeder um mich herum, zu meiner Zufriedenheit, das Licht anhatte, aber meine Kontrolllampe für Abblendlicht nicht leuchtete. Warum? Vermutlich zu hell für den Sensor. Also schaltete ich auf das Abblendlicht zurück und achtete mal drauf – um festzustellen, dass die Lichtverhältnisse im Moment wirklich Abblendlicht verlangen, für die Sicherheit, auf der anderen Seite aber auch konsequent zu hell sind, um den Lichtsensor das Abblendlicht automatisch anschalten zu lassen.

Ich werde mich wohl mal erkundigen müssen, bei meiner Werkstatt, ob man die Schwelle hier versetzen kann …

Musik-Therapie

Heute war so ein Nachmittag – die ganze Zeit brodelte etwas in mir, ich habe es gemerkt, aber zurückgehalten. Das Eine oder Andere ging mir an die Nieren, und natürlich ist so eine Wut, deren Herkunft man nicht kennt, nicht geeignet, das Ganze abzumildern. Dann kam der Verkehr nach Hause, für den auch niemand Bestimmtes etwas kann. Unfall, Stau, unwillkürliche Spurwechsel ohne Grund, ohne Gucken – überall Leute, die sich benehmen, als wären die Verkehrsregeln ein mysteriöses, antikes Werk und nicht die Basis unseres Straßenverkehrs …

… und nun kam ich nach Hause, statt einer Begrüßung sagte ich zu meinem Mann: „Du kannst nichts dafür.“ Und nun habe ich es umgesetzt. Ich habe den zweiten Disney-Soundtrack in Folge gekauft.

Nun kann ich die Wut rausheulen und wieder lächeln.

„Let It Go!“

Schadenfreude 2.0

Und wieder ist es passiert. So wie ich vor einiger Zeit einem Polizeiauto zuschaute, wie es auf die A8 bei LKW-Überholverbot auffuhr, direkt davor ein LKW zu überholen begann – und dann rausgezogen wurde …

Heute hatte ich diesen Moment, in dem ich auf der A831/B14 im Tunnel am Johannesgraben bedrängelt wurde. Ich fuhr 85km/h am Beginn des Tunnels und ließ auf ca. 60km/h auslaufen, was ja genau das Limit dort ist. Hinter mir hatte es jemand eilig, der Abstand verringerte sich zusehends, obwohl die linke Spur frei war. Als ich dann mit den vorgeschriebenen Sechzig aus dem Tunnel kam, scherte das andere Auto aus –

BLITZ!

Ich glaube, den Fahrer hat das ziemlich geschockt, er fuhr dann auch gleich so weit recht rüber wie möglich und bremste runter. Tja, es ist nicht unbedingt so, dass ich die 60km/h Limit an dieser Stelle voll einsehe. Auch an vielen anderen Stellen ist es fraglich, ob die Geschwindigkeitslimits nicht vielleicht eher so niedrig sind, wie sie sind, weil man eh davon ausgeht, dass sie um 20km/h überschritten werden, weil’s erst bei mehr Überschreitung Punkte gibt. Aber prinzipiell sehe ich ein, dass die Geschwindigkeitslimits für Lärmschutz, Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und Erhalt der Straßen essentiell sind. Wahrscheinlich bräuchte man bei häufigeren Kontrollen auch nicht ganz so strenge Limits anlegen – wie gesagt, im Alltag sind 20km/h Überschreitung scheinbar Standard, während 20km/h Unterschreitung bei bekannten Blitzerpositionen oft zu Staus führen – schließlich bremst der gesamte Verkehr um 40km/h herunter, wo ein Blitzer stehen könnte.

Jedenfalls begeistert es mich zu sehen, dass eben doch kontrolliert wird. Denn es dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, der Gesundheit der lärmbelästigten Anwohner und an manchen Stellen auch dem Erhalt z.B. von Brücken. Also auch meiner Sicherheit, Gesundheit und dem Erhalt der Infrastruktur, die ich benutze.

… und ich kann absolut damit leben, dass das nun spießig klingt.

Was soll das?

Diese Frage ist nicht nur der Titel eines sehr einprägsamen Lieds von Herbert Grönemeyer, sondern auch eine, die ich mir des öfteren auf der Straße stelle. Diese Woche habe ich recht häufig intensive Müdigkeit am Abend verspürt, so dass ich dreimal solche „Was soll das?“-Momente erlebt habe, ohne sie hier zu dokumentieren.

Der von heute früh muss nun aber doch sein …

Es begab sich also zu der Zeit, da ich meine Fahrt von Zuhause zur Arbeit antrete, und mich auf dieser Reise über die Bundesautobahn 8 bewege. Nach durchaus heute nicht allzufreier Fahrt trieb ich meinen Toyota Aygo, der zugegebenermaßen vom Motorengeräusch her sportlicher klingt als er ist, die Steigung von Nöttingen nach Pforzheim West empor. Wie so häufig wechselten sich Abschnitte mit vielen Fahrzeugen, die sich um LKW-Überholvorgänge sammelten, mit völlig freien Abschnitten ab. Nun kam ich an die Stelle, an der die Steigung schon langsam geringer wird, kurz vor das Ausfahrt nach Pforzheim – und was machte der LKW auf der rechten Spur vor mir, die ich die mittlere benutzte?

Genau, er zog rüber. Ohne zu blinken – oder eher: er schaltete den Blinker an, als er schon halb auf der mittleren Spur war. Freilich, wenn ein LKW so lange es geht auf der rechten Spur bleibt und erst kurz vor dem zu überholenden Vordermann ausschert, ist das eine feine Sache, weil man länger ungestört auf der mittleren Spur fahren kann …

Moment. Vordermann? Der von mir vernünftigerweise unterstellte Vordermann existierte gar nicht! Der LKW scherte ohne jeglichen ersichtlichen Grund auf die mittlere Spur aus. Ich habe kein Hindernis gesehen, keinen havarierten Verkehrsteilnehmer auf dem Standstreifen und auch kein Stück Reifen oder Holzstück oder was auch immer auf der rechten Spur. Auch eine Metallstange, wie sie später im Verkehrsfunk angesagt wurde, war nicht zu erkennen. Genau an dieser Stelle muss ich gestehen, dass ich sauer wurde. Nicht, dass ich verlangen wollen würde, dass ein mit halbwegs leichter Ladung oder halbwegs starkem Motor zu 70-80km/h bergauf in der Lage befindlicher LKW hinter dem weniger glücklichen Kollegen, der sich mit kaum 40km/h den Berg hochquält, von der mittleren Spur fernhält – sicher nicht. Ich sehe es auch recht kritisch, dass ein Blinken eines Fahrzeugs auf der rechten Spur von PKW wie LKW auf der mittleren Spur oft nicht für voll genommen wird – und plädiere dafür, eher mal den Fuß vom Gas zu nehmen und solche Leute reinzulassen.

Was ich aber absolut nicht abkann, ist unnötiges, plötzliches, signalfreies Spurwechseln ohne jede Rücksicht auf den Verkehr auf der Ziel-Spur. Das ist gefährlich. Ein LKW auf dem Beschleunigungsstreifen darf ruhig mal auf’s Gas drücken, ein PKW sowieso. Einfädeln in den laufenden Verkehr heißt nicht, dass ich stur im fünften Gang den Beschleunigungsstreifen benutze und an dessen Ende bei 62km/h auf die rechte Spur rüberziehe, weil ja die LKW alle spontan und ohne zu gucken auf den mittleren Streifen rübergezogen sind.

Ferner ist eine freie linke Spur kein Argument, von der rechten Spur mit nur kurzem oder gar ohne Blinken kurz vor einem Fahrer auf der mittleren Spur rauszuziehen – denn wenn ich als dieser Fahrer auf der mittleren Spur den ausscherenden LKW oder PKW vor mir beobachten muss, seine Geschwindigkeit durch die Änderung seines Tempos und seiner Richtung nicht gut einschätzen kann, habe ich keine Kapazität, die linke Spur zu beobachten, um sicher selbst nach links zu wechseln. Wenn das fünf, sechs, zehn Autolängen vor mir passiert – gut, dann habe ich Zeit, den Kopf zu drehen, den Blinker zu setzen und auszuscheren. Aber drei, vier Autolängen vor mir – wenn da einer ausschert, habe ich nicht die Kapazität, selbst ein sicheres Spurwechselmanöver auszuführen und zugleich darauf zu achten, den neu gewonnenen Vordermann sicher zu berücksichtigen.

… und gerade diese Woche passiert sowas wieder LAUFEND!

Vom Pendeln und es Überleben

Das ist so ein Ding, das ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Denn auch wenn ich gerne locker-flockig, leicht sarkastisch, aber eben doch in bunten Farben das Pendeln als nette Erweiterung der Freizeit beschreiben mag – so ist es nun eben doch nicht.

Es sind täglich zwei Stunden, meist ein bisschen mehr, die ich im Auto sitze. Das ist eine ganze Menge Lebenszeit. Und ich weiß das. Denn ich merke es die ganze Zeit. Nun gibt es so das eine oder andere Werkzeug, die Zeit rum zu kriegen. Klar. Ich höre auch Radio, SWR3 meistens. Ist in der Regel nicht voll meine Musik, wobei, morgens schon. Selten, im Stau, kann’s auch mal auf Rumfummeln am Handy rauslaufen – aber so mit Handy in der Hand mit 120 auf der linken Spur, den Blick nach unten, das mache ich nicht. Das habe ich heute morgen gesehen, und wahrscheinlich schreibe ich das hier gerade genau deswegen, weil ich so einen Kandidaten heute morgen auf der Spur neben mir gesehen habe.

Aber es gibt noch andere Dinge. Denn Autofahren lastet den Geist nur dann voll aus, wenn’s wirklich eng ist, viel los ist, wenn es drauf ankommt. Wenn wenig los ist, wenn es im Stau langsam, aber stetig geht – da setzt die Unterforderung ein. Und ich würde sagen: Eine Stunde am Stück Autofahren könnte ich auch nicht, ohne Unfälle zu bauen, wenn es meinen vollen Geist fordern würde. Aber wie oben gesagt: Am Handy Spielen, das ist saugefährlich. Und nur Radio Hören reicht nicht.

Was ist es also, was für mich die zwei Stunden Fahrt, je eine vor und nach der Arbeit, ertragbar macht? Nachdenken. Nachdenken kann man ganz gut pausieren, wenn gerade der volle Geist gebraucht wird. Nachdenken kann man auch mal auf halber Flamme. Ich spreche gerne von zwei Dritteln meiner Aufmerksamkeit, die zum normalen Fahren gebraucht werden. Das restliche Drittel kann auf Reisen gehen, sofern es bei Bedarf ohne Verzögerung wieder da ist. Das ist beim Spielen am Handy nicht der Fall, mal davon abgesehen, dass ich nicht weggucken muss, um zu Denken.

Und was denke ich nun? Gelegentlich ist es die Arbeit. Dieses und jenes muss getan werden, das fehlt noch, sowas in der Art. Auch wie ich bestimmte Aufgaben angehe, wie ich Tasks dann letztlich ausführe, ist manchmal Thema. Aber eigentlich eher selten und nur dann, wenn es mir zu viel ist mit der Arbeit – ganz besonders dann kann ich auf der Fahrt nicht davon weg.

Wenn es mir gut geht, wenn alles richtig läuft, spielt in meinem Kopf anderes. Und zwar meine Phantasie. Die braucht keine Bilder, keine Töne von außen. Und ich glaube, das ist auch das Geheimnis, warum das so gut funktioniert, mit dem Multitasking mit dem Autofahren daneben: Weil die mentalen Filter für visuelles und akustisches Wahrnehmen von meinen Gedanken nicht benutzt werden. Die Filter sind nämlich wichtig – ohne die internen Filter der Wahrnehmung ist Autofahren nicht möglich, vor allem das Ausfiltern von fahrrelevanten visuellen, aber auch das Ausfiltern von fahrrelevanten akustischen Reizen gegenüber dem großen, breiten Grundrauschen ist entscheidend für die Sicherheit. Handy-Manie, sogar Radio beansprucht diese Filter. Denken nicht.

Und nun, was denke ich denn? Da ist eine Menge. Meine Phantasie ist Geschichten erzählend. Da ist die Geschichte vom Planeten Tethys, auf dem ich viele meiner Plots angesiedelt habe. Tethys ist eine Welt mit einem äquatorialen Meer, einem kalten Krieg zwischen dem Nord- und dem Südkontinent. Die nach „Jagd auf Roter Oktober“ entstandenen U-Boot-Phantasien habe ich dort angesiedelt, aber auch Hochhäuser, Verkehrssysteme – vor allem aber Schicksale. Eine Tänzerin. Eine Ex-Spionin und nun Politikerin. Eine blinde Sängerin in einer Band. Eine andere Band, deren Musik ich mal geträumt habe. Und viele mehr, alle mit eigenen Geschichten, eigenen Entwicklungen, und doch alle eingebettet in diese Welt, in der sie sich durchaus mal in der U-Bahn, beim Einkaufen, im Restaurant begegnen können. Die prominenteste Gestalt auf Tethys aber ist Jenny, oder besser: Jenisa Korrenburr. Wütende junge Frau, Pilotin – und vielleicht ein bisschen Heldin, aber auch ein gutes Stück Anti-Heldin. Und sie ist es, die mich gerade bei der Stange hält, dass vielleicht doch mal ein Buch draus wird. Viele Geschichten unter anderem in Jennys Leben sind als Gedanken auf der Autofahrt entstanden – ursprünglich. Natürlich sind die Szenen, die ich mir dann ausdenke, noch nicht fertig. Dafür bräuchte ich mehr Aufmerksamkeit. Aber Skizzen sind’s, denen es ganz gut tut, erst durch die Erinnerung gefiltert, dann noch mal in Ruhe, nach dem Ankommen durchdacht zu werden und dann erst niedergeschrieben zu werden. Und ja. Das hilft. Es hilft sehr, wenn mal wieder Stau ist und man dasteht und nur langsam hinterherzuckelt. Das hilft auch, wenn der Verkehr fließt und man eigentlich zu wenig Aufmerksamkeit braucht, für den Verkehr. Lieber geht der Geist kurz ein bisschen spazieren, als dass man neben raus guckt, die Augen zu macht oder gar sich ablenkt.

Wahrscheinlich erscheint diese Methode vielen gefährlich. Ich habe aber erlebt, dass mindestens für mich der gedankliche Spaziergang in meiner Phantasie weitaus „sicherer“ ist, als zum Beispiel – selbst mit Freisprecheinrichtung – zu telefonieren. Einen Menschen am anderen Ende kann ich nicht so gut zur Seite schieben wie meine Gedanken. Denn der wartet ja auf meine Antwort. Das merke ich an mir selbst – selbst die erlaubten Tätigkeiten hinter’m Steuer lenken ab, bringen die Filter durcheinander, wenn sie auf Audiovisuelle Wahrnehmung zurückgreifen oder gar einen Gegenüber beinhalten.

Ich glaube aufrichtig, ohne dieses Gedanken-Geschichten-Dingens hätte ich entweder wegen ablenkenden Tätigkeiten am Steuer schon einen Unfall gebaut – oder hätte die ablenkenden Tätigkeiten gelassen und wäre an geistigem Teilleerlauf während 10% meines Tages noch bescheuerter geworden, als ich es ohnehin schon bin.