Inzwischen ist ja die Diskussion um das allgemeine Tempolimit auf deutschen Autobahnen wieder aufgekommen. Die wird – wie kaum anders zu erwarten – ziemlich emotional geführt. Aus meiner Zeit als Pendlerin auf vollen bis übervollen süddeutschen Autobahnen habe ich die Überzeugung mitgenommen, dass ein Tempolimit von 120 oder 130 Kilometern pro Stunde eine gute Sache wäre. Dieser Überzeugung bin ich noch immer, auch wenn einige meiner Freunde – teils auch wohlbegründet – anderer Ansicht sind.
Mir ist aufgefallen, dass die größere Anzahl von Verkehrstoten auf Landstraßen und in der Stadt in der Diskussion angeführt wird. Diese Argumentationslinie kommt mir als Befürworterin des Tempolimits komisch vor. Nur weil ein Tempolimit auf Autobahnen an den beiden größeren Einzelposten an Verkehrstoten zunächst einmal nichts ändert, hat es dennoch einen Effekt, der die Verkehrssicherheit auf Autobahnen insgesamt verbessert und den dritthöchsten Posten an Verkehrstoten senken kann.
Es ist ja nicht nur die kinetische Energie, die bei höherem Tempo höher ist und so Unfälle bei höherer Geschwindigkeit tendenziell tödlicher und gefährlicher macht, es sind auch die hohen Geschwindigkeitsunterschiede, die Spurwechsel schwer abschätzbar machen. Freilich gilt beides vor allem dann, wenn es Unfallgegner auf der Strecke gibt, also der Verkehr einigermaßen dicht ist. Das dürfte aber zumindest für bestimmte Zeiten auf nahezu jeder Autobahn gelten – sonst müsste man sich fragen, wofür der Staat an dieser Stelle so viel Geld für ein viele Meter breites Band aus Beton oder Asphalt ausgegeben hat und so viel Bodenfläche versiegelt und überhaupt …
Dass der überproportional mit der Geschwindigkeit steigende Luftwiderstand zudem bewirkt, dass mit einem Geschwindigkeitslimit auch die Emissionen aus dem Verkehr sinken würden, ist dann eher ein Bonus, auch wenn der in der Diskussion um Begrenzung von Treibhausgasen und Klimawandel durchaus auch nicht unbedeutend ist.
Ich äußere mich als inzwischen fast gänzlich mit der Bahn pendelnde Ex-Vielfahrerin natürlich gewissermaßen von außen. Allerdings ist der Verkehr mindestens auf den Strecken, die ich früher dauernd gefahren bin, eher sogar noch dichter geworden und das halte ich für einen allgemeinen Trend. Ich habe durchaus auch im Blick, dass vielen Menschen das Schnellfahren gefällt und es gute Gründe geben muss, wenn man sie der Freiheit berauben möchte, dies außerhalb einer Rennstrecke zu tun. Aus meiner Sicht gibt es aber durchaus eine Menge Gründe dafür – denn ein generelles Geschwindigkeitslimit hat eine Auswirkung auf die Fahrkultur. Ein Tempolimit von 130 km/h zu Stoßzeiten auf frequentierten Strecken und auf gefährlichen Teilstrecken wird immer als „Ausnahme und Beschränkung“ wahrgenommen, erst recht, wenn Übertretungen wenig sanktioniert werden. Darf ich überall nur 130 fahren, ist dieses „war da ein Schild?“, das auch in meinem Kopf manchmal vorging, ausgeschaltet. Ich darf mich darauf verlassen, dass 130 km/h ausreichen, um den 80-90 km/h fahrenden LKW zu überholen, die Unterschiede zwischen den Geschwindigkeiten auf den Spuren sind reduziert und damit die Probleme, die aus extrem unterschiedlich schnell fahrenden Fahrzeugen resultieren.
Viele Argumente, die ich schon gehört habe, beruhen auf einer Optimierung unseres Lebens, unseres Equipments und unserer Wahrnehmung auf den Status Quo ohne Tempolimit. Das müsste nicht so sein und ist kein Argument für im Tempo unbeschränkte Autobahnen. Denn am Ende tut es dem Verkehrsfluss im Mittel besser, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede klein sind. Ökologisch und auch ökonomisch halte ich Schnellfahren auch nicht für sinnvoll, denn durch den überproportional ansteigenden Luftwiderstand, das überproportional ansteigende Risiko schwerer Schäden an Mensch und Maschine bei Unfällen und die stärkere Beanspruchung von Konzentration und Aufmerksamkeit von Schnellfahrer und anderen Verkehrsteilnehmern dürften den Zeitvorteil sehr schnell aufwiegen.
Aber natürlich bin ich als Bahnpendlerin inzwischen dahingehend Außenstehende und habe zudem nicht so stark das Bedürfnis, schnell zu fahren – und unter Zeitdruck zu Außendiensten fahre ich auch eher selten, zumal ich da dann lieber zu spät kommen oder das Ganze durch Planung vermeiden würde.