Die Diskussion zum Tempolimit

Inzwischen ist ja die Diskussion um das allgemeine Tempolimit auf deutschen Autobahnen wieder aufgekommen. Die wird – wie kaum anders zu erwarten – ziemlich emotional geführt. Aus meiner Zeit als Pendlerin auf vollen bis übervollen süddeutschen Autobahnen habe ich die Überzeugung mitgenommen, dass ein Tempolimit von 120 oder 130 Kilometern pro Stunde eine gute Sache wäre. Dieser Überzeugung bin ich noch immer, auch wenn einige meiner Freunde – teils auch wohlbegründet – anderer Ansicht sind.

Mir ist aufgefallen, dass die größere Anzahl von Verkehrstoten auf Landstraßen und in der Stadt in der Diskussion angeführt wird. Diese Argumentationslinie kommt mir als Befürworterin des Tempolimits komisch vor. Nur weil ein Tempolimit auf Autobahnen an den beiden größeren Einzelposten an Verkehrstoten zunächst einmal nichts ändert, hat es dennoch einen Effekt, der die Verkehrssicherheit auf Autobahnen insgesamt verbessert und den dritthöchsten Posten an Verkehrstoten senken kann.

Es ist ja nicht nur die kinetische Energie, die bei höherem Tempo höher ist und so Unfälle bei höherer Geschwindigkeit tendenziell tödlicher und gefährlicher macht, es sind auch die hohen Geschwindigkeitsunterschiede, die Spurwechsel schwer abschätzbar machen. Freilich gilt beides vor allem dann, wenn es Unfallgegner auf der Strecke gibt, also der Verkehr einigermaßen dicht ist. Das dürfte aber zumindest für bestimmte Zeiten auf nahezu jeder Autobahn gelten – sonst müsste man sich fragen, wofür der Staat an dieser Stelle so viel Geld für ein viele Meter breites Band aus Beton oder Asphalt ausgegeben hat und so viel Bodenfläche versiegelt und überhaupt …

Dass der überproportional mit der Geschwindigkeit steigende Luftwiderstand zudem bewirkt, dass mit einem Geschwindigkeitslimit auch die Emissionen aus dem Verkehr sinken würden, ist dann eher ein Bonus, auch wenn der in der Diskussion um Begrenzung von Treibhausgasen und Klimawandel durchaus auch nicht unbedeutend ist.

Ich äußere mich als inzwischen fast gänzlich mit der Bahn pendelnde Ex-Vielfahrerin natürlich gewissermaßen von außen. Allerdings ist der Verkehr mindestens auf den Strecken, die ich früher dauernd gefahren bin, eher sogar noch dichter geworden und das halte ich für einen allgemeinen Trend. Ich habe durchaus auch im Blick, dass vielen Menschen das Schnellfahren gefällt und es gute Gründe geben muss, wenn man sie der Freiheit berauben möchte, dies außerhalb einer Rennstrecke zu tun. Aus meiner Sicht gibt es aber durchaus eine Menge Gründe dafür – denn ein generelles Geschwindigkeitslimit hat eine Auswirkung auf die Fahrkultur. Ein Tempolimit von 130 km/h zu Stoßzeiten auf frequentierten Strecken und auf gefährlichen Teilstrecken wird immer als „Ausnahme und Beschränkung“ wahrgenommen, erst recht, wenn Übertretungen wenig sanktioniert werden. Darf ich überall nur 130 fahren, ist dieses „war da ein Schild?“, das auch in meinem Kopf manchmal vorging, ausgeschaltet. Ich darf mich darauf verlassen, dass 130 km/h ausreichen, um den 80-90 km/h fahrenden LKW zu überholen, die Unterschiede zwischen den Geschwindigkeiten auf den Spuren sind reduziert und damit die Probleme, die aus extrem unterschiedlich schnell fahrenden Fahrzeugen resultieren.

Viele Argumente, die ich schon gehört habe, beruhen auf einer Optimierung unseres Lebens, unseres Equipments und unserer Wahrnehmung auf den Status Quo ohne Tempolimit. Das müsste nicht so sein und ist kein Argument für im Tempo unbeschränkte Autobahnen. Denn am Ende tut es dem Verkehrsfluss im Mittel besser, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede klein sind. Ökologisch und auch ökonomisch halte ich Schnellfahren auch nicht für sinnvoll, denn durch den überproportional ansteigenden Luftwiderstand, das überproportional ansteigende Risiko schwerer Schäden an Mensch und Maschine bei Unfällen und die stärkere Beanspruchung von Konzentration und Aufmerksamkeit von Schnellfahrer und anderen Verkehrsteilnehmern dürften den Zeitvorteil sehr schnell aufwiegen.

Aber natürlich bin ich als Bahnpendlerin inzwischen dahingehend Außenstehende und habe zudem nicht so stark das Bedürfnis, schnell zu fahren – und unter Zeitdruck zu Außendiensten fahre ich auch eher selten, zumal ich da dann lieber zu spät kommen oder das Ganze durch Planung vermeiden würde.

Fahr-Erfahrungen auf zweispurigen Autobahnen

Ich hatte während meines Urlaubs zwei sehr unterschiedliche Fahrerfahrungen auf Autobahnen mit zwei Fahrstreifen je Richtung. Eine davon war die niederländische A7 über den Abschlussdeich und anschließend über Groningen nach Leer. Die andere war die deutsche A1 von Bremen nach Münster.

Das mag nun für all die Deutschen ein wenig ernüchternd sein, die gerne die Niederländer als wenig gute Fahrer darstellen – denn nach meiner Erfahrung auf einer niederländischen, flachen Autobahn mit zwei Spuren und einer gleichartigen deutschen, jeweils unter der Woche bei LKW- und PKW-Verkehr, außerhalb der Stoßzeit, wirft auf den Verkehr in Deutschland kein so gutes Licht. Aber der Reihe nach:

Auf der niederländischen A7 von Amsterdam nach Leer waren reichlich LKW verschiedenster Nationalität unterwegs, dazu eine Menge PKW, die meisten davon niederländische. An vielen Stellen gab es keine zusätzliche Begrenzung zu den in den Niederlanden 130km/h Tempolimit auf Autobahnen. Wenn man hinter einem LKW auf der rechten Spur fuhr, wurden alle etwas langsamer, ausgeschert wurde nur, wenn die Lücke groß genug war und man sich in den 110-130km/h schnellen Verkehr links einordnen konnte. Bis auf die in Nationalstraße N7 überführten, mit Ampeln geregelten Durchführungen durch Groningen und noch eine andere Stadt lief es super-entspannt, die Geschwindigkeit schwankte zwischen 90 und 130km/h, allerdings ohne starke, schnelle Veränderungen des Tempos. Das war der Donnerstagnachmittag und Abend meines Urlaubs.

Am Montagnachmittag meines Urlaubs fuhren wir von Nähe Hamburg in die Nähe von Mönchengladbach. Da war der Verkehr nicht größer – eine Autobahn, eben, weitgehend gerade, LKWs aus aller Herren Länder, PKW vorwiegend deutsche, Richtgeschwindigkeit 130km/h, aber über weite Strecken keine Begrenzung. Die Bedingungen waren nicht so anders, oder? Aber: die Richtgeschwindigkeit wurde weitgehend nicht beachtet, es gab lange, lange Strecken, auf denen man von der rechten Spur bei ca. 95km/h nicht nach links kam, weil dort 150km/h oder mehr gefahren wurden und teils sehr aggressive Hinweise kamen, man solle sich unter Bremsen auf rechte Spur verdrücken, selbst wenn man 140km/h fuhr und auf der rechten Spur kein Platz für einen war. Hinter LKW dann ein anderes Bild: ein schneller Linksfahrer nach dem anderen musste am LKW quasi vollbremsen, ein Rechtsfahrer nach dem anderen zog nach Abbremsen auf die 85km/h des LKW nur ca. 10-20m hinter dem LKW raus, die ganze Kolonne fuhr – egal, ob vorher schnell oder langsam, egal, ob vorher links oder rechts, mit 85-90km/h am LKW vorbei.

In der Bilanz war die mittlere Geschwindigkeit auf der niederländischen A7 ungefähr 110km/h, die mittlere Geschwindigkeit für den baustellenfreien Abschnitt der A1 in Deutschland ca. 105km/h. Der Spritverbrauch lag bei der bequemen Fahrt durch Friesland 0,3l/100km niedriger als bei der Fahrt durch’s westliche Niedersachsen. Der Verkehr war etwa gleich, der Stresslevel meinerselbst auf der A1 erheblich höher – meinen Mann sollte man gar nicht fragen, der war bei der Ankunft in Hamburg entspannt, bei der Ankunft in Mönchengladbach völlig fertig.

An dieser Stelle muss ich natürlich die Frage stellen: Ist meine Erfahrung hier die Regel? War es ein Ausreißer in der vergleichenden Stichprobe?

Im Endeffekt, ganz im Wissen, dass ich sicher keine repräsentative Studie gemacht habe und dass ich meinen subjektiven Eindruck zugrundelege, stelle ich mir jedoch hier die Frage: Machen die Niederländer mit ihrem festen Tempolimit 130km/h auf Autobahnen etwas besser als wir Deutschen mit einer Richtgeschwindigkeit, die keinen interessiert? Haben die Niederländer weniger die – insgesamt verkehrsflussschädliche – Einstellung von „freier Fahrt für freie Bürger“?

Dass es keine objektive Sache ist, weiß ich. Aber für mich untermauert es meine Unterstützung für ein Tempolimit, ein echtes, fixes, überall gültiges Tempolimit von 130km/h oder maximal 10km/h mehr, lieber noch 10km/h weniger auf deutschen Straßen.

Ich hab’s mir doch gedacht …

Heute auf der A8 war es so weit. Nach dem Unfall vorletzte Woche ist zwischen Heimsheim und Pforzheim Süd noch immer die Mittelleitplanke an einer Stelle durch rote Warnbaken ersetzt, dazu stehen da Warnschilder mit „Ölspur“, die auch nicht mehr wahr sind. Dort wird der Verkehr auf beiden Seiten von unbegrenzt auf 120, dann 100 und schließlich 80 runtergebremst, in recht dichter Folge. Bis man die Warnbaken ankommt, die wirklich in Linie mit den Beton-Segmenten der Mittelleitplanke stehen und die zwei fehlenden direkt ersetzen, erkennt man keinerlei Grund des Runterbremsens.

Ich habe schon die ganze Zeit befürchtet, dass zwischen „Ich brems‘ runter, weil da ein Tempolimit ist“, „120 – egal, 100, hmm? – 80, oh! Vollbremsung!“ und: „SEH ICH NICHT EIN!“ ein paar Probleme entstehen. Denn diese drei Ansichten habe ich bei Fahrern beobachtet. Nun hat wohl an der Stelle auf der linken Spur jemand extrem plötzlich runtergebremst, der Hintermann schaffte das Bremsen nicht mehr und fertig war der Unfall und der Stau. Mehr als 20 Minuten Verzögerung kostete mich das heute.

Technisch gesehen gibt es an der Stelle keinen ersichtlichen, echten Grund für das Runterbremsen, außer die Staßenarbeiter würden das Betonsegment ersetzen. Aber das tun sie seit zwei Wochen nicht. Zwischen linkem Fahrbahnrand und auf halber Autolänge unvollständiger Mittelleitplanke ist mehr als ein Meter Platz. Die größte Gefährdung dort entsteht – pardon – durch das ungewohnte und schwer einzusehende plötzliche Tempolimit. Genau das hat man heute gesehen, der Unfall war genau an dieser Stelle. Sehr ärgerlich ist das!

Nachtrag/Ergänzung: Mir ist – inzwischen dank meines Bekannten Stefan voll, vorher nur vage – bewusst, dass die Straßenmeisterei keine andere Wahl hat, als die defekte Mittelleitplanke abzusichern und ein Geschwindigkeitslimit zu verhängen. Das ändert nichts daran, wie sehr ein so „spitz“, also mit Reduktionen der erlaubten Geschwindigkeit in extrem kurzen Abständen um jeweils 20km/h, den Verkehr behindert und unfallanfällige Situationen heraufbeschwört. Man würde sich wünschen, dass das Abmähen der Autobahnränder dann vielleicht für zwei Wochen ruhen würde und stattdessen diese Gefahrenstelle beseitigt würde. Aber vermutlich fehlt das Material und so ein Plan stellt sich auch nicht von allein um.

Tiefflug

Verglichen mit den vergangenen Tagen war die heutige Heimfahrt ein Tiefflug. Es war echt erstaunlich, das erste Mal seit Wochen, nein, wohl schon Monaten zeigte die Abschätzung von Google Maps für die Heimfahrt unter 1:10 an. In optimalen Fällen wären es 0:55.

Und ich habe auch ein Gefühl dafür bekommen, warum die Sache besser läuft: Mindestens ein Teil der Fahrbahnerneuerung am Karlsruher Dreieck ist heute beim Heimfahren abgebaut gewesen. Ich habe heute auf der Strecke viele Dinge gesehen, die mich hoffen lassen: Bis auf an wenigen Stellen ist die zweite Fahrbahn – die Richtung Karlsruhe – zwischen Nöttingen und Karlsbad nunmehr ausgegraben und bereit, da eine Fahrbahn drauf zu basteln. An der Brücke über die Straße zwischen Waldbronn und – wo auch immer wird auch fleißig gegossen. Und am Karlsruher Dreieck lässt die Baubehinderung nach.

Und so kam es, dass ich eben tatsächlich recht gut meinen Heimweg machen konnte, die meisten Geschwindigkeitslimits ausschöpfen konnte und nur in der noch anhaltenden Fahrbahnerneuerungsbaustelle zwischen Pforzheim Ost und Pforzheim West ein bisschen Stockung hatte. Alles in allem eine gute Stunde, vielleicht sogar unter einer Stunde – so genau habe ich nicht nachgeschaut.

Ein Gefühl wie „es wird“ macht sich breit!

Und noch etwas anderes „wird“. Aber davon in einem anderen Post.

Sommer, WM, oder was?

Ich habe unter der Kategorie „Stauanatomie“ schon von der „Senkenstockung“ geschrieben, einer Struktur, die sich all zu oft an Senken auf der Autobahn finden lässt. In der Senke, oft auf nach der Senke, stellen etliche PKW fest, dass das zuvor für ausreichend gehaltene Tempo der LKW bergab nunmehr, den Berg hoch, zu sinken beginnt. Und jeder will links rüber. Nicht nur, dass dann plötzlich all zu viele Fahrer auch von gut motorisierten Fahrzeugen das Runterschalten vergessen und vor lauter Linksrüberfahren langsamer werden, nein, oft ziehen sie auch noch spitz raus, in zu kleine Lücken, zu knapp vor dem Vordermann. Natürlich ist eine beengte Situation mit viel Verkehrsaufkommen einer solchen Struktur eher förderlich …

Was mich aber zugegebenerweise zunehmend nervt: Vor der WM, bevor das Wetter gut wurde, hatte man hin und wieder Senkenstockungen an der Senke bei Nöttingen in der großen Baustelle, mal in der einen, mal in der anderen Richtung. Und an der Senke bei Pforzheim entstand auch immer mal eine, vor allem seit die Baustelle zwischen Pforzheim Ost und Pforzheim West aufgebaut wurde, und da dann vor allem in Richtung Karlsruhe. Senkenstockungen kriegt man nämlich mit der Verbreiterung der Autobahn in oder kurz nach der Senke auf eine Spur mehr ganz gut in den Griff. Nun aber – und das ist der eigentlich nervige Punkt – ist die Senkenstockung bei Pforzheim Ost schon festgefügter Teil meiner Heimfahrt, genau wie die in der Senke bei Nöttingen. Nur auf der Hinfahrt bildet sich die Stockung nicht immer aus, was aber vielleicht auch daran liegt, dass es sich für viele nicht lohnt, nach der Senke bei Nöttingen Richtung Stuttgart raus zu ziehen. Warum? In der Baustelle, bergauf, Richtung Pforzheim West, ist eh auf 60 begrenzt, zu Stoßzeiten und tagsüber. So nervig das manchmal ist, es scheint die Leute vom schnellen Wechsel nach links ein bisschen abzuhalten, und das tut dem Verkehrsfluss gut.

Und ich sitze nun da und frage mich: Warum funktionierte das vor den Pfingstferien so gut, warum war da die Stockung nur manchmal ausgebildet – in den Pfingstferien ging’s auch ganz gut – und nun ist diese nervige Stauart nahezu jeden Tag da? Liegt es daran, dass die WM einen schneller vorankommen lassen will, so dass man Ungeduld ansetzt und daher Dinge tut, die einem zwar nichts bringen und die anderen sogar Zeit kosten, aus blindem Aktionismus? Oder ist es das Wetter? Oder heißt „Gewöhnung an eine Verkehrsbehinderung“ auch, dass man eher die Dinge tut, die sie begünstigen?

In der Hoffnung, endlich mal wieder in unter 75 Minuten durchzukommen trink ich dann nun mal meinen Tee aus und mach mich auf den Weg.

An die eigene Nase fassen

Ich merke immer wieder, wie ich mich über andere Verkehrsteilnehmer ärgere. Oder über andere Leute im allgemeinen. Wie ich sage, dieses oder jenes „gehe überhaupt nicht“.

Und dann ertappe ich mich dabei, selbst nicht so viel anders oder gar genau so zu handeln. Ich sehe zum Beispiel Geschwindigkeitsbegrenzungen in aller Regel ein. Aber dennoch korrigiere ich mich nicht auf die 75 der LKW und fahre rechts rüber, wenn ich bei Tempolimit 80 in der Baustelle mit etwas über 90 auf dem Tacho links im Verkehr mitschwimme. Ich sehe ein, dass Abstand wichtig ist, ich ärgere mich über Drängler – und doch merke ich immer mal, dass ich nun doch dichter aufgefahren bin, als ich das bei einem anderen Fahrer hinter mir als okay akzeptieren würde. Ich ärgere mich darüber, wenn ich im Stau eine größere Lücke lasse, um Stop-And-Go in langsames Fließen zu verwandeln und vor mir dann einer von der genau gleich schnellen anderen Spur die Lücke zumacht und prompt abrupt bremst. Aber gelegentlich nutze ich auch Lücken und stelle hinterher fest, dass ich etwas schnell war, muss bremsen – und der Hintermann nimmt’s vermutlich genau so wahr wie ich, wenn ich mich über sowas ärgere.

Ich nehme es recht persönlich, wenn ich merke, dass ich die von mir selbst an andere gesetzten Standards gefühlt oder auch echt nicht erfülle. Nicht nur im Straßenverkehr, auch im Privaten und vor allem im Beruf. Mir wurde schon das ein oder andere Mal gesagt, ich scheitere an meinen eigenen Ansprüchen. Das mag sein – aber irgendwie halte ich es für eine gute Sache, auch die eigenen Fehler schwer zu nehmen. Freilich, Abhaken und beim nächsten Mal besser Machen sollte es sein. Aber die eigenen Fehler Ausblenden und bei anderen Monieren, wenn sie das machen, ist irgendwie scheinheilig.

So gesehen: Ich bin nun zwar nicht unbedingt das, was man eine praktizierende Christin nennen würde, aber in der Hinsicht gibt es zwei griffige Formulierungen, die mir beim Thema „eigene Fehler – anderer Leute Fehler“ in den Sinn kommen und aus dem Neuen Testament stammen:

Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?

Das hier ist das eine, sehr konkrete. Im Prinzip die Vorwegnahme der netten Redensart vom „an die eigene Nase fassen“. Sollte man auch im Straßenverkehr immer mal wieder machen. Und dann, sehr konkret, die Anweisung, sich in den anderen hinein zu versetzen:

Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu.

Also: Wenn’s mich nervt, dass mir jemand dicht auffährt, sollte ich es selbst auch vermeiden. Allerdings muss ich sagen, dass das eigentlich schon wieder zu schwach formuliert ist. Wenn’s jemandem egal ist, ob ihm dicht aufgefahren wird, ob er bedrängelt wird oder was auch immer, darf er nach der Formulierung ruhig auch anderen dicht auffahren. Der Abstand ist im Interesse der Sicherheit beider Parteien aber dennoch zu klein. Wahrscheinlich greift mein Vergleich zu kurz, aber letztlich sehe ich doch im Stau, dass solche Dinge wie Drängeln und Lückenspringen für einen selbst akzeptabel erscheinen und man sie auch anderen zubilligt, der Tendenz nach. Zumindest bestimmte Fahrer, die allerdings in der Regel nicht mir entsprechen.

Vernünftiger wäre wohl, die Fahrer anzuweisen, dass sie sich konform mit Regeln verhalten, die für alle gelten sollten – man versetzt sich also nicht nur in sich hinein und guckt, was man nicht haben will, wie die anderen handeln – sondern man fordert, dass wie man sich verhält gemäß Regeln verläuft, die problemlos und gut für alle gelten könnten. Und da landet man dann, denke ich, schon beim kategorischen Imperativ.

Aber mit großer Wahrscheinlichkeit stoße ich da in einen Bereich von Ethik und Philosophie vor, von dem ich nichts verstehe – oder unterstelle teils einfach, dass ich selbst und auch die Menschen um mich herum erstens besser und zweitens mir ähnlicher sind, als das in Wirklichkeit der Fall ist. Denn dann verschwimmen in meinen Augen die Grenzen zwischen dem, wie ich behandelt werden möchte und dem, was ich mir unter einer allgemeinen Gesetzgebung vorstelle.

Das Recht zur Übertretung

Heute haben wir mal wieder eine Staubegegnung, dieses Mal war’s aber nicht so angenehm wie bei der Offizierin.

Zwischen Nöttingen und Karlsbad war ich mal wieder mit – nun, aufrichtig geschrieben eher 90 als den in der Baustelle erlaubten 80km/h auf der linken Baustellenspur den Berg hoch unterwegs. Und plötzlich fuhr von hinten ein anderer Fahrer – großes, starkes Auto, blaues Hemd, Doppelkinn – dicht auf. Scheinbar wollte er vorbei, ich sah aber nun wirklich gar nicht ein, für jemanden bremsend zwischen die LKW einzuscheren, wenn ich ohnehin schon das Tempolimit eher großzügig auslegte …

So weit, so normal. Aber besagter Fahrer fuhr dann noch, als ich nach der Baustelle beschleunigend auf die mittlere Spur fuhr, gestikulierend links neben mich und deutete an, ich solle gefälligst in meinen Rückspiegel schauen.

Bei allem Respekt vor dem Rechtsfahrgebot und der Freiheit, eigenständig in Blitzer zu fahren, wenn man es denn will – das fand ich dann doch daneben.

Von Blitz und Fehlleistung

Heute Morgen passierte es mir auf der A8. Auf der Überleitung von A8 auf A8, Richtung Stuttgart hoch. Dort gibt es eine stationäre Geschwindigkeitskontrolle für zwei Spuren. Die variable Geschwindigkeitsregelung zeigte 100km/h Limit. Und doch blitzte es vor mir, auch wenn mein Tacho nur 80km/h zeigte – vor mir fuhr ein LKW oder Bus. Und dann wurde der Instinkt wach: Ich stieg auf die Bremse.

Ich könnte mich dafür ohrfeigen, denn dieses Bremsmanöver war eigentlich zu rasch und hätte durchaus einen Unfall verursachen können – und ich hielt das Limit ein, und wusste das auch. Aber der Instinkt sagt: Roter Blitz, steig auf die Bremse. Da kann Vernunft und Ratio sich auf die Hinterbeine stellen, es bringt nix.

In so fern verstehe ich ein bisschen die Fahrer auf der A8 weiter oben, in der Gegenrichtung, die vor der stationären Geschwindigkeitsmessanlage runterbremsen. Wenn vor ihnen ein LKW fährt – wie erkennt die Anlage das überhaupt? – blitzt das Ding schon bei 85, selbst wenn groß leuchtend 120 oben in den Anzeigen steht. Und wenn’s blitzt, bremst man. Schuldbewusst oder wie auch immer.

Sehr ärgerlich ist das! Aber die Frage ist auch, wie man es besser macht. Denn die unterschiedlichen Tempolimits für LKW und PKW sind durchaus sinnvoll, ebenso variable Tempolimits an manchen Stellen. Und Kontrollen sind auch sinnvoll. Aber dann blitzt’s halt für den LKW, der PKW kriegt instinktiv Angst und steigt in die Eisen und eine Stauwelle breitet sich durch den Verkehr auf und schon hat man den Salat.

Einzig eine Sache gibt es, wo ich mir denke: Das ist doch nun wirklich nicht nötig. Öfters erlebe ich, dass bei recht zähem Verkehr auf der letzten Anzeige von variablen Geschwindigkeitslimits vor dem Blitzer eben nur das Stausymbol steht – auch wenn der Verkehr mit 70km/h oder mehr fließt. Und dann fragt sich instinktiv alles in mir: War da nun auf der Tafel vorher 100? Oder 80? Oder gar 60? Man bremst sicherheitshalber runter. Oder es blitzt beim LKW und prompt steigt man in die Eisen. Das müsste nicht sein, und ich würde auch sagen: Da sollte immer die gerade aktuelle Limitierung auf JEDEM der Anzeigesysteme stehen, und ganz besonders auf dem letzten vor dem ortsfesten Blitzer.

Freie Fahrt in den Abend

Zu meiner großen Verblüffung war gestern die A8 in meiner Richtung – also Richtung „nach Hause“ – gegen 17:45 sehr gut zu fahren. Der Heimweg war in den letzten Wochen oft kein Spaß, da man erstens erst einmal auf die A8 drauf muss. Das gestaltet sich am Stuttgarter Kreuz meistens recht stockend, weil erstens meist viel Verkehr ist und zweitens eine Spur A831 aus Stuttgart, zwei Spuren A81 aus Singen und drei Spuren A8 aus München auf danach nur noch drei Spuren Richtung Karlsruhe bzw. bis zum Leonberger Dreieck vereinigt werden müssen. Das ist immer so eine Sache. Gestern lief das auch nicht flüssig, aber zumindest besser als die letzten Wochen. Dann ist da die A8 im westlichen Teil mit ihren drei großen Baustellen: Fahrbahnerneuerung zwischen Pforzheim Ost und Pforzheim West, Verbreiterung auf sechs Fahrstreifen zwischen Pforzheim West und Karlsbad sowie die Baustelle auf der A5 im Karlsruher Dreieck. Und es gibt natürlich noch die Stelle vor Pforzheim Ost, ganz am Anfang des Abschnitts, an dem der sechsstreifige Neubau des östlichen Teils in den alten, schmalen, mit starken Steigungen versehenen und vor allem vierstreifigen Teil übergeht. Mehrfach geht es dabei von drei auf zwei Richtungsfahrstreifen runter, mehrfach sind Baustellen mit Tempo 80 darin. Eigentlich nehmen Tempo 80 Baustellen den größten Teil des westlichen Abschnitts ein, im Moment. Normalerweise ist da dann das übliche los: Die Abstände werden an den Verengungen von drei auf zwei Richtungsfahrstreifen zugefahren, vorher schon wird durch Ungeduld und wildes Spurwechseln an Abständen und Tempo heruntergeregelt. Und meistens hat man dann im Stau durch zu geringe Abstände und kleine Störungen – wie schnelle Spurwechsel in kurze Abstände hinein – Kaskaden von Bremsen, und durch den zu geringen Abstand pflanzt sich so eine Störung sogar verstärkt gegen die Fließrichtung des Verkehrs durch die Reihe der Autos fort – und plötzlich steht alles.

Nicht so gestern: Gerade im westlichen Teil der A8 fuhr es sich richtig angenehm!

Zudem hatte ich die Freude, dass das Wetter mit der Heimfahrt stark besser wurde. In Stuttgart hatte ich meine Laufgruppe gerade abgesagt, da meine Kollegin dem ziemlich heftigen Regen keine angemessene Kleidung entgegenstellen konnte – bei mir wäre es auch eher an der unteren Grenze des Angemessenen gewesen. Mit so einem Wolkenbruch, wie das gestern kurz vor fünf in Stuttgart der Fall war, hatte ich auch einfach nicht gerechnet. Bei Pforzheim dann auf der Autobahn wurde es heller, trockener – und daheim war richtig schönes Wetter, strahlender Sonnenschein, sehr angenehm. Da habe ich dann meine neuen Laufschuhe gepackt und bin noch eine Runde gelaufen. Meine neuen Schuhe mit Mizuno Wave haben sich auch hier wieder als sehr angenehm erwiesen, auch wenn ich ob des Arbeitstags, der durchaus etwas anstrengend war, die Schnelligkeit dieser Schuhe nicht ganz umsetzen konnte. Einen Zehner bin ich dennoch gelaufen, knapp unter eine Stunde war ich unterwegs – und habe auch mal drüber nachgedacht, wie praktisch es doch war, dass ich die Schuhe gekauft habe: Nicht nur, dass sie eine schöne Alternative zu meinen Asics sind, nein, der Karton hat auch gleich eine neue Bedeutung bekommen: Mein Mann hat die Schachtel benutzt, um für seine Steampunk-Pistole die Grundierung aufzutragen, in dem er sein Werkstück in den Karton legte und dann mit schwarzer Grundierung besprühte. Nachzuschauen ist das hier http://aringusookami.wordpress.com/2014/06/16/grundierung/.

Eigentlich wollte ich all das gestern Abend schon schreiben, aber leider hat mir ein in der Spüle brechendes Glas und der entsprechende Schnitt im Zeigefingerknöchel ein bisschen den Abend durcheinander gebracht. Aber schlimm ist die Verletzung nicht, sie hat nur das Essen Kochen ein bisschen verzögert, die Aufgaben dabei zwischen meinem Mann und mir umverteilt, da Erdbeeren Waschen mit frischem Schnitt – auch unter Pflaster – nicht so prickelnd ist. Wie gesagt, richtig schlimm war’s nicht, aber der Abend war dann schon etwas umorganisiert und daher fand das Bloggen keine Zeit mehr.

Gefühlt tief Fliegen

Zur Zeit ist die A8 auf meinem Abschnitt ziemlich zweigeteilt: Es gibt den Abschnitt zwischen Pforzheim und Karlsruhe, der in beiden Richtungen ziemlich verstaut ist und mit Baustellen behaftet, die auch ohne Stau die Geschwindigkeit stark begrenzt halten. Und es gibt das östliche Stück, zwischen Pforzheim und Stuttgart, das zur Zeit gelegentlich Charakteristika einer Rennstrecke zeigt.

Und genau auf dieser Strecke reizt es mich zur Zeit manchmal. Ich bin ja eigentlich eine Verfechterin von Tempo 130 – generell und überhaupt und überall und bei Gegenwind trotzdem. Aber … nun ja … der Aygo ist frisch von der Inspektion, die Sommerreifen sind in Ordnung und ordentlich aufgepumpt, Öl und Wasser ist genug drin, die Strecke ist frei, die Sicht gut … und da lässt man durchaus mal Laufen. Nun ist mein kleiner Aygo ja nicht unbedingt ein übermotorisiertes Gefährt. Die PS weiß ich gerade nicht auswändig, aber wenn ich mich richtig erinnere, sind’s 72, bei ungefähr 900kg Gewicht. Eine Freundin von mir fährt dieselbe Maschine und am Berg gibt es gelegentlich mal die Faust zum Fenster raus und den Anfeuerungsruf „Super-Aygo“, wenn die Leistung mal wieder nicht ganz ausreicht, um bergauf das Tempo zu halten.

Aber mit genügend Anlauf schafft der Aygo 160km/h – nur denkt man dann, dass einem das Teil jeden Moment um die Ohren fliegt. Der ohnehin laute Dreizylinder macht einen Heidenlärm, das Rollgeräusch wird wirklich signifikant laut und die Luft strömt hörbar um die Karosserie. Und dennoch, es ist ein erhebendes Gefühl, so lange es währt. Aber dann ist wieder irgendwer schneller, und ein LKW blockiert die mittlere Spur und mann muss wieder abbremsen – und eigentlich, so denke ich mir dann jedes Mal, ist das auch super. Denn genau darum geht es. Super. E10 in meinem Fall. Das blase ich nämlich in unverhältnismäßiger Menge zum Zeitgewinn raus, wenn ich so schnell fahre. Es bringt im besten Falle ein, zwei Minuten auf die ganze Strecke, und das kann man durch vernünftiges Fahren im Stau wesentlich leichter und mit wesentlich weniger Spritverbrauch erreichen. Wenn Stau ist.

Aber dennoch: So das Gefühl, eher tief fliegend über die Autobahn bewegt zu werden, das hat schon was.