Eine Woche für die Tonne? Eine Erholungswoche?

Es liegt wohl im Auge des Betrachters, was das für eine Woche war.

Ich hatte eine WebEx-Schulung an drei Nachmittagen, Besprechungen an drei Vormittagen und kam somit so ziemlich gar nicht zum Abarbeiten meiner Stapel, dazu hatte ich wegen der Beerdigung meines Patenonkels Urlaub genommen. Müde war ich die ganze Zeit, so kamen bis heute nicht einmal 30 Kilometer Laufen und weniger als 190 Kilometer Radfahren zusammen. Eigentlich wollte ich heute zum Turmberg radeln und den Turmbergomat benutzen, eine Stechuhr-Zeitmessung für Läufer, Handbikes und Radler. Gemacht habe ich es nicht – ich kam nicht recht aus dem Bett, es war sehr windig und außerdem regnete es stark um die Zeit, da ich das eigentlich machen wollte.

Die Woche fühlt sich nicht nach Erholung an, weil so viel los war, aber sportlich war es wohl eine Erholungswoche, die auch nötig war. Dennoch bin ich ziemlich platt, weil anderweitig viel los war.

Und so frage ich mich: War das eine Woche für die Tonne oder war das eine Erholungswoche? Da ich ja positiv eingestellt bin, entscheide ich mich für eine persönlich anstrengende, aber wichtige und sportlich eine Erholungswoche.

Man kann sich alles schönreden und vielleicht, nur vielleicht, wird’s dadurch auch schön!

Heilsame Heimfahrt

Ich möchte ja nicht über Interna der Arbeit schreiben. Heute gab es aber ein paar Aufreger, und diese haben mich am Ende des Tages dann doch ein bisschen in Rage versetzt. Natürlich trifft sowas immer die falschen und ich habe mich dann auch entschuldigt.

Um allerdings wieder herunter zu kommen, habe ich einen Weg gefunden… Die Heimfahrt fand im Gegenwind statt. Es blies mir entgegen, und ich trat in die Pedale wie eine Verrückte. Bis zur Kirschstraße in Daxlanden, nach acht Kilometern, war wohl mein Vortrieb gepowert durch 70% Ärger und 30% Kalorien. Danach wurde es besser und ich stellte fest, dass ich mich wieder beruhigte.

Ich mag es nicht, wenn mir dann doch mal die Kontrolle entgleitet, um so mehr ärgere ich mich. Aber der Abstand, den eine Runde Sport herstellt, ist eine tolle Sache. Es hilft enorm, sich zu bewegen, den Ärger, das Adrenalin abzubauen, wie es eben gedacht ist. Im Endeffekt erleben wir viele Dinge, die uns ärgern, ängstigen oder wütend machen, in unserem Alltag. Die Contenance zu wahren – oder zumindest schnell wieder zu finden – ist nicht so einfach. Denn eigentlich ist all das Adrenalin gemacht, um in den Flucht- oder Kampf-Reflex zu kommen. Der Ärger setzt Kraft zum Rennen oder Zubeißen frei. Zubeißen ist selten eine Option, erst recht nicht auf der Arbeit, aber rasch in Laufsachen zu wechseln und eine Runde um den Block zu rennen – eventuell auch schnell – das kann helfen und hat es mir auch schon oft. Spätestens nach der Heimfahrt, 20 Kilometer auf dem Rad, ist wieder alles okay. Um sicher zu gehen, habe ich heute stattdessen 26 Kilometer gewählt, einen „kleinen“ Umweg.

Sport hilft mir, meinen inneren Wüterich unter Kontrolle zu bringen – auf der Heimfahrt habe ich es nach meiner Buchheldin „meine innere Jenny Korrenburr“ genannt. Vielleicht habe ich doch mehr von ihr, als ich dachte – was nicht zwingend gut ist, denn obwohl sie eine Heldin ist, ist sie sicher keine einfache und keine, die es ihrem Umfeld oder sich selbst leicht macht.

Naja, aber nach der Radfahrt ist ja alles wieder okay.

Kompensation

Sport ist für mich eine Leidenschaft – geworden. Vor allem aber erfüllt Sport für mich eine andere Aufgabe, zumindest derzeit. Es geht dabei um Kompensation von Stress. Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte ein Tag wie gestern auf der Arbeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Kopfschmerzen geführt. Ich habe die Ansätze gestern deutlich gespürt.

Was gestern los war? Nun… das ist schwer zu schreiben, ohne dass ich konkreter werde, als ich eigentlich darf. Daher entschuldige ich mich hiermit für das Unkonkrete und erkläre es wie folgt: Ich bearbeite seit viel zu langer Zeit zwei (ein wenig) komplexe Verfahren, die leider durch eine Vielzahl an Beteiligten, die aus meiner Sicht teilweise unvernünftig agieren, von „komplex“ zu „unnötig und frustrierend“ verkompliziert werden. Gestern landeten von beiden neue Schritte auf meinem Schreibtisch, dazu war das Timing blöd und eine Sitzung kam auch noch dazwischen. Ich kam also übel verspannt, mit Sitzungskeksen und Kaffee auch noch über den Tag ungut ernährt und frustriert aus dem Büro. Früher war das ein 100%-Ausfall-Urteil für den Folgetag.

Aber es war Dienstag. Ich traf mich also regulär mit meinem Mann nach der Arbeit beim Fitnessstudio in Au am Rhein. Von der Haltestelle in Durmersheim stürmte ich fast vier Kilometer weit in flottem bis schnellem Tempo zum Studio, legte an den meisten Maschinen die obere Grenze des Gewichts auf, das ich normal bewege, und machte überall das Maximum an Wiederholungen, die ich normalerweise mache. An ein, zwei Maschinen war’s auch mehr Gewicht oder waren es auch mehr Wiederholungen als normal auf meinem Plan. Der Frust, die Wut, der Ärger sind kein besonders guter Treibstoff, aber ein ganz passabler Turbolader. Somit powerte ich mich richtig aus, es war richtig anstrengend – mehr als sonst. Als ich dann noch kurz an der Theke bei meinem Mann und der jungen Frau, die Dienstagsabends dort die Theke betreut, auf das Freiwerden der Abduktoren-Maschine wartete, meiner letzten Übung, war schon klar: Der Frust war in Zorn verwandelt worden und der Zorn mit dem Krafttraining verraucht. Auf dem Heimweg – ich zu Fuß, mein Mann auf dem Rad – war’s dann schon wieder ein langsamer Aufbau guter Laune, auch wenn die Themen nochmal aufkamen und ich merkte, mental ist das Ganze noch nicht ganz ausgestanden.

Die Nacht war dann auch nicht ganz so gut wie erhofft, aber die Verspannung, die ich gestern auf der Arbeit schon kommen gespürt hatte und die sich schon nach „Kopfschmerz-Totalausfall“ anfühlte, war weg. Auch jetzt bin ich ein bisschen müde, weil ich unruhig geschlafen habe, auch nicht ganz so locker, wie ich das gerne wäre – aber weit entfernt von einem Kopfschmerz-Anfall. Sport funktioniert also als Kompensation – vorbeugend, um einerseits kontinuierlich ein bisschen Dampf abzulassen, aber auch die Muskeln so zu trainieren, dass sie stark genug sind, um nicht mehr so sehr zu Verspannungen zu neigen. Sport funktioniert aber auch – wie gestern – als Überdruckventil.

…und das ist doch mal was!

Du musst gar nichts

Als ich gestern nach meinem Mittagspausenlauf einen kurzen Abstecher zum Rennwerk machte, meinte Petar so: „Du schwitzt ja gar nicht!“ In der Tat, das tat ich wirklich recht wenig – auch wenn wundervolles Wetter war: Die Sonne schien, der Himmel war blau, es hatte um die zwanzig Grad oder sogar mehr. Außerdem war ich am Laufen – ich antwortete salopp: „Ich bin ja auch nicht so schnell gelaufen, ich muss ja morgen schnell laufen.“ Dieses „Morgen“ ist heute und es dreht sich um den Altstadtlauf in Ettlingen heute Abend, wo ich für das Rennwerk Laufteam antreten darf. Petar antwortete mir: „Du musst gar nichts.“

Damit hat er recht. Von müssen kann keine Rede sein. Ich muss nicht bei jedem meiner Wettkämpfe ein neues Personal Best aufstellen, ich muss auch nicht gewinnen und ich muss auch nicht allzu viel anderes. Aber ich möchte eigentlich gerne die Serie sehr guter Läufe fortsetzen, die ich mit den ersten sieben Wettkämpfen dieses Jahres begonnen habe, mal oben auf dem Treppchen stehen wäre auch echt schön. Trainieren werde ich eh, weil es mir gegen die Kopfschmerzen vorbeugt und auch akut hilft, weil es mich ausgeglichener und auch insgesamt leistungsfähiger macht. Daraus ergibt sich, dass ich am Vortag eines Wettkampfes nicht oder zumindest nicht so schnell und nicht so viel laufe.

Viele Dinge sind es, für die wir uns entscheiden, dass wir sie tun. Wenn Erwartungen – eigene oder fremde, meistens beide – dahinterstecken, sagen und denken wir oft „Ich muss.“ Aber muss ich wirklich? In aller Regel gibt es die eine oder andere Verpflichtung, bei der tatsächlich ein „müssen“ beteiligt ist. Aber im Hobby, im Verein, im sozialen Umfeld gilt oft, dass „ich muss“ eigentlich heißt „ich hab’s zugesagt und will das nicht enttäuschen“ oder „ich erwarte das von mir selbst“, vielleicht auch: „Ich wollte mal, hab’s zugesagt und will jetzt nicht mehr.“ An der Stelle greift „Ich muss“ zu kurz und baut einen Druck auf, der so gar nicht nötig und auch gar nicht gut ist. Freilich ist auch „Ich muss gar nichts“ meistens nicht ganz wahr. Viele Dinge sind eben nötig – aber meistens ist da ein „um zu“ dahinter, wie in: „Ich muss arbeiten, um das Geld zu haben, von dem ich lebe.“ Wenn man von sich abhängige Familienmitglieder hat, gibt es auch hier ein schwer zu leugnendes „Müssen“. Aber das „Müssen“ ist weit weniger verbreitet als man oft redet – und daher auch denkt.

Ich muss nicht heute Abend ein neues Personal Best aufstellen, ich muss mich nicht grämen, wenn ich heute Abend beim Altstadtlauf in Ettlingen nicht so besonders abschneide. Aber ich möchte, wenn es drin ist, um die vierzig Minuten auf die zehn Kilometer laufen – wenn ich sogar drunter komme und eventuell noch eine gute Platzierung absahne, um so besser. Aber ich muss nicht.

Der entstressende Fatalismus des Bahnpendlers

Flexibilität ist eine tolle Sache, Navigation auch. Aber jederzeit mit dem Auto eine potentiell schnellere Route nehmen zu können und von der Navigation zu hören, dass eine andere schneller gewesen wäre, macht mir Stress. Ich bin dann selbst dafür verantwortlich, dass ich zu spät bin, weil ich ja Störungen vorhersehen und umfahren hätte können …

Ist vielleicht albern und unnötig, aber ich reagiere unwillkürlich so.

Wenn ich dagegen die Bahn verpasse, bin ich zwar auch selbst dafür verantwortlich, aber rudere nicht wild, etwas schneller die verlorene Zeit aufzuholen – weil es absolut nichts bringt. Der Fahrplan steht, Verzögerungen und Ausfälle liegen außerhalb dessen, was ich beeinflussen kann. Es ist dann so, ich akzeptiere es und nehme die nächste Bahn.

Vielleicht bin ich – trotz der sieben Jahre 85km-Auto-Pendelstrecke – einfach nicht für’s Autofahren gemacht. Nicht, weil ich schlecht Auto fahren würde. Sondern weil mir die Gelassenheit fehlt, zu akzeptieren, dass die Grenze zwischen beeinflussbaren Verzögerungen und solchen, die einfach gegeben sind, für den Autofahrer fließend sind.

Die Summe seiner Teile

Die Formulierung, dass etwas mehr als die Summe seiner Teile ist, findet man oft. Meist habe ich das im Bezug auf Dinge gehört, die gut, wichtig oder groß sind.

Es gilt aber auch für Stress, oder für’s sehr beschäftigt Sein. Diese Woche zum Beispiel laborierte ich mit der Regeneration vom Marathon, steuerte auf der Arbeit zu den ersten eigenen Zuständigkeiten hin, hatte zwei Sitzungen und eine Einführungsveranstaltung, bereitete eine Reise vor und dazu hab’s noch das vorgestrige Stützen meines Mannes nach heftiger Begegnung beim Joggen sowie das Vorbereiten eines Salats für das Fest heute Abend.

Alles im einzelnen harmlos, ja. Nimmt man rein die Zeitaufwände, immer noch okay. Aber man muss ja auch umschalten und umdenken, zwischen den einzelnen Punkten. Da ist dann ein Multiplett von Dingen viel mehr als die Summe seiner Teile. Heute morgen hat mich voll getroffen, dass ich dabei mental sehr angestrengt war, mir war schwindlig und ich war gereizt. Inzwischen geht es wieder, aber ich habe mir selbst einmal mehr bestätigt, dass viele kleine Tasks einen großen Overhead haben und man daher nicht einfach die Zeit summieren kann oder sollte. Außerdem ist die Selbstfürsorge und das Begrenzen dessen, was man zulässt, etwas zum immer wieder neu lernen. Ich habe es mal wieder als Lektion gehabt.

Mag sein, dass ich jammere und ich-bezogen reagiere. Ist mir aber lieber, als anderen die Schuld zu geben und dabei wütend auf andere selbst vor die Hunde zu gehen.

Entstressen

Am gestrigen Abend hätte ich eigentlich einem meiner Hobbies frönen wollen. Es war wieder einmal Teezeremonie-Übungsstunde – Okeiko, auf Japanisch. Allerdings hatte die Autobahn trotz zwei Stunden Puffer zwischen Ende der Arbeit und Beginn der Stunde etwas dagegen. Die eigentlich nur sechzig Kilometer nach Karlsruhe legte ich unter Umgehung eines Staus auf der A8, der mehr als anderthalb Stunden Verzögerung bedeutet hätte, auch nicht viel schneller als auf der Autobahn zurück. Im Endeffekt brauchte ich über drei Stunden nach Hause, wäre also erstens zu spät, zweitens total von einer Ochsentour aus „Stop and Go“ gestresst bei Matsushima-sensei angekommen. Das hätte für mich und auch für den Rest der Gruppe die Stunde schlecht gemacht – also habe ich von einem Parkplatz unterwegs telefonisch abgesagt und bin direkt nach Hause gefahren. Nun merkte ich, dass mein Kopf und die Eindrücke der Fahrt mir den Abend verderben wollten – also musste ich etwas dagegen tun.

Wie Ihr es sicher schon ahnt: Ich ging laufen. Teezeremonie-Übungsstunde ist zwar sehr entspannend, aber dafür brauche ich Konzentration. Zum Laufen nicht. Es war zwar schon dunkel, aber wofür gibt es Straßenlaternen auf verhältnismäßig belebten Wegen durch das Dorf? Vor einer dieser Straßenlaternen, nach mehr als fünf absolvierten Kilometern, entstand dieses bewusst nicht geblitzte Bild:

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Irgendwie fand ich diese von der gelblichen Straßenlaterne vor der Gärtnerei von hinten beleuchtete Silhouette meiner selbst ziemlich lustig, daher habe ich auch den Blitz ausgelassen, auch wenn ich eigentlich mein Gesicht ablichten wollte. Der Lauf hat auch bewirkt, was er sollte: Mit 5,5km und knapp 6:00/km trotz Schießen mehrerer Fotos ohne die Aktivität zu pausieren kam ich danach recht beruhigt an und konnte in aller Ruhe mit meinem Mann den Film „The Voyage to the Bottom of the Sea“ anschauen, zu dem wir inzwischen auch die Serie angefangen haben. Nostalgie pur!

Meine Baustelle „Kopf“ habe ich auch halbwegs in den Griff gekriegt nach dieser langen, ätzenden Pendelfahrt. Als Symbolbild für diese psychische wie auch körperliche Baustelle konnte ich auch an folgendem Motiv nicht vorbeilaufen:

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Mental habe ich zwei dicke, orange Streifen durch das Schild gemacht und werde mich heute nur noch mit Asphaltreparaturen in meinem Nacken – also Beseitigen der Restverspannung vom langen Stau befassen müssen. Vermutlich geschieht das wieder über einen kleinen Lauf. Ab kommende Woche bin ich dann sogar in so einer Art Wettkampf – ich mache die Kilometerfresser-Challenge des rennwerk mit, bei der der Rennwerk-Kunde gesucht wird, der in dieser langsam lauffeindlicher werdenden Witterung die meisten Kilometer in zwei Wochen abspult. Dass ich das nicht gewinnen werde, weiß ich – aber hey, dabeisein ist alles.

Tagesform

Die gibt es auch im Straßenverkehr. Meine Mutter drückte das vor langer Zeit einmal so aus:

An manchen Tagen fahre ich wie eine junge Göttin, an anderen bin ich froh, wenn die anderen ein bisschen aufpassen!
Martina Schmidt (1953-2006)

Auch wenn das gar nicht großartig klingt, es steckt viel Weisheit drin. Man muss es nur umsetzen! Ich stelle immer wieder fest, dass ich an manchen Tagen das Verhalten der anderen Fahrer vorausahne, für sie mitdenke, vorsichtig agiere und tatsächlich schaffe, egoistisches Fahren anderer auszugleichen. An anderen, weil es mir irgendwie nicht so gut geht, ich irgendwo anders bin oder ich einfach mental einen schlechten Tag habe, könnte ich selbst jemanden brauchen, der den Mist, den ich baue, ein bisschen entschärft. In aller Regel findet sich da auch jemand.

Wenn man selbst erkennt: „Heute läuft es nicht so, heute bin ich nicht ganz da.“, dann kann man sich zurücknehmen und einfach mal hinter einem LKW herzuckeln, statt sich Verwirrung oder gar Gefährdung stiftend auf die mittlere oder linke Spur zu drängeln. Mentale oder gar emotionale Geschichten sind gefährlicher: Da sieht man’s oft selbst nicht ein, dass man heute kein produktives, mäßigendes Element des Verkehrsflusses ist, sondern eher ein Weisheitszahn des Reißverschlusses oder Ähnliches. Da man gutes Verhalten im Verkehr, wenn man selbst aufgrund seines geistigen oder emotionalen Zustandes nicht richtig beurteilen kann, gibt’s auch keine Messgrößen aus dem eigenen Auto heraus, die einem zeigen können, dass man sich blöd verhält. Ich merke das manchmal hinterher, sicher entgeht es mir aber auch manchmal, dass sich andere mit Recht über mich aufgeregt haben.

Eines habe ich allerdings gemerkt: Schlechtes Verhalten gegenüber den anderen, wenn ich selbst nicht die richtige gedankliche Kontrolle habe, um sie zu bewerten, entdecke ich höchstens hinterher. Dass ich aber nicht richtig funktioniere, nicht in meiner besten Verkehrsteilnehmer-Verfassung bin, kann ich an etwas anderem ablesen: Am Verhalten von Spritverbrauch zu mittlerer Geschwindigkeit. Selbst im Stau kann man dieses Verhältnis durch vorausschauendes Fahren niedrig halten. Wenn ich allerdings zwar nicht völlig lähmende, aber eben doch beeinträchtigende Kopfschmerzen habe oder unter drückender Eile und drängendem Stress fahre, brauche ich – bei gleicher Geschwindigkeit – mehr Benzin. Ganz deutlich sehe ich das. Woran das liegt? Wenn die Konzentration nicht so hinhaut, oder man mehr vom Zeitdruck oder dem Stress beherrscht wird als von „guten“ Beweggründen, sich im Verkehr irgendwie zu verhalten, ist die Geschwindigkeit gleichmäßiger. Man beschleunigt mehr, um dann gleich wieder abzubremsen. Der Sprit geht dann nicht in das Vorankommen, sondern wird in den Abrieb von Bremsbelägen „investiert“. Irgendwie habe ich mir sogar schon überlegt, diesen Indikator mal zu notieren und mit meinen restlichen Zuständen zu korrelieren. Bisher habe ich aber nicht den Elan dazu gehabt, das auch wirklich umzusetzen.

Interessant wäre es allemal!

Laufen ist Gedankenkollimation

Aus aktuellem Anlass habe ich mir mal wieder Gedanken über die psychischen Effekte des Laufens gemacht. Für mich – und wie ich nun weiß, auch für meinen Mann – kann laufen destruktive, schlechte Stimmung lösen und zugleich auch den Stress abbauen, der da hin geführt hat. Wie das so ist: Situationen, die uns stressen, bringen uns in einen Modus, der dem früheren Menschen erlauben sollte, zu kämpfen oder zu flüchten. Nun ist es in unserer Gesellschaft weder akzeptabel, dem Mist zusammenfahrenden Vordermann noch sonst einem Stressor einfach einen Kampf aufzudrängen, noch kann man vor solchen Situationen einfach wegrennen. Sportliche Betätigung kann das kompensieren – sprich: genau die Leistung abrufen, für die uns die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol vorbereiten soll.

Ich vergleiche das gerne mit Gummi-Bändern: aus allen Richtungen ziehen Probleme, Ärger, Termine an mir. In alle Richtungen ziehen sie mich und ich bin blockiert, weil ich allen und keinem folgen will oder kann. Dann gehe ich auf die Laufstrecke, gelegentlich durchaus auch mal in einem Leistungsspektrum jenseits meiner aktuellen Trainingsplanung, und lasse es einfach raus. Plötzlich fallen die unwichtigeren der Gummibänder von mir ab, die anderen werden in die Länge gezogen und ziehen in die gleiche Richtung, sie werden zu einer gemeinsamen Richtung. All das, was an mir zieht, in unterschiedliche Richtung, bringe ich zusammen, lasse es in die selbe Richtung ziehen oder schieben und kann es so gemeinsam abarbeiten – oder auch nacheinander.

Das Bild hinkt ein wenig, aber in meinem Kopf funktioniert es tatsächlich so: Vorher in einem Netz aus Stolperfallen, Zugrichtungen, Gummibändern gefangen, danach flattern die weniger festen Bänder im Wind hinter mir, die anderen sind in die Länge gezogen und auf die gleiche Richtung gebracht – das ist es, was zum Beispiel bei einem Röntgen-Strahlungs-Erzeuger mittels Linearbeschleuniger der Kollimator macht. So komme ich zu dem Schluss: Laufen ist Gedankenkollimation. Es funktioniert!