Der „Left-Lane-Lurker“

Am heutigen Morgen hatte ich eine Staubegegnung, wie sie viele hassen. Sehr viele Menschen stöhnen über die Menschen, für die das Rechtsfahrgebot in der Straßenverkehrsordnung nicht einmal als Vorschlag daherkommt. Ich selbst sehe das eher gelassen. Mir ist sehr bewusst, dass häufige Spurwechsel für den Verkehrsfluss oft schädlicher sind als einfach mal ein bisschen länger auch eine linksgelegene Spur zu halten. Natürlich sind 300 bis 400 Meter zwischen zwei LKWs auf jeden Fall eine Lücke, die man gerne auch zwischen den LKWs auf der rechten Spur zurücklegen kann – aber bei 50-100 Metern hängt’s schon wieder vom Verkehrsfluss ab: Es kann mehr stören, dass man beim LKW abbremsen und Lücke suchen muss, dabei den Verkehr auf der Spur eins weiter links aus dem Takt bringt.

Der Fall heute Morgen auf der A8 war allerdings absolut glasklar. Das Ganze spielte sich am Ende des durchaus bedrückend-beeindruckenden Staus vor Pforzheim Ost ab. Ab Pforzheim West ging fast gar nichts mehr, über 20 Minuten Verzögerung erzeugte das heute früh. Wieder einmal lief es nicht nach der Verengung von drei auf zwei Fahrstreifen wieder, sondern staute sich noch bis ins Tal. Über die Gründe hierfür habe ich sicher schonmal geschrieben.

Als ich nun durch die Senke mit der auf 80km/h begrenzten Enz-Brücke hindurch war, die Autobahn wieder dreistreifig in meine Richtung wurde und das Geschwindigkeitslimit wieder 120km/h betrug, es aber steil bergauf ging, blieb da ein Lieferwagen auf der linken Spur. Aufder mittleren Spur war’s völlig frei, auf der rechten fuhren die LKWs mit etwa 70km/h den Berg hoch. Der Lieferwagen vor mit blieb links, fuhr kaum 60km/h und wurde sogar langsamer! Ich wollte ihn nicht rechts überholen, also blieb ich halbwegs auf Abstand, signalisierte ihm aber, dass er vielleicht nicht das Richtige tat – mittels Lichthupe. Er brauchte fast den halben Hang, um zu realisieren, was ich eigentlich gemeint hatte – bis dahin war es einem LKW hinter mir zu dumm geworden, zumal das Tempo auf 55km/h abgesunken war … mit geschätzten 80km/h zog der LKW rechts vorbei, als mein Vordermann gerade am Blinken war.

Der Lieferwagen fuhr dann – wohl auch erschrocken von dem rasch von hinten kommenden LKW, wegen dem er sein Einscheren rechtzeitig abgebrochen hatte – bis hinter Pforzheim Süd auf einer freien linken Spur neben einer freien mittleren Spur her … und brauchte bis halb nach Heimsheim, um schlussendlich zwei LKW zu überholen und am Ende dann doch noch einzuscheren. Himmel, an der Stelle muss ich dann doch mal sagen: Das nervt!

So ein notorischer „Triple-L“ oder auch Left-Lane-Lurker sollte vielleicht doch mal über das Rechtsfahrgebot gegriffen werden.

Einfach mal die Spur halten …

… ist etwas, das ich mir von meinen Mitverkehrsteilnehmern hin und wieder wünschen würde. Ganz grundsätzlich und sehr allgemein formuliert würde ich sagen: es gibt nicht nur die Möglichkeit, durch Spurwechsel Platz zu schaffen. Das geht auch durch sachtes Anpassen der Geschwindigkeit. Es ist auch durchaus möglich, mal nicht für 2km/h mehr SOFORT die Spur zu wechseln, sondern bis zu einer Lücke zu warten. So ganz nebenbei gibt es noch eine Sache … aber ich fange an, abzuschweifen. Erstmal möchte ich die Anlässe für diesen Text stichpunktartig erläutern:

  • An Auffahrten auf die Autobahn begegnet mir immer wieder, so unter anderem auch heute, die Situation: Ein Fahrzeug ist auf dem Beschleunigungsstreifen, wird nicht die Spur schneller oder langsamer, sondern fährt stur neben einem LKW her, der LKW schert ohne sich um den Verkehr in der Mitte zu kümmern, auf die mittlere Spur aus, damit der Auffahrende reinkommt.
  • An Ausfahrten bremst jemand ab, bevor er auf den Verzögerungsstreifen wechselt. Ganz extrem habe ich sogar erlebt: Jemand bremst ab, blinkt, macht langsam – auf der rechten Spur. Neben einem leeren Verzögerungsstreifen. Unter völliger Ignoranz des Konzepts „Verzögerungsstreifen“ zieht die Person dann direkt am Abzweig der Ausfahrt nach rechts weg … da werde ich richtig sauer. So funktioniert eine Autobahn nicht!
  • Hinter einem LKW kommt ein Fahrer dessen Heck immer näher, kontinuierlich, ohne Anpassung der Geschwindigkeit, und zieht ohne Rücksicht auf den Verkehr eins weiter links raus. Die Ausreden (keine Lücke da, will nicht hinter dem LKW herzuckeln, Geschwindigkeit des LKWs sinkt, Steigung, bla-bla-bla) ist mir egal – wer auf dem Fahrstreifen weiterfährt, hat Vorrang, wenn’s keine Lücke gibt, gibt’s keine Lücke.
  • Allzuoft sieht man auch, dass bei Tempo 100km/h, Geschwindigkeitsdifferenz 20km/h zu den LKW rechts, tatsächlich Fahrer für sehr kurze Lücken zwischen den LKW rechts rüberziehen, der nachrückende Verkehr die Lücken zumacht und der sich (ein bisschen pedantisch) an’s Rechtsfahrgebot haltende Fahrer von dem (ein bisschen pedantischen und egoistischen) Spurhalter nicht mehr reingelassen wird. Wie lang die Lücke genau ist, für die man nach rechts gehen sollte, hängt in meinen Augen von der Geschwindigkeitsdifferenz ab – aber das ist schwer einheitlich zu formulieren.

Genau wegen dieses Verhaltens ist es inzwischen auch häufig geworden, dass Lücken weniger bereitwillig aufgezogen werden, wenn jemand blinkt – es wird zu oft ausgenutzt, und viele Fahrer sagen dann: „Wieso soll ich Rücksicht auf die Spurwechsler nehmen, die machen das ja auch nicht!“

Tja. Und so geht sie hin, die sinnvolle Anwendung von Verkehrsregeln, Rücksicht und Voraussicht. Letztlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Reaktion der meisten Fahrer auf eine Veränderung der Geschwindigkeit des allgemeinen Verkehrsflusses ein sofortiger Spurwechsel ist, oftmals opportunistisch motiviert. Ich persönlich halte inzwischen eine sinnvolle Synthese einer gewissen Trägheit im Spurwechsel mit dem Rechtsfahrgebot für besser als ein allzu striktes Anwenden des Rechtsfahrgebots – auch die Regel, dass ich als Hinterfrau eines noch im Überholvorgang befindlichen Fahrers nicht rechts rüber muss, wenn ich auch überholen will, halte ich für gut. Ich persönlich halte allerdings auch für richtig, dass ich hinter einem einzelnen, bergauf mit halbwegs Geschwindigkeitsunterschied zum LKW rechts davon überholenden LKW durchaus nicht gleich rüberziehen muss – ob ich zehn Sekunden früher oder zehn Sekunden später wieder beschleunigen kann, ist ziemlich egal, spitz hinter dem LKW herausziehen und den Verkehr auf der linken Spur von 110km/h den Berg hoch auf die 85km/h des LKW Runterbremsen bringt dagegen mir fast nichts, schädigt aber den Verkehrsfluss insgesamt.

Meine Erfahrung auf der A8 sagt: Wir alle, manchmal auch ich, neigen viel zu schnell dazu, einfach nach links die Spur zu wechseln, statt zu bremsen – oder auch nur mal den Fuß ein bisschen vom Gas zu nehmen. Beim Rechtsfahrgebot ist es etwas vielfältiger: Es gibt etliche Leute, denen ich das Rechtsfahrgebot dringlicher an’s Herz legen würde, aber auch ein paar, denen ich sagen würde: „Eh ihr auf 2km siebenmal Spur wechselt, haltet lieber mal die Spur, statt für 60m Abstand der LKW, die 20km/h langsamer fahren, rechts rüber zu ziehen.“ Und dann sind da natürlich die Leute, denen ich sagen würde: „Bestraft die Leute nicht für ein etwas deutlicheres Bekenntnis zum Rechtsfahrgebot, als Ihr das zu leisten bereit seid.“

Da liegt leider ganz viel im Argen! Und ich bin mal so dreist und behaupte: Fast keiner kommt durch seine (sehr egoistischen) Missachtungen der genannten Empfehlungen schneller an, und wenn doch, dann nur wenig. Und die meisten kommen langsamer an, selbst wenn sie selbst eine vernünftige Balance von Rechtsfahrgebot und Spurhalten praktizieren – schon wenige obsessive Spurwechsler erzeugen sehr viel Unruhe – und Unruhe im Verkehr macht ALLE langsamer!