Sparfuchs

Als Sparfuchs betätige ich mich derzeit manchmal, wenn der Verkehr auf der Strecke es zulässt. Mein Toyota Aygo besitzt ja eine Anzeige des Spritverbrauchs, die als Balken gemittelt über Minutenintervalle angezeigt werden kann, auf dem Display in der Mitte. Wenn ich diesen Modus der Anzeige wähle, merke ich sehr deutlich dass ich bewusster – genaugenommen: Spritverbrauchsbewusster fahre.

Ganz deutlich merkt man zum Beispiel Steigungen in diesem Diagramm: Plötzlich steigt der momentane Verbrauch an, sobald wieder eine Minute rum ist, zieht der Balken der letzten Minute nach. Aber auch beim „sinnlos die Autobahn entlang heizen“ sieht man recht deutlich, dass sich der Bleifuß auch gleich in Tankleerung äußert. Ein bisschen schwierig für mich sind die Minutenintervalle schon: Ich kann nicht einfach schön über die Balken mitteln und kriege meinen Spritverbrauch pro 100km für die ganze Fahrt. Warum nicht? Ganz einfach: In Minuten, in denen ich langsam fahre, mag der Verbrauch pro 100km niedrig sein (außer, es ist nerviges Stop-And-Go), aber ich lege auch wenige Kilometer zurück – diese kurze Strecke trägt also nur wenig zum Gesamtverbrauch bei. Schnelle Streckenabschnitte haben im Gesamtverbrauch auf der Strecke viel mehr Gewicht – weil sie einfach länger sind. Aber diese kleine Spitzfindigkeit braucht einen eigentlich nicht sehr zu interessieren.

Ich finde es sehr spannend, wie ich mit ein wenig defensiver-langsamerem Fahren auf meine Strecke vielleicht ein, zwei, drei Minuten länger brauche, aber auch deutlich weniger Sprit verbrauche. Zumindest, wenn es läuft. Auch sehr deutlich sieht man in dem Diagramm, dass Standzeiten – in denen keine Kilometer zurückgelegt werden – Gift für den Verbrauch sind, wenn der Motor läuft. Auch ständiges Anfahren, das immer wieder für kurze Strecken viel Sprit frisst, schlägt in heftig hohen Balken zu Buche.

Am schönsten ist aber stets die Abfahrt von Karlsbad hinunter zum Dreieck Karlsruhe. Wenn die Vorderleute nicht zu nervös sind und laufend spurwechseln und bremsen, kann man da wunderbar im fünften Gang hinunterrollen, die Welle wird vom Rollen der Achse gedreht, die wiederum durch den Abhang in Gang gehalten wird. 100km/h wie im unteren Bereich erlaubt sind gar kein Problem, wenn man oben bereits mit 100km/h in den Hang geht – kommt man mit 120km/h an, muss man beim 100er-Schild kurz vor der Trennung der A8 in zwei Richtungen A5 sogar bremsen. Über den ganzen Hang, der über zwei Kilometer lang ist, wird der Motor nur vom Runterrollen gedreht. Zumindest zeigt die Verbrauchsanzeige Null an. Nichts. Wenn man nicht viel Pech hat und gerade in der Mitte des Abhangs eine neue Minute anfängt, kann man dort einen Minutenbalken, der nicht existiert – also Null Verbrauch bedeutet, auf das Diagramm malen. Bei 100km/h sind zwei Kilometer in gut einer Minute zurückgelegt …

Der Nullverbrauchsbalken fühlt sich jedenfalls immer ganz großartig an, wenn ich ihn hinbekomme!

Tagesform

Die gibt es auch im Straßenverkehr. Meine Mutter drückte das vor langer Zeit einmal so aus:

An manchen Tagen fahre ich wie eine junge Göttin, an anderen bin ich froh, wenn die anderen ein bisschen aufpassen!
Martina Schmidt (1953-2006)

Auch wenn das gar nicht großartig klingt, es steckt viel Weisheit drin. Man muss es nur umsetzen! Ich stelle immer wieder fest, dass ich an manchen Tagen das Verhalten der anderen Fahrer vorausahne, für sie mitdenke, vorsichtig agiere und tatsächlich schaffe, egoistisches Fahren anderer auszugleichen. An anderen, weil es mir irgendwie nicht so gut geht, ich irgendwo anders bin oder ich einfach mental einen schlechten Tag habe, könnte ich selbst jemanden brauchen, der den Mist, den ich baue, ein bisschen entschärft. In aller Regel findet sich da auch jemand.

Wenn man selbst erkennt: „Heute läuft es nicht so, heute bin ich nicht ganz da.“, dann kann man sich zurücknehmen und einfach mal hinter einem LKW herzuckeln, statt sich Verwirrung oder gar Gefährdung stiftend auf die mittlere oder linke Spur zu drängeln. Mentale oder gar emotionale Geschichten sind gefährlicher: Da sieht man’s oft selbst nicht ein, dass man heute kein produktives, mäßigendes Element des Verkehrsflusses ist, sondern eher ein Weisheitszahn des Reißverschlusses oder Ähnliches. Da man gutes Verhalten im Verkehr, wenn man selbst aufgrund seines geistigen oder emotionalen Zustandes nicht richtig beurteilen kann, gibt’s auch keine Messgrößen aus dem eigenen Auto heraus, die einem zeigen können, dass man sich blöd verhält. Ich merke das manchmal hinterher, sicher entgeht es mir aber auch manchmal, dass sich andere mit Recht über mich aufgeregt haben.

Eines habe ich allerdings gemerkt: Schlechtes Verhalten gegenüber den anderen, wenn ich selbst nicht die richtige gedankliche Kontrolle habe, um sie zu bewerten, entdecke ich höchstens hinterher. Dass ich aber nicht richtig funktioniere, nicht in meiner besten Verkehrsteilnehmer-Verfassung bin, kann ich an etwas anderem ablesen: Am Verhalten von Spritverbrauch zu mittlerer Geschwindigkeit. Selbst im Stau kann man dieses Verhältnis durch vorausschauendes Fahren niedrig halten. Wenn ich allerdings zwar nicht völlig lähmende, aber eben doch beeinträchtigende Kopfschmerzen habe oder unter drückender Eile und drängendem Stress fahre, brauche ich – bei gleicher Geschwindigkeit – mehr Benzin. Ganz deutlich sehe ich das. Woran das liegt? Wenn die Konzentration nicht so hinhaut, oder man mehr vom Zeitdruck oder dem Stress beherrscht wird als von „guten“ Beweggründen, sich im Verkehr irgendwie zu verhalten, ist die Geschwindigkeit gleichmäßiger. Man beschleunigt mehr, um dann gleich wieder abzubremsen. Der Sprit geht dann nicht in das Vorankommen, sondern wird in den Abrieb von Bremsbelägen „investiert“. Irgendwie habe ich mir sogar schon überlegt, diesen Indikator mal zu notieren und mit meinen restlichen Zuständen zu korrelieren. Bisher habe ich aber nicht den Elan dazu gehabt, das auch wirklich umzusetzen.

Interessant wäre es allemal!

Bullenhitze im Auwald

Am gestrigen Abend war es ziemlich warm. Ziemlich warm? Das ist noch eine Untertreibung. 33°C zeigte das Thermometer meines Autos an, als ich auf dem Heimweg war. Natürlich glühte der Asphalt unter dem Fahrzeug, dazu stand die Luft – und auch das Auto teilweise mal wieder. Vor der Baustelle zwischen Karlsruhe Süd und Rastatt Nord standen sie – in beiden Richtungen. Immerhin waren es am Abend keine Unfälle, sondern nur der übliche Wahnsinn. Am Morgen hatte ich einen fiesen Unfall auf der anderen Seite der Mittelleitplanke gesehen – nicht viel davon gesehen, zum Glück, und ich will auch nicht gaffen, denn von den Bildern bekomme ich Albträume. Das blaue Blitzen vom Montagmorgen am Karlsruher Dreieck, den Hubschrauber und die Kräne habe ich aber gesehen, dann ganz schnell weggeschaut und gebetet: „Fahrt weiter, fahrt weiter, ich will keine Zeit haben, dass mein Blick da hin gelenkt wird, ich will da dran vorbei und mich dabei auf die Straße konzentrieren müssen …“ – und die anderen Fahrer müssen es gehört haben.

Egal, ich war bei der Bullenhitze am Montagabend. Natürlich war ich mal wieder mit der Energie zu geizig, meine Klimaanlage anzuschalten – die braucht eine Menge Strom, und der kommt aus Sprit, und verbrannter Sprit ist CO2. Da ich wusste, daheim wartet eh die Dusche auf mich, habe ich sie ausgelassen.

Daheim dann kam die Erkenntnis: „Tally, Du musst eh duschen. Also kannst Du auch noch eine Runde laufen gehen.“ Und genau das habe ich getan. Ob es die Hitze war oder ob mein Handy langsam kaputt geht, weiß ich nicht. Jedenfalls war am Anfang der Runde das GPS-Signal schwach. Ich vermute, das Telefon hat stattdessen mit dem Lagesensor die Strecke abgeschätzt. Da es am Oberarm ganz schön wackelt … naja, im Endeffekt zeigte das Tracking zu meinem Entsetzen ein Tempo von 3:20/km an. Bei allem Stolz – so schnell bin ich nicht. Erst recht nicht, wenn ich unter 150bpm Puls habe. Im Endeffekt konnte ich die 1,2km, die das System zu viel getrackt hat, am Schluss rauskorrigieren. Anhand des weiteren Verlaufs, als sich mein GPS einigermaßen berappelt hatte, war die Geschwindigkeit von 6:20/km ganz gut abschätzbar – damit habe ich dann anhand von Zeit und unter der Annahme, am Anfang auch nicht langsamer oder schneller gelaufen zu sein, meine Strecke korrigiert. Natürlich habe ich das Ganze bei den tollen Erfolgen der App rausgenommen, ein so komisch getrackter Lauf würde nur Maßstäbe setzen, die unrealistisch sind.

Gestern war ein guter Abend: Heimgefahren, Sprit gespart weil auf Klimaanlage verzichtet, getankt, gelaufen – und dann ein supernetter Trek Monday. Stau und GPS-Macken fallen da unter den Tisch.

Paradigmen-Wechsel

In den letzten Monaten ging mir die Häufung von Baustellen, Unfällen und dergleichen auf meiner Pendelstrecke immer mehr auf die Nerven. Die Fahrbahnerneuerung am Leonberger Dreieck war nur die Spitze des Eisbergs, auch wenn sie schon ziemlich mächtig die Fahrzeiten verlängerte. Vielleicht sollte ich lieber von Steh- oder Dahinzuckel-Zeiten sprechen …

Jedenfalls sorgte der Frust über die ganze Herumsteherei auf der Autobahn dafür, dass ich es auf den freien Abschnitten immer mal „laufen ließ“. Mein kleines Auto ist sicher kein Rennwagen und es liegt mir fern, zu drängeln oder zu rasen. Aber auf unbegrenzten Abschnitten bei freier Strecke – da ist es schon verlockend, auch mal zu testen, ob der kleine Aygo 160km/h oder gar 170km/h schafft …

Nun habe ich vor einiger Zeit ein Feature meines Bordcomputers (wieder-)entdeckt: Man kann die Anzeige des abgeschätzten Spritverbrauchs minutenweise als Balkendiagramm auf dem großen Bildschirm in der Mitte anzeigen lassen. Klar, für mich als Freundin von Daten und Statistiken ist das verlockend. Dazu habe ich mir vor Augen geführt, wie viel solche 160-170km/h-Passagen an Zeitgewinn bringen, wenn ich sie mit 100-120km/h lässig auf der mittleren oder gar rechten Spur im Verkehr Mitschwimmen vergleiche. Und so ergab sich in der letzten Woche der die Überschrift stiftende Paradigmen-Wechsel: Statt zwei oder drei Minuten früher daheim anzukommen, machte ich es mir zum Sport, gemütlich und sparsam zu fahren, weder die Höchstgeschwindigkeit noch die Beschleunigung voll auszunutzen – und siehe da: Für im Schnitt fünf Minuten mehr Zeit auf meiner Strecke – das entspricht 10% länger Fahren – waren auch 10% weniger Spritverbrauch drin. Über die absolute Normierung der Anzeige brauchen wir nicht zu sprechen – die kann durchaus geschönt sein. Ich argumentiere allerdings in relativen Einheiten. Und somit komme ich entspannter zuhause an, freue mich über rund 30 Euro weniger Ausgaben für Sprit jeden Monat, wenn ich es so beibehalte und laufe noch seltener als ohnehin schon Gefahr, irgendwo eine Regel zu brechen.

Manchmal erschreckt es mich allerdings auch ein bisschen, wie über den Baustellenfrust und einiges mehr meine Fahr-Prämisse schleichend von „Ich fahre vorsichtig, langsam und entspannt“ zu „hui – so schnell kann man hier selbst mit meinem schwach motorisierten Kleinwagen fahren“ wurde.