[KuK] Lautmalerei

Braucht’s dafür viele weitere Worte?

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Falls es weitere Worte braucht: Das ist eine Lautmalerei. Der Großbuchstabe ist das griechische Phi. Versieht man es mit einem Index, so wird das in den meisten mit mathematischer Symbolik arbeitenden Wissenschaften „Symbol-kurze-Pause-Index“ ausgesprochen, hier also: Phi’zeug. Das klingt dann wie Viehzeug. Mit einer kleinen Pause drin.

Und nein, das ist nicht witzig … zumindest für diejenigen nicht, die sich jetzt nicht auf dem Boden kugeln.

Universal-Übersetzer und Namen

Ich muss gestehen, ich bin irritiert. Mein Mann liest mir ja Perry Rhodan vor, und da gab es heute eine Szene, die mich zum Nachdenken gebracht hat. „Heute“ ist dabei natürlich relativ. Wir sind derzeit in einem der Silberbände, es geht um die Herren der kleinen Magellan’schen Wolke. Aber zur Sache:

Die Terraner unter Perry Rhodan besitzen Universalübersetzer, die aus einigen Worten eine erste Bedeutung herauslesen und das Ganze dann immer weiter verfeinern, um von fremden Sprachen ins bei den Terranern gebräuchliche Interkosmo zu übersetzen und umgekehrt. So weit, so klar. Das gibt’s ja mit verschiedenen Erklärungen, wie es funktioniere, in vielen SciFi-Welten. Dass sich die Geräte aus den Sprachmustern der anderen deren Sprache erarbeiten, mag vereinfacht sein – und somit besser funktionieren, als es nach dem gegebenen Prinzip funktionieren könnte – dafür ist es ja Fiktion. Gerade bei sehr fremden Sprachen oder gar sehr fremden Kommunikations-Konzepten, die eventuell über elektromagnetische Wellen, Gesten, Infra- oder Ultraschall funktionieren, wird das Wirkprinzip einer solchen Maschine klar: Sie erfasst Konzepte, Begriffe, Beschreibungen und überträgt sie in eine andere Sprache. Aus meiner Sicht kann eine solche Maschine z.B. das Wort „Inuit“ nur mit „Menschen“ übersetzen, oder mit „Volk der Menschen“, wenn es als Sammel- und Oberbegriff für die Volksgruppe benutzt wird. Bei einer Maschine, die so übersetzen lernt und dann adaptiv besser werdend übersetzt, wird man nicht Lehnwörter aus der anderen Sprache übernehmen, denn die Maschine ist ja gerade auch für das Übersetzen gedacht, wenn die Kommunikations-Formen ohne zwischengeschaltete Maschine inkompatibel sind, egal wie sehr der Sprachapparat der Menschen sich verbiegt.

Warum nun gibt es in Silberband 44 „Alarm für die Galaxis“ bei Perry Rhodan die „Baranos“, die in menschlicher Sprache nicht „Ansiktos“ genannt werden wollen? Da sich die Baranos in Ultraschall unterhalten, übersetzt der Universalübersetzer die Eigenbezeichnung der Baranos für sich in ihrer Ultraschall-Sprache erstmal intern in „Eigenbezeichnung der Wesen, deren Rede ich gerade übersetze“ und verbindet das dann mit einem menschlichen Begriff in Interkosmo, das in Perry Rhodan praktischerweise mit Deutsch modelliert wird. Ob unsere Freunde nun Ansiktos oder Baranos genannt werden, in der Kommunikation zwischen den Menschen und dem Übersetzer, ist völlig egal. In der Sprache der Baranos wird der Universalübersetzer das Ultraschallsprachen-„Wort“ der Baranos verwenden, das diese selbst benutzen. Ob die Menschen nun „Ansiktos“ oder „Baranos“ oder „Werauchimmeros“ sagen, ist mit der (dank Schall-zu-Ultraschall-Konversion unverzichtbar) zwischengeschalteten, auf abstrakte Begriffe als Zwischenebene reduzierenden Übersetzereinheit völlig unerheblich – die Baranos merken es nicht mal.

Natürlich ist diese Logik-(ich sage bewusst nicht: Realismus-)Fehler einem Konzept geschuldet, das in der Kommunikation zwischen Menschen und anderen, anderssprachigen Menschen immer wieder vorkam. Wir eignen uns einzelne Worte als Lehnworte an, insbesondere auch Eigenbezeichnungen anderer Ethnien. Das geht, weil unsere Stimmbänder, Zungen, Lippen und Ohren kompatibel, von einer Spezies sind. Bei inkompatiblen Kommunikationsformen muss der Übersetzer auf eine abstrakte Zwischenebene – und damit entfällt das Konzept der Lehnworte. Einzig Assoziationen und Doppeldeutigkeiten können noch zu Problemen führen, wie zum Beispiel im Deutschen das Wort „Bitte!“ vieles bedeuten kann, das im Englischen zum Beispiel eigene Worte besitzt: „Please!“ und „You’re welcome!“ wären Beispiele. Wenn die Übersetzungsmaschine das nicht voll auf die Reihe bekommt und/oder Doppeldeutigkeiten mit übersetzt, die in der anderen Sprache gar nicht gehen oder missverständlich sind, kann es zu Konflikten kommen. Bei Phantasie-Namen ohne offensichtlichen Bezug zu anderen Begriffen – wie Baranos oder Ansiktos – halte ich das jedoch für unwahrscheinlich.

Aber vermutlich bin ich spitzfindig oder übersehe etwas.

Artikellos im NDR

Da ich in den letzten Wochen das eine oder andere Mal im Sendegebiet des NDR unterwegs war – Gifhorn, Hamburg, Buxtehude – habe ich das eine oder andere Mal NDR2 gehört. Dabei fiel mir auf, dass dort häufig nicht nur in den Schlagzeilen die Artikel wegfielen …

Europaparlament beschließt …

… an dieser Stelle hätte ich auch in der Schlagzeile, aber vor allem im Mengentext der gesprochenen Nachrichten davon gesprochen, dass „Das Europaparlament XY beschlossen hat.“ bzw. die Formulierung gewählt: „Das Europaparlament beschließt …“

Diese Artikellosigkeit zog sich durch die gesamten Nachrichten – Schlagzeilen und normale Meldungen, für verschiedenste Arten von Meldungen. Da stellte sich mir die Frage: Ist das eine moderne Verkürzung? Eine norddeutsche Sprach-Eigenheit? Oder ist es einfach nur bewusst irritierend?

Komisch, was man sich so fragt, wenn man im Auto einen „fremden“ Radiosender hört …

Blogsie

Was ist eine Blogsie?

Ich fange mal am Anfang an, sozusagen in grauer Vorzeit. Ich war frisch auf dem Gymnasium, zehn oder elf Jahre alt, und begann Englisch zu lernen. In meiner Muttersprache, dem Deutschen, benutzte ich die Grammatik instinktiv und meistens richtig, im Englischen musste ich sie erst einmal lernen. Eines der ersten Themen war das grammatikalische Geschlecht bzw. die Art, wie man grammatikalisches Geschlecht und Plural – zum Beispiel – zusammen verwendet. Was mich damals tief beeindruckte, war die Tatsache, dass es im Englischen an vielen Begriffen kein „-in“ braucht, um eine weibliche Form zu bilden. Ob ich nun Mann oder Frau bin, ein „pupil“ im britischen Englisch und ein „student“ im amerikanischen Englisch deckt Schüler/in im Deutschen ab. Mir wurde bewusst, dass Begriffe eine starke Auswirkung haben. In einem anderen Kontext wurde dann die Frage gestellt, wann für eine Gruppe ein feminines Plural-Pronomen verwendet wird – nicht, wenn sie größtenteils aus Frauen besteht, nein, sondern nur, wenn sie ausschließlich aus Frauen besteht. Ansonsten gilt das generische Maskulinum. Das kam wohl von meinem Französischlehrer, einige Jahre später – und löste hämisches Grinsen bei den Jungs in der Klasse aus.

Ich möchte hier nun kein Fass bezüglich gender-korrekter Sprache aufmachen, auch wenn ich fürchte, genau das zu tun. Der Gedanke treibt mich aber um, denn ich habe recht früh einen spielerischen Gebrauch von Sprache erlernt – zum Beispiel in Form des „Sprachbastelbuchs“, das mir meine Mutter geschenkt hatte. Darin gab es so lustige kleine Spielchen wie ein Dreieck, das den Osterhasen anflehte, „es nicht zu tun“. Der Hase tat’s doch und zurück blieb nur Dreck. Auch über Komposita, Assoziationen und viele weitere Spielereien mit Begriffen, Sprachstrukturen und dergleichen wurde darin geschrieben, aber nicht in abstrakter Form, sondern in anschaulichen, lustigen, manchmal auch nicht so lustigen Beispielen. Was die Assoziationen, die Spiele mit der Sprache, das Jonglieren mit Begriffen mit mir machten, mit meinem Geist und meinen Emotionen, hat mich beeindruckt. Sprache ist ein mächtiges Werkzeug. Begriffe, teils auch Sprachstrukturen haben Einfluss auf unser Denken.

Mitte 20, also reichlich zehn Jahre später, bastelte ich an einer Phantasie-Welt, die inzwischen schon wieder in der Versenkung verschwunden ist. Dort gab es ein Volk, dem ich auch eine Sprache geben wollte – denn ich wollte die in Konversationen eingestreuten Begriffe auch richtig verwenden, auch wenn es die Phantasie-Sprache eines von mir geschaffenen Phantasie-Volkes war. Obwohl das nichts zur Sache tut: Dieses Drachenreiter-Volk lebte in einer uralten, gewaltigen Caldera eines erloschenen Super-Vulkans, umgeben von ihnen mehr oder weniger feindlich gesinnten anderen Völkern. Sie ritten meist zu zweit – ein Ritter, ein Magier – auf dem Rücken großer Drachen, die eine mystische mental-emotionale Verbindung zum Ritter des Reiter-Duos hatten. Die grob humanoiden Reiter selbst konnten mit raubvogelartigen Flügeln fliegen, da ich mir nicht so recht vorstellen mochte, dass ein nicht flugfähiges Volk sich dem Ritt auf fliegenden, VIEL größeren Tieren anvertrauen würde – einfach aus Gründen des Selbsterhalts. Nun ja, ich schweife ab.

Jedenfalls gab ich denen eine Sprache. Ich hatte mich durch das „Sprachbastelbuch“ und meine oben erwähnten Aha-Erlebnisse während des Erlernens von Fremdsprachen darauf eingestellt, dass auch die Grammatik einer Sprache ein Abbild des Denkens ihrer Sprecher ist. In meinen Augen waren Drachenreiter und Drachen selbst ein Volk, das schon sehr lange gleichberechtigt agierte. Ob eine Aufgabe von einem Mann oder einer Frau erledigt wurde, war im sturmumtosten, oft kalten, kargen Gebirge, in dem die Drachenreiter mit anderen fliegenden Wesen um Jagdbeute konkurrierten und oft auch gegen sie kämpften, nicht so bedeutend. Viel bedeutender war, dass die Aufgabe erledigt wurde. Außerdem wollte ich in der Sprache zum Ausdruck bringen, dass bei gemischten Gruppen dieses Volks eigentlich keine Rolle spielte, ob sie vorwiegend weiblich oder vorwiegend männlich waren – nur, wenn es reine Männer- oder Frauengruppen waren, sollte man das zum Ausdruck bringen können. In der Konsequenz gab es damit FÜNF grammatikalische Geschlechter in dieser Sprache: dinglich (unbelebt), geschlechtsneutral (belebt, aber kein Geschlecht spezifiziert), weiblich, männlich und schließlich „sowohl als auch“. Das Fünfte, also das „sowohl-als-auch“-Geschlecht, war zuerst nur für explizit geschlechtsgemischte Personengruppen, also im Plural gedacht.

Also gab es dann fünf grammatikalische Geschlechter, und die jeweils in Singular und Plural. Nach kurzem Nachdenken fielen „dinglich/unbelebt“ und „nicht festgelegt“ wieder in sich zusammen, denn ich überlegte mir, wie das grammatikalische Geschlecht sich in der Sprache tatsächlich äußern sollte. Ich kam auf die Idee, an meine Phantasie-Wortstämme Suffixe anzuhängen: -u für männlich, Singular, -a für weiblich, Singular und -o für „sowohl-als-auch“, Singular. Für unspezifiziert oder dinglich sollte nur der Wortstamm verwendet werden. Wie ich das mit dem Plural genau geregelt hatte, weiß ich nicht mehr. Allerdings hatte ich auch dabei darauf geachtet, dass die weibliche Version nicht „generisches Maskulinum plus Suffix“ war, sondern es einen geschlechtsneutralen Stamm gab, ein Pluralsuffix und dann, falls relevant – über voneinander unabhängige weitere Suffixe das Geschlecht spezifiziert werden sollte.

Hier endet die Vorgeschichte. Mir fiel nun auf, dass fast überall in unserer Sprache Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen sich auf Männer beziehen und weibliche Bezeichnungen durch Suffixe an die männliche Bezeichnung gebildet werden. Ich bin eine Bloggerin. Eine Pendlerin und Physikerin. Mein Mann ist Kommunikationselektriker – ohne ein „-in“ hintenan. An sich ist diese Erkenntnis weder innovativ noch revolutionär. Darüber haben schon viele nachgedacht und Lösungen mit „*“ oder „Binnen-I“ oder was auch immer gesucht und gefunden. Im Andenken an das Sprachbastelbuch habe ich nun den Blogger als Blog-Er gelesen. Eine Frau, die ein Blog betreibt, wäre demnach eine Blog-Sie … verkürzt zu „Blogsie“. Pendelsie bin ich auch, und Physiksie.

Nicht, dass ich das 100% ernst meinen würde, zumal der Ansatz nicht voll verallgemeinerbar ist. Aber: Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, das über Begriffe das Denken prägt, jedoch auch ein herrlicher Baukasten für spielerische Experimente. Wenn nun die Blogleuts aus Bloggern und Blogsies bestehen, kann ich damit gut leben, wenn das einfach nur eine Schnapsidee ist. Der Punkt, auf den ich hinaus will, ist ein anderer – auch wenn ich inzwischen am Klang der Wortschöpfung „Blogsie“ echt einen Narren gefressen habe.

Von vulgären Worten und deren Umgehung

Seit einigen Jahren habe ich immer wieder Phasen, in denen ich ein Projekt bezüglich meiner gesprochenen Sprache verfolge: Ich versuche, vulgäre Worte zu vermeiden. Das klingt so weit recht damenhaft, allerdings …

Nun ja. Wer mich kennt, weiß, dass ich solche Dinge nicht ganz ohne Augenzwinkern hinbekomme. Was ich also tue, ist das Folgende:

Ich ersetze umgangssprachliche, vulgäre Worte durch bevorzugt altsprachliche Fachbegriffe oder entsprechende Abwandlungen.

In meinem letzten Blogeintrag konnte man das schon ein bisschen sehen: Dort sprach ich von einem „Rektum“ sowie dem „Glutaeus Maximus eines Primaten“. Weitere Beispiele sind der (fachlich auf die Beschimpfung besser passende) „Anus“. Die Aufforderung zu autoerotischen Handlungen ist dann doch eher etwas, was ich in diesem Duktus geißele, als es selbst anzuwenden. Der „Urinierer“ hingegen ist eine (augenzwinkernde) Beschimpfung, deren Anwendung ich mich dann doch manchmal bediene.

Die Idee stammt natürlich nicht von mir selbst. Ich bin auf die Idee gekommen, als der große, leider verstorbene Robin Williams im „Club der toten Dichter“ gewisse Einlassungen aus einem Englisch-Buch als „Exkremente“ bezeichnete. Ich fand das ziemlich großartig und habe es daher in einer schwierigen Phase meines Lebens adaptiert, in der ich merkte, dass ich WIRKLICH zu viel fluche. Als eine Kollegin, die mittlerweile nicht mehr nach Stuttgart pendelt, öfter mit mir zurück Richtung Karlsruhe fuhr, amüsierte sie sich gelegentlich köstlich über meine entsprechenden Kommentare bezügliche anderer Autofahrer, deren Verhalten ich teils berechtigt, teils aber sicher auch unberechtigt, in gestelzt ersetzten, farbigen Metaphern beschimpfte.

Eventuell geht mein Spaß an diesem kleinen Tick sogar noch weiter zurück, da ich mich eben an einen Lehrer in meiner Gymnasiumszeit erinnere, der dazu aufforderte, statt eines recht allgegenwärtigen, als vulgär eingestuften Synonyms für Exkremente doch lieber das Wort „Kot“ zu verwenden. Da man das „o“ beliebig dehnen kann, sei das doch wesentlich befriedigender … worüber man sich zweifelsfrei streiten kann! Als Gegenstück möchte ich einen englischen Austauschschüler anführen, der in einer entsprechenden Diskussion anführte, dass das deutsche Wort „kaputt“ wesentlich befriedigender sei als das englische „broken“. Hier sprechen wir zwar nicht über Vulgärsprache, aber eben doch über Begriffe, die gelegentlich doch emotional aufgeladen hervorgestoßen werden. Harte Laute mit dem Ausstoß von Speichel verbunden hervorzubringen, kann die Situation vielleicht nicht besser machen, aber enorm befriedigen.

In diesem Sinne – ein Hoch auf die bescheuerten sprachlichen Ticks, die man entwickelt – oder die man sich vielleicht verkneift.