Zauber, Überzeugungskraft, Ungewissheit und verdammte Sturheit

Dies sind die vier Grundkräfte der Druiden der Scheibenwelt, so zitiert in „Das Licht der Magie“. Natürlich spielen diese auf die vier Grundkräfte der modernen Physik an: Elektromagnetismus, starke Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung und Gravitation. Diese vier Grundkräfte, vermittelt durch Austauschteilchen (Photonen, Gluonen, W- und Z-Teilchen sowie die Gravitonen, wobei letztere ein eigenes Kapitel sind), erklären die gesamte Physik, wenn man es ein mit ein bisschen Zauber und Überzeugungskraft sieht und eine gewisse Ungewissheit in Kauf nimmt.

Vermutlich habe ich, ebenso wie mit den Clarke’schen Gesetzen, schonmal Blogbeiträge mit den druidischen Grundkräften der Scheibenwelt bestritten. Mir als Physikerin mit ein wenig Humor ist das Ganze natürlich sehr nahe. Allerdings lässt sich auch vieles im Leben mit den vier Grundkräften erklären – in der Physik eher mit den vieren der Physik, im sonstigen Leben… nun, da würde ich eher das druidische Quartett nehmen. So auch nun:

Wie gestern beschrieben, hatte ich ein kleines Malheur auf dem Weg zur Arbeit. Die Fahrradkette sprang, nach Erhöhung der Spannung des Zugs, hübsch hoch und runter auf den Kettenblättern – bis der Zug genug zog, um auf das vierte Kettenblatt zu schalten. Das vierte Kettenblatt? „Äh,“ sagte die Kette. „Da ist kein viertes Kettenblatt.“ Der Zug antwortete: „Ich war nur ein bisschen übereifrig, Du hast da einen Anschlag, da geht es nicht weiter. Der Umwerfer stoppt da schon, reg‘ Dich nicht auf, Kette.“ Daraufhin die Kette: „…“ Der Umwerfer: „Die Kette hat recht: Da ist kein Anschlag. Ähm – halt doch, da ist ein Anschlag! Kette, Stopp, da ist ein Anschlag.“ Die Kette: „Zu spät!“ Der Anschlag: „Leute, ich hab‘ mich getäuscht, ich dachte, da wäre ein viertes Kettenblatt, zumindest wurde ich so eingestellt.“ Alle zusammen: „Mist.“

Nun war für mich die Frage, nachdem ich mir die Finger an der Kette schwarz gemacht hatte, die Kette nicht zwischen Plastikschutzteil und großem Kettenblatt rausbekam und mein Fahrrad kilometerweit heimgeschoben hatte: Wie gehe ich damit um? Das ist gar nicht so einfach, denn nach gerade mal etwas mehr als zwei Monaten Radfahren, sich nur langsam und noch nicht nachhaltig aufbauender Sicherheit, wo ich zuvor 20 Jahre nicht gefahren war, ist die Situation schwierig. Ich wollte auf keinen Fall gleich wieder daran gewöhnt werden, nicht Rad zu fahren oder Angst davor zu haben. Ich wollte mich nicht daran gewöhnen, immer an die nächste Panne zu denken. Und eine Woche bis zum Werkstatttermin gar nicht Rad fahren wollte ich schon gar nicht, denn dann hätte ich bestimmt all diese Unsicherheiten und Ängste so RICHTIG an die Luft gelassen.

Der Zauber des Neuanfangs war also weg. Die Ungewissheit hatte übernommen. Wie also sollte ich zusammenhalten, was meine neue Identitätskomponente als „wiedergeborene Radfahrerin“ ist? Mit der Überzeugungskraft bei mir selbst hausieren zu gehen, das hat manchmal seine Probleme, insbesondere, wenn ich im (Grund-)Kraftregime der Ungewissheit bin. Gewissermaßen sind Überzeugungskraft und Ungewissheit ja Antagonisten, Zauber und verdammte Sturheit allerdings auch. Der Zauber ist weg, es lebe die verdammte Sturheit!

Die verdammte Sturheit ließ mich nicht akzeptieren, dass die Kette nunmal runtergesprungen war. Die verdammte Sturheit ließ mich gucken, welche Art von Werkzeug ich für den Plastikschutz am großen Kettenblatt brauche. Dann schraubte ich das Ding mit dem Kreuzschlitz-Schraubenzieher ab, hob die Kette auf’s große Blatt und schraubte das Ding wieder dran. Dasselbe Werkzeug ermöglichte mir, den Anschlag besser einzustellen und somit dem übermotivierten Schaltzug eine Begrenzung aufzubürden. Dass ich im Zuge der Versuche gleich auch noch bei der Zugspannung in die falsche Richtung drehte und erstmal nicht mehr auf das große Blatt schalten konnte (Im Regime der Ungewissheit!), überwand ich ebenfalls nicht mit Zauber, Überzeugungskraft oder Wissen, sondern mit (geringfügig mit von Manuel erlerntem Wissen unterfütterter) verdammter Sturheit! Dir zeig‘ ich’s, Schaltung! Wenn der Zauber aus ist, muss die verdammte Sturheit es richten. Nach Kettenfall um 7:30 saß ich gegen 13:00 wieder auf dem Rad und testete Einstellungen. Um 15:00 fuhr ich zusammen mit meinem Mann zum Einkaufen und danach machten wir noch eine kleine Tour. Und langsam setzte der Zauber wieder ein, verdammte Sturheit und später Zauber spülten die Ungewissheit, ob die Kette draufbleiben würde, aus meinem Geist. Dennoch brauchte ich heute morgen eine Mischung aus verdammter Sturheit und Überzeugungskraft, um der Ungewissheit Herrin zu werden und mich auf mein Fahrrad zu setzen. Als ich dann an der Würmersheimer Straße hinunterrollte in Richtung Weißenburger Straße, wo mir gestern beim Schalten die Kette runtersprang, fühlte ich den Umwerfer zittern, ebenso das Kettenblatt. Der Schaltungszug machte Entspannungsübungen, um bloß nicht wieder die Kette runterfallen zu lassen. Ich ließ meine Pfoten von der Schaltung, nachdem ich auf den vier Kilometern zuvor vorsichtig hoch- und runtergeschaltet hatte. Dann rollte ich um die Kurve, kam auf die Gerade am Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium vorbei auf der Weißenburger Straße, schaltete hoch, und da…

Passierte nichts. Zumindest nichts Schlimmes. Ein bisschen schliff’s für einen Moment, weil der Zug eben vorsichtig eingestellt ist und daher spät schaltet, aber der Anschlag wirkte. Die Kette rutschte wieder, das fünfte Mal auf dieser Fahrt, auf das große Kettenblatt. Der Tretwiderstand stieg, ebenso das Tempo. Ein, zwei Autos überholten mich. Alles prächtig! Später, an der Steigung der Mühlburger Straße von der Grenzstraße hoch in Richtung Hautpstraße, schaltete ich erfolgreich runter auf’s kleine Blatt, danach wieder hoch auf’s mittlere, schließlich auf’s große – alles gut. Ich flog regelrecht dahin, auf dem Radweg zwischen Durmersheim und Mörsch! Herrlich, wenn auch saukalt! Der Zauber war da! Dann…

Krack. Geht nichts? Blick runter auf die Kette, angstvoll, Ungewissheit am Start. Oh, ich habe beim Bremsen ein zweites Mal den Runterschalter gezogen, ohne richtig zu treten, das mag die Kette nicht. Also wieder hoch auf’s mittlere Blatt geschaltet, die Kette schnurrte vom großen auf’s mittlere, alles ging wieder. Lektion: Beim Hochschalten feste ziehen, beim Runterschalten nur antippen. Beim Bremsen nicht aus Versehen nochmal runterschalten. Dann klappt das auch. Vielleicht bringt ein Werkstatttermin nächste Woche noch eine feinere Einstellung, aber bis auf weiteres hat die verdammte Sturheit den Zauber und die Überzeugungskraft zurückgebracht.

Das will doch keiner hör’n!

Ich bin ein extrovertierter Mensch. Das kann und will ich nicht leugnen. Ich erzähle gerne – von meinen Gedanken, meinen Phantasie-Geschichten, meinem Alltag, meinem Sport, meinem Leben…

Das war nicht immer so. Meine Geschichten behielt ich in der Schulzeit für mich. Spätestens, als sie unter Spott offenbart wurden, trieb ich noch mehr Geheimhaltung. Mein erster Computer zuhause wurde vor allem zum Schreiben und Speichern von Geschichten benutzt, und ich wachte peinlichst darüber, dass niemand da rankam. Es kostete mich Überwindung, mich damals mit „Am Rand des Strömungsabrisses“ an die Öffentlichkeit zu wagen, ins Feuer der Kritik. Das Ergebnis hat seine Schwächen, dessen bin ich mir inzwischen noch bewusster als damals, als ich es zur Veröffentlichung herausgab, aber dennoch – ich bin froh, dass ich es getan habe. Ähnliches gilt für den Howard-Goldstein-Vortex. Vielleicht – so denkt ein kleines Stückchen in mir – haben mir alle nur deswegen dazu geraten, diese Dinge zu schreiben und in irgendeiner Form zu veröffentlichen, weil sie das Erzähltbekommen leid waren. Denn seit nunmehr zehn bis fünfzehn Jahren habe ich diese Extrovertiertheit, diesen Drang zum Erzählen.

Es kostet mich aber immer noch Überwindung. Ich halte meine Gedanken und Geschichten nicht für so originell, meinen Sport nicht für so gut, als dass es irgendwen interessieren sollte. Da spielt eine innere Stimme mit, die wie die Eltern in „Junge“ von den Ärzten sagt: „Das will doch keiner hör’n!“ Vielleicht ist das auch so, aber es ist mir inzwischen wichtig, meine Gedanken herauszubringen, sie anderen zur Verfügung zu stellen. Selbst wenn es niemanden interessieren sollte, tut mir das gut. Aber es interessiert ja durchaus den einen oder anderen. Die Highway Tales, die viel meiner Gedanken beinhalten, haben inzwischen über meinen Freundeskreis hinaus den einen oder anderen Follower. Richtig groß freilich sind sie nicht, aber die 100 Follower haben wir hier immerhin schon überschritten. Ich hätte freilich eine Idee, wie es mehr werden würde – mehr Bilder, an manchen Stellen ein Streamlinen der Themen. Aber dann wär’s nicht mehr das, was ich im Sinn hatte.

Bei den Geschichten läuft’s noch nicht so viel. „Am Rand des Strömungsabrisses“ wurde zwar ein paarmal gekauft, aber ein Brenner wird’s nicht werden, und auch der Howard-Goldstein-Vortex wird bisher in überschaubarer, aber nichtsdestotrotz vorhandener Menge aufgerufen. Jedes Mal, wenn mein Partner, der mir beim Veröffentlichen des Strömungsabrisses half, mir schreibt, dass es wenig oder keine Verkäufe gab, überfällt mich das schlechte Gewissen, ihn für etwas eingespannt zu haben, das „keiner hören“ will. Analog fällt es mir auch sauschwer, mit Beharrlichkeit den „Howard-Goldstein-Vortex“ zu bewerben. Es schwingt immer dieses „Das will doch keiner hör’n!“ in meinem Kopf mit.

Aber wenn ich mir’s anschaue: Doch, es will jemand hören. Wahrscheinlich würden es viel mehr wollen, wenn sie nur davon wüssten und ich das Selbstvertrauen hätte, es einfach wild und viel lauter in die Welt zu schreien! Und so lange es niemand hören oder lesen MUSS, bl0ß weil ich es veröffentlicht habe, es aber Leute hören oder lesen können, denen es vielleicht etwas gibt, ist es meine Mission, meine Ideen, Gedanken und Geschichten weiterhin hinauszuposaunen in die Welt, auch wenn das Echo vielleicht nicht mein Ego befriedigt.

Ihr dürft gerne …

… über mich lachen, so lange ich mitlache, lachen wir gemeinsam.

Das ist ein Satz, den ich mir hart erarbeitet habe. Gestern habe ich den Satz mal wieder gesagt, als ich meine Kollegen trotz … oder vielleicht eher in Kompensation meiner Kopfschmerzen und dahingehend dumpfer Laune mit multiplen Wort- und Flachwitzen nervte. Da ging’s um die Fortpflanzung der Metzger … Eier natürlich, an den Brutstätten steht, was drin ist: „Metzger-Ei“. Es gab noch mehr, das mir nun nicht mehr einfällt. So lange ich mit euch lache, wenn ihr über mich lacht, lachen wir gemeinsam.

Das ist gar nicht so einfach für mich gewesen. Ich war in der Schule scheu, ein bisschen zu gut in der Schule, um trotzdem cool zu sein, verträumt und vor allem leicht zum heulen zu bringen. Dazu war ich ein bisschen anders, was ich erst in der Retrospektive so richtig verstanden habe. Natürlich wollte ich auch unbedingt dazu gehören. Allein sein unter vielen Leuten, die man täglich sieht, kann furchtbar sein. Je mehr ich an Spott abbekam, um so empfindlicher wurde ich. In Erinnerung ist mir deutlich, dass ich nach der Lektüre des „Was ist Was“-Bandes über Höhlen eine fiktive Höhlenkarte mit Eingängen in der Umgebung meines Heimatortes auf den Rand meines Heftes zeichnete. In der Pause schnappte sich ein Klassenkamerad das Heft und las zur Belustigung der Klasse und mit beißendem Spott meine Beschriftungen vor. Zu anderen Anlässen fragten mich Mitschüler immer wieder, immer drängender, unter Nennung meines Namens, wie ich hieße. Man kann einem Kind, einem Jugendlichen noch so oft sagen, dass man so etwas ignorieren soll. Es funktioniert nicht. Man will dazugehören, den Erwartungen entsprechen, und zugleich steht man damit vor einer unlösbaren Aufgabe, denn das Spiel mitzuspielen führt zu Demütigung, und mit der Neigung zu Tränen…

Die Nachwirkungen merke ich noch heute. Es ist einfach, mich zu verunsichern, dass ich nicht dazugehöre. Ich denke dann, ich habe etwas falsch gemacht. Ich misstraue Lob und nehme Kritik zu schwer, insbesondere unfaire, un- oder nur teilberechtigte Kritik kann ich nur ganz schwer an mir abprallen lassen und fühle mich allzuleicht mit Lob aufgezogen und mit Kritik persönlich abgelehnt. Eine Mobbing-Vergangenheit nennt man das wohl. Ich kenne das Gefühl gut und manchmal erkenne ich es auch, wenn ich von den spröden Reaktionen betroffen bin, die andere Mobbing-Opfer manchmal zeigen, wenn sie sich durch unbeabsichtigte oder eingebildete Angriffe meinerseits daran erinnert fühlen. Zum Glück wird das heute meistens von Gelassenheit und Selbstvertrauen aufgefangen.

Mitte bis Ende meiner Zwanziger kam ich langsam dahin, dass ich eines der zugrundeliegenden Probleme, die mich zu einem solch dankbaren Opfer machten, zu lösen begann. Aus dem unglücklichen Jungen wurde eine mindestens zufriedenere, bald glückliche Frau. Ich walze diese Entwicklung ungern aus – auch wenn sie wichtig für mich ist und meine Perspektive zum Teil definiert. Das Ganze vor sich herzutragen, macht’s nicht einfacher und es ist auch kein zentraler Kern dessen, was ich bin. Aber über diesen Wechsel bekam ich langsam mit, dass ich mich selbst mögen kann. Kunststück, sich zu mögen, wenn man nicht einmal merkt, dass etwas Grundlegendes nicht stimmt, aber es eben so ist, dass etwas Grundlegendes nicht stimmt.

Inzwischen bin ich durchaus manchmal laut, lustig oder vermeintlich lustig. Ich rate den Menschen, mich nicht zu ernst zu nehmen, ich täte das schließlich auch nicht. Dazu gehört eine Menge Mut und Selbstvertrauen, die mir lange Zeit abgingen. Begonnen hat es als Panzer gegen die Unsicherheit. Aber es war ein Mantel, der bald zur zweiten Haut wurde, als sei ich bereit dazu gewesen, in diese Attitüde hineinzuwachsen.

Und doch reizt es mich immer wieder, mit dem Anderssein zu spielen, die Grenzen des Muts auszutesten, den ich mittlerweile habe. Meine Gedanken, was ich gerne anziehe, wer ich bin, es fällt auf. Die Angst vor dem Ausgestoßensein, untermauert von den Erfahrungen des tatsächlichen gemobbten Außenseitertums, gepaart mit der eigenen Auffälligkeit, wenn ich mich nicht verstelle, sie sind noch da.

Und so gehört zu den schönsten Erinnerungen an meine Schulzeit jener Abi-Streich, an dem einer unserer Lehrer mit der Abi-Band BAPs „Verdamp‘ lang her“ sang und ich, Arm in Arm mit einigen meines Jahrgangs auf dem Schulhof im Takt hüpfte. Es waren da welche dabei, die weder zu meinen wenigen Freunden gehörten noch zu den etwas mehr, von denen ich mich gemobbt fühlte. Es waren einfach Leute, die nicht darüber nachdachten, ob ich so unberührbar war, wie ich mich fühlte. Es ist eine spontane Woge der Freude, des Wohlig-Warmen, wenn ich daran denke.

Damals war es noch viel häufiger so, dass ich, in einer Gruppe gut aufgenommen, schnell misstrauisch wurde. Wie konnte man mich aufnehmen, ohne Ironie und Spott dahinter zu legen, obwohl ich doch ich war? Heute habe ich dieses Gefühl nur noch selten, und wenn doch, überspiele ich es. Aber es ist noch da. Vermutlich geht das auch nie weg. Manchmal frage ich mich, ob diese Narbe in meiner Persönlichkeit vielleicht eher ein Orden ist, der mir geholfen hat, die zu werden, die ich bin. Aber eigentlich ist es nur mies, dass dieses Spiel mit der Furcht vor dem Alleinsein, diese Abhängigkeit von denjenigen, die die Schwächen anderer rücksichtslos zur Befriedigung ihres eigenen Egos benutzen, einen so lange prägen kann.

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag „Verdamp‘ lang her“ nennen und damit anfangen, eben wegen der wohligen Erinnerung. Vielleicht ist’s besser gewesen, es nicht zu tun. Denn ich bin heute jemand anders – jemand, der mit einer gewissen Sicherheit anderen raten kann, mich nicht so ernst zu nehmen, ich täte es ja auch nicht. Jemand, der sich nur noch ganz selten panisch vor dem Ausgestoßensein fürchtet, wenn sie sich herauswagt.

Zum Thema „Damentag“

Am Mittwochabend war ich ja in der Sauna. Mittwochs ist im von mir bevorzugten Saunapark „Damentag“, also sollen (?) oder dürfen nur Frauen in den Saunapark, während es im Thermalbad gemischt zugeht. Den Damentag hatte ich schon ein, zweimal ausprobiert, aber mich dort immer komisch gefühlt. Ich meine, ich bin eine Frau und wenn ich nackt auf meinem Handtuch sitze, kann darüber auch kein Zweifel bestehen, trotz etwas breiterer Schultern, tiefer Stimme und nicht unbedingt überbordernder Brust. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – fühlte ich mich früher beim Damentag in der Sauna öfter mal beobachtet, hatte den Eindruck, taxiert zu werden – mehr als an den „gemischten“ Tagen. Das brachte mich auf den Punkt, dass ich eigentlich nicht mehr zum Damentag in die Sauna gehen wollte.

Einige meiner Freundinnen jedoch schwören auf den Modus „ausschließlich Frauen“ in der Sauna, weil sie sich von Männern unangenehm beobachtet fühlen. Das mag damit zu tun haben, dass sie gefälligere Figuren haben, um die ich sie beneide. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich mir meiner Weiblichkeit zeitweise unsicher war. Gelegentlich, beispielsweise wenn mich am Telefon aufgrund meiner Stimme als „Herr Schmidt“ identifiziert und ich in manchen Fällen einfach drüber weg gehe, weil es keine Rolle spielt, oder souverän erkläre „FRAU Schmidt – ich bin mir aber meiner Stimme bewusst, alles gut.“, nagt immer noch etwas im Inneren.

Am Mittwoch in der Sauna belauschte ich – naja, eher: hörte ich, denn aktiv habe ich nicht gelauscht – ein Gespräch zwischen zwei Damen, die erklärten, in Wochen, an denen das Bad mittwochs nicht auf habe, es also keinen Damentag gäbe, könnten sie nicht in die Sauna kommen. Aber ich scheine inzwischen souverän genug – und mir meistens meiner selbst, meiner Weiblichkeit hinreichend bewusst zu sein, um meine Vorbehalte gegen den Damentag abzulegen. Vielleicht hat sich auch der Blickwinkel der anderen verändert, aber ich glaube eigentlich eher, es liegt an mir.