Wenn Ihr jetzt ein Badeanzug-Bild von mir erwartet, muss ich Euch enttäuschen. Ich illustriere hier, wie ich für mich selbst visualisiere, dass ich langsam sportlich wieder auf den Damm komme. Dafür benutze ich zwei Parameter – PRAPP und PRAGQ.
Die Abkürzung „PRA“ steht in diesem Falle für Puls-Reserven-Ausnutzung, „PP“ für Pace und Produkt, „GQ“ für Geschwindigkeits-Quotient. Vermutlich muss ich dafür etwas weiter ausholen.
Dass ich, wenn ich gut drauf, wenn ich gut trainiert bin, bei gleichem Puls schneller laufen oder radfahren kann, oder bei höherem Lauf- oder Radfahrtempo mein Puls niedriger ist, ist eine Binsenweisheit. Dieser Umstand wird illustriert vom Konzept der maximalen Sauerstoffaufnahme, dem VO2_max, das viele moderne Sportuhren aus dem Training ableiten. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Sauerstoffaufnahme proportional zur erzeugten Energie im Körper ist (was bei aeroben Belastungen auch vernünftig ist), und die Menge an gepumptem Blut proportional zur Sauerstoffaufnahme ist… demnach kann man, wenn man die Leistung bei einem bestimmten Puls eine bestimmte Leistung bringt, extrapolieren, wie groß die Leistung und damit die Sauerstoffaufnahme bei der angenommenen maximalen Herzfrequenz ist – nur dass man da dann schon aerob läuft…
Zu kompliziert für Euch? Ja, für mich auch, zumindest wenn ich es ausrechnen soll. Da stecken ein Haufen Annahmen und Ideen drin, aber insgesamt ist die Berechnung aus einzelnen Trainings unter Nicht-Modellbedingungen intransparent und anfällig. Ich wollte was Einfacheres. Also überlegte ich, ob ich einen ganz simplen Leistungsparameter bekommen kann… zunächst dachte ich nur ans Laufen. Also: Man multipliziere den Puls in Schlägen pro Minute mit der Läufer-Geschwindigkeit „Pace“ in Minuten pro Kilometer und bekommt… oy, hübsch! Herzschläge pro 1000 Meter! Das gefiel mir, aber handlich waren die Zahlen nicht. Also teilte ich durch 10 und bekam Herzschläge pro 100 Meter und war erstmal glücklich wie in einem Traum. Den Parameter nannte ich „PPP“, Puls-Pace-Produkt.
Mit der Zeit sah ich, dass dieser Wert zwar mit meiner Form niedriger wurde – aber noch stärker von meinem Lauftempo abhängig war. Bei schnelleren Läufen wurde das PPP niedriger. Nun hätte man vermuten können, dass das mit biologischen Vorgängen wie der aeroben Schwelle zusammenhängt, aber das konnte ich schnell verwerfen – die Abnahme des PPP mit meinem Lauftempo hatte einfach die falsche Form. Mir drängte sich eine Vermutung auf: Der Ruhepuls spielt eine Rolle. Ich erinnerte mich an die Karvonen-Formel, die Trainingszonen auf der Pulsreserve ausdrückt, also den für sportliche Aktivität nutzbaren Zusatzpuls als Differenz von maximaler Herzfrequenz und Ruheherzfrequenz ausdrückt und Trainingszonen als prozentuale Ausnutzung desselben definiert. Also experimentierte ich ein bisschen – und siehe da: Wenn ich von meinem Puls bei Aktivitäten den aktuellen Ruhepuls, bestimmt als Monatsmittel der niedrigsten gemessenen Pulse in der Nacht, abzog und DANN erst mit der Pace multiplizierte, verschwand die Geschwindigkeitsabhängigkeit! Geboren war das Puls-Reserven-Ausnutzungs-Pace-Produkt – das PRAPP. Analog hierzu erschuf ich für’s Radfahran den PRAGQ – Puls-Reserven-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient (da man beim Radfahren das Tempo in km/h angibt und nicht in min/km, läuft’s hier etwas anders, aber es ist eigentlich genau dasselbe).
Somit habe ich mit dem PRAPP und dem PRACQ handliche Parameter geschaffen, die mir meine Form in über den Ruhepuls hinausgehende Herzschläge pro 100 Meter Laufen bzw. 200 Meter Radfahren angeben. Je niedriger, um so besser. Für andere Sportarten (vor allem das Schwimmen) experimentiere ich noch mit analogen Vorgehensweisen. Dass ich wieder ins Training komme, beim Laufen, sehe ich nun recht deutlich am PRAPP. Beim Radfahren ist die alte Form noch weiter weg, der PRACQ ist noch nicht wieder so weit runter, wie das vor dem Kranksein der Fall war.


Überdeutlich ist zu sehen, dass in meinem zweiten Krankheitsmonat letztes Jahr bei den wenigen Versuchen, die ich startete, viel, viel mehr zusätzliche Herzschläge benötigt wurden, um eine Strecke mit Muskelkraft zu bewältigen. Parallel ging auch der Ruhepuls hoch, der ja auch in die Berechnung einfließt. Meine Form war – wie kaum anders zu erwarten – völlig im Eimer. Es wird nun schon massiv besser, der Ruhepuls sinkt im Mittel auch wieder ab. Aber alte Stärke habe ich noch nicht wieder erreicht, bin aber auf dem Weg.
Wo der Weg noch viel weiter ist, ist die anaerobe Schwelle, soweit meine Uhr sie abschätzt. Diese wird von den pinken Punkten im Laufdiagramm angezeigt. Da die Uhr nur bei intensiven Trainings eine Schwelle (in Puls und Pace) abschätzt und ich bereits am Anfang der Krankheit keine intensiven Trainings mehr absolvierte, blieb dieser alte Wert stehen. Den Ruhepuls bestimmte ich auch nicht mehr, ich hatte anderes zu tun – gesund werden im Wesentlichen. Im Bereich der anaeroben Schwelle habe ich sehr viel verloren und das wird auch noch länger dauern, es wieder aufzubauen – denn zuerst brauche ich die Grundlagenausdauer zurück.
Aber ich bin „über’n Berg“, in der Ausdauergrundlage wird’s schon wieder. Das Tempo kriege ich dann auch irgendwann wieder zusammen. Irgendwie macht es mich stolz, das in für mich verständlichen, leicht nachvollziehbaren und ohne komplexe Annahmen erstellten Parametern für mich selbst darstellen zu können.