Unsichtbares, rosafarbenes Einhorn

Vor einiger Zeit entdeckte ich das unsichtbare, rosafarbene Einhorn. Analog zum fliegenden Spaghettimonster ist es eine Parodie auf den Theismus, den Glauben an einen personifizierten, mit Eigenschaften behafteten Gott, über dessen Beweisbarkeit und weitere Eigenschaften man herrlich streiten, diese Thematik unglaublich ernst und schwer nehmen kann. Der Clou am unsichtbaren, rosafarbenen Einhorn ist, dass die Eigenschaft „rosafarben“ durch die Unsichtbarkeit per se der Wahrnehmung unzugänglich ist. Das unsichtbare, rosafarbene Einhorn wird als weibliche Gottheit angesehen, SIE tauchte das erste Mal als „invisible pink unicorn“ in atheistischen Diskussionsplattformen der frühen 90er auf. Für Atheisten ist SIE und all die Theologie um SIE herum ein Weg gewesen, das Unverständnis nicht-gläubiger Menschen für leidenschaftlich-dogmatische theologische Debatten zu illustrieren.

Ich für meinen Teil empfinde das unsichtbare, rosafarbene Einhorn als ein sehr angenehmes Konzept in dieser Richtung. Es ist für mich glitzernder als das fliegende Spaghettimonster, der in den beiden intrinsisch zugeschriebenen Eigenschaften verankerte Widerspruch per se spricht mich an – als Konzept, das erklärt, wie Glaube funktioniert. SIE ist unsichtbar, und dennoch wissen wir, dass SIE rosafarben ist.

Ich bin nicht sicher, ob ich mit dem Antagonisten, der lila Auster, etwas anfangen kann, ähnlich wie der christliche Teufel erscheint sie mir arg konstruiert.

Lustigerweise ist ein Synkretismus aus Last-Thursdayism und dem Glauben an das unsichtbare, rosafarbene Einhorn für mich sowohl als religionsparodierendes Konstrukt wie auch als Glaubensgebilde durchaus ansprechend. Vermutlich wird die Kirche des unsichtbaren, rosafarbenen Einhorns ebensowenig auf Umfragebögen zum Bekenntnis auftauchen wie der Glaube, alles sei inklusive der Erinnerungen an das „davor“ letzten Donnerstag erschaffen worden (Last-Thursdayism).

Ich möchte auch niemandem den Eindruck vermitteln, ich nähme seinen Glauben nicht ernst. Für mich persönlich sind in sich durch Widersprüche gebrochene, im spirituellen Part nicht beweisbare Bekenntnisse aber schlicht nicht überlegen, bloß weil sie Tradition haben. Wenn ich mich zum unsichtbaren, rosafarbenen Einhorn bekenne, folgt daraus, dass ich einen festen, christlichen, muslimischen, jüdischen, buddhistischen, pastafarischen Glauben nicht verurteilen kann und darf. Was ist auch an einem Synkretismus aus dem Glauben an das unsichtbare, rosafarbene Einhorn und einer last-thursdayistischen Schöpfungslehre auszusetzen, gewürzt mit etwas radikalem Konstruktivismus und der Erkenntnis, dass im Last-Thursdayism eine gute Portion Solipsismus steckt?

Es gibt bestimmt den einen oder anderen, der mit weniger mündiger Überzeugung „Christ“ auf der Religionsumfrage ankreuzt oder mit weniger Nachdenken kreationistische Glaubenssätze übernimmt.