Seit dem September 2019 bin ich keinen Wettkampf über die Marathon-Distanz mehr gelaufen. Damals habe ich beim Badenmarathon in Karlsruhe ein Personal Best von 3:18:33 aufgestellt, viele Erfahrungen zur Einteilung des Marathons, zur Schuhwahl und dergleichen gesammelt – und dann war mit der Corona-Zeit erstmal nichts los mit Marathon-Wettkämpfen. Ich bin in dieser Zeit Marathondistanz gelaufen, aber nicht im Wettkampf.
Am 14.05.2022 stand dann der Dämmermarathon in Mannheim wieder an. Wo ich doch eigentlich endlich über den roten Teppich durch das Mannheimer Schloss laufen wollte – und ursprünglich sogar noch etwas ganz anderes geplant war, nämlich der Trollinger-Marathon in Heilbronn, lief ich nun die Doppelrunde durch Mannheim: Wasserturm-Seckenheim-Wasserturm-Quadrate-Wasserturm… und dann dasselbe nochmal. Ich hatte nach einer Erkältung im Februar, einem neuen 15er-Personal-Best beim Rißnertlauf und dem Trainingslager in Apulien durchaus gemischte Signale erhalten, was in Mannheim herauskommen könnte, zumal ich ja letztes Jahr im Herbst lange und mit viel Formverlust krank war.
Nun, wie soll ich sagen: Vieles hat funktioniert. Manches nicht – wollte ich doch negativen Split laufen. Aber das Ergebnis spricht für sich:
Ich bin noch immer zu platt, zu erschöpft, zu euphorisch, um so richtig zusammenzubauen, wie es genau lief, die Fotos zu sichten und all das. Das kommt irgendwann kommende Woche. Für’s erste kann ich sagen: Mindestens ein neues Personal Best, also 3:18:32 hatte ich angepeilt. 3:14:59 war das erklärte, zu unterbietende Ziel, und irgendwas im Bereich 3:10:xx zu erreichen, das war ein Maximalziel, ein Traum. Am Ende waren es sogar vier Sekunden weniger als 3:10:00, die auf der Uhr standen. Dass ich noch dazu Dritte wurde und neben einer Duathlon-Weltmeisterin (der Siegerin) auf dem Treppchen stand, war das Sahnehäubchen.
Wie ich in meinem gestrigen Beitrag schrieb, standen meine persönlichen Vorzeichen beim gestrigen Halbmarathon in Mannheim nicht so besonders toll. Die Woche nach der Badischen Meile war von Wehwehchen geprägt, die mich mehr beeinträchtigten als ich dachte – dabei war’s nichts am Bewegungsapparat!
Ich fuhr also mit gedämpften Erwartungen nach Mannheim, verfluchte das kalte, regnerische Wetter und freute mich doch auf den Wettkampf. Trotz des kalten Wetters – der Mannheimer Dämmer-Marathon ist stimmungsmäßig stärker als der Karlsruher Baden-Marathon. Ich reiste mit dem Zug an – erst S8 bis Karlsruhe, dann ICE nach Mannheim. Das war total angenehm, auf der Fahrt in der S-Bahn traf ich noch eine Dame, die ich zwar nicht kannte, mit der ich aber gemeinsame Themen und gemeinsame Bekannte habe, so dass wir uns nett unterhielten. Nun bin ich in der irritierenden Situation, dass sie meinen Namen nicht kennt, ich ihren auch nicht, ich aber eine gemeinsame Bekannte von ihr grüßen soll. Das kriege ich aber hin, da bin ich sicher! Im ICE gab’s für mich noch was zu trinken, dann holte ich in Mannheim meine Startnummer, wechselte ein paar Worte mit dem entspannten Startnummernausgeber. Überhaupt, die Organisation im Mannheimer Rosengarten war exzellent, alles lief ruhig und schnell ab, nirgendwo musste man warten. Es gab sowohl im Rosengarten selbst als auch auf der Augusta-Anlage, wo später die Startaufstellung war, jede Menge Toiletten, was ja der von mir oft monierte Flaschenhals bei Laufveranstaltungen ist – hier aber nicht! Im Rosengarten standen auch überall Messemitarbeiterinnen herum, die einen einwiesen und das überaus nett! Nachdem ich einer Marathon-Staffel noch das Gruppenfoto gemacht hatte, gab ich meinen Rucksack ab und machte mich auf die Suche nach einem gemeinsamen Bekannten. Dabei bekam ich vor dem Dolceamaro noch mit, wie die 10-Kilometer-Lauf-Siegerin mit guten 36 Minuten reinkam! Furios und begeisternd!
Mein Bekannter vom MTB machte mich aus, bevor ich ihn ausmachte – wir unterhielten uns eine ganze Weile und trafen uns dann auch später beim Start wieder. Vor dem Lauf fror ich im schnellsten Startblock ganz schön – denn es war kalt, ich war nervös und ich wollte mich nicht mit zu viel Zeug beschweren, das ich dann ja durch den ganzen Halbmarathon zu tragen hatte. Ich traf eine Entscheidung, die sich später als dumm herausstellte: Ich fummelte meine Startnummer mit den Fixpoints vom Trikot auf die leichte Jacke. Aber dazu später mehr. Verdammt froh war ich, als die Startblocks – A1 bis A5 – dann geschlossen wurden, so gegen 18:50. Dann wurde Startblock A1, wie gesagt der schnellste, von der Augusta-Anlage an die Startlinie vor dem Rosengarten geführt und dort war bereits ein richtiger Hexenkessel an Stimmung. Unterwegs sah ich noch kurz die Vorjahressiegerin Lea Cagol von der LSG Karlsruhe, verlor sie aber aus den Augen, bevor ich sie ansprechen konnte. Und dann ging es los! Die von den Organisatoren angekündigte „Engpassstrecke“ auf den Planken, mit Seilen in den Straßenbahnschienen, damit niemand stolperte, erwies sich als weit weniger problematisch, als die Ankündigungen suggerierten. Auf der Augusta-Anlage stadtauswärts war freilich mehr Platz, aber ich hatte nie einen beengten Eindruck auf diesen Strecken. Die Zeit und Strecke flog dahin, bis zum Abzweig rüber zur Seckenheimer Landstraße waren überall Leute an der Straße. Ich realisierte gar nicht so richtig, dass schon vier Kilometer rum waren, die ich alle in einem Schnitt unter 4:10 gelaufen war. Sollte etwa nicht nur ein neues Personal Best, sondern sogar das Jahresziel Halbmarathon „unter 1:30“, also mein Projekt „unter 90“ (Minuten) drin sein?
Aber mir wurde heiß. Die Jacke war zu warm. Boah, wurde mir heiß! Also fummelte ich auf den Radwegen um Seckenheim herum meine Startnummer von der Jacke runter auf das Trikot – und verlor Zeit! Einmal fiel mir sogar einer der Magneten runter, ich hob ihn auf, rannte weiter. Der achte Kilometer zeigte 4:25 an! Zu langsam für unter 90 Minuten! Aber dann ging es nach Seckenheim rein – die Jacke um die Hüfte gebunden, einen Zipfel in die Hose gesteckt, damit der Reißverschluss nicht immer gegen mein Knie flatterte, stürmte ich von der Stimmung in Seckenheim beflügelt voran und kam wieder in den Tritt. Ich konnte es kaum glauben: Zwei Drittel der Strecke waren fast rum, Seckenheim war verlassen und ich merkte immer noch, dass ich stark laufen konnte. Allerdings ging doch ein bisschen die Puste weg, nicht sehr, aber ich wurde etwas langsamer. Auf dem Rückweg in die Innenstadt holte mich dann auch der Pacer für Halbmarathon in 1:30 ein, ein junger Student an der dualen Hochschule, mit einer Traube von Leuten hinter sich. Ich beschloss, diese Traube von Leuten einfach nicht weggehen zu lassen, hielt mich und biss. Der Pacer war auf Kurs für Sub-1:30, also 1:29 … und ich war, nun bei etwa 17 Kilometern und nach der einsamen Straße von Seckenheim zurück wieder in der stimmungsintensiveren Mannheimer Innenstadt finster entschlossen, dranzubleiben. Durch die Quadrate haben mich der Durchhaltewillen und der Jubel getragen – und als ich um den Wasserturm kurvte und die Zeitmessung vor dem Rosengarten sah, standen dort noch 1:28! 1:29:09 zeigte die Uhr, als ich durch das Tor lief – ich bedankte mich erstmal beim Pacer und klatschte mit anderen, die ihm gefolgt waren, auf die erzielte Leistung ab!
Urkunde, Startnummer und die tolle Medaille mit dem Wasserturm!
Bei den Versorgungsständen holte ich mir Getränke, wechselte ein paar Worte mit Lea Cagol, die zwar schneller gelaufen war als letztes Jahr, aber durch stärkere Konkurrenz nicht gewonnen hatte, holte meinen Rucksack und fuhr nach Hause. Ich war in einem Rausch, habe bestimmt 100mal vulgär, aber begeistert „Leck mich fett, war das geil“ vor mich hin gemurmelt! Unter 90 Minuten beim Halbmarathon! Beim ersten von drei bis fünf geplanten Versuchen dieses Jahr! Neues Personal Best auf einem toll organisierten und trotz des miesen Wetters stimmungsvollen Kurs. Mannheim, Du siehst mich garantiert nächstes Jahr wieder!
Heute kommt er: Der erste Halbmarathon des Jahres 2019 in meinem Wettkampfplan. Letztes Jahr war der Engelhorn Sports Halbmarathon beim SRH Dämmer-Marathon in Mannheim mit Hitze und Sonne ein für mich optimales Pflaster. Ich lief mein noch immer aktuelles Halbmarathon-Personal-Best von 1:35:53. Für dieses Jahr hatte ich mir viel vorgenommen für den Halbmarathon in Mannheim – indes, die Bedingungen sind anders.
Regen ist angesagt, es hat nicht einmal 20°C. Ich laufe lieber bei Hitze, Sonne, selbst bei Schwüle. Kühler oder lauer Regen – nee, das ist nicht mein Wetter. Dazu hatte ich nach der Badischen Meile ein ganz doofes Problem: hartnäckige, entzündete Pickel am hinteren Oberschenkel und auf dem Hintern, die aufgrund meiner Versuche, sie loszuwerden, noch fieser gereizt waren – und bei jedem Schritt wehtaten, da beim Gehen, Laufen, ja selbst beim Aufrichten des Beckens im Stehen diese Hautstellen gestrafft werden. Außerdem habe ich mit diesem Mist zwei unruhige Nächte verbracht, Anfang der Woche, und aufgrund dessen auch noch Rückenschmerzen gehabt. Die Bedingungen sind also … nicht so toll. Mir geht es zwar wieder besser, aber ich habe das Gefühl, dass dieses Mal keine Bestleistung drin ist.
Nun will ich die 1:29:59 auf Halbmarathon dieses Jahr noch schaffen, zumindest aber ein neues Personal Best aufstellen. Die Form sagt, dass das möglich ist – trotz allem, zumindest das neue Personal Best dürfte auch heute drin sein. Ob ich die 90 Minuten heute schaffe – ich bezweifle es sehr stark. Es wäre der erste Wettkampf dieses Jahr, bei dem ich kein neues Personal Best über die jeweilige Strecke aufstelle, wenn es heute nicht klappt. Der erste – nach sechsen, bei denen es klappte.
Und so sitze ich hier, glaube eher an einen „Erfahrungswettkampf“ als an einen „Wettkampf für’s große Buch“. Andererseits habe ich das in Neureut auch gedacht – und furios meine 10-Kilometer-Zeit um mehr als vier Minuten verbessert. Wir werden sehen. Ich dämpfe schonmal meine Erwartungen, werde aber durchaus nicht nach 15 Kilometern langsamer werden, wenn ich auf Bestzeitenkurs bin.
Ob sich Amateur- und Profisportler auch so fühlen? Ich habe klares Lampenfieber, schwanke zwischen Übermut und „Flinte ins Korn werfen“. Der Wind und der Regen draußen machen’s nicht besser. Aber – es wird schon werden. Wenn es kein Personal Best wird, wird es eben eine Erfahrung, wie ich auf der Halbmarathon-Distanz funktioniere und welche Probleme ich im Training angehe. Freue ich mich auf den Wettkampf? Eigentlich schon. Bestimmt wird’s dann in Mannheim einfacher, wenn die Startnummer am Trikot pappt und der Rucksack abgegeben ist. Bis dahin hibbele ich noch ein bisschen rum.
Wir sind zwar gerade in Hamburg, aber ich habe auch noch Bilder von der weitaus kleineren Hafenrundfahrt während meines Betriebsausfluges. Da gab’s die Rundfahrt im Mannheimer Binnenhafen:
Auch in Binnenhäfen werden Container umgeschlagen, der Mannheimer war sogar der erste deutsche Binnenhafen, der ein Containerterminal hatte – zumindest laut unserer Führung.
Ich müsste dann natürlich auch noch eine herrliche Fächer-Schrägseilbrücke ablichten.
Das Boot und mich zu fotografieren konnte ich mir auch nicht verkneifen.