Manchmal kommt es anders…

Es war geplant, dass mein Rad zum Ersetzen der Bremsklötzchen kommende Woche Donnerstag in die Werkstatt meines Radhändlers kommt. Den Termin hatte ich ausgemacht, und eigentlich war er mir fast ein bisschen lang hin, aber diese Woche hatte mein Händler Urlaub.

Indes, es kam anders. Freitagfrüh radelte ich in Richtung Arbeit, in der Absicht, einen sportlich halbwegs ruhigen Arbeitstag zu verbringen – ohne große Umweg hin- und zurückradeln, in der Mittagspause einen lässigen Zehner laufen. Rückblickend war das Gefühl unter meiner Vordergabel schon ab Durmersheim komisch, aber spätestens in Mörsch war klar: Mein Vorderrad verliert Luft. Bäm, der erste Platte meiner wiedergeborenen Radfahrkarriere. Donnerstag erst hatte ich von einem befreundeten Läufer und Radler aus der Pfalz über eine abgebrochene Tour wegen eines Platten gelesen, nun war ich dran. Aber ich fahre ja nicht in der Wildnis: Ich schob mein Rad zur Haltestelle Rösselsbrünnle, hatte meine Fahrt nach 8,5 Kilometern plattfußbedingt abgebrochen. Meinen Buff zog ich über Mund und Nase, als Maske, die Maske mit den Spaghettiträgern hinter den Ohren ließ ich im Rucksack – wie die Stoffbedeckung über Mund und Nase gehalten wird, ist ja für die Wirkung egal. Nur DASS man Mund und Nase bedeckt, ist inzwischen auch auf den Bahnsteigen des KVV Pflicht, und da ich mir wirklich Sorgen über dieses blöde Virus mache, gab es da auch keine Frage meinerseits, ob der Sache zu folgen war…

Nur eine andere Sache verschwitzte ich völlig. Ich habe eine Jahreskarte, muss also nicht drüber nachdenken, wenn ich in eine KVV-Bahn einsteige, Mund und Nase hatte ich bedeckt, ansonsten war mein Kopf von der Frage beherrscht, wo ich in Karlsruhe während meiner Arbeitszeit und in der Zeit, in der mein Radhändler urlaubsbedingt zu hatte, einen neuen Schlauch draufmontiert bekommen würde. Da kam der Kontrolleur auch schon auf mich zu – als er auftauchte, wurde mir klar: Oh Mist, ja, in der Zeit von sechs bis acht braucht Dein Rad ein eigenes Ticket – halt, nein, es ist nach acht – ach verdammt, das gilt von sechs bis NEUN, nicht von sechs bis acht.

Schon wurden meine Personalien aufgenommen, ich bekam einen Überweisungsträger (halt, einen Überweisungsträger? Finsteres Mittelalter!) in die Hand gedrückt. 20 Euro soll’s kosten, aber der Kontrolleur dokumentierte auch noch meinen Platten und meinte, ich solle beim KVV anrufen und fragen, ob ich unter diesen Umständen vielleicht mildernde Umstände bekäme, da ich mir sonst nichts zuschulden habe kommen lassen.

Nicht unbedingt bester Laune kam ich auf die Arbeit. Aber dann entwickelte sich die Situation wieder in eine andere Richtung: Der KVV hatte die Meldung noch gar nicht vorliegen, Dienstag darf ich nochmal anrufen. Vielleicht zahle ich die 20 Euro einfach, die ganze Zeit dran zu denken, da nochmal anrufen zu müssen, kostet mich mehr Nerven, als diese 20 Euro wert sind. Beim Büro um die Ecke gibt’s zudem einen Gebrauchtradhändler mit Werkstatt, der mir am Telefon auf meine Terminanfrage völlig irritiert beschied, ich solle einfach vorbeikommen – und mir dann gleich noch sagte, er könne mir die Bremsklötze tauschen, den zweiten Schlauch noch angucken, Rahmen und vor allem auch Kette und Zahnkränze reinigen…

Nun habe ich neue Bremsklötze, einen neuen Schlauch im vorderen Laufrad, ein (nach der Rückfahrt nicht mehr ganz so) sauberes Rennrad und immer noch einen Wartungstermin kommende Woche… allerdings hat mir nun eine Freundin einen Floh ins Ohr gesetzt: Kombipedale! Vielleicht nutze ich den eh vereinbarten Termin dann, um mich mal bezüglich einsteigerfreundlicher und weiterhin neben dem Klick-System auch ohne solches benutzbarer Pedale und passender Schuhe beraten zu lassen – und das dann gleich umzusetzen.

Manchmal kommt es anders… und man kann das beklagen, oder auch umarmen und nutzen.

Verwunderung, Verwirrung, Mustererkennung

Ich empfinde Verwunderung. Warum?

  • An der Murgtalbahn gibt’s Haltestellen von S8/S81, bei denen ein Bahnsteig auf eingleisiger Strecke beide Richtungen bedient. Daher haben auch die Züge, die als S8/S81 verkehren, Türen auf beiden Seiten
  • Auf der S2 in Rheinstetten und Stutensee (wenn Ihr wollt auch in Mörsch, Forchheim, Büchig, Blankenloch…) verkehren Züge mit Türen nur an einer Seite. Dort gibt’s teils auch nicht direkt gegenüberliegende Bahnsteige für die unterschiedlichen Richtungen.

Freilich, ich WEISS, dass zwar beide Linien zum KVV gehören, aber die eine von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) betrieben wird, nämlich die S2, und die anderen beiden (S8 und S81) von der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG).

Vielleicht bin ich auch eher verwirrt. Die Gründe, warum es diesen Unterschied gibt, kenne ich zumindest teilweise – sicher nicht alle. Dennoch wundere ich mich jedes Mal wieder – oder bin eher verwirrt darüber, weil mein Kopf sagt: „Stadtbahn mit ’nem S davor, eingleisige Strecke, KVV. Bahnsteig in Fahrtrichtung rechts. So wie in Rheinstetten!“ Das funktioniert aber in Gernsbach nicht. In Mörsch wiederum … „Stadtbahn mit ’nem S davor, eingleisige Strecke, KVV. Ein Bahnsteig. So wie im Murgtal.“ Funktioniert aber nicht.

Vermutlich sucht mein Kopf einfachere Muster, wo kompliziertere existieren.

Heimweg – Pendellust

In Sportsachen in der Bahn.

Heute ging’s nach der Arbeit mit der Bahn nach Hause – aber nicht ganz! Das Wochenende beginnt gut, wenn man eine Runde läuft. Also stieg ich in Sportsachen und mit dem Trailrunning-Rucksack auf den Schultern in die Stadtbahn und ließ mich von der Philipp-Reis-Straße über den Albtalbahnhof bis nach Bietig- … HALT! Nein, bereits am Albtalbahnhof ließ ich meine vívosport nach GPS-Empfang suchen, an der Haltestelle Durmersheim Nord stieg ich aus der Bahn und rannte durch Durmersheim, dann bis an den Federbach und entlang des Federbachs, teils auf den ersten paar hundert Metern des Würmersheimer Speckkälblelaufs, in Richtung des heimischen Bietigheim.

Daheim zeigte der Kilometerzähler fünf Kilometer an. Nach den Zehn in der Mittagspause war mir das nicht genug, also warf ich den Rucksack daheim ab und drehte noch eine Runde über Ötigheim und an der Bahn entlang – in falscher Richtung, freilich, also Richtung Norden. Schließlich kam ich glücklich daheim an. Das Wochenende hatte schon mit dem Laufen begonnen.

Das ist das Herrliche am Bahnfahren: Man kann aussteigen, wo man will, muss sich nicht darum kümmern, dass das Auto noch nach Hause muss. Wenn man entsprechend angezogen ist, kann man dann eine beliebige Strecke zu Fuß zurücklegen – und wenn’s nicht hinhaut, steigt man halt nochmal in die Bahn. Ich liebe es, per ÖPNV und Laufschuhen zu pendeln!

[KuK] Plötzlicher Stopp

Gerade auf freier Strecke zwischen Durmersheim Nord und dem Bahnhof Forchheim – die S8 bremst wie verrückt, bleibt stehen. Anderthalb Minuten steht sie, dann geht’s weiter.

Vermutlich ein Signal auf Stopp. Es scheint jedenfalls nichts passiert zu sein.

Das passiert tatsächlich selten genug, um ein Kurz und Krass wert zu sein. Ich bin mit meiner Stadtbahn echt verwöhnt.

Umleitung

In Karlsruhe wird derzeit gebaut.

Ähm. „Derzeit“ ist gut, werden einige Leute sagen. Tatsächlich wird ja in jeder halbwegs größeren Stadt, zu denen Karlsruhe mit seinen 300.000 Einwohnern wohl zählt, ständig irgendwo gebaut. Allerdings baut Karlsruhe seit etlichen Jahren an seiner „Kombilösung“, was letztlich bedeutet, die S-Bahnen aus der Fußgängerzone zu verbannen, indem man sie unter die Fußgängerzone verlegt, dabei auch eine große, zentrumsnahe Durchgangsstraße in den Untergrund zu verlegen und noch ein paar weitere Anpassungen vorzunehmen. Da nicht nur eine Linie, sondern ein ganzes T-Stück von Schienen unter die Erde verlegt wird und einer von drei Ästen dieses „T“ die tieferzulegende Straße kreuzt – und vor allem: Alle größeren Nord-Süd-S- und Tram-Bahnen über das „T“ verlaufen und die tieferzulegende Straße kreuzen, stellt sich das kompliziert dar.

Im Ergebnis haben wir derzeit das zweite Mal die kürzerfristige Umleitung von der längerfristigen Umleitung. Alle Nord-Süd-Bahnen werden nicht nur (längerfristig) parallel zum senkrechten Balken des „T“ umgeleitet, sondern für Sommer und Frühherbst auch auf halber Höhe des „T“ parallel zum waagerechten Balken des „T“. Klingt undurchsichtig? Oh, das ist es auch, sogar für Kenner des Karlsruher Netzes. Da das wohl auch den Verkehrsbetrieben und der Albtalverkehrsgesellschaft klar ist, verteilten sie im Vorfeld Broschüren in der Bahn, statt Tickets zu prüfen. Der darin gezeigte Netzplan löste bei mir erstmal einen gedanklichen Knoten aus, bis ich mich wieder reingefunden hatte.

Im Endergebnis darf oder muss ich nun bedingt durch die „Umleitung-von-der-Umleitung“ etwa anderthalb Stationen vor meiner Station der „normalen“ Station entfernt aussteigen und über drei Ampeln, zwei davon Teil der Straßen-tieferlege-Baustelle, bis zu meinem Büro gehen. Allerdings bin ich der Auffassung, dass es das wert ist. Am Ende wird die Karlsruher Innenstadt eine echte Fußgängerzone haben, in der nicht alle anderthalb Minuten ein Zug aus irgendeiner Richtung über die fast die Hälfte der Fußgängerzone einnehmenden Gleise durch selbige hindurchfährt. Eine große Straße nahe der Innenstadt wird in den Untergrund verlegt, an der Oberfläche entsteht ein neuer Raum, der lebenswerter ist. Zugleich werden die S-Bahnen nicht mehr in der Fußgängerzone durch Vorsicht wegen achtlos kreuzender Fußgänger langsam fahren oder Verspätung ansammeln müssen.

Am Ende wird es ganz wunderbar. Aber das ist noch ein bisschen hin. Und so nehme ich die Umleitung von der Umleitung hin. Ein bisschen genieße ich ja sogar, die ganzen Linien in meinem Kopf neu zu ziehen. Denn mit Linien hab‘ ich’s, das macht mir Spaß. Umleitungen machen natürlich weniger Spaß, aber hey: Die enden auch irgendwann. Und dann wird es ganz wunderbar.

Erstmals

Ich finde es immer toll, wenn ich etwas „erstmals“, also zum ersten Mal mache. Meistens finde ich es dann besonders toll, wenn es etwas Gutes ist – ist ja klar. Aber auch eine nicht so gute Sache das erste Mal zu machen, ist gut, denn das nennt man Erfahrung.

Dieses Mal war es aber etwas Gutes, wenn auch verhältnismäßig Banales. Wie ich – glaube ich – schon einmal geschrieben habe, bin ich (im Verhältnis) Dorfkind. Wo ich aufgewachsen bin, in Bad Wimpfen, lebten damals 6500 Menschen. Klar, Bad Wimpfen ist eine Stadt, hat Stadtrecht und ist sehr stolz darauf. Selbstverständlich kenne ich auch Dorf im eigentlichen Sinne, oder eher „wie Dorf bei mir konnotiert ist“: Tischendorf bei Triptis, ein kleines Dorf in Thüringen, in dem Verwandte meiner Mutter leben, war für meine Schwester und mich in unserer Kindheit „Urlaub auf dem Bauernhof“. Meine Eltern und Großeltern mütterlicherseits besuchten die Verwandten, auch vor der „Wende“ schon. Nie werde ich die Bilder meiner kleinen Schwester vergessen, die noch Kindergartenkind gewesen sein muss, damals – sie wollte unbedingt die Schweine mit füttern, vor denen ich große Angst hatte. Meine Schwester war immer die Mutigere von uns. Sie stand also in rosa Nachthemd und rosa Gummistiefeln mit dem Cousin meiner Mutter im Schweinestall und fütterte begeistert die Schweine, während ich unter meiner Allergie gegen Milbenkot in dem uralten Bauernhaus litt wie ein Schwein. Das war dann so richtig „Dorf“.

Ich meinte aber eigentlich, dass ich „Dorfkind“ im Sinne von „Mobilität“ bin. „Auf dem Dorf“ war das Auto die einzige Möglichkeit, in die Stadt zu kommen. Zu Verwandten fuhr man mit dem Auto, später, mit Führerschein, zur Tanzschule oder in die Disco oder zur ersten Liebe. Heute fährt eine S-Bahn des HNV und der AVG nach Wimpfen, aber damals noch nicht. Heute wohne ich in einem „Dorf“, das in erster Linie zum gemeinsamen Speckgürtel von Rastatt und Karlsruhe gehört, das ebenfalls von der Straßenbahn bedient wird.

Was wir heute das erste Mal gemacht haben: Wir haben meine Schwiegereltern, einen Ort und zwei S-Bahn-Stationen weiter, mit der Bahn besucht. Wir sind nicht mit dem Auto gefahren, auch nicht mit dem Fahrrad, was ich sowieso nicht (mehr) gerne tue, sondern wir gingen gemeinsam zum Bahnhof, mein Mann und ich, fuhren auf mein Monatsticket mit der Feiertags-Mitnahme-Regelung zwei Stationen Richtung Karlsruhe, stiegen aus und gingen weiter zu seinen Eltern. Dort gab’s Essen, Kaffee und Kuchen, danach ging es mit der Bahn zurück nach Hause. Das Ganze ist ein Modell für die Zukunft. Klar, man könnte ganz leicht mit dem Auto dort hin, es wäre auch schneller. Für einen Spaziergang wär’s weit, knappe sechs Kilometer hin und wieder zurück. Zum Essen und vom Kaffee heim zu laufen, das ist auch schon nicht ganz so prall – und Fahrrad fahre ich nicht gerne. Aber mit der Bahn und ein bisschen Spazierengehen, das passt.

Eigentlich wundert mich, dass wir das das erste Mal gemacht haben, heute. Bestimmt aber nicht das letzte Mal.

[KuK] Das kommt mir spanisch vor

Heute früh in der S7 nach Karlsruhe …

Ich hatte (allem Zeitumstellungs-Jetlag zum Trotz) heute einen skurrilen Grund, eine Bahn später als normal zu fahren – gedankenlos hatte ich meinem Handy erlaubt, sich zu aktualisieren, und es brauchte dazu so lange, dass ich zu spät für den 7:29-Zug loskam.

Schon das klingt komisch. Als dann eine ungewöhnlich große, erst recht für den späten Zug ungewöhnliche Menge Jugendlicher in Durmersheim einstieg, war ich erst recht irritiert, zumal ich deren Sprache nicht verstand. Ich klapperte in Gedanken die „üblichen Verdächtigen“ ab: Jugendsprache, Türkisch, Arabisch? Alles Fehlanzeige. Mit mehr Worten kam noch vor dem erneuten Anwachsen der Gruppe am Forchheimer Bahnhof die Erkenntnis: Spanisch!

Wie passend zu diesem Morgen.