Es beschäftigt mich

Während andere diese Nacht vielleicht Eliud Kipchoges Lauf heute entgegenfieberten, bekam ich von seinem Versuch – und Erfolg – erst heute früh wieder etwas mit. Mich jedoch beschäftigt etwas Anderes: Der Lauf morgen. Der wird nicht so lang, nicht so schnell, aber in Konkurrenz stattfinden.

Ich sage ja gerne, dass es eine Leistung ist, über sich hinaus zu wachsen, dass gar nicht so eine Rolle spielt, gegen die anderen zu gewinnen. Dazu stehe ich auch: Der größte Erfolg ist, die eigenen Grenzen zu verschieben, sich aufzuraffen und Sport zu betreiben. Aber ich kann nicht leugnen, dass es auch schön ist, zu gewinnen – oder auf das Podium zu laufen. Ich habe ausgerechnet, wie es mit Zeiten und Punkten läuft. Ich kenne meine Konkurrentinnen um den Sieg beim Regio Cup. Ich habe eine Vorstellung, wie wahrscheinlich und unwahrscheinlich verschiedene Szenarien sind, die verschiedene Ausgänge von Regio Cup und Hardtwaldlauf ergeben würden. Es macht mir ein schlechtes Gewissen, dass mich das so beschäftigt, weil ich eigentlich wirklich der festen Überzeugung bin, dass über sich hinaus zu wachsen wichtiger ist als zu gewinnen.

Dennoch habe heute Nacht von einem Lauf geträumt. Es war nicht der Hardtwaldlauf, sondern ein Lauf im Murgtal, zwölf Kilometer an der Murg leicht bergan. Vermutlich mische ich meine Trainingsläufe in Gernsbach am Mittwoch und Donnerstag mit den Gedanken an das anstehende Rennen. Wie gesagt: Es ging auf Wegen am Fluss entlang immer leicht aufwärts, viel Publikum. Bei etwa acht Kilometern ließ ich einen männlichen Konkurrenten hinter mir und lief in meinem Traum dann als Spitzenreiterin hinauf. Dann kam eine Stelle, an der eine Kehre und ein Weg durch einen Rummel zur Verfügung standen, beide Strecken gehörten zur Laufstrecke. Das ist skurril, zwei Optionen, wie man weiter läuft, das ist eigentlich nicht Stand der Dinge bei Läufen. Erst recht nicht, wenn sie unterschiedlich lang sind. Und dann ging es einen Weg den Berg hinauf, recht steil an eine Felswand geschmiegt. Dort war das Ziel. Als ich etwas verwirrt dort hochbog, schob sich eine Frau mit wippendem Pferdeschwanz vor mich und gewann ganz knapp vor mir. Im Ziel bekam ich dann heraus, dass eine blondgelockte Läuferin noch vor uns war, die wirkte schon wie geduscht. Sie umarmte mich, um mich für den Nicht-Sieg zu trösten …

Lustigerweise wurde dann auf einem magnetischen Brett, das auf der Felswand angebracht war, der weitere Verlauf des Rennens mit magnetischen Spielfigürchen angezeigt, eine Konkurrentin von mir sah ich mit ihrem Rückstand auf dieser Anzeige und konnte dann sagen, dass ich die Serie gewonnen hätte. Es war ganz klar nicht der Hardtwaldlauf, wo ich da lief – sondern ein meines Wissens nicht vorhandener Berglauf im Murgtal – aber dennoch sagte mein Geist, dass es der letzte Lauf des Regio Cup sei. Zudem hätte ich mit einer solch überlegenen Siegerin im finalen Lauf des Regio Cup eh schon gewonnen, da ich auf aktuellem Stand die beste Punkteausbeute aus den bisherigen Läufen habe.

Wie gesagt, skurrile, unrealistische Träume, aber sie drehen sich um das Thema des morgigen Wettkampfes, gemischt mit anderem Kram. Es beschäftigt mich. Es wäre schön, beim Hardtwaldlauf ein neues Personal Best aufzustellen (unter 40:05 auf 10km), dabei die 40 Minuten zu unterbieten, aber eben auch, eine gute Platzierung beim Lauf zu erreichen und den Regio Cup zu gewinnen. Das gilt, auch WENN ich der festen Überzeugung bin, dass sich an sich selbst zu messen viel fairer, besser und produktiver ist.

Kopf an Kopf

In diesem Januar erweist sich beim Laufen ein Feature einer Tracking-App, die ich eigentlich nur noch benutze, weil meine Laufhistorie dort liegt, als ein großer Motivator. Es geht konkret um die „Rangliste“ bei der Tracking-App und Webseite „runtastic“.

Diesen Monat hat ein Freund von mir, der ebenfalls auf runtastic trackt, einen starken Lauf. Das Feature „Rangliste“ zeigt mir an, wie viel ich im Verhältnis zu meinen Kontakten bei dem Anbieter laufe. Da ich in meinem direkten Umfeld zwar inzwischen eine Menge Läufer habe, diese aber entweder eine andere App benutzen oder nicht mit mir vernetzt sind, hatte ich im letzten Jahr stets die Anzeige, dass ich – auch mal mit weitem Abstand – die meisten Kilometer der Leute auf meiner Freundesliste gelaufen war. Es prangte fast stets eine goldene „1“ neben meinem Namen, und wenn das nicht der Fall war, ging es um Trainingsrunterfahren vor dem Wettkampf oder ich war krank. In dieser ersten Januar-Hälfte bin ich nicht krank. Der erste Wettkampf, der 15er bei der Winterlaufserie in Rheinzabern, ist erst am Sonntag dieser Woche. Dennoch stellte ich in der ersten Januar-Woche fest, dass der Bekannte mehr Kilometer auf seinem Konto hatte als ich.

Ich habe dann ein paar Mal von „Konkurrenz“ gesprochen und bekam auf diese halb- bis unernste Hochstilisierung zum Wettkampf durchaus gemischte Resonanzen. Einige fanden es albern – was es eigentlich auch ist, da ich ja durchaus gewisse Trainingsziele verfolge und für die genug laufe. Andere zogen mich mit dem Konkurrenzdenken auf, meist im Bewusstsein, dass ich das lange nicht so ernst nehme, wie ich damit kokettiere, aber eben doch ernster, als dass ich es einfach so abtun könnte.

Nun, wie soll ich sagen: Für diese ersten neun Tage des Jahres lagen der Bekannte und ich nie mehr als 5 oder 6 Kilometer auseinander, mit unserer bisher in 2019 gelaufenen Strecke. Ich achte darauf, seit es um die 25 Kilometer bei mir waren. Nun sind es 64. Ich bin gespannt, ob der Kopf-an-Kopf-Wettlauf um die meisten Kilometer im Januar anhält. Mein Fokus liegt nun erst einmal auf den 15 Kilometern in Rheinzabern am Sonntag. Wenn nebenbei auch noch drin ist, mir mit dem Bekannten „über Distanz“ in der runtastic-Rangliste für Januar weiterhin ein spannendes Rennen zu liefern, um so besser. Denn es hält mich am Laufen, und letztlich ist zwar die Qualität des Trainings und dass man auf sich achtet das Wichtigste daran. Aber am Ende des Tages heißen mehr Kilometer auch mehr Training, mehr Ausdauer und damit sind’s Schritte auf mein Ziel hin, dieses Jahr 90 Minuten für den Halbmarathon zu unterbieten. Und keine Sorge, bis ins Übertraining hinein wird mich das nicht motivieren. Wenn’s mein Ziel, schneller zu werden und weiter am Stück schneller zu laufen und dabei gesund zu bleiben gefährdet, ist der … Längenvergleich über elektronische Ferne das erste, das ich sein lassen werde.