Verklettung ungünstiger Umstände

Klettverschlüsse sind eigentlich eine tolle Sache. Sie haften aufeinander, ohne dass es irgendwie umständlich wäre, man kann sie ohne viel Geschick mit einer Hand öffnen und schließen. Insbesondere für die wetterdichte Überdeckung von Reißverschlüssen, an denen Wind, Kälte und Feuchtigkeit in Winterjacken einbrechen kann, sind Klettverschlüsse fein.

Dummerweise haben Klettverschlüsse – zumindest die eine Seite davon – auch die unangenehme Eigenschaft, sich an anderen Stoffen festzukletten. Nicht an Jeans, nicht sehr an Baumwoll-Sweater-Stoff, wohl aber an weichen Schals und Strumpfhosen. Die Strumpfhosentode am eigenen Körper habe ich mittlerweile weitgehend im Griff: spitz-scharfe Ecken an den Fußnägeln werden durch Kürzen derselben behoben, bei den Fingernägeln hängt es von meiner Stimmung ab, ob sie durch Kurzhalten oder durch Rundfeilen kompatibel mit Strumpfhosen gemacht werden. Die Hornhaut an den Füßen wird, sofern sie scharfe Ecken oder Kanten ausbildet, entsprechend geraspelt – ganz entferne ich sie nicht, da sie ja auch meinen beim Laufen in Anspruch genommenen Fuß schützt. Aber die Klettverschlüsse!

So zum Beispiel gestern: Ich kam gerade vom Kaffee mit einer Freundin in der Mittagspause zurück ins Büro, zog meine Jacke aus und hängte sie an den Kleiderständer, dabei ließ ich sie etwas sinken und spürte eine Berührung am Knie. Der Widerstand war charakteristisch, glatt-imprägnierter Jackenstoff und Strumpfhose wären gut übereinander geglitten, aber da glitt nichts. Ich hätte nun mit der Front meiner Jacke an meinem Knie durch die Gegend laufen können, denn noch war die Strumpfhose nur mit dem Klettverschluss verklettet – kaputt würde sie erst beim Lösen des Klettverschlusses gehen. Aber mit der Jacke auf dem Knie hängend herumlaufen oder am Rechner sitzen ist … keine Option. Also riss ich drei hübsche Löcher in den schwarzen, feinen Stoff über meinem Knie und ärgerte mich schwarz. Dummerweise reagierte meine Haut am Knie nicht darauf, sonst hätte man die Löcher – schwarz auf schwarz – ja nicht gesehen.

Zum Glück habe ich ja am Sonntag ausgemistet, aufgeräumt und Ordnung geschaffen. Gestern Abend fand ich dann heraus, dass ich eine unansehnlich gewordene, aber auch einen Haufen in gutem Zustand befindliche Strumpfhosen noch auf Vorrat habe. Naja – „fand ich heraus“ ist restlos überzogen. SO unordentlich war das alles nicht. Dass ich aber MEHR schwarze Strumpfhosen in der weichen, aber dennoch gleichmäßigen und blickdichten Qualität noch vorrätig hatte, als vor der Aufräumaktion auffindbar waren, ist Fakt. Nun ist’s eine weniger. Die unansehnlich gewordene, bei der durch irgendeinen Effekt Querstreifen aus beschädigt-dichterem und normal-dünnerem Maschenbild aufgetreten waren, habe ich nun auch nicht mehr.

Meine nächste Jacke soll aber dann bitteschön keine Klettverschlüsse mehr haben. Schließlich trage ich nahezu immer, wenn ich eine (Winter-)Jacke brauche, auch eine Strumpfhose.

Die Notlösung abbauen

Ich bin manchmal eine ganz entsetzliche Sammlerin. Nicht, dass ich jetzt Briefmarken oder irgendein anderes, mehr oder weniger als Sammelgut akzeptiertes Zeug sammeln würde… Der Gedanke „Das ist doch noch gut, das will ich doch nochmal benutzen/anziehen/brauche ich doch nochmal!“ ist aber durchaus da. Gekoppelt mit wenig Zeit und viel sonstiger Veränderung treibt diese Einstellung den Aufbau von Stapeln voran: Stapeln von Zeug. Durch das Kranksein der letzten Woche kam bei mir irgendwie das Bewusstsein an die Oberfläche, dass solche Stapel existieren und dass sie mich nerven. Speziell im Kleiderschrank ergab sich das – mit mehreren negativen Konsequenzen:

  • Mehr als nur ein Kleidungsstück blieb unter den Stapeln unauffindbar. Mit am für mich tragischsten: Da ich meist Röcke und Strumpfhosen trage, aber rutschende Strumpfhosen hasse und meine Hüfte eh ein wenig schmal finde (weswegen auch die Strumpfhosen eher mal rutschen), trage ich fast stets einen Eislaufrock als „Unterrock“. Das ist ein schlichtes Teil, eigentlich eher ein sportliches Höschen mit einem Volant dran. Davon habe ich zwei – aber der zweite war einfach nicht auffindbar. Es musste also immer schnell gehen mit dem Waschen. Mein Strumpfhosenfach war auch so unübersichtlich, dass oft der Eindruck entstand, ich hätte nur noch rote, blaue, gemusterte … dabei trage ich meistens schwarze oder hautfarbene. Im Ergebnis schien es manchmal leichter, eine neue zu kaufen, was das Problem verschärfte.
  • Wegen der Unübersichtlichkeit lebte ich zunächst aus dem Wäschekorb, als dieser immer überquoll, von der Wäschespinne. Meine Lieblingsteile oder auch „Standards“ wechselten aus dem Tragen in die Wäsche, auf die Wäschespinne und zurück an den Körper. Der Wäschekorb wurde zum Stapel.
  • Ich wollte nicht mehr in den Schrank gucken.

Irgendwie haben mir vier Tage, in denen ich jeweils mehr als die Hälfte, teils auch mehr als zwei Drittel des Tages schlief, nicht nur die Erkältung weggeblasen, sondern auch mentale Freiheit geschaffen, das Problem mal anzugehen. Also setzte ich am Sonntag zwei Säcke ins Schlafzimmer und räumte meine beiden Regal-Schranksegmente, die Kleiderstange und mein „Bereitstellungsregal“ vollständig aus. Das Bereitstellungsregal fungiert als Zwischenspeicher für Wäsche, die ich anziehen möchte, aber nicht im Schlafzimmer herumkramen, wenn ich morgens deutlich vor meinem Mann aufstehe. Es war natürlich auch eine sehr bequeme Stapelerweiterung. Das Ergebnis am Ende des Tages: Ich hustete weiterhin ein bisschen, nun eher wegen Staub als wegen der Erkältung, hatte das verbleibende Volumen meiner Kleider wohl auf etwa ein Drittel des vorigen Bestands eingedampft, einen Haufen geliebte Strumpfhosen, meinen zweiten Eislaufrock und mehrere Shirts wiedergefunden, die ich lange gesucht hatte. Dazu standen drei Säcke mit Sachen, die „noch gut, aber nicht mehr für mich“ waren, sowie ein Sack mit: „Das geht nicht mehr, das geht auch nicht in die Sammlung“ herum. Letzterer ist inzwischen entsorgt, die anderen drei gehen die Tage mal raus.

Auch zum Ergebnis gehört deutlich mehr Platz für Ordnung, thematische statt notgedrungene Stapel und das Gefühl, auch außerhalb von Schrank und Regal mehr Raum und Ordnung zu haben. Ich hatte das ganz lange im Blick, aufräumen und aussortieren zu wollen. Ich wusste auch, wo und wie ich es angehen musste. Freundinnen von mir verwenden sowas wie Flykondo oder die beiden Systeme, aus denen das die Fusion ist, empfahlen mir das teils auch. Sicherlich ist das nicht schlecht, das Dumme war: WAS ich machen wollte und wo ich anfangen wollte und unter welcher Prämisse ich aussortieren wollte, wusste ich. Ich brachte nur nicht die Zeit und den Elan dafür auf. Ein System, das mir sagt, wo, wie und mit welchen Kriterien ich vorgehen soll, weckt da in mir meist nur das Gefühl, bevormundet zu werden. Ich war mit der Notlösung nicht glücklich, kam aber irgendwie klar. Die Zeit, die ich auf der Nase lag, hat dann allerdings endlich die Kraft regeneriert, es anzugehen. Vermutlich merke ich daran recht deutlich, dass das letzte Jahr ganz schön heftig war in Sachen Veränderung.

Ach genau: Meine Sportsachen nehmen nun eine vorher mit Zeug und Klamotten zugemüllte Ebene im „Bereitstellungsregal“ ein. Sobald die Erkältung ganz abgeklungen und noch ein, zwei Tage ins Land gegangen sind, geht’s wieder los. In zwei Wochen beginnt die Winterlaufserie in Rheinzabern. Da will ich hin!

… und mit meinem Schreibtisch bekomme ich die Entrümpelungs- und Ordnungsaktion auch noch irgendwann hin. Vielleicht sogar noch dieses Jahr. Das wäre ganz schön „Wow!“.

Schleife

Es wird kühler draußen, auch wenn die Sonne nun wieder herausgekommen und der Regen und Sturm vorbei gezogen sind. Dem trage ich derzeit Rechnung – und ziehe mich ein bisschen anders an. Unter anderem habe ich eine heißgeliebte Wickeljacke wieder ausgepackt: Die sieht nicht nett aus, fühlt sich wegen eines für Sport tauglichen Stoffs gut an und hält die Arme warm, weil sie halbwegs enge Ärmel bis an die Handgelenke hat.

Allerdings fiel mir beim Blick an mir herunter und beim Blick in den Spiegel auf, dass es noch ein herrliches Detail an dieser Jacke gibt: Die Schleife. Die Bänder fallen so enorm hübsch in Wellen, dass ich nicht umhinkonnte, das zu fotografieren und hier auf dem Blog zu teilen – es ist so ein Detail am Rande, das mir früher gar nicht so richtig aufgefallen ist.

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Vielleicht fällt mir sowas aus einer neuen Achtsamkeit heraus auf, die wohl mit dem Laufen und allem drumherum zu tun hat. Vielleicht fallen die Bänder auch deswegen hübscher als früher, weil durch den Sport der Bauch flacher ist. Wer weiß das schon? Jedenfalls – hab‘ ich das die Tage entdeckt und mich immer wieder drüber gefreut. Und deswegen steht es nun hier.