Pendelunsicherheit stört – Hobby UND Arbeit

Das Problem am Pendeln über lange Strecke und stark frequentierte Autobahn ist nicht an sich die reine Dauer der Arbeitsstrecke. Es ist vor allem die Unsicherheit der Dauer des Hin- wie auch Rückweges. Wenn sich mal auf die Schnelle der Arbeitsweg in der Zeit verdoppelt, ist das halbwegs harmlos, wenn man eine halbe Stunde oder so zur Arbeit braucht. Man möchte ja eh eine halbe Stunde vor Terminen schon da sein, um sich ein bisschen vorzubereiten. Bei einem Arbeitsweg von einer Stunde oder mehr … da fängt das Ganze schon an, kritisch zu werden. Ähnlich sieht es bei der Rückfahrt aus. Wenn man eine Aktivität nach der Arbeit hat, die man direkt vom Heimweg von der Arbeit ansteuert, will man nicht mehr als etwa eine Stunde in einem Café oder dergleichen überbrücken, bevor man zum Yoga, zum Teezeremonie-Unterricht oder dergleichen weitergeht.

Genau diese Situation mit der starken – auf meiner Strecke zur Zeit besonders starken potentiellen Verlängerung der Fahrzeit ist es, was mir im Moment Probleme bereitet. Wenn ich tatsächlich immer 55 Minuten oder – sagen wir – eine Stunde und zehn Minuten nach Hause bräuchte – oder 45 Minuten nach Karlsruhe – dann wäre das alles ganz einfach zu handhaben. Sicher, es ist immer noch eine Menge verlorene Lebenszeit. Aber es wäre zu handhaben. Auch, wenn ich immer etwa eine Stunde zur Arbeit brauchen würde …

Aber genau das ist es eben nicht. Es gibt eine starke Variabilität nach oben. Diese starke Variabilität nach oben ist in Zeiten von Baustellen oder starken Verkehrsaufkommen noch etwas größer. Ich bilde mir ja gar nicht ein, unter 80 Minuten Heimfahrt einplanen zu müssen, wenn es Freitagabend ist. Diese 50% Erhöhung der Dauer sind ja schon drin. Wenn dann aber mit den recht häufig im starken Freitagsverkehr auftretenden Unfällen plötzlich die VERZÖGERUNG auf der Strecke größer wird als die reine Reisezeit ohne Hindernisse, also man von mehr als einer Verdopplung der Zeit ausgehen muss, und sich das während der ersten paar Minuten der Fahrt noch verschärft – dann sind natürlich Termine nicht zu halten. Genauso sieht es mit dem morgendlichen Starten aus.

In meinem Kopf haben sich dabei zwei Schemata festgesetzt:

  1. Die „Neun-Uhr-Konstante“, mittlerweile eher die „Halb-zehn-Konstante“. Dieses Prinzip geht davon aus, dass wann immer ich losfahre – um sieben, um halb acht oder um acht – die Reisezeit sich immer so anpasst, dass ich erst gegen neun oder in letzter Zeit eher halb zehn auf der Arbeit bin. Früher als kurz nach sechs aufzustehen widerspricht – zumindest auf Dauer – meinem Biorhythmus, ein wenig Tee und eine Schale mit Haferkleien, Magerquark und Heidelbeeren brauche ich schon zum losfahren. Also komme ich, wenn ich das Ganze auf Dauer betreiben will, nicht wirklich vor sieben los. Wenn alles gut liefe, hieße das, um acht auf der Arbeit zu sein. Aber die Zeit und die A8 haben mich gelehrt, dass das nicht funktioniert. Am Ende der Strecke landet man – durch die Verzögerungen und die reine Fahrzeit am Anfang – doch wieder in der Rush-Hour um Stuttgart und die Verzögerung dort ist erheblich größer als eine Viertel- oder halbe Stunde später. Mit dem Ausbau des Porsche-Standorts in Weissach hat sich das ein wenig verstärkt – unter anderem auch zu sehen an der erhöhten Dichte von Porsche-Erzeugnissen auf der A8 um Pforzheim. Diese „Halb-Zehn-Konstante“ frustriert. Man fühlt sich der Verzögerung, die einen bis auf in seltenen Glücksfällen immer gefühlt zu spät kommen lässt, wehrlos ausgeliefert – wann immer man losfährt, es erwischt einen fast immer. Nicht nur, dass diese Mechanik für späten Beginn sorgt, noch dazu kommt man schon in einem Zustand, in dem man erstmal eine Pause braucht, auf der Arbeit an. Keine gute Sache. Langstreckenpendeln ist also nicht gut für die Arbeitsleistung – nicht nur wegen dieses, aber auch aufgrund des „Halb-Zehn-Konstanten“-Prinzips.
  2. Die „konstante Restheimfahrtzeit“. Das ist ein Konzept, das in meinem Kopf Eingang gefunden hat, weil es oft recht wahr ist. Bevorzugt an Freitagen, aber auch sonst erschreckend oft. Wie kommt’s? Man macht gegen 17:00 oder knapp danach Schluss – wenn’s mal wieder auf nach neun nur gereicht hat, auf der Arbeit anzukommen, noch etwas später. Es stehen dann ohnehin meist mindestens 1:10 auf dem Navi für die Heimfahrt – mit der Baustelle bei Rastatt eher 1:25. Aber bei Pforzheim, nach über 20 Minuten Fahrt, stehen erschreckend oft noch immer 1:25 Restfahrzeit auf dem Navi … weil sich an der Restzeit nichts ändert, während die Ankunftsprognose sich immer weiter nach hinten verlagert. Das macht einen dann fertig – insbesondere, weil ganz langsam, über die Fahrt hinweg, schleichend der abendliche Termin zum Laufen, zum Hobby, zum Essengehen oder nur zum irgendwas gemeinsam mit Ehemann und/oder Freunden machen von „machbar“ in „geradeso“ auf „nicht haltbar“ driftet, und der Verkehr zäh, aber nicht stehend ist, so dass man nicht einmal unter vernünftigem Einhalt der Sicherheitsregeln anrufen und die Verspätung ankündigen oder den Termin absagen kann. Das – aber bei weitem nicht nur das – animiert dann dazu, gar keine Abendtermine mehr zu machen, da sie eh nicht klappen oder in Stress ausarten, weil die Heimfahrt so unberechenbar – oder so berechenbar „immer länger als vom Navi prognostiziert“ ist.

Es gibt noch mehr Mechanismen. Aber generell kann ich nach sechseinhalb, fast sieben Jahren Pendeln über A5 und A8 nach Stuttgart sagen: Pendeln über so lange Strecke ist schädlich. Für die Arbeitsleistung, für die Freizeitaktivitäten und für die Gesundheit. Um so wichtiger ist es für mich, zu wissen, dass die Pendelei über diese lange Strecke für mich ein Ende haben wird.

Entstressen

Am gestrigen Abend hätte ich eigentlich einem meiner Hobbies frönen wollen. Es war wieder einmal Teezeremonie-Übungsstunde – Okeiko, auf Japanisch. Allerdings hatte die Autobahn trotz zwei Stunden Puffer zwischen Ende der Arbeit und Beginn der Stunde etwas dagegen. Die eigentlich nur sechzig Kilometer nach Karlsruhe legte ich unter Umgehung eines Staus auf der A8, der mehr als anderthalb Stunden Verzögerung bedeutet hätte, auch nicht viel schneller als auf der Autobahn zurück. Im Endeffekt brauchte ich über drei Stunden nach Hause, wäre also erstens zu spät, zweitens total von einer Ochsentour aus „Stop and Go“ gestresst bei Matsushima-sensei angekommen. Das hätte für mich und auch für den Rest der Gruppe die Stunde schlecht gemacht – also habe ich von einem Parkplatz unterwegs telefonisch abgesagt und bin direkt nach Hause gefahren. Nun merkte ich, dass mein Kopf und die Eindrücke der Fahrt mir den Abend verderben wollten – also musste ich etwas dagegen tun.

Wie Ihr es sicher schon ahnt: Ich ging laufen. Teezeremonie-Übungsstunde ist zwar sehr entspannend, aber dafür brauche ich Konzentration. Zum Laufen nicht. Es war zwar schon dunkel, aber wofür gibt es Straßenlaternen auf verhältnismäßig belebten Wegen durch das Dorf? Vor einer dieser Straßenlaternen, nach mehr als fünf absolvierten Kilometern, entstand dieses bewusst nicht geblitzte Bild:

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Irgendwie fand ich diese von der gelblichen Straßenlaterne vor der Gärtnerei von hinten beleuchtete Silhouette meiner selbst ziemlich lustig, daher habe ich auch den Blitz ausgelassen, auch wenn ich eigentlich mein Gesicht ablichten wollte. Der Lauf hat auch bewirkt, was er sollte: Mit 5,5km und knapp 6:00/km trotz Schießen mehrerer Fotos ohne die Aktivität zu pausieren kam ich danach recht beruhigt an und konnte in aller Ruhe mit meinem Mann den Film „The Voyage to the Bottom of the Sea“ anschauen, zu dem wir inzwischen auch die Serie angefangen haben. Nostalgie pur!

Meine Baustelle „Kopf“ habe ich auch halbwegs in den Griff gekriegt nach dieser langen, ätzenden Pendelfahrt. Als Symbolbild für diese psychische wie auch körperliche Baustelle konnte ich auch an folgendem Motiv nicht vorbeilaufen:

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Mental habe ich zwei dicke, orange Streifen durch das Schild gemacht und werde mich heute nur noch mit Asphaltreparaturen in meinem Nacken – also Beseitigen der Restverspannung vom langen Stau befassen müssen. Vermutlich geschieht das wieder über einen kleinen Lauf. Ab kommende Woche bin ich dann sogar in so einer Art Wettkampf – ich mache die Kilometerfresser-Challenge des rennwerk mit, bei der der Rennwerk-Kunde gesucht wird, der in dieser langsam lauffeindlicher werdenden Witterung die meisten Kilometer in zwei Wochen abspult. Dass ich das nicht gewinnen werde, weiß ich – aber hey, dabeisein ist alles.

Entfrustungslauf

Gestern Abend war es mal wieder super-ätzend, nach Hause zu fahren. Wieder einmal staute es sich bei Pforzheim, wohl ein Unfall. Ich fuhr also über die Dörfer und auch da war viel los, aber immerhin ging es schneller als über die Autobahn.

Nun ist der Mittwochabend aber bei uns fest verplant. Mein Mann und ich spielen mit meinem besten Freund „Q“ gemeinsam Online-Spiele. Wir würde ja auch Brettspiele zusammenspielen, aber mein bester Freund wohnt leider in der Nähe von Bonn, so dass nur per TS reden und gemeinsam ein Online-Spiel spielen in Frage kommt – macht aber auch Spaß und ist sozialer, als es so nun klingen mag. Wir nennen das Ganze WNF – das steht für Wednesday Night Fever. Entstanden ist der Name in Guild Wars 2, aber den Spiele-Mittwoch gibt es schon viel länger, in wechselnden Besetzungen. Die Magierin meines Mannes tanzte im Spiel, und das Tanz-Emote in Guild Wars 2 sah für mich sehr nach Saturday Night Fever aus – also machten wir WNF daraus, gründeten eine kleine Gilde namens WNF … wobei wir mittlerweile in einer größeren Gemeinschaft von Individualisten namens Kuhba Libre wohl geborgen sind. Aber darüber habe ich schonmal geschrieben …

… nun ist mein Mann aber derzeit ein bisschen am Hadern mit Guild Wars 2. Es macht ihm keinen Spaß mehr, er braucht Abwechslung. Also spielen wir nun Borderlands 2, und ich finde das Spiel auch sehr nett. Nun bin ich allerdings unflexibel und brauche einen gewissen Grad von Vorrat an guter Laune, um bei neuen Spielen, die ich noch nicht beherrsche, entspanntes Freizeit-Gefühl aufkommen zu lassen. Nach dem zweiten Aufräumtag auf Arbeit und Stau auf dem Heimweg war das nicht mehr unbedingt gegeben. Gute Laune musste also her, Frust musste weg. Ich war Dienstag schon neun Kilometer gelaufen, aber um den Frust loszuwerden, ist Laufen topp. Dafür brauche ich aber etwas „Belastung“, ein Regenerationslauf entfrustet mich nicht so gut – erst recht, wenn er kurz sein muss, weil einfach nicht so viel Zeit zur Verfügung steht.

Also zog ich meine Laufsachen an, ließ die Pulsuhr daheim und lief los. Ein Kilometer „alles, was geht“, das half schon ordentlich gegen die ersten Frust-Vorräte. Dann ließ ich es einen weiteren Kilometer lang langsamer angehen und stürmte den dritten Kilometer wieder mit aller Gewalt Richtung Zuhause. Das Ergebnis war eine schwitzende, körperlich erschöpfte, aber sehr, sehr glückliche Tally, die dann duschte, mit dem Ehemann was aß und eine Folge „Nick Knight, der Vampircop“ anschaute – und dann auch als es mal nicht ganz so gut lief, großen Spaß an Borderlands 2 hatte.

Ob der Lauf nun trainingstechnisch sinnvoll war, sei dahingestellt – ich würde sogar sagen: „Nein, ganz eindeutig, war er nicht.“ Aber für meine Laune und den Ablauf des Abends war der Lauf genau richtig.