Die teilnervöse A8

Am gestrigen Mittwoch hatte ich durch eine Dienstreise eine ausgedehntes Rendez-Vous mit meine gehassliebten Ex, der Bundesautobahn 8. Sie ist und bleibt ein schwieriges Ding, die gute, böse A8, aber das liegt nicht an dieser 505 Kilometer langen, mit maximal acht Fahrstreifen plus Standstreifen eher superschlanken Asphalt- und Beton-Schönheit. Nein, es liegt an ihren Befahrern – an deren Menge und an deren Verhalten. Klar, eine gewisse Rückwirkung haben solche Aspekte wie das Auf und Ab im westlichen Teil des mittleren Abschnitts.

Ah, genau. Die A8 ist ja keine durchgehend ausgebaute Autobahn wie die meisten anderen einstelligen Autobahnen. Zusammen mit der A1 und der A4 bildet sie die Minderheit derer Autobahnen, auf deren Strecken es Lücken gibt. Im Gegensatz zu A1 und A4, die nur eine Lücke aufweisen, kanndie A8 sogar mit zweien aufwarten: Zwischen Pirmasens und Karlsruhe fehlt ein langes Stück – so wie auf der A4 zwischen Gummersbach und Kirchheim oder bei auf der A1 zwischen Euskirchen und dem Dreieck Vulkaneifel. Einzig-A8tig ist aber die Lücke in München: Am westlichen Stadtrand endet sie, der Fernverkehr muss auf der A99 um München herumfahren – und im Südosten Münchens geht sie weiter – die einzige drei-abschnittige Fernautobahn Deutschlands. So eine ist ist sie also, die A8 – eine gewisse Exzentrizität kann man ihr somit nicht absprechen. Sie verläuft ja auch nicht durch das Zentrum Deutschlands, sondern durch seinen Süden.

Aber ich komme – gerne und bewusst – vom Thema ab. Die Befahrer der A8 scheinen tatsächlich ein wenig unterschiedlich drauf zu sein. Natürlich: Wenn zwischen München und Ulm, im „östlichen Teil des mittleren Abschnitts“ wenig los ist, kaum Steigungen vorliegen und so weiter, dann geht es natürlich einfach, halbwegs unnervös auf einer sechsstreifigen Autobahn zu fahren. Aber seltsamerweise ist auch der Teil auf der Albhochfläche, zwischen Stuttgart und Aichelberg, nicht all zu nervös. Erst um Stuttgart und dann bis kurz hinter Pforzheim hat man den Eindruck, dass jeder unbedingt vorbei muss. Egal, ob er 0,5 oder 200km/h schneller ist als der eins weiter rechts. Das sorgt für massive Probleme – und ich glaube, tatsächlich einen Mentalitätsunterschied bei den Fahrern zu erleben. Da stellt sich doch die Frage: Sind wir Baden-Württemberger so viel unentspannter als die Bayern? Andererseits habe ich auch auf der A1 nervöse und weniger nervöse Abschnitte identifiziert – Bremen-Dortmund ist ganz schön fies, Hamburg-Bremen dagegen sehr angenehm, und auch Dortmund-Köln fährt sich ganz angenehm.

Seltsam eigentlich, nicht?

Rampenpampe

Am vorgestrigen Abend war die Autobahn frei wie lange nicht mehr. Am Stuttgarter Kreuz ging’s ohne jede Stockung trotz der Baustelle an der Brücke über die Landesstraße von der A831 auf die A8. Auch in Pforzheim war vergleichsweise wenig Stockung.

Aber die Rampen! Es gibt mehrere große Rampen auf der A8, manche fahre ich morgens hoch und abends runter, andere umgekehrt. Eine Rampe, die ich abends hochfahre, und die mich beinahe zur Weißglut bringt, ist jene von Leonberg hoch nach Rutesheim. Die ist auf den ersten Blick nicht sehr steil – aber hat es durch die Länge und die konstante Steigung eben doch in sich. Dort denkt jeder, PKW wie LKW, er wäre unglaublich viel schneller als der Vordermann, weil’s ja plötzlich immer langsamer wird. Es geht einfach unmerklich, aber verhältnismäßig steil den Berg hoch. Unmerklich, aber verhältnismäßig steil, fragt Ihr? Was schreiben die Highway Tales hier für einen Mist? Nun – die Steigung ist nicht ganz so ohne. Aber die Autobahn ist hier breit, beidseitig dreistreifig ausgebaut, neu, glatt. Ringsum scheint die Landschaft bis auf die Lärmschutzwälle verhältnismäßig eben oder zumindest, wie man im Englischen sagen würde, „gently rolling“. Dass die Landschaft dabei dennoch Richtung Westen ansteigt, merkt man gar nicht so richtig. Daher scheint es eben zu sein, aber es geht in Wirklichkeit eben doch ganz schön aufwärts. In vielen Autofahrern geht dabei der Gedanke vor: „Meine Güte, die Tachonadel sinkt. Der Vordermann wird langsamer. Ich kann bestimmt schneller, es ist ja nicht bergig.“ Konsequenz: Ausscheren. Merken, dass es doch nicht schneller geht. Derweil ist die Lücke rechts zu. Machen PKW und LKW gleichermaßen. Unterstelle ich diese Gedanken nur? Wenn ja, dann nur, indem ich von mir auf andere schließe. Ich kenne diesen Gedanken, inzwischen weiß ich es besser.

Der Effekt am Ende ist, dass auf der linken Spur 102km/h gefahren werden, auf der mittleren 95km/h und auf der rechten 88km/h. Quälend langsam zieht man aneinander vorbei, alle Abstände sind zugefahren. Ein Fahrfehler, ein Bremsen läuft durch den ganzen Zug und alles fährt nur noch halb so schnell. Das passiert fast jeden Tag, so häufig wie – oder häufiger als! – der übliche Einfädelstau am Stuttgarter Kreuz.

Dann gibt’s da noch die andere Rampe. Die fahre ich runter, jeden Abend. Karlsbad bis Dreieck Karlsruhe. Das ist nun keine gerade, unmerkliche Rampe, das fühlt sich richtig „alpin“ an, auch wenn’s „nur“ die nördliche Abdachung des Schwarzwaldes ist, die hier in die Rheinebene abfällt. Zuerst geht es recht steil runter, rechts ist ein Hang im Blick, links geht’s runter auf die Gegenfahrbahn, dann noch tiefer nach Grünwettersbach und das zugehörige Tal, dann steigt der bewaldete Boden wieder an. Etwa auf halber Höhe gibt’s eine leichte Linkskurve, dann läuft die abfallende Autobahn langsam in Richtung Karlsruher Dreieck aus. Im oberen Teil der Abfahrt ist Tempo 120km/h vorgeschrieben, die meisten kommen von der windigen Ebene zwischen Palmbach und Stupferich recht schnell an – sehen den Hang und bremsen. Und bremsen. Und bremsen. 120km/h? Nie! Da geht’s ja runter! 100km/h, bestenfalls, oft sogar weniger, nicht nur die LKW. Dann kommt die leichte Linkskurve, plötzlich sehen alle: Da kommt das Karlsruher Dreieck, keine Kurve mehr voraus, lassen wir laufen – nur dummerweise sind hier 100km/h vorgeschrieben, die – wenn nicht gerade Rückstau von der A5 ist – oft maßlos überschritten werden. Die 100km/h einhaltende Fahrer werden bedrängelt. Für die Fahrer, die nach Süden auf die A5 fahren, geht’s dann in einer sanften Linkskurve unter der Gegenfahrbahn durch – und dahinter gibt’s einen Feldweg, von dem aus oft geblitzt wird. Unter der Brücke bremsen die ganzen Schnellfahrer dann von 130km/h auf 90 ab …

Warum mich das so ärgert? ICH würde eigentlich gerne meine erlaubten 120km/h von der Strecke zwischen Anschlussstelle Karlsbad und dem Beginn der Abfahrt durch den oberen Teil der Abfahrt retten – einfach rollen lassen, dabei kommt zumindest mein Auto im fünften Gang sogar noch auf 125km/h bis 130km/h, verliert dann langsam im Bereich des 100er-Schilds auf vielleicht 110km/h und in der flacheren Strecke bis zur Brücke unter der Gegenfahrbahn sind’s 95km/h – ohne gebremst zu haben. Ohne das Gas berührt zu haben. Quasi verbrauchslos – an Sprit wie auch an Bremsbelägen. Auf leerer Autobahn tiefnachts habe ich es ausprobiert – oben mit 120km/h in den Berg, an keiner Stelle mehr als 10km/h zu viel, unten mit 95km/h in den Gegenhang der Rampe auf die A5 Richtung Süden. Mehr als eine Minute einfach rollen lassen und nur steuern. Ein Traum!

In der Realität braucht’s keinen Stau von der A5 Richtung Norden auf die A8, dass das nicht klappt. Im oberen Bereich der Strecke, wo 120km/h erlaubt sind, werde ich bei 115km/h ausgebremst. Im unteren Teil, wo 100km/h erlaubt sind, werde ich bei 110km/h bedrängelt. Man sollte meinen, die Leute haben zu viel Geld, wenn sie für nichts und wieder nichts Sprit aufwenden, um ihre Bremsbeläge abzuschaben. Die könnten mir das Geld doch stattdessen auch überweisen? Zeitlich bringt’s ihnen nichts.

Blöde Rampenpampe!

Das Recht auf Spurwechsel

Dieses Recht auf einen Spurwechsel – vor allem nach links, auf eine schnellere Spur, deren Tempo man noch nicht mitgehen kann – scheint ein tief im deutschen Autofahrer verankertes Recht zu sein. Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass ich eine der wenigen, wenn nicht gar die einzige bin, die noch 200 Meter mehr hinter einem LKW herzuckelt. Ich weiß, dass mein Aygolein nicht die Kraft hat, auf die Schnelle mal von 85km/h auf 120km/h in die Lücke auf der mittleren Spur zu beschleunigen. Diese Kraft haben oft auch stärker motorisierte Fahrzeuge nicht, weil sich solche Szenen bevorzugt dort abspielen, wo die LKW langsamer werden – am Berg. Da ist bei schweren, stark motorisierten Gefährten auch nicht mit einem Schnippen die Beschleunigung da, dass es einen in die Sitze presst.

Und so stelle ich immer wieder fest, dass ein Recht auf den Spurwechsel zu bestehen scheint – die Leute verhalten sich so. Manchmal ist das super-ätzend. Oft genug brandgefährlich.

Denn eigentlich gibt es KEIN Recht auf Spurwechsel. Und das ist auch gut so.

Nicht ganz so „1A“ auf der A1

Am vergangenen Wochenende war ich wegen Terminen am Freitag und Besuchen bei Freunden am Samstag im Norden. Zuerst ging’s die A7 nordwärts, auf dem Heimweg fuhr ich von Hamburg aus über die A1, da ich noch Freunde in der Nähe von Bonn zu besuchen hatte.

Nach meinem Sommerurlaub habe ich mich ja schon einmal über das Verhalten von Fahrern auf zweispurigen Autobahnen echauffiert. Der problematische Abschnitt damals war die A1 zwischen Bremen und Dortmund. Genau auf diesem Abschnitt habe ich es wieder erlebt: Ständiges Hin und Her zwischen „für 150km/h auf dem linken Fahrstreifen bekommt man empörte Lichthupe von hinten“ und „kaum schneller, oft langsamer als der LKW links von einem LKW“. Es war zum Auswachsen! Ich bin nicht sicher, ob das nur ein Aufmerksamkeits-Effekt meinerseits ist, aber bis auf einmal, tiefnachts kurz vor Weihnachten, habe ich dieses ätzende Hin und Her, dieses komische Verhalten vieler Autofahrer, bevorzugt auf der A1 Bremen-Dortmund erlebt. Aus der ganzen wilden Fahrerei ist dann auch noch an einer eigentlich ganz harmlosen Baustelle bei Münster – zwei Spuren blieben erhalten, wurden nur ein bisschen enger und nach rechts verschoben – ein Stau mit 40 Minuten Verzögerung entstanden. Das hat mich dann doch schon ziemlich geärgert.

Ich muss künftig mal drauf achten, ob das auch auf anderen zweispurigen Abschnitten so läuft. Am Donnerstagabend auf der A7 Schweinfurt-Kirchheim war’s jedenfalls deutlich besser als am Samstag auf der A1. Die ist allerdings auch bergiger als oben genannter A1-Abschnitt. Nebenbeigeschrieben: Der Abschnitt Schweinfurt-Kirchheim auf der A7 war ein Neueintrag in der Autobahnsammlung!

Tagesform

Die gibt es auch im Straßenverkehr. Meine Mutter drückte das vor langer Zeit einmal so aus:

An manchen Tagen fahre ich wie eine junge Göttin, an anderen bin ich froh, wenn die anderen ein bisschen aufpassen!
Martina Schmidt (1953-2006)

Auch wenn das gar nicht großartig klingt, es steckt viel Weisheit drin. Man muss es nur umsetzen! Ich stelle immer wieder fest, dass ich an manchen Tagen das Verhalten der anderen Fahrer vorausahne, für sie mitdenke, vorsichtig agiere und tatsächlich schaffe, egoistisches Fahren anderer auszugleichen. An anderen, weil es mir irgendwie nicht so gut geht, ich irgendwo anders bin oder ich einfach mental einen schlechten Tag habe, könnte ich selbst jemanden brauchen, der den Mist, den ich baue, ein bisschen entschärft. In aller Regel findet sich da auch jemand.

Wenn man selbst erkennt: „Heute läuft es nicht so, heute bin ich nicht ganz da.“, dann kann man sich zurücknehmen und einfach mal hinter einem LKW herzuckeln, statt sich Verwirrung oder gar Gefährdung stiftend auf die mittlere oder linke Spur zu drängeln. Mentale oder gar emotionale Geschichten sind gefährlicher: Da sieht man’s oft selbst nicht ein, dass man heute kein produktives, mäßigendes Element des Verkehrsflusses ist, sondern eher ein Weisheitszahn des Reißverschlusses oder Ähnliches. Da man gutes Verhalten im Verkehr, wenn man selbst aufgrund seines geistigen oder emotionalen Zustandes nicht richtig beurteilen kann, gibt’s auch keine Messgrößen aus dem eigenen Auto heraus, die einem zeigen können, dass man sich blöd verhält. Ich merke das manchmal hinterher, sicher entgeht es mir aber auch manchmal, dass sich andere mit Recht über mich aufgeregt haben.

Eines habe ich allerdings gemerkt: Schlechtes Verhalten gegenüber den anderen, wenn ich selbst nicht die richtige gedankliche Kontrolle habe, um sie zu bewerten, entdecke ich höchstens hinterher. Dass ich aber nicht richtig funktioniere, nicht in meiner besten Verkehrsteilnehmer-Verfassung bin, kann ich an etwas anderem ablesen: Am Verhalten von Spritverbrauch zu mittlerer Geschwindigkeit. Selbst im Stau kann man dieses Verhältnis durch vorausschauendes Fahren niedrig halten. Wenn ich allerdings zwar nicht völlig lähmende, aber eben doch beeinträchtigende Kopfschmerzen habe oder unter drückender Eile und drängendem Stress fahre, brauche ich – bei gleicher Geschwindigkeit – mehr Benzin. Ganz deutlich sehe ich das. Woran das liegt? Wenn die Konzentration nicht so hinhaut, oder man mehr vom Zeitdruck oder dem Stress beherrscht wird als von „guten“ Beweggründen, sich im Verkehr irgendwie zu verhalten, ist die Geschwindigkeit gleichmäßiger. Man beschleunigt mehr, um dann gleich wieder abzubremsen. Der Sprit geht dann nicht in das Vorankommen, sondern wird in den Abrieb von Bremsbelägen „investiert“. Irgendwie habe ich mir sogar schon überlegt, diesen Indikator mal zu notieren und mit meinen restlichen Zuständen zu korrelieren. Bisher habe ich aber nicht den Elan dazu gehabt, das auch wirklich umzusetzen.

Interessant wäre es allemal!