Spur-Knäuel

Ein solches haben glaube ich viele Menschen in ihrem Kopf, wenn sie auf Autobahnen mit zu vielen Fahrstreifen unterwegs sind. Ich nenne es einfach – wie oben geschrieben – ein Spurknäuel. Denn es ist schwierig, den richtigen Fahrstreifen auszuwählen, da das einerseits Beobachtung der Geschwindigkeit und des Verkehrsflusses auf allen relevanten, erreichbaren Fahrstreifen erfordert und zweitens eine realistische Einschätzung der eigenen Geschwindigkeit, des eigenen Beschleunigungsvermögens und des eigenen Willens, schneller zu fahren als im Moment benötigt wird. Ich nehme mich nicht aus: Alles zugleich beobachten und dabei sich selbst realistisch einschätzen ist schwierig, insbesondere wenn man noch über Rechtsfahrgebot nachdenkt und darüber, ob man wieder auf die schnellere Spur kommt, wenn man zwischen zwei LKWs auf der rechten Spur einschert.

Und das Problem wird größer, wenn es mehr Fahrstreifen werden. Bei zweien ist es einfach, bei dreien wird es schwieriger, aber die Vorteile des zusätzlichen, meist völlig LKW-freien linken Fahrstreifens überwiegen den intellektuellen Mehraufwand und die zwangsläufig erfolgenden Fehlleistungen einer zusätzlichen Spur zum Auswählen.

Bei vier Fahrstreifen wird es schon herausfordernd und man kann durchaus die Frage stellen, ob hier der Mehrwert durch zusätzliche Fahrstreifen das zusätzliche Chaos im Geist der Fahrer noch immer überwiegt. Fünf, sechs oder sieben Fahrstreifen in eine Richtung bringen auch mich völlig draus, und ich bilde mir ein, durch die viele Praxis auf mehrstreifigen Autobahnen halbwegs gut damit umgehen zu können, im Vergleich.

Es mag sein, dass ich mich damit jetzt in die Nesseln setze, aber Parallelfahrbahnen wie zum Beispiel am Leonberger Dreieck oder im Bereich der Ausfahrten Möhringen und Leinfelden/Echterdingen südlich von Stuttgart nehmen einiges an Komplexität heraus. Man muss nicht dauernd auf Spurwechsler von beiden Seiten achten, man muss nicht aus fünf, sondern nur aus zwei oder drei Fahrstreifen auswählen. Das verringert die „Wirbel“ im Verkehrsfluss, verringert das Unfallrisiko und belässt die Konzentration auf Abstandhalten. Man muss einfach nicht mehr mit so vielen Variablen jonglieren und es entstehen weniger Gefahrensituationen. Im Grunde genommen halte ich hier gerade ein Plädoyer, ab einem Ausbau auf mehr als drei Fahrstreifen in eine Richtung, lieber zweistreifige, baulich abgetrennte Parallelfahrbahnen mit gelegentlichen Wechselmöglichkeiten zu bauen. Man trennt an Anschlussstellen so den die Komplexität erhöhenden Einfädel- und Ausfädelverkehr vom schnell fließenden Fernverkehr ab, durchmischt den Verkehr der linken Spur der Parallelfahrbahn erst mit dem Verkehr der anderen zwei oder drei Fahrstreifen, wenn die Geschwindigkeiten sich angeglichen haben. Man unterbindet zu viel Komplexität durch Spurwechsel quer über viele Spuren und entwirrt die Knäuel der Überforderung in den Köpfen der Spurwechselwilligen – indem man die Spurwahl über Teile der Strecke einschränkt, sorgt man für bewusstere, vorausschauendere Fahrstreifenwahl.

Ich kann es nicht versprechen – und ich bin sicher, es gibt irgendwo jemanden, der dazu etwas Schlaues geschrieben hat – aber ich bin mir ziemlich sicher, dass weniger Spurwechselmöglichkeiten besseres Vorankommen für alle bedeuten, wenn man über die drei Fahrstreifen hinausgeht.

Ist das ein Wettrennen?

So geschehen am Samstag, den 08.07. auf der Autobahn acht zwischen Pforzheim und Stuttgart: Mein Mann und ich waren auf dem Weg zu einer Hochzeit zum Schloss Ludwigsburg, wir fuhren in dem recht harmlos-überschaubaren Verkehr nach Osten und waren gerade von einem unbedingt erforderlichen Zwischenstopp zwecks Abladen von Wasser am Rasthof Pforzheim wieder auf die Autobahn gefahren.

Was sahen wir – zum vierten, fünften, x-ten Mal an diesem Tag? Genau: Ein Fahrzeug befand sich auf der mittleren Spur, während auf der rechten kein Mensch fuhr – naja, doch, wir, etwa 200 Meter hinter dem betreffenden. Ansonsten war auf der rechten Spur nichts, aber auch gar nichts los. Unser Freund auf der mittleren Spur war aber nicht einer der üblichen „Mittelspurschleicher“, nein. Er fuhr zwar nur etwa 95km/h, aber der hatte mehr drauf. Als nämlich einer der Fahrer hinter ihm den Blinker setzte und nach links fuhr, beobachtet von uns, die wir langsam näher rollten, da beschleunigte der auf der mittleren Spur. Meine 105km/h reichten bald nicht mehr aus, um den nebeneinander auf linker und mittlerer Spur fahrenden Fahrzeugen in einer Weise zu folgen, dass sich der Abstand verringerte – er wurde sogar wieder größer. Sprich: Der Fahrer auf der mittleren Spur begnügte sich nicht damit, das Rechtsfahrgebot zu brechen, nein, er beschleunigte auch noch bei leicht ansteigender Fahrbahn um mehr als 15km/h, um einen ausscherenden anderen Fahrer nicht vorbei zu lassen – alles neben einer völlig leeren rechten Spur.

Solche Leute sind es – also der auf der mittleren Spur, nicht der verhinderte Überholer, der irgendwann aufgab und wieder einscherte – die die Autobahn zur Hölle machen. Das ist supernervig und offensichtlich, wenn wenig los ist. Wenn viel los ist, merkt man es nicht richtig, man ist mit sich selbst beschäftigt, aber so entstehen gefährliche Situationen, plötzliches Bremsen, Unfälle und Stau.

Zum Kotzen!

Mal wieder Rechtsfahrgebot

Zum Rechtsfahrgebot habe ich schon viel geschrieben, lamentiert, mich beschwert …

Heute war es keine Staubegegnung. Erstens waren es Begegnungen. Zweitens war’s nicht im Stau, sondern im laufenden Verkehr. Aber es fiel dennoch auf – viermal vor dem Brennpunkt, sechsmal nach dem Brennpunkt. Heute früh war – trotz Staus von Pforzheim West bis Pforzheim Ost – auf der Länge der Strecke eigentlich gar nicht so viel los. So ganz nebenbei fragt man sich an dieser Stelle, wenn mit verhältnismäßig wenig Fahrzeugen und recht großen Lücken im Verkehr alles läuft, auf den „langen“ Strecken ohne Fahrstreifenzahlveränderung, wieso verdammt nochmal man 20 Minuten vor Pforzheim Ost steht und nochmal 10 Minuten vor Stuttgart, nachdem man schon 20 Minuten auf dem Weg zur Autobahn verloren hat. Aber zurück zum eigentlichen Thema, das ich heute anschneiden wollte:

Insgesamt zehnmal passierte mir das heute. Auf tatsächlichen drei, wegen LKWs effektiven zwei Fahrstreifen lief der Verkehr bei irgendwas zwischen Tempolimit 120km/h und unbegrenzt so vor sich hin: 85-105km/h auf dem mittleren Streifen, 125-130km/h auf dem linken. Wundervolle Sache, alles gut. Dann kam ein längeres Stück ohne LKW, der rechte Fahrstreifen war völlig frei. Die Fahrer vor mir auf dem mittleren Streifen blieben bei 90-95km/h, der Abstand zum deutlich über 100km/h fahrenden Vordermann wuchs mächtig an, auf zwei, drei, vier adäquate Sicherheitsabstände. Der nächste LKW war weit weg. Auf dem linken Fahrstreifen wurde schnell gefahren – so schnell, dass ich mit meinem beschleunigungsschwachen kleinen Toyota Aygo nicht riskieren wollte, mit Vollgas von 90km/h auf die ca. 135km/h des Verkehrs links zu beschleunigen, weil ich genau wusste, dass ich damit jemanden dort zum in die Eisen steigen zwingen würde.

Fazit also: Rechts alles frei, viele hundert Meter voraus. Links schneller Verkehr, mittig knapp mehr als die Geschwindigkeit eines LKW auf der Autobahn, bei den PKW, und vor dem so verhältnismäßig langsam fahrenden PKW unendlich viel Platz (zumindest nach A8-Maßstäben). Was passiert also? Fährt der langsame Fahrer oder die langsame Fahrerin nach rechts? Nein.

Ich gestehe, an dieser Stelle habe ich etwas getan, was ich nicht tun möchte und nicht tun sollte. Ich fuhr recht rüber und ließ mein Auto einfach sich bewegen. Da die Fahrer schräg links vor mir meistens sogar langsamer wurden, wenn ich nicht mehr hinter ihnen war, hätte ich bremsen müssen, um nicht vorbeizurollen. Rechts überholen soll man nicht, darf man nicht, will man nicht. Wenn der Vordermann aber bei 200m Abstand zu seinem Vordermann nicht auf den völlig freien Fahrstreifen nach rechts fährt … bei Tempo 90 … und dann schleichend auf Tempo 85 verzögert, nachdem man selbst rechts rein gefahren ist …

So etwas ist unglaublich nervig. Das Argument, dass man nicht wieder auf den mittleren Fahrstreifen rausgelassen wird, zählt in meinen Augen bei so großen Abständen nicht. Klar, wenn der Verkehr sehr dicht ist, sind allzuviele Spurwechsel in einer überstrengen Auslegung des Rechtsfahrgebots toxisch für den Verkehrsfluss. Aber wenn alles läuft, doppelte bis vierfache Abstände im Bezug auf die Sicherheitsmindestabstände möglich sind und auch die rechte Spur nicht eine einzige LKW-Schlange ist, sondern die Abstände der LKW weit, WEIT über den eigentlich geforderten mindestens 50 Metern liegen, dann ist das Rechtsfahrgebot eine Sache, die dem Verkehrsfluss dient, nicht nur, weil es in der StVO steht.