Laufen ist wunderbar. Freilich, ich fahre inzwischen auch gerne Rad, außerdem hat mich eine Verletzung ein wenig zurückgeworfen gehabt und ich baue das Laufen gerade erst wieder auf. Allerdings ist laufen immer noch mein Sport. Ich fühle mich mit meinem Körper selten so einig, so wie ich selbst, so wohl, wie wenn ich laufe.
Mein Rücken dankt es mir, wenn ich laufe, denn die Mischung aus Spannung und abgefederter Erschütterung sorgt dafür, dass ich deutlich seltener Verspannungen – und damit deutlich seltener Kopfschmerzen habe. Ich fühle mich danach wacher, währenddessen aufmerksamer und offener für Strömungen meiner Gedanken und die Geräusche, Gerüche und andere Eindrücke der Natur. Bereits während des Laufens fällt Stress von mir ab und ich werde glücklicher – und das hält danach lange an. Laufe ich langsam, merke ich, wie es etwas Meditatives hat, mich tranceartig im Fluss der Bewegung zu schwimmen, laufe ich schnell, kommt irgendwann das euphorische Runner’s High.
Es ist kein Wunder, dass ich innerhalb er vergangenen zwölf Kalendermonate in fünf Monaten jeweils mehr als 400 Kilometer laufend absolviert habe, in den meisten anderen mehr als 300. Nur der Juni 2019 und nun der April 2020 – wohl auch der Mai 2020 fallen aus diesem Raster. Beides Mal war es aufgrund von leichten Verletzungen, im Juni 2019 ein vertretener Fuß im Gelände, Anfang April wohl ein wenig Überlastung. Radfahren wurde meine Ersatzdroge, aber das Radeln kann das Laufen nicht ersetzen. Es hat nicht diese unglaublich hilfreiche Wirkung auf meinen Rücken, auch wenn Sport im Allgemeinen meinem Kopf hilft, und dieses enorme Glücksgefühl des Laufens gibt mir das Radeln auch nicht. Ich möchte es aber auch nicht mehr missen, denn neben dem Verkehrs-Aspekt bedient das Radfahren auch andere Bedürfnisse, die das Laufen nicht oder nicht so stark bedienen kann: Training für andere Muskelgruppen, der Fahrtwind um die Nase, eine andere Art von Geschwindigkeitsrausch. Auch bietet das Rad deutlich mehr Möglichkeiten für – mehr oder minder – sinnvolle Messgeräte und Gadgets, Trittfrequenzsensor, Geschwindigkeitssensor, Radarsensor und was auch immer noch kommen mag. Da fällt mir bestimmt noch was ein.
Beim Laufen ist man – schon allein, weil mehr vom Körper in Bewegung ist und alles, was man mitnimmt, am Körper befestigt werden muss – zu mehr Minimalismus gezwungen. Freilich, meine Fénix und der Running Dynamics Pod sind schon ein ganz schöner Gadget-Load. Ein Sensor am Schuh wäre noch drin, aber schon beim Herzfrequenzgurt wird’s mir zu viel. Am Rad könnte ich auch noch Leistungsmesspedale anbringen, auch wenn die ziemlich teuer sind, außerdem befriedigt die Beleuchtungsausstattung ein wenig mehr das Gadget-Bedürfnis.
Im Endeffekt ist aber das, was das Laufen so viel begeisternder, so viel wichtiger für mich macht, das Gefühl. Das Gefühl für den ganzen Körper, den ganzen Körper in Bewegung, fast ohne Hilfsmittel und mit einem sehr direkten Kontakt zum Untergrund – vor allem mit FiveFingers, aber auch mit anderen Schuhen.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Laufen ist wunderbar.
Laufen ist für mich Leben.
Ich laufe, also bin ich.