Sportliche Jahresbilanz

Am Silvesterabend 2020 nahm ich an, dass ich 2021 wieder reguläre Wettkämpfe laufen würde, dass ich schneller werden würde und diverse andere Dinge. Indes, es kam anders. 2021 war einerseits durch eine noch weitaus ödere Landschaft in Sachen „Wettkämpfe“ als 2020, was aber eben auch der neuen Wellen und der mangelnden Grundimmunität der Bevölkerung geschuldet war. Vielleicht wird’s 2022 besser, aber ich will mich da mal nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Andererseits hat 2021 einen großen, krankheitsbedingten Einbruch meiner sportlichen Leistung gebracht: Ende August kam zweimal fiebrige Schwäche, dann mörderische Rückenschmerzen aufgrund einer Blockade im Brustwirbelbereich, allerdings nicht Bandscheiben, sondern die Gelenke zu den Rippen hin. Drei Wochen lang schlief ich fast nicht und kuschelte mich höchstens mal schmerzarm in der warmen Badewanne an meine Frottier-Stoff-Badetigerin. Dann gab’s auch noch Doppelbilder! Ob das alles an zu viel hoher Intensität im Sommer, an zu viel psychischem Stress durch Arbeit, Homeoffice und so weiter oder an meinem recht krassen Kollisionserlebnis mit einer Wespe lag, ich weiß es nicht. Mit der Wespe kollidierte ich im Hochsommer – ich fuhr ca. 35 km/h beim Test meiner neuen Leistungsmesserkurbel rechts am Rennrad, die Wespe kam mir mit 10 km/h entgegen – und kollidierte (ohne zu Stechen) mit meinem Gaumen, prallte ab, verendete in meinem Speichel auf meinem Schenkel. Vielleicht hat auch eine Borrelien-Infektion, von der ich nicht weiß, wo sie herkam, eine Rolle gespielt. Jedenfalls ging Ende drittes, Anfang viertes Quartal 2021 recht wenig…

Aber dennoch habe ich meine (abgespeckten) Ziele erreicht: Über 10.000 Kilometer, genau 10.108, habe ich 2021 erradelt, erlaufen, erskatet und erschwommen. Damit bin ich meinem Ziel, dem Mond, um ein Vierzigstel näher gekommen:

Mit 42 Jahren habe ich nunmehr 7,8% der Strecke zum Mond laufender, radelnder, skatender und schwimmender Weise erreicht. 168 Kilometer bin ich über den exakten 7,8% der Strecke zum Mond. Um die Erde bin ich damit zu drei Vierteln rum, mit dem Radfahren allein zu 36% und dem Laufen allein zu 38%.

Noch hat das radfahrende Ich das laufende Ich nicht eingeholt – wäre die Krankheit nicht dazwischen gekommen, wäre das vermutlich schon passiert.

Seit Mai 2021 zeichne ich auch auf, wie viel ich im Auto sitze. Nur im September 2021 habe ich mehr Kilometer mit dem Auto als mit Muskelkraft zurückgelegt, beides hing an der Krankheit: Fahrt zu Ärzten und ins Krankenhaus ließ mich im Auto sitzen, die Krankheit hinderte mich an Sport. Das einzige, was ich im September viel gemacht habe, war Spazierengehen. Nun, Ende des Jahres, hat sich die Sportzeit wieder aufgebaut.

Rein von der Zeit her dominiert inzwischen das Radfahren, aber das ist auch kein Wunder: Das Rad ist ein wichtiges Verkehrsmittel geworden. Der zweitgrößte Anteil ist – und bleibt – aber das Laufen. Was ich für mich selbst gelernt habe: Der Anteil an niedriger und mäßiger Intensität ist gut so, als ich ihn im Sommer massiv hochgeschraubt hatte (auch, weil meine Uhr das zum besser Werden empfahl), wurde ich später krank. Also sollte ich mehr als 80% meiner Sportzeit im regenerativen oder unteren Grundlagenbereich verbringen. Das ist eindeutig eine Lektion dieses Jahres.

Laufen

Ganz besonders beim Laufen sieht man den Einbruch durch die Krankheit deutlich. War der Mai noch einer meiner stärksten Laufmonate überhaupt – über 400 Kilometer! – so brach Ende August die Leistung ein. Nun läuft’s langsam wieder. Ein anderes Highlight 2021 war das Berglaufen. Im Frühling begannen meine Laufpartner und ich, jeden Mittwoch den Mahlberg zu erklimmen. Im Urlaub im Juli am Mittelrhein schoss ich durch immer wieder die steilen Hänge hoch- und runtertrailen den Vogel ab: über 4.000 Höhenmeter in einem Monat! Für mich exorbitant! Die Krankheitspause sieht man natürlich auch in den Höhenmetern.

2021 ist in Sachen Material geprägt von einer zunehmenden Fokussierung auf die Schuhe, die mir gut tun: Zero-Drop-Schuhe von Altra (Wettkampfschuh Altra Escalante Racer, Alltagstrainingsschuh Altra Escalante, Trailschuh Altra Lone Peak 5), Vibram FiveFingers (Alltagstrainingsschuh Vibram FiveFinger V-Run, Trailschuh Vibram FiveFinger Trek Ascent). Der Mizuno WaveShadow bleibt erstmal im Programm, die restlichen Schuhe hier im Kuchendiagramm sind inzwischen ausgesondert. Als Lektion aus dem vergangenen Jahr werde ich die Intervall- und Tempokilometer wohl anteilig runterschrauben, um mehr auf das zu achten, das mir wirklich gut tut.

Dass ich das Jahr noch mit einem Bahn-Fünfer in 19:42 abgeschlossen habe und an Pfingsten in einem virtuellen Halbmarathon-Wettkampf nur eine Minute unter Bestzeit gelaufen bin, macht mir Hoffnung, dass einiges gehen wird.

Radfahren

Radfahren ist ein toller Sport. Aber Radfahren ist auch ein tolles Verkehrsmittel – und als beides hat es sich nun in meinem Alltag festgesetzt. Mit Radanhänger und Allags-Rennrad (robuster Stahlrahmen, breitere Reifen als am Renner, Gepäckträger, Gepäcktaschen und Schutzbleche) sind nicht nur Pendelstrecken, sondern auch Besorgungen inzwischen generell mit dem Rad zu erledigen. Das Auto bleibt stehen – und wird zunehmend obsolet.

Eine wichtige Entwicklung für mich im Jahr 2021 waren Klickpedale. Im Frühjahr habe ich mich, kurz nach dem Kauf des Alltagsrennrades, zuerst auf dem Rennrad, dann auf dem Alltagsrenner dran gewöhnt. Inzwischen fahre ich nur noch mit Klicks und finde die Kraftübertragung, aber auch die Kontrolle, die man damit über das Rad gewinnt, ganz großartig. 2021 war aber noch in anderer Hinsicht ein material-intensives Radfahrjahr: Ich habe auch Leistungsmesser-Kurbeln gekauft. Zuerst gab es im Frühjahr linke Kurbeln für Alltags- und Sport-Rennrad, im Sommer dann noch eine rechte Kurbel für den Sport-Renner.

Ab Mai war eine Leistungsmessung da, krankheitsbedingt brach sie im September ein und regeneriert sich nun erst. Deutlich ist aber auch zu sehen, wie es mit der Tretleistung auf dem Rad nach der Krankheit wieder steil bergauf ging. Zu den Quantilen: Ein Achtel meiner Fahrten lagen in ihrer Durchschnittsleistung zwischen der blauen Linie und dem gestrichelten Maximum. Das zweitstärkste Achtel der Fahrten liegt zwischen grüner und blauer Linie, die gelbe Linie trennt die tretleistungstarke von der tretleistungsschwachen Hälfte. Über Kilometer sagt das nichts aus.

Der Einbruch meiner Radfahrleistung wegen der Krankheit ist deutlich, auch fahre ich danach noch langsamer als davor. Aber es wird! Ein großes Highlight waren die jeweils über 100 Kilometer maximale Tourlänge in Juni und August!

Was sonst so war

Ich habe das Schwimmen angefangen und das Skaten fortgeführt. Beides blieb eher klein, aber vielleicht bringt 2022 mehr Lust auf Technikerwerb und damit mehr Skate-Möglichkeiten sowie mehr offene Schwimmbäder. Eventuell, wer weiß, lerne ich 2022 sogar Kraulen!

Mit dem Balance-Board am Stehschreibtisch auf der Arbeit habe ich weiter gemacht – das ist super! Eigengewichts-Krafttraining läuft weiter, nun fokussierter auf Vorbeugung von Problemen mit der Wirbelsäule, Dehnen möchte ich mehr fokussieren und Yoga sowie autogenes Training will ich mit motivierenden Zeitvorgaben ebenfalls mehr in meinen Alltag einbauen – auch das Vorbeugen gegen einen Rückfall der Krankheit.

Die Highlights und das Fazit

Highlights 2021 waren

  • Erstmals über 50 Kilometer Laufen am 05.02.2021
  • Halbmarathon in 1:28:13 beim GemeinsamRun: Lauf durch den Hardtwald am 25.05.2021
  • Erstmals über 100 Kilometer Radfahren am 03.06.2021
  • Zweitmalig über 100 Kilometer Radfahren am 05.08.2021
  • Fünf Kilometer in 0:19:42 auf der Bahn am 31.12.2021

Und am Ende des Tages – Jahres – sollte ich mich mehr auf die langen, niedrigen Intensitäten fokussieren, mich nicht von der Forderung meiner Uhr nach mehr hoch aerober und anaerober Intensität ins Bockshorn jagen lassen. Die Krankheit hat mich gelehrt, mehr auf die Grundlage zu achten und dazu mehr Beweglichkeit, Dehnen, Yoga und dergleichen einzubauen. Das möchte ich tun. Denn am Ende des Tages reicht ein hochintensives Training in der Woche lässig aus – aber Regeneration und niedrig angesetztes Ausdauertraining vertrage ich auch in großen Mengen.

Kommt gut nach 2022, bleibt gesund und macht mehr von dem, was Euch gut tut, und weniger von dem, was Ihr angeblich tun sollt.

Der Zwanzig-Zwanzig-Modus

Wir schreiben das Jahr 2020. Viele Dinge sind dieses Jahr anders als letztes Jahr und auch als vorletztes Jahr. 

Aber bevor ich jetzt aufzähle, was es alles nicht ist, das ich hier meine, möchte ich direkt hineinspringen in das, was ich als den Zwanzig-Zwanzig-Modus bezeichnen möchte. Es ist nicht so, dass das neuartige Corona-Virus Sars-CoV-2 gar nichts damit zu tun hätte, aber im zentralen Kern geht es eben genau nicht um „Corona“, wie zur Zeit gerne verkürzt darüber gesprochen wird. Die Aussprache des Jahres Zweitausendzwanzig als „Zwanzig-Zwanzig“ ist auch nur eine glückliche Fügung, weil es mich mit einem griffig-missverständlichen Begriff für das ausstattet, was ich hier beschreiben will. 

Denn am Montag, Dienstag, Mittwoch und auch gestern war ich genau in diesem „Zwanzig-Zwanzig“-Modus, und heute bin ich’s auch in gewisser Weise, wenn auch nicht genau in der definierten Form. Der „Zwanzig-Zwanzig“-Modus ist es nämlich, eine Zwanzig-Kilometer-Strecke meines Arbeitsweges mit dem Fahrrad, die andere zu Fuß zurückzulegen. Das gestaltet sich dann wie folgt: 

  • Am Montag fahre ich mit dem Fahrrad zur Arbeit, schließe das Fahrrad an und laufe am Abend nach Hause,
  • am Dienstag laufe ich zur Arbeit und fahre abends nach Hause, während ich
  • am Mittwoch den Zyklus von neuem beginne, also hinfahre und heimlaufe, um dann
  • am Donnerstag hinzulaufen und mit dem Fahrrad heimzufahren.

So komme ich dann auf jeweils 80 Kilometer mit dem Rad und zu Fuß. Da ich mein Fahrrad nicht über’s Wochenende auf der Arbeit lassen möchte, da ich es ja auch eventuell zuhause brauche, wird dann der Freitag ein doppelter Radfahrzwanziger. Somit ist dies der „Zwanzig-Zwanzig“-Modus. Natürlich setzt das Ganze voraus, dass ich inzwischen die Kondition habe, um diesen Rhythmus durchzuhalten, und auch, dass ich wieder Fahrrad fahre. Rein zeitlich, aber auch konditionell sind zweimal zwanzig Kilometer Laufen an einem Arbeitstag und das fünf Tage die Woche ein hartes Brot, für das ich mich – vielleicht noch – nicht gerüstet fühle. 

Auch so merke ich, dass mich dieser Modus anstrengt. Meine Fénix attestiert mir eine hohe Trainingsbelastung, also oberhalb des „optimalen Bereichs“, und ich habe gestern früh auch gemerkt, dass es schon in den Beinen zieht und dass allmählich auch das Puls-zu-Geschwindigkeits-Verhältnis einen Laufruhetag am Freitag und/oder Samstag nahelegt. Vielleicht wird das mit ein wenig mehr Praxis im „Zwanzig-Zwanzig“-Modus besser, ich mache das ja gerade die erste Woche in der erklärten Form. In jedem Falle bin ich recht sicher, dass meine Grundlagenausdauer von dieser Praxis profitiert. 

Vor hatte ich es schon eine Weile, diesen Modus „im Sommer“ zu implementieren. Nun ist’s aus der Sorge, dass irgendwann auch Sport im Freien im Zuge der Corona-Krise Verboten unterliegt, und aus der Idee heraus, von den ÖPNV-Benutzern Enge zu nehmen und selbst der potentiell infektiösen Enge im ÖPNV zu entfliehen, ein wenig früher geworden. Ich wollte meine Ausdauer nämlich nicht erst auf Tragfähigkeit für diesen Modus testen, wenn es so weit ist, dass ich es machen muss – sondern wollte dann schon wissen, dass es geht und dass ich das eine ganze Woche lang durchhalte. Dass ich am Wochenende zuvor mit einem Halbmarathon am Samstag und einem fast 35 Kilometer langen Lauf am Sonntag bereits vorbelastet war und es trotzdem klappt, bestärkt mich in der Ansicht, dass ich für sportliche Verkehrsmittel zum Pendeln auf die Arbeit gerüstet bin, falls ich es muss – und es außerdem auf die Dauer so machen kann, wenn ich es weiterhin will.