Es ist angerichtet

„Noch vier Tage pendle ich über die A5 ab Karlsruhe Süd nach Bruchsal“, das sagte ich mir heute morgen. Das Timing hätte kaum besser sein. Kaum, denn: Nun ist es angerichtet. Die Baustelle wegen Fahrbahnerneuerung zwischen Rastatt Nord und Ettlingen wird gerade eingerichtet. Aus ein paar Gründen war ich heute morgen mit dem Auto gefahren und dachte mir, die Baustelleneinrichtung sei schon recht weit – und hoffte, sie brauchen noch etwas.

Nein, brauchten sie nicht. Mittlerweile wird oder ist die Umleitung des Verkehrs in eine Richtung auf die Gegenfahrbahn bei Verengung beider Richtungen von drei ganzen auf eine normale und eine schmale Fahrspur eingerichtet. Die Konsequenz, als ich heute in Bruchsal mein Navi anwarf: 52 Minuten Fahrt statt der üblichen 38. Klingt nicht schlimm? Ist es auch nicht. Aber es war kurz nach vier, vor dem eigentlichen Berufsverkehr. Also schaute ich mal, wo der Stau sein sollte – dabei fiel mir dann auf, dass mein Navi mich in Karlsruhe Mitte von der Autobahn lotste, über die Südtangente in Karlsruhe rüber zur B36 und dann nach Hause. Als ich mir anschaute, wie viel Zeit auf der eigentlichen Route draufgegangen wäre … Bäm! 1:53 für knapp 50 Kilometer. Warum ich überhaupt nachgeschaut habe? Mir war sehr bewusst, dass fünf Minuten Verzögerung auf der Südtangente in Karlsruhe und die Ministaus an den Ampeln auf Pulverhaus-Straße und B36 in ihrem Verzögerungspotential immer unterschätzt werden vom Navi. Wurden sie auch, denn ich brauchte im Endeffekt selbst ohne meinen Stopp beim DM in Durmersheim über eine Stunde.

Meine letzten drei Tage in Bruchsal werde ich mit der Bahn fahren. Das ist sowieso bequemer, aber jetzt ist es alternativlos. Wenn auf der A5 gebaut wird, bricht der Individualverkehr um Karlsruhe zusammen – zumal die einzige schnelle Querverbindung, die einen von der A5 weg auf weiter westliche Ausweichstrecken bringt, die Südtangente ist – und die ist schon ohne diese Aufgabe im Berufsverkehr oft staubehaftet. Bin ich froh, dass ich nun ÖPNV fahre!

Stau … aber wieso eigentlich?

Heute morgen war es so weit: der erste Stau auf der neuen Fahrt zur Arbeit. Ich fuhr ganz arglos auf der B3 durch Neumalsch und dachte mir nichts Böses, als plötzlich der LKW vor mir bremste. Ich dachte mir, vielleicht sei jemand auf einen der Feldwege gefahren und habe dafür gebremst. Aber dafür hielt es zu lange. Also machte ich im Stehen – mein Auto machte mittels Start-Stop-Funktion den Motor aus – eine kurze Recherche mit Google Maps. Ergebnis: Stau auf der B3, in beiden Richtungen, jeweils vor dem Waldrand. Von Norden staute es sich im Wald von Bruchhausen her, von Süden auf dem Feld. Ich dachte mir also, sie hätten die Bauampel an der Einfahrt zur Kiesgrube mal wieder an, dafür sprach auch das phasenweise Ablaufen des Staus. Doch als ich ankam an der Stelle, war weit und breit keine Ampel mehr zu sehen, auch keine Unfallreste.

Der Stau auf der B35 von der Anschlussstelle Bruchsal bis zum Abzweig nach Bruchsal rein war dann klar wegen eines Unfalls. Alles in allem habe ich in beiden Stauungen 15 Minuten verloren. Wenn ich mir überlege, dass nur 15 Minuten Zeitverlust allein vor Pforzheim Ost noch vor vier Wochen Jubel bei mir verursacht hätten, muss ich angesichts der 48 statt 32 Minuten Arbeitsfahrt aber lachen.

Freie Fahrt auf neuer Pendelstrecke

Meine neue Strecke zur Arbeit ist ja deutlich kürzer – ungefähr halb so lang wie die alte. Auf völlig freier Strecke ist sie allerdings nicht ganz halb so lang an Zeit – da der Autobahn-Anteil ein bisschen kleiner ist.

Doch: Um Karlsruhe ist zu Stoßzeiten Stau. Wenn Baustellen sind. Wenn mal was passiert ist. Vor Pforzheim Ost ist immer Stau, egal in welcher Richtung, egal, ob es Baustellen, Unfälle gab, Stoßzeit war – oder nicht. Klar kann sich das noch ein bisschen verändern, aber es ist super-angenehm, eine kürzere und planbarere Strecke zu fahren. Das hat heute früh trotz der (sicher nicht unverständlichen) Nervosität vor dem ersten Arbeitstag am neuen Dienstort richtig Spaß gemacht.

So kann ich heute auch nicht von unmöglichen Vorgängen auf der Autobahn berichten – es lief einfach glatt und gut. Von Karlsruhe Süd bis Bruchsal und zurück. Wundervoll!

Sicherheitssystem – Navigationssystem

Als wir gestern zu einer Hochzeit fuhren, habe ich etwas festgestellt. Aber ich fürchte, ich muss da etwas ausholen, so weit allerdings auch nicht: Der Freitag war ein anstrengender, da ich sehr viele Dinge noch zu tun hatte – da musste noch das vorletzte Training vor dem Campus Run absolviert werden, der Körper epiliert, ein Geschenk zumindest ein bisschen präpariert werden, auch wenn es nur eine Karte war, dann musste ich noch ein Rezept von meiner Frauenärztin holen. Außerdem stand noch Blumengießen bei den Schwiegereltern an, abends war Teezeremonie-Unterricht. Und wie das so oft ist, wenn man zu viel auf einmal plant, eine Sache geht schief. Lustigerweise nicht im eigentlichen Sinne eines der oben aufgeführten Dinge, nein: Rezept holen und bei der Apotheke einlösen lief gut, der Lauf zeigte, dass ich knapp vor meinem Wettkampfziel bin, leckeres Essen gab es beim Firmenfest meines Mannes, die Blumen waren recht flott gegossen und beim Teezeremonie-Unterricht war ich recht angetan, wie viel ich eben nicht vergessen hatte, auch wenn ich eigentlich zu lang ausgesetzt hatte. Aber mit dem Fokus auf die Zeremonie entfiel mir, dass ich meine Tasche bei Matsushima-sensei liegen gelassen hatte. Das merkte ich erst, als ich kurz nach Mitternacht zuhause aus dem Auto ausstieg. Die Nacht war dementsprechend so lala, denn in der Tasche war ja auch der Ausweis, die EC-Karte, der Führerschein, die Fahrzeugpapiere … und vor allem die Kreditkarte.

Am Morgen der Hochzeit war dann klar, dass die Tasche nicht bei Sensei vor der Tür auf der Straße lag, sondern drinnen an der Garderobe und wir konnten sie auf dem Weg zur Hochzeit abholen. Und da passierte es mir:

Auf der A5 Richtung Norden, ich wollte in Karlsruhe Nord abfahren, sprach ich mit meinem Mann über die Organisation des Tages, über vieles sonst – zu keinem Zeitpunkt war die Sicherheit gefährdet, ich nahm die Fahrer um mich herum wahr, wechselte Spuren mit Schulterblick und allem drum und dran, hielt Abstand, passte Abstände an … und fuhr eiskalt und ohne es zu merken an der Ausfahrt Karlsruhe Nord vorbei, so dass ich in Bruchsal drehen musste.

Was schließe ich daraus? Ich habe ein Sicherheitssystem beim Fahren, das auf jeden Fall funktioniert. Das kann man so leicht nicht ablenken, es funktioniert auf halbbewusster Ebene und auch dann, wenn ich eigentlich noch was anderes am denken, mir vorstellen oder bereden bin. Dieses System holt mich wieder voll zurück in die Fahraufmerksamkeit, wenn zum Beispiel ein Abstand aus irgendeiner Richtung schnell schrumpft, wenn irgendetwas komisch ist. Es gibt gewissermaßen einen Sollzustand, ein paar automatische Anpassungsvorgänge und Regelkreise für einfache Vorgänge. Nur navigieren kann das halbbewusste, nicht abschaltbare Sicherheitssystem nicht. Es verpasst Ausfahrten, fährt morgens aus Reflex auf sichere Weise in Lücken auf Abbiegespuren hinein, nur eine Ausfahrt zu früh – so bin ich das eine oder andere Mal in Rastatt Nord Richtung Basel auf die Autobahn gefahren, obwohl ich Richtung Stuttgart/Frankfurt/Karlsruhe musste. Das Navigationssystem in meinem Kopf, auch die Aufmerksamkeit für das Navi in der Mitte des Fahrzeugs läuft bewusst ab. Es hat mit der Fahrsicherheit nichts zu tun, wohl aber damit, wo ich hin fahre.

Es ist schon verblüffend, dass bei etwas so wenig auf der „instinktgesteuerten Zeit als Jäger und Sammler“ aufbauendes wie Autofahren zumindest in Sicherheitsaspekten auf dieser instinktiven Ebene stattfindet, die man ganz eindeutig von der bewussten Ebene unterscheiden kann – schon allein dadurch, welche zuerst abschaltet.