Meilenstein

Der Weg ist vorgezeichnet. Am 21.05.2023 werde ich beim Regensburg-Marathon mein Glück versuchen. Da aber bekanntlich jeder seines Glückes Schmied ist, hämmere ich nach einem recht umfangreichen Plan auf dem hoffentlich ausreichend erhitzten Material meiner Form herum.

Nach Aufbau und Strukturierung im dunkelgrünen Bereich des Makrozyklus „Vorbereitung I“ nach Matthias Marquardt über 10 Wochen bin ich dann weiter geschritten zur Konsolidierung der Distanzen und dem Aufbau des Langstreckentempos in „Vorbereitung II“ über volle acht Wochen. Heute endet die achte, und nach dem Motivations- und Körpertief von Dezemberbeginn bis über den Jahreswechsel hinaus lief es ab Woche 4 im „hellgrünen“ Bereich sehr gut. Mit einem 35er mit erstem winzigen Stückchen Endbeschleunigung habe ich „Vorbereitung II“ heute tatsächlich etwas stärker abgeschlossen als geplant.

Nun gilt es, nicht übermütig zu werden, sich nicht zu verletzen, kleine Problemchen ernst zu nehmen und ggf. etwas dagegen zu tun… acht Wochen „gelbe“ Phase liegen vor mir, die inspiriert von Peter Greifs „Countdown“ aufgebaut sind. Ich habe weniger Respekt vor diesem Aufbau als noch letztes Jahr, und da hatte ich mir nicht ganz so viel „Greif“ auf die Fahnen geschrieben. Die Tempo-Treppen, die bisher im Plan stehen, werde ich aber episodisch durch „SOS“-Trainings ersetzen.

Es wird immer konkreter und ich bemühe mich, das Beste aus meinen Inspirationen (Laufcampus-Methode, Laufbibel, Greif – for Running Life und Laufen!) zu nehmen und zu einer optimalen, auf mich abgestimmten Vorbereitung zusammenzufügen.

[KuK] To the Moon!

Auf meinem Weg zum Mond mit Muskelkraft komme ich mal wieder etwas voran:

Mit den Gesamtkilometern aus allen sportlichen Aktivitäten habe ich inzwischen das erste Mal die Erde umrundet und mich im Weltraum über die geostationäre Umlaufbahn hinaus bewegt (rund 36.000 Kilometer über der Erdoberfläche, also ca. 42.000 Kilometer vom Erdmittelpunkt entfernt). Beim Laufen steht dieses Jahr noch die halbe Erdumrundung an und mit dem Rad bin ich schon deutlich mehr als halb um den Globus rum.

…und so ganz nebenbei bin ich auch kurz davor, meine Jahres-Mengen-Ziele (10 km pro Tag laufen, 20 km pro Tag Radfahren usw.) wieder fast alle auf „grün“, also gut im Plan zu haben. Nur mit dem Schwimmen geht’s, da noch keine Saison ist, nicht recht voran.

Sport-Fazit Februar: Back on Track

Wie bereits beschrieben, hatte ich Anfang Dezember ein Motivationsproblem, mit einem kurzen Aufblitzen von Freude an Wettkampf, als ich dachte, dass Sabrina Mockenhaupt in Rheinzabern laufen würde, dann ging’s mir undefinierbar nicht gut, Ende Dezember und Anfang Januar. So richtig traute ich dem sich wieder etablierenden Frieden im Laufe des Januars noch nicht, aber spätestens mit dem Zwanziger in Rheinzabern am 12.02. wurde es besser. Nun bin ich wieder im Rhythmus und starte in Kürze in den Countdown zum Regensburg-Marathon.

Was lief also im Februar?

Unterstützendes

Laufen allein kann man schon machen, aber es läuft besser, wenn man sich um Rumpf, Beweglichkeit, die Faszien mit kümmert. Dafür habe ich vier Bausteine: Eigengewichts-Krafttraining, (fast ausschließlich Yin-)Yoga, Dehnübungen und mein Balance-Board, das gelegentlich zum Stehen am Steh-Schreibtisch benutzt wird – und manchmal auch, um Kniebeugen darauf zu machen. Im Februar blieb meine „sanfte“ Kräftigung und Dehnung nahezu konstant wie im Januar begonnen, beim Eigengewichts-Krafttraining ging es aber gewaltig nach oben. Das liegt einerseits daran, dass mich sehr motiviert, dass ich inzwischen Klimmzüge machen kann, zum anderen aber auch an der Erkenntnis, dass ich mit mehr Rücken-, Bauch- und schrägen Bauchmuskeln weniger Kopfweh habe und schneller laufe.

Im Gegensatz zur Zeit vor meiner Corona-Infektion (die war im Juli 22) fällt auf, dass ich mehr Übungen an weniger Trainingstagen mache. Das „Mengenmaß“ stellt übrigens sogenannte „Squat Equivalents“ dar, ich habe jeder Übung ein gewisses Äquivalent in Kniebeugen zugeordnet. Insbesondere die recht schweren Liegestützen und die sehr fordernden Klimmzüge tragen deutlich bei!

Laufen und Radfahren

Das Laufen wie auch das Radfahren gruppiere ich inzwischen nach Anlass, nach Trainingsform und nach verwendetem Sportgerät – im Wesentlichen also Schuhe und Räder.

Der weitaus größte Anteil des Laufens fand zu Anlässen des Outdoor-Trainings oder des Trainings auf der Tartanbahn statt – was auch der Tatsache geschuldet ist, dass Laufen für mich neben Leidenschaft auch ein Wettkampfsport ist. Radfahren dagegen ist insbesondere im Winter vor allem Verkehrsmittel – zum Pendeln zur Arbeit, für Einkäufe und auch für Fahrten z.B. zum Essen Gehen. Somit sieht die Zusammensetzung der Laufkilometer nach Anlass (links, weiß hinterlegt) völlig anders aus als die Zusammensetzung der Radkilometer nach Anlass (rechts, grün hinterlegt).

Entsprechend ist auch die Verteilung der Trainingsformen beim Laufen eine andere, eine leistungs- und wettkampforientiertere als beim Radfahren. Lange Läufe und Tempotraining spielen beim weiß hinterlegten Laufdiagramm wesentliche Rollen, während sich das Pendeln weitgehend im Grundlagen- oder Regenerationsbereich bewegt.

Der mächtige Einfluss des unterschiedlichen Fokus‘ zeigt sich auch bei der Wahl des Sportgeräts. Zeugen 69 Kilometer auf Tartan-Spikes, 38 Kilometer auf Carbon-Schuhen (davon 20 im Wettkampf), die zunehmende Fokussierung auf den härteren, direkteren Escalante Racer sowie Experimente mit dem Puma Liberate Nitro von ambitioniertem Training, so ist beim Radfahren mein Alltagsrad Trek 520, Codename „Red Flash“ das einzige Rad, das Auslauf kriegte – es hat Schutzbleche und ist robust. Eine gewisse Rolle spielt auch, dass das grüne Rennrad Focus Izalco Race gerade im Moment in Wartung ist, um eine elektronische Schaltung zu bekommen – herausfordernd hierbei ist vor allem die Verlegung der Kabel im Rahmen (u.a. verbunden mit dem Wechseln des Innenlagers – Pressfit in Carbonrahmen, das macht mir zur Zeit richtig Arbeit). Auf MTB-Fahren habe ich bei Kälte noch weniger Lust als sonst.

Überblick

Generell gesehen dominieren weiterhin Radfahren und Laufen meine Sport-Aktivitäten im Winter, und somit bringen die Übersichtsdiagramme hier nicht viel Neues:

Trotz des recht ambitionierten Lauftrainings bleibt der dominante Trainingsbereich derzeit die Grundlagenausdauer, und genau so soll es auch sein. Insgesamt stiegen die Zeiten und auch Strecken beim Sport im Februar gegenüber dem Januar wieder deutlich an:

Ich war auch weniger krank, und vor allem am Laufen hatte ich wieder viel mehr Spaß, die Motivation ging durch die Decke.

Plan und Form

Mit meinem Trainingsplan, der auf den Regensburg-Marathon hinzielt und den ich im Oktober begonnen habe, geht es nun allmählich in die heiße Phase. Vorbereitung III beginnt im März, der härtere Teil von Vorbereitung II füllte den Februar, mit einem erfolgreichen Testwettkampf in Rheinzabern:

Im Februar habe ich – im Gegensatz zur etwas kränklichen zweiten Dezemberhälfte und dem immer noch kränklichen Januar – mein Programm stets erfüllt, bin Intervalle, lange Läufe und so weiter gelaufen. Im hellgrünen Bereich sieht man, dass die letzten vier Wochen dann mit allen Trainings durchgeführt (blau) und allen Trainings erfolgreich (grün) zu Buche schlugen. Das hat sich natürlich ausgewirkt:

Sowohl gemessen in meinen Schätzern, die zusätzliche Herzschläge pro Referenzstrecke nutzen, als auch im etwas unabhängiger aussagekräftigen abgeleiteten Leistungswert der physikalischen Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag ging’s ab. Wenn alles glatt geht und ich diese Tendenzen noch zwei Monate aufrecht erhalten kann, dann sieht es ziemlich gut aus für einen zufriedenstellenden Marathon in Regensburg.

Brizzel-Katze!

In den Super-Mau-Geschichten, die ich meinem Ehewolf, den 25 unsichtbaren, außerirdischen Mauzen, ihren Cyber-Wölfchen und unseren Plüschis immer zum Einschlafen erzähle, gibt es neben den Superhelden-Katzen von der Katzen-Liga der Gerechtigkeit natürlich auch Superschurken.

Einer der furchtbarsten Schurken ist Brizzel-Katze, die elektrostatisch aufgeladene Nemesis aller Katzen, die ein glattes Fell haben wollen. Wo Brizzel-Katze auftaucht, knistert es von elektrostatischer Energie, und allen Katzen steht das Fell zu Berge.

Das Perfide an diesem Superschurken ist allerdings, dass jede – wirklich jede Katze zu Brizzel-Katze werden kann! Denn Brizzel-Katze entsteht, wenn Katzen von Blitzen, kaputten Steckdosen, kaputten Elektrogeräten oder ähnlichem getroffen werden. Aus JEDER Katze, die getroffen wird – und diese Katzen werden dann zum Vehikel des Brizzelns und wollen andere Katzen verbrizzeln. Der Schrecken aller Katzen, vor allem derer, die sich gerade erst geputzt haben… also eigentlich jeder Katze!

Allerdings ist es kein Zufall, dass Brizzel-Katze, wenn sie nicht gerade von elektrostatisch knisternder Gehässigkeit erfüllt ist, ein bisschen traurig und frustriert dreinschaut. Wahrscheinlich merken die Katzen, die zum Avatar des Brizzelns werden, dass das eigentlich nicht das ist, was sie tun wollen…

Wenn die Superhelden unter den Katzen allerdings Brizzel-Katze mit dem wirksamsten Mittel überhaupt bekämpfen: Einem Erdungskabel, das sie dem Schurken zuwerfen, dann ist das Brizzeln schnell weg. Und zurück bleibt eine verwirrte Katze, die sich an nichts erinnert, und der Schrecken, dass jede Katze zu Brizzel-Katze werden kann.

Hütet Euch vor Strom, das Brizzeln lauert nur darauf, Euch zu übernehmen!

PS Die Bilder hat mein Mann mit der KI Midjourney erzeugt, so dass wir endlich zeigen können, und nicht nur wissen, wie dieser furchtbare Superschurke aussieht!

[KuK] Meine Uhr sagt…

Dass meine Trainingsbelastung niedrig sei. Dass ich mich dringend erholen müsse. Gleichzeitig.

Ja, mir ist bewusst, dass ich derzeit viel trainiere und hohe Belastung auf mich nehme. Was mich aber fasziniert ist, dass diverse Parameter des automatischen, algorithmischen Trainingsassistenten meiner Garmin Fénix 6Xpro einander nicht nur widersprechen, sondern auch (mindestens in Form der Rennprognosen) in offenkundigem Widerspruch zum tatsächlichen Zustand stehen. Mir wurde eine Halbmarathon-Zeit von 1:37 prognostiziert, gelaufen bin ich auf 20 Kilometer in Rheinzabern 1:24.

Ich möchte nicht sagen, dass die algorithmischen Trainingsassistenten und die Messwerte Quatsch sind. Sicherlich nicht! Allerdings kommen sie bei der Individualisierung an ihre Grenzen, insbesondere, wenn man intensiv und nach Plan trainiert, wenn man mehrere Sportarten betreibt und wenn die Bewertungssysteme für Herzfrequenz-Variabilität und für „Stress“ (was mehr oder minder dasselbe ist) zu verschiedenen Zeiten den „Normalzustand“ trainiert haben und daher völlig widersprüchliche Anzeigen liefern – basierend auf dem gleichen Messwert.

Dementsprechend werte ich lieber selbst aus. Denn ganz offenkundig passt das deutlich besser zu dem, was tatsächlich mit meinem Körper passiert.

Vielleicht hat meine Uhr ihre Referenzdaten zu ungünstig unterschiedlichen Zeitpunkten genommen, vielleicht ist auch mein Körper ungewöhnlich. Aber am Ende des Tages lief ich vor dem Update etwa so schnell wie prognostiziert, vielleicht auf langen Strecken etwas langsamer – während alle stöhnten, dass sie niemals diese Prognosen erreichen würden. Inzwischen sind die Prognosen für mich völliger Unsinn, ich laufe locker 10% schneller.

Über Ziele

Trainieren heißt auch, Ziele zu haben und etwas zu tun, um diese zu erreichen. Das gilt für Sport genauso wie für andere Dinge. Ich habe festgestellt, dass Sport, bei mir das Laufen, mich vieles über sinnvolle und weniger sinnvolle Ziele gelehrt hat, auch darüber, wie man sie erreichen kann. Es gibt natürlich auch andere Systeme, die sich mit Zielsetzung und dem Management der Erreichung dieser Ziele befassen.

Ein Klassiker aus der Ausbildung für Führungskräfte ist die SMART-Methode. Ein Ziel soll folgende Kriterien erfüllen:

  • S wie spezifisch:
    Das Ziel soll spezifisch sein – also konkret und klar formuliert, so dass ich zu jeder Zeit, also auch in den Phasen, in denen ich selbst zweifle, ersehen kann, wo ich hin will und ob ich das Ziel erreicht habe.
  • M wie messbar:
    Am besten sind natürlich Ziele, bei denen man die Erreichung in Prozent angeben kann, die also quantitativ messbar sind. Allgemein sollte aber eine Messgröße – wie abstrakt sie auch sein mag – existieren, um die Erreichung des Ziels zu verifizieren.
  • A wie attraktiv:
    Lasst mich einen meiner liebsten Filme zitieren…
    „Wie bringt man eine Crew dazu, ein U-Boot zu verlassen?“ – „Wie bringt man eine Crew dazu, ein Atom-U-Boot…“ – „Sie muss da raus WOLLEN!“
    Wenn das Ziel nicht attraktiv ist, werde ich nicht motiviert sein. Ob nun der wünschenswerte, der attraktive Effekt die Vermeidung von schlechten Dingen bei Nicht-Erreichen oder die Belohnung für’s Erreichen ist, ist erstmal egal. Attraktiv wird das Ziel, weil es mir persönlich einen wünschenswerten Vorteil gegenüber der Nicht-Erreichung gibt.
  • R wie realistisch:
    Ich sage manchmal, ich scheitere oft an meinen Ansprüchen. Genau das Gegenteil ist ein gesundes Ziel. Ziele sind nur dann gute Ziele, wenn man sie auch erreichen kann – am besten, wenn man Kontrolle über ihre Erreichung hat. Natürlich ist es attraktiv, messbar und spezifisch, einen Weltrekord zu erzielen oder viel Geld zu gewinnen, aber realistisch ist es nicht (also zumindest für mich).
  • T wie terminiert:
    Es muss klar sein, wann das Ziel zu erreichen ist. Wenn das Ziel nicht mit einer Deadline versehen ist, wird es manchmal schwierig, die Erreichung hinreichend strebsam zu verfolgen. Allerdings muss man an dieser Stelle vorsichtig sein – auch die Terminierung muss realistisch sein, und zwar im Kontext aller anderen Ziele, die man erreichen möchte und muss.

Ich habe dieses Konzept schon oft erzählt bekommen, da ich Führungskräfteseminare mitmachen durfte/musste. Seltsamerweise erscheint es „logisch“, dass Personen, die in der Wissenschaft einen Doktortitel erworben haben, Führungskräfte sein sollen, können und wollen, weswegen sie auf solche Seminare geschickt werden. Das ist ein spannendes Thema für sich, da der Doktortitel (sofern es kein „h.c.“-Doktor ist) vor allem etwas über die Befähigung zum selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten aussagt, nicht aber über die Führung eines Teams – weder über den Willen noch über die Befähigung hierzu. Aber lassen wir uns nicht auf Abwege bringen.

Hmm… einen Abweg habe ich noch! Ich verspreche, ich verfolge ihn nur kurz. Das obige „SMART“e Ziel ist nur dann ein SMARTes Ziel, wenn es ALLE Kriterien erfüllt. Viele Ziele, die einem im Arbeitskontext vorgespielt werden, sind nur SMT. Realismus und Attraktivität (bzw. Sinnhaftigkeit) der Ziele stehen oft in Frage, insbesondere im Kontext der konkreten Terminierung. Dieses Haushalten – und damit verlasse ich diesen Abweg – wird einem beim Sport sehr deutlich vor Augen geführt, denn wenn man sich für etwas, das nix bringt und wohl auch nicht gut geht, die ganze Zeit quält, kommt nix bei raus – außer vielleicht eine Verletzung und eine Menge Frust.

Somit sind wir zurück beim Sport, der mir etwas über Zieldefinition, Streben nach der Zielerreichung und Zielqualität beigebracht hat. Darum geht es auch in dem Büchlein Mentaltraining im Ausdauersport von Constantin Doll, neben einigen anderen Aspekten. Trainingsplanung atmet sehr viel von Zieldefinition und Zielerreichung – hier beziehe ich mich auch ein bisschen auf Peter Greifs Buch „Greif – for running life“. Im (Lauf-)Sport haben wir eine recht komfortable Situation: Zeit, Strecke, Geschwindigkeit lassen sich hervorragend messen. Auch die Reihenfolge des Zieleinlaufs lässt sich hervorragend messen, aber dazu komme ich gleich noch. Das „M“ bei den SMARTen Zielen ist also kein Problem. Somit wird’s halbwegs einfach, auch das „S“, das Spezifisch-Sein, mit abzufrühstücken. Die Kunst liegt nun in „ART“, und irgendwie gefällt mir dieses Wortspiel schon jetzt sehr gut.

Was ist attraktiv im Laufsport? Genau das, was Ihr jetzt denkt, ist die Denke der meisten Leute: Oben auf einem Treppchen stehen, gewinnen! Attraktiv ist das auf jeden Fall! Ich merke es immer wieder, wie sehr die Attraktivität eines Sieges (insgesamt, in der Geschlechtsgruppe, in der Altersklasse) die Wahrnehmung von Laufergebnissen beeinflusst. Verdammt, es ist hammercool, oben auf einem Treppchen zu stehen, hab‘ ich bisher zweimal bei Läufen insgesamt (bei den Frauen) geschafft – 2019 beim Campus Run der Uni Stuttgart und 2022 bei der Bergdorfmeile. Attraktiv ist das – aber das ist nur das „A“ in der Kunst.

Realismus und Terminiertheit setzen einen wesentlich engeren Rahmen, der Siege oder Platzierungen als valide Ziele von vorne herein disqualifiziert. Denn realistisch betrachtet, ist bei einem konkreten Wettkampf (terminiert) oder bei irgendeinem Wettkampf (nicht terminiert) meine Platzierung nicht nur von meiner Leistung abhängig, sondern von der An- oder Abwesenheit anderer, stärkerer oder schwächerer Läuferinnen und Läufer abhängig. Siegen, Vorweglaufen, das kann ich situativ zur Motivation benutzen. Ich kann auch situativ sagen: Ich möchte eine bestimmte Arbeit schneller hinbekommen als die Konkurrenz. Aber was die Konkurrenz beim Laufen oder auf der Arbeit oder sonstwo tut, kann ich nicht kontrollieren. Ich habe keinerlei Handhabe über Terminiertheit und Realismus eines Sieges. Zu sagen, mein Ziel ist es, „schneller als XY“ zu sein, sofern XY nicht ich selbst zu einem bestimmten, weniger gut trainierten Zeitpunkt ist, erlaubt keinerlei Kontrolle über die Erreichbarkeit des Zieles.

So, das hätten wir also. Ein Sieg ist kein „SMART“es Ziel. Ein Ziel, das nicht „SMAR“ ist, wird kein Stück besser, bloß weil es terminiert ist, auch außerhalb des Laufens. Daher bin ich inzwischen der Meinung, wir sollten uns auf das konzentrieren, was wünschenswert und durch uns selbst kontrollierbar ist. Natürlich dürfen wir die zweite Bedeutung das „A“, die ich oben großzügig übergangen habe, nicht aus den Augen verlieren. Ein Ziel, das nicht auch ambitioniert ist, ist es nicht wert, ein Ziel zu sein.

Am Ende des Tages liegen wir also für ein SMARTes Ziel bei etwas, das wir selbst kontrollieren können, das einen Mehrwert bringt, das wir messen und beziffern und klar verstehen können und das wir zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichen WOLLEN und auch KÖNNEN. Ganz typische Ziele sind nun also…

  • Auf einem bestimmten Wettkampf oder in einem bestimmten Zeitraum auf einer bestimmten Strecke eine bestimmte Zeit zu unterbieten. Es ist nicht nur valide, was ich diese Saison getan habe
    „Regensburg-Marathon 2023 am 21.05.2023 in 3:05 laufen.“
    Das ist EINE Variante eines validen Sport-Ziels. Die andere Variante habe ich auch schon ein paar Mal genutzt, so zum Beispiel:
    „Im Jahr 2019 auf der Halbmarathon-Distanz die 90 Minuten unterbieten.“
    „Bevor ich 50 werde auf der Marathon-Distanz die drei Stunden unterbieten.“
    Das sind valide Ziele, sofern sie realistisch sind – anhand meiner Vorleistungen denke ich, dass das letztere realistisch ist, das erstere habe ich bereits im Mai 2019 erreicht gehabt, und somit war es wohl realistisch.
  • Ein bisschen komplizierter, aber nicht minder SMART wird’s bei etwas anders gestrickten Zielen. Ich setze mir zum Beispiel jedes Jahr das Ziel, im Jahresdurchschnitt 20 Kilometer pro Tag zu radeln und 10 Kilometer pro Tag zu laufen. Messbar ist das auf jeden Fall, spezifisch auch, realistisch ist es nur, wenn ich nicht krank werde – Abhilfe schafft an dieser Stelle, dass ich Kranktage herausrechne und das Ziel als „10 Kilometer Laufen pro Tag, den ich nicht krank bin, im Jahresschnitt“ umformuliere – und am Ende des Jahres rechne ich ab, terminiert isses also. Aber attraktiv? Für mich schon. Ich stehe auf Zahlen. Für andere vielleicht nicht. SMART liegt also im Auge des Betrachters. Ähnlich verhält es sich beim Streak-Running, das wiederum ist für mich nicht attraktiv genug.
  • Richtig spannend wird es bei anders gearteten Zielen im Sport. Ich habe das Laufen ursprünglich angefangen, um weniger krank (durch wetterfühlige Kopfschmerzen) zu sein. Das ist spezifisch, es ist auf jeden Fall attraktiv, realistisch ist es bei meiner Art von Kopfschmerzen auch. Die Terminierbarkeit ist ein Problem, und messbar… tja, an dieser Stelle kommt Kreativität ins Spiel. Ich kopple mein Trainings- mit meinem Schmerztagebuch. Läuft! Mindestens SMAR ist das Ziel, aber die Terminiertheit ist eher so’n sliding window.

Kommen wir zu einem „verzögerten Lemma“, nämlich zu SMARTen Zielen und Peter Greif. Da kann ich Euch eine ganz spezifische Begründung geben, warum ich die Marathon-Zielzeit in Peter Greifs Countdown als überaus smartes Ziel ansehe, warum ich die Messbarkeit und den Realismus hier gut abgebildet finde: Bei Greif ist das Marathonrenntempo, gerne als MRT abgekürzt, die Seele des Plans. Tempodauerlauf, Endbeschleunigung und die Intervalle in den letzten zwei Wochen vor dem Marathon laufe ich alle im MRT. Der ganze Plan zur Erreichung des Ziels atmet eine Eigenschaft des Ziels, ich habe das Gefühl für das Ziel bis auf in der Tempotreppe JEDES Mal in den Beinen, im Kopf, auf der Uhr, wenn ich Tempo mache. Messbar und spezifisch sind hier sehr deutlich realisiert, und wenn ich mich dem Plan unterwerfe, wird der Realismus des Ziels recht schnell aufgezeigt, in die eine oder andere Richtung.

Die Sache mit „Platzierungen sind keine guten Ziele, Zielzeiten schon“, die Sache mit der Kontrollierbarkeit habe ich aus Mentaltraining im Ausdauersport. Tja, und nun die Übertragung ins andere Leben… viele Ziele, die von Führungskräften gesetzt werden, lassen die Attraktivität für diejenigen, die sie erreichen sollen, deutlich vermissen. Man glaubt oft, die Attraktivität für den, der dafür ackert, durch Druck, durch enge Terminiertheit kompensieren zu können, und tötet dann auch noch den Realismus. Oft wird auch recht vage formuliert. Aus dem Ausdauersport habe ich gelernt, solche Ziele, die es an Konkretisierung, an Attraktivität (weil sie willkürlich sind und keinen Mehrwert an sich haben) oder an Realismus mangeln lassen, zu identifizieren.

Die Defizite bei Zielen im Berufsleben betreffen oft eher SAR (Spezifischsein, Attraktivität und Realismus, wobei mir prompt Search And Rescue) einfällt, im Sport hadern wir dann doch eher mit der Kunst (Attraktivität, Realismus und Terminiertheit zu verbinden). Und ich frage mich gerade, ob ich die ganzen Klammern, die ich mit diesem Text aufgemacht habe, nun wieder zu bekommen habe.

PRAGQ Rekapitulation

Ich hatte ja vor einiger Zeit meine Probleme mit dem Radfahr-Formschätzer erläutert. Als Lösung des Problems erwies sich eine andere Art von Formschätzer, der beim Radfahren hervorragend funktioniert – und auch beim Laufen sinnvoll ist.

Leider sind die Skalen für die pApzH („physikalische Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“, man kann auch einfach „Schlagleistung“ sagen) durch die unterschiedliche Leistungsmessung und konzeptionell andere Kalibration von Lauf- und Radfahrleistung nur unter unmotivierten „Fummelfaktoren“ in Deckung zu bringen, für’s Schwimmen und, wenn ich das wieder mache, Skaten steht gar keine Leistungsmessung in Form einer physikalischen Arbeit oder einer ähnlichen Größe zur Verfügung. Dementsprechend muss es beim unten stehenden Vergleich bleiben:

Allerdings hatte ich glaube ich noch gar nicht aufgezeigt, wie der PRAGQ, also der „Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient“, etwas plakativer die zusätzlichen Herzschläge pro Strecke beim Radfahren für unterschiedliche Räder aussehen. Ich hatte nur eine Tabelle gezeigt.

Ab August 2022 habe ich nun nach Fahrrad aufgeschlüsselt den PRAGQ bestimmt. Grob folgt die Kurve in den Sommermonaten, in denen ich viel mit dem Rennrad (Izalco, genannt „Green Scooter Killer“) fahren konnte, eben der grünen Kurve. Der Übergang zu weniger nettem Wetter und dementsprechend der Umstieg auf das Trek („Red Flash“, mit Schutzblechen und Gepäckträger und breiteren, schlammtauglicheren Reifen) ist deutlich: zunächst nähert sich die Gesamtkurve der Kurve für den „Red Flash“ an, dann bricht die Kurve des Rennrads ab, weil es nicht mehr verwendet wurde.

Somit ist klar zu erkennen, dass der Anstieg im PRAGQ eigentlich nur ein Wechsel von der Nutzungs-Dominanz des „Green Scooter Killers“ auf die Nutzungs-Dominanz des „Red Flash“ war und nichts oder nur wenig mit der Fitness der Fahrerin zu tun hatte. Die oben gezeigte Schlagleistung in Form von „(physikalischer) Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“ ist also der bessere Indikator und die funktioniert mit der Stryd-Leistungsmessung auch für’s Laufen.

Ich schmeiße den PRAGQ und seine Schwestern PRAPP und PRASPP nicht weg, aber auf die pApzH kann ich somit auch nicht mehr verzichten. Tatsächlich habe ich für das PRAPP ein ziemlich gutes Gefühl, gerade auch zur Detektion von Infekten und zur Beurteilung, ob das Herz-Kreislauf-System noch belastet ist. Das habe ich neulich sogar zu Rate gezogen, als ich um Rat gefragt wurde, wie und wann und mit wie viel Belastung eine Freundin wieder ins Training einsteigen solle. Mit der pApzH geht das nicht, weil viele Leute keinen Stryd oder vergleichbare Leistungsmessung haben und da auch der Fokus des Schätzers ein ganz anderer ist. Am Ende des Tages haben beide Systeme Vorzüge – die Leistung auf Herzschläge umgerechnet ist sehr gut, um unabhängig von Bedingungen des Sportgeräts, der Wind- und Steigungsverhältnisse einordnen zu können, wie’s grad steht, während PRAGQ, PRAPP und vielleicht auch PRASPP unter Berücksichtigung vergleichbarer Verhältnisse bereits bei Einzelaktivitäten eine vom Tempo unabhängige Einschätzung liefern können, wie’s genau jetzt aussieht.

Sprich: Das eine System (pApzH) bietet eine von den Rahmenbedingungen unabhängige, generelle Einschätzung des Trends, sofern eine Leistungsmessung zur Verfügung steht, das andere System schafft wesentlich kurzfristigere Veränderungen zu charakterisieren, ist aber sehr abhängig von den Umständen, braucht aber keine Leistungsmessung.

[KuK] Auf Kurs

Letztes Jahr um diese Zeit begann ich mein Marathon-Training für den Dämmermarathon im Mai. Dieses Jahr bin ich auf dem Weg für Regensburg. In den Indikatoren, die ich nun ausprobiere – physikalische Arbeit (Fahrrad) bzw. mit lower body stress Bewertung multiplizierte physikalische Arbeit (Laufen, gemessen durch den Stryd) ansetze und auf „pro Schritt“ bzw. „pro Tritt“ und „pro Herzschlag über den Ruhepuls hinaus“ herunterbreche…

…dann bin ich im Moment, im Schnitt des Februars, schon weiter als im März letzten Jahres. Wenn also nichts dazwischen kommt, könnte das Marathon-Projekt erfreulich erfolgreich werden. Darauf plane und strebe ich ja hin, aber dass auch meine Indikatoren anzeigen, dass ich halbwegs auf Kurs zu sein scheine, ist erfreulich.