[KuK] Meine Uhr sagt…

Dass meine Trainingsbelastung niedrig sei. Dass ich mich dringend erholen müsse. Gleichzeitig.

Ja, mir ist bewusst, dass ich derzeit viel trainiere und hohe Belastung auf mich nehme. Was mich aber fasziniert ist, dass diverse Parameter des automatischen, algorithmischen Trainingsassistenten meiner Garmin Fénix 6Xpro einander nicht nur widersprechen, sondern auch (mindestens in Form der Rennprognosen) in offenkundigem Widerspruch zum tatsächlichen Zustand stehen. Mir wurde eine Halbmarathon-Zeit von 1:37 prognostiziert, gelaufen bin ich auf 20 Kilometer in Rheinzabern 1:24.

Ich möchte nicht sagen, dass die algorithmischen Trainingsassistenten und die Messwerte Quatsch sind. Sicherlich nicht! Allerdings kommen sie bei der Individualisierung an ihre Grenzen, insbesondere, wenn man intensiv und nach Plan trainiert, wenn man mehrere Sportarten betreibt und wenn die Bewertungssysteme für Herzfrequenz-Variabilität und für „Stress“ (was mehr oder minder dasselbe ist) zu verschiedenen Zeiten den „Normalzustand“ trainiert haben und daher völlig widersprüchliche Anzeigen liefern – basierend auf dem gleichen Messwert.

Dementsprechend werte ich lieber selbst aus. Denn ganz offenkundig passt das deutlich besser zu dem, was tatsächlich mit meinem Körper passiert.

Vielleicht hat meine Uhr ihre Referenzdaten zu ungünstig unterschiedlichen Zeitpunkten genommen, vielleicht ist auch mein Körper ungewöhnlich. Aber am Ende des Tages lief ich vor dem Update etwa so schnell wie prognostiziert, vielleicht auf langen Strecken etwas langsamer – während alle stöhnten, dass sie niemals diese Prognosen erreichen würden. Inzwischen sind die Prognosen für mich völliger Unsinn, ich laufe locker 10% schneller.

Über Ziele

Trainieren heißt auch, Ziele zu haben und etwas zu tun, um diese zu erreichen. Das gilt für Sport genauso wie für andere Dinge. Ich habe festgestellt, dass Sport, bei mir das Laufen, mich vieles über sinnvolle und weniger sinnvolle Ziele gelehrt hat, auch darüber, wie man sie erreichen kann. Es gibt natürlich auch andere Systeme, die sich mit Zielsetzung und dem Management der Erreichung dieser Ziele befassen.

Ein Klassiker aus der Ausbildung für Führungskräfte ist die SMART-Methode. Ein Ziel soll folgende Kriterien erfüllen:

  • S wie spezifisch:
    Das Ziel soll spezifisch sein – also konkret und klar formuliert, so dass ich zu jeder Zeit, also auch in den Phasen, in denen ich selbst zweifle, ersehen kann, wo ich hin will und ob ich das Ziel erreicht habe.
  • M wie messbar:
    Am besten sind natürlich Ziele, bei denen man die Erreichung in Prozent angeben kann, die also quantitativ messbar sind. Allgemein sollte aber eine Messgröße – wie abstrakt sie auch sein mag – existieren, um die Erreichung des Ziels zu verifizieren.
  • A wie attraktiv:
    Lasst mich einen meiner liebsten Filme zitieren…
    „Wie bringt man eine Crew dazu, ein U-Boot zu verlassen?“ – „Wie bringt man eine Crew dazu, ein Atom-U-Boot…“ – „Sie muss da raus WOLLEN!“
    Wenn das Ziel nicht attraktiv ist, werde ich nicht motiviert sein. Ob nun der wünschenswerte, der attraktive Effekt die Vermeidung von schlechten Dingen bei Nicht-Erreichen oder die Belohnung für’s Erreichen ist, ist erstmal egal. Attraktiv wird das Ziel, weil es mir persönlich einen wünschenswerten Vorteil gegenüber der Nicht-Erreichung gibt.
  • R wie realistisch:
    Ich sage manchmal, ich scheitere oft an meinen Ansprüchen. Genau das Gegenteil ist ein gesundes Ziel. Ziele sind nur dann gute Ziele, wenn man sie auch erreichen kann – am besten, wenn man Kontrolle über ihre Erreichung hat. Natürlich ist es attraktiv, messbar und spezifisch, einen Weltrekord zu erzielen oder viel Geld zu gewinnen, aber realistisch ist es nicht (also zumindest für mich).
  • T wie terminiert:
    Es muss klar sein, wann das Ziel zu erreichen ist. Wenn das Ziel nicht mit einer Deadline versehen ist, wird es manchmal schwierig, die Erreichung hinreichend strebsam zu verfolgen. Allerdings muss man an dieser Stelle vorsichtig sein – auch die Terminierung muss realistisch sein, und zwar im Kontext aller anderen Ziele, die man erreichen möchte und muss.

Ich habe dieses Konzept schon oft erzählt bekommen, da ich Führungskräfteseminare mitmachen durfte/musste. Seltsamerweise erscheint es „logisch“, dass Personen, die in der Wissenschaft einen Doktortitel erworben haben, Führungskräfte sein sollen, können und wollen, weswegen sie auf solche Seminare geschickt werden. Das ist ein spannendes Thema für sich, da der Doktortitel (sofern es kein „h.c.“-Doktor ist) vor allem etwas über die Befähigung zum selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten aussagt, nicht aber über die Führung eines Teams – weder über den Willen noch über die Befähigung hierzu. Aber lassen wir uns nicht auf Abwege bringen.

Hmm… einen Abweg habe ich noch! Ich verspreche, ich verfolge ihn nur kurz. Das obige „SMART“e Ziel ist nur dann ein SMARTes Ziel, wenn es ALLE Kriterien erfüllt. Viele Ziele, die einem im Arbeitskontext vorgespielt werden, sind nur SMT. Realismus und Attraktivität (bzw. Sinnhaftigkeit) der Ziele stehen oft in Frage, insbesondere im Kontext der konkreten Terminierung. Dieses Haushalten – und damit verlasse ich diesen Abweg – wird einem beim Sport sehr deutlich vor Augen geführt, denn wenn man sich für etwas, das nix bringt und wohl auch nicht gut geht, die ganze Zeit quält, kommt nix bei raus – außer vielleicht eine Verletzung und eine Menge Frust.

Somit sind wir zurück beim Sport, der mir etwas über Zieldefinition, Streben nach der Zielerreichung und Zielqualität beigebracht hat. Darum geht es auch in dem Büchlein Mentaltraining im Ausdauersport von Constantin Doll, neben einigen anderen Aspekten. Trainingsplanung atmet sehr viel von Zieldefinition und Zielerreichung – hier beziehe ich mich auch ein bisschen auf Peter Greifs Buch „Greif – for running life“. Im (Lauf-)Sport haben wir eine recht komfortable Situation: Zeit, Strecke, Geschwindigkeit lassen sich hervorragend messen. Auch die Reihenfolge des Zieleinlaufs lässt sich hervorragend messen, aber dazu komme ich gleich noch. Das „M“ bei den SMARTen Zielen ist also kein Problem. Somit wird’s halbwegs einfach, auch das „S“, das Spezifisch-Sein, mit abzufrühstücken. Die Kunst liegt nun in „ART“, und irgendwie gefällt mir dieses Wortspiel schon jetzt sehr gut.

Was ist attraktiv im Laufsport? Genau das, was Ihr jetzt denkt, ist die Denke der meisten Leute: Oben auf einem Treppchen stehen, gewinnen! Attraktiv ist das auf jeden Fall! Ich merke es immer wieder, wie sehr die Attraktivität eines Sieges (insgesamt, in der Geschlechtsgruppe, in der Altersklasse) die Wahrnehmung von Laufergebnissen beeinflusst. Verdammt, es ist hammercool, oben auf einem Treppchen zu stehen, hab‘ ich bisher zweimal bei Läufen insgesamt (bei den Frauen) geschafft – 2019 beim Campus Run der Uni Stuttgart und 2022 bei der Bergdorfmeile. Attraktiv ist das – aber das ist nur das „A“ in der Kunst.

Realismus und Terminiertheit setzen einen wesentlich engeren Rahmen, der Siege oder Platzierungen als valide Ziele von vorne herein disqualifiziert. Denn realistisch betrachtet, ist bei einem konkreten Wettkampf (terminiert) oder bei irgendeinem Wettkampf (nicht terminiert) meine Platzierung nicht nur von meiner Leistung abhängig, sondern von der An- oder Abwesenheit anderer, stärkerer oder schwächerer Läuferinnen und Läufer abhängig. Siegen, Vorweglaufen, das kann ich situativ zur Motivation benutzen. Ich kann auch situativ sagen: Ich möchte eine bestimmte Arbeit schneller hinbekommen als die Konkurrenz. Aber was die Konkurrenz beim Laufen oder auf der Arbeit oder sonstwo tut, kann ich nicht kontrollieren. Ich habe keinerlei Handhabe über Terminiertheit und Realismus eines Sieges. Zu sagen, mein Ziel ist es, „schneller als XY“ zu sein, sofern XY nicht ich selbst zu einem bestimmten, weniger gut trainierten Zeitpunkt ist, erlaubt keinerlei Kontrolle über die Erreichbarkeit des Zieles.

So, das hätten wir also. Ein Sieg ist kein „SMART“es Ziel. Ein Ziel, das nicht „SMAR“ ist, wird kein Stück besser, bloß weil es terminiert ist, auch außerhalb des Laufens. Daher bin ich inzwischen der Meinung, wir sollten uns auf das konzentrieren, was wünschenswert und durch uns selbst kontrollierbar ist. Natürlich dürfen wir die zweite Bedeutung das „A“, die ich oben großzügig übergangen habe, nicht aus den Augen verlieren. Ein Ziel, das nicht auch ambitioniert ist, ist es nicht wert, ein Ziel zu sein.

Am Ende des Tages liegen wir also für ein SMARTes Ziel bei etwas, das wir selbst kontrollieren können, das einen Mehrwert bringt, das wir messen und beziffern und klar verstehen können und das wir zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichen WOLLEN und auch KÖNNEN. Ganz typische Ziele sind nun also…

  • Auf einem bestimmten Wettkampf oder in einem bestimmten Zeitraum auf einer bestimmten Strecke eine bestimmte Zeit zu unterbieten. Es ist nicht nur valide, was ich diese Saison getan habe
    „Regensburg-Marathon 2023 am 21.05.2023 in 3:05 laufen.“
    Das ist EINE Variante eines validen Sport-Ziels. Die andere Variante habe ich auch schon ein paar Mal genutzt, so zum Beispiel:
    „Im Jahr 2019 auf der Halbmarathon-Distanz die 90 Minuten unterbieten.“
    „Bevor ich 50 werde auf der Marathon-Distanz die drei Stunden unterbieten.“
    Das sind valide Ziele, sofern sie realistisch sind – anhand meiner Vorleistungen denke ich, dass das letztere realistisch ist, das erstere habe ich bereits im Mai 2019 erreicht gehabt, und somit war es wohl realistisch.
  • Ein bisschen komplizierter, aber nicht minder SMART wird’s bei etwas anders gestrickten Zielen. Ich setze mir zum Beispiel jedes Jahr das Ziel, im Jahresdurchschnitt 20 Kilometer pro Tag zu radeln und 10 Kilometer pro Tag zu laufen. Messbar ist das auf jeden Fall, spezifisch auch, realistisch ist es nur, wenn ich nicht krank werde – Abhilfe schafft an dieser Stelle, dass ich Kranktage herausrechne und das Ziel als „10 Kilometer Laufen pro Tag, den ich nicht krank bin, im Jahresschnitt“ umformuliere – und am Ende des Jahres rechne ich ab, terminiert isses also. Aber attraktiv? Für mich schon. Ich stehe auf Zahlen. Für andere vielleicht nicht. SMART liegt also im Auge des Betrachters. Ähnlich verhält es sich beim Streak-Running, das wiederum ist für mich nicht attraktiv genug.
  • Richtig spannend wird es bei anders gearteten Zielen im Sport. Ich habe das Laufen ursprünglich angefangen, um weniger krank (durch wetterfühlige Kopfschmerzen) zu sein. Das ist spezifisch, es ist auf jeden Fall attraktiv, realistisch ist es bei meiner Art von Kopfschmerzen auch. Die Terminierbarkeit ist ein Problem, und messbar… tja, an dieser Stelle kommt Kreativität ins Spiel. Ich kopple mein Trainings- mit meinem Schmerztagebuch. Läuft! Mindestens SMAR ist das Ziel, aber die Terminiertheit ist eher so’n sliding window.

Kommen wir zu einem „verzögerten Lemma“, nämlich zu SMARTen Zielen und Peter Greif. Da kann ich Euch eine ganz spezifische Begründung geben, warum ich die Marathon-Zielzeit in Peter Greifs Countdown als überaus smartes Ziel ansehe, warum ich die Messbarkeit und den Realismus hier gut abgebildet finde: Bei Greif ist das Marathonrenntempo, gerne als MRT abgekürzt, die Seele des Plans. Tempodauerlauf, Endbeschleunigung und die Intervalle in den letzten zwei Wochen vor dem Marathon laufe ich alle im MRT. Der ganze Plan zur Erreichung des Ziels atmet eine Eigenschaft des Ziels, ich habe das Gefühl für das Ziel bis auf in der Tempotreppe JEDES Mal in den Beinen, im Kopf, auf der Uhr, wenn ich Tempo mache. Messbar und spezifisch sind hier sehr deutlich realisiert, und wenn ich mich dem Plan unterwerfe, wird der Realismus des Ziels recht schnell aufgezeigt, in die eine oder andere Richtung.

Die Sache mit „Platzierungen sind keine guten Ziele, Zielzeiten schon“, die Sache mit der Kontrollierbarkeit habe ich aus Mentaltraining im Ausdauersport. Tja, und nun die Übertragung ins andere Leben… viele Ziele, die von Führungskräften gesetzt werden, lassen die Attraktivität für diejenigen, die sie erreichen sollen, deutlich vermissen. Man glaubt oft, die Attraktivität für den, der dafür ackert, durch Druck, durch enge Terminiertheit kompensieren zu können, und tötet dann auch noch den Realismus. Oft wird auch recht vage formuliert. Aus dem Ausdauersport habe ich gelernt, solche Ziele, die es an Konkretisierung, an Attraktivität (weil sie willkürlich sind und keinen Mehrwert an sich haben) oder an Realismus mangeln lassen, zu identifizieren.

Die Defizite bei Zielen im Berufsleben betreffen oft eher SAR (Spezifischsein, Attraktivität und Realismus, wobei mir prompt Search And Rescue) einfällt, im Sport hadern wir dann doch eher mit der Kunst (Attraktivität, Realismus und Terminiertheit zu verbinden). Und ich frage mich gerade, ob ich die ganzen Klammern, die ich mit diesem Text aufgemacht habe, nun wieder zu bekommen habe.

PRAGQ Rekapitulation

Ich hatte ja vor einiger Zeit meine Probleme mit dem Radfahr-Formschätzer erläutert. Als Lösung des Problems erwies sich eine andere Art von Formschätzer, der beim Radfahren hervorragend funktioniert – und auch beim Laufen sinnvoll ist.

Leider sind die Skalen für die pApzH („physikalische Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“, man kann auch einfach „Schlagleistung“ sagen) durch die unterschiedliche Leistungsmessung und konzeptionell andere Kalibration von Lauf- und Radfahrleistung nur unter unmotivierten „Fummelfaktoren“ in Deckung zu bringen, für’s Schwimmen und, wenn ich das wieder mache, Skaten steht gar keine Leistungsmessung in Form einer physikalischen Arbeit oder einer ähnlichen Größe zur Verfügung. Dementsprechend muss es beim unten stehenden Vergleich bleiben:

Allerdings hatte ich glaube ich noch gar nicht aufgezeigt, wie der PRAGQ, also der „Puls-Reserve-Ausnutzungs-Geschwindigkeits-Quotient“, etwas plakativer die zusätzlichen Herzschläge pro Strecke beim Radfahren für unterschiedliche Räder aussehen. Ich hatte nur eine Tabelle gezeigt.

Ab August 2022 habe ich nun nach Fahrrad aufgeschlüsselt den PRAGQ bestimmt. Grob folgt die Kurve in den Sommermonaten, in denen ich viel mit dem Rennrad (Izalco, genannt „Green Scooter Killer“) fahren konnte, eben der grünen Kurve. Der Übergang zu weniger nettem Wetter und dementsprechend der Umstieg auf das Trek („Red Flash“, mit Schutzblechen und Gepäckträger und breiteren, schlammtauglicheren Reifen) ist deutlich: zunächst nähert sich die Gesamtkurve der Kurve für den „Red Flash“ an, dann bricht die Kurve des Rennrads ab, weil es nicht mehr verwendet wurde.

Somit ist klar zu erkennen, dass der Anstieg im PRAGQ eigentlich nur ein Wechsel von der Nutzungs-Dominanz des „Green Scooter Killers“ auf die Nutzungs-Dominanz des „Red Flash“ war und nichts oder nur wenig mit der Fitness der Fahrerin zu tun hatte. Die oben gezeigte Schlagleistung in Form von „(physikalischer) Arbeit pro zusätzlichem Herzschlag“ ist also der bessere Indikator und die funktioniert mit der Stryd-Leistungsmessung auch für’s Laufen.

Ich schmeiße den PRAGQ und seine Schwestern PRAPP und PRASPP nicht weg, aber auf die pApzH kann ich somit auch nicht mehr verzichten. Tatsächlich habe ich für das PRAPP ein ziemlich gutes Gefühl, gerade auch zur Detektion von Infekten und zur Beurteilung, ob das Herz-Kreislauf-System noch belastet ist. Das habe ich neulich sogar zu Rate gezogen, als ich um Rat gefragt wurde, wie und wann und mit wie viel Belastung eine Freundin wieder ins Training einsteigen solle. Mit der pApzH geht das nicht, weil viele Leute keinen Stryd oder vergleichbare Leistungsmessung haben und da auch der Fokus des Schätzers ein ganz anderer ist. Am Ende des Tages haben beide Systeme Vorzüge – die Leistung auf Herzschläge umgerechnet ist sehr gut, um unabhängig von Bedingungen des Sportgeräts, der Wind- und Steigungsverhältnisse einordnen zu können, wie’s grad steht, während PRAGQ, PRAPP und vielleicht auch PRASPP unter Berücksichtigung vergleichbarer Verhältnisse bereits bei Einzelaktivitäten eine vom Tempo unabhängige Einschätzung liefern können, wie’s genau jetzt aussieht.

Sprich: Das eine System (pApzH) bietet eine von den Rahmenbedingungen unabhängige, generelle Einschätzung des Trends, sofern eine Leistungsmessung zur Verfügung steht, das andere System schafft wesentlich kurzfristigere Veränderungen zu charakterisieren, ist aber sehr abhängig von den Umständen, braucht aber keine Leistungsmessung.

[KuK] Auf Kurs

Letztes Jahr um diese Zeit begann ich mein Marathon-Training für den Dämmermarathon im Mai. Dieses Jahr bin ich auf dem Weg für Regensburg. In den Indikatoren, die ich nun ausprobiere – physikalische Arbeit (Fahrrad) bzw. mit lower body stress Bewertung multiplizierte physikalische Arbeit (Laufen, gemessen durch den Stryd) ansetze und auf „pro Schritt“ bzw. „pro Tritt“ und „pro Herzschlag über den Ruhepuls hinaus“ herunterbreche…

…dann bin ich im Moment, im Schnitt des Februars, schon weiter als im März letzten Jahres. Wenn also nichts dazwischen kommt, könnte das Marathon-Projekt erfreulich erfolgreich werden. Darauf plane und strebe ich ja hin, aber dass auch meine Indikatoren anzeigen, dass ich halbwegs auf Kurs zu sein scheine, ist erfreulich.

Rheinzabern nochmal

Nee, ich bin die Strecke nicht nochmal gelaufen… gestern fühlten sich die Oberschenkel noch überhaupt nicht nach „schnell laufen“ an. Zumindest beim Yoga war ich allerdings beweglich wie selten nach einem Wettkampf, und eine vier Mal zehn Minuten Runde, unterbrochen von einer Lauftechnik-Video-Aufnahme auf der Bahn mit meinem Ehewolf als Kameramann, musste eher langsam sein.

Aber nun ist der LaufReport vom 20er fertig und ich finde mich in den Bildern und im Text!

Bitte schaut auch ganz besonders auf die grandiose Leistung von Michaela Kummer… ich finde es super, dass sehbehinderte Personen mit entsprechender Unterstützung nicht nur hochgehypet bei den Paralympics, sondern eben auch im ambitionierten Hobby- und Amateursport ihren Platz haben, trotz anderweitiger Verletzung antreten können und Lösungen finden. Und SCHNELL sind!

Vorbildfunktion

Immer wieder betont meine kleine Plüsch-Schneeleopardin Xue, dass sie Vorbildfunktion habe. Genau genommen betont sie, Schneeleos hätten Vorbildfunktion. So trug auch Xue in der Bahn eine Maske, fährt mit Ticket und betont, dass man Rücksicht aufeinander nehmen soll.

Genau das erlebe ich zur Zeit im Straßenverkehr von vielen nicht. Ich bin wahrlich kein Engel, das gebe ich zu. Mir passieren Fehler, und manchmal sprinte ich auch mit dem Rad auf der Radspur über eine gelbe Ampel, Hände auf den Dropbars, Hintern in die Höhe, und drücken und ziehen mit den SPD-Cleats, was nur geht. Ich möchte mich gar nicht auf ein allzu hohes Ross schwingen. Allerdings sehe ich in letzter Zeit immer wieder Dinge, die mich mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und der Frage, ob ich übervorsichtig oder dumm sei, hinterlassen. Ich glaube freilich, dass ich durch meinen Unfall mit 17 weiterhin eher vorsichtig bin und und dass ich meine nicht unbedingt überausgeprägten Fähigkeiten in Radbeherrschung vorsichtig bis realistisch einschätze.

Ich gehe fest davon aus, dass ich freihändig fahrend nicht genug Kontrolle über mein Rad habe, um eine Bodenwelle so kompensieren zu können, dass ich einen neben meiner Fahrlinie fahrenden oder gehenden anderen Verkehrsteilnehmer zuverlässig nicht anfahre. Deswegen lasse ich mal eine Hand vom Lenker weg, aber nicht im Verkehr länger beide – erst recht nicht in den Taschen, vor dem Körper verschränkt oder gar eine Hand am Handy und die andere an der Zigarette. Ja, genau sowas sehe ich dauernd! Ich halte in dunklen oder dämmerigen Phasen Licht am Rad für wichtig – vorne und hinten, bevorzugt nicht blendend. Auch das scheint kein Allgemeingut zu sein. Der Sprint an mir vorbei über die knallrote Radfahrerampel, an der ich halte, kommt auch recht oft vor. Aber genug des Radfahrerbashings von Radfahrerseite, denn ich erlebe allzuoft Fußgänger, die einen für Radfahrer benutzungspflichtigen Rad-/Fußweg (horizontale Teilung auf dem blauen Schild) als reinen Fußweg betrachten – an schlendernden Leuten vorbei zu wollen oder gar zu klingeln, wird gerne als Unverschämtheit goutiert, oft auch dank noise-cancelling Equipment nicht gehört (oder großzügig ignoriert). Autofahrer, die mir das Handy in der Hand, telefonierend, gefährlich die Vorfahrt nehmen oder den Radweg zuparken, weil die Fläche ja da ist, haben wir genauso.

Deswegen wäre mir ein Anliegen, dass wir alle vielleicht versuchen, auch ich, ein bisschen mehr die sinnvollen Regeln einzuhalten, die da lauten:

  • Andere Verkehrsteilnehmer, für die ein von unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern benutzter Verkehrsweg benutzungspflichtig ist, sollen weder umgefahren noch ohne Not behindert werden. Überholen oder Parken (egal, ob man ein Auto oder einen E-Scooter abstellen will oder mit dem Rennrad schneller ist als die Dame mit Basil-Korb und oberschenkeldickem Damenradrahmen) sind weniger wichtig als der normal fließende Verkehr von Fußgängern, Radfahrern und Autos, aber wenn Platz ist, ist es auch keine Frechheit, wenn wer Schnelleres überholt.
  • Handy vor dem Gesicht oder in Händen, die eigentlich an Steuer oder Lenker gehören, noise-cancelling Kopfhörer und all das, was den visuellen und den akustischen Sinn vom Geschehen um einen herum ablenkt, haben im Straßen-, Rad- und Fußwegverkehr nichts zu suchen. Wenn ich telefonieren oder texten will, halte ich an – egal, ob zu Fuß, auf dem Rad oder im Auto.
  • Rote Ampeln, Vorfahrtsregeln, Einbahnstraßen, Benutzungspflichten und Benutzungsverbote sind nicht nur Vorschläge. Als Radfahrerin habe ich auf dem Gehweg nichts verloren, gegen die Einbahnstraße fahre ich nur, wenn da Radfahrer frei steht.

Das sollte eigentlich common sense sein. Aber ich erlebe derzeit bei KEINER der drei (vier) Fraktionen Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer (und E-Scooteristen) die Abwesenheit einer das Verkehrsgeschehen unangenehm beeinflussenden, gar gefährdenden Fraktion, die die obigen Regeln nichtmal der Spur nach beherzigt.

…und das finde ich traurig. Und es macht mich wütend.

Freude am Laufen – Rheinzaberner Winterlaufserie 20er

Heute hat es richtig, richtig Spaß gemacht. Ich bin zwar nicht die 4:05/km gelaufen, die ich mir für die Halbmarathon-Distanz in den Plan geschrieben habe, aber das ist eigentlich völlig egal. Mit einem ganz guten Zehner und einem den Umständen entsprechenden Fünfzehner auf dem Konto bzw. in der Cup-Wertung kamen wir heute nach Rheinzabern, um die diesjährige Winterlaufserie abzuschließen.

Wie immer war alles super organisiert, aber das ist in Rheinzabern ja schon lange Tradition. Wie immer waren schnelle Leute aus nah und auch etwas ferner da – neben den Karlsruhern und den Pfälzern hörte man Vereinsnamen aus Bretten, Rhein-Neckar, Heilbronn und sogar Tübingen öfters. Für mich war der Pfad ausgelegt, denn ich hatte zum 15er ja zwei Wochen Trainingsrückstand mitgebracht, da es mir zwischen Weihnachten und Dreikönig nicht gut ging. Die vier Wochen vom Fünfzehner bis heute hatte ich aber gut genutzt, war Intervalle auf der Bahn gelaufen und war sie gut gelaufen. Nur die Tempofixierung am Dienstag hatte nicht so richtig hingehauen, ich war durchweg zu schnell. Auf instinktives Tempo durfte ich mich heute also nicht verlassen.

Nachdem ich viele bekannte Gesichter gesehen und gegrüßt hatte – und sicher eine Menge auch verpasst habe, sorry dafür – ging’s an den Start. Ich war erstmal weit hinten eingeordnet, wollte verhalten loslaufen und dann später steigern. Verhalten loslaufen ging für einen Kilometer, dann war ich ganz gut dabei und auch halbwegs einsortiert. In Rheinzabern macht das immer Spaß, da sind viele, viele schnelle Leute dabei. Dennoch lief ich die Runde über die Felder und am Wald entlang, bei Hatzenbühl, weitgehend allein zwischen zwei Gruppen, arbeitete mich an einzelnen Leuten vorbei. Für mich ein gutes Zeichen war, dass ich irgendwo um das erste Drittel der Strecke Norbert Irnich von der LSG Karlsruhe überholen konnte. Der hatte mir nach dem 15er schon die Frage gestellt, was los sei – da er mich normalerweise nicht überholen konnte. Beim 15er konnte er’s, heute nicht. Das Überholen und Überholtwerden hielt sich die Waage – schnelle Läufer zogen vorbei, andere, die sich übernommen hatten, konnte ich überholen. An der Ecke, wo man auf die Startgerade einbiegt, schon bei etwa zwei absolvierten Dritteln der Strecke, standen etliche Leute – ich glaube, ich habe aus fünf Mündern meinen Namen gehört, aber nur Bruno konnte ich auf die schnelle zuordnen. Ab Kilometer 15 zog ich wieder etwas an – ich war laut Uhr langsamer geworden, verlor aber im Gegensatz zur ersten Hälfte der Strecke immer ca. 20 Meter auf die Streckenmarkierungen: Meine Uhr zeigte „zu kurz“ und damit „zu langsam“ an.

Auf der Wendepunktstrecke sah ich Amélie Svensson, noch eine weitere Läuferin, und Emma Simpson Dore, freute mich über die schnellen Läuferinnen. Zwei weitere Läuferinnen muss ich übersehen haben, denn ich sah vor mir nur noch Franziska Pfeifer von der LG Region Karlsruhe, der ich bei Kilometer 18 schon SEHR nahe gekommen war, die dann aber noch etwas zulegen konnte und mich nicht mehr rankommen ließ bis zum Ziel – zehn, zwölf Meter müssen es gewesen sein, doch da Franziska weit vor mir gestartet war, lag ich zumindest nach Nettozeit vor ihr – und finishte auf Rang 6 in einer Zeit von 1:23:56, also knapp schneller als 4:12/km. Das ist nicht mein anvisiertes Halbmarathon-Renntempo, aber schnell genug, um das Marathon-Projekt von 3:05 in Regensburg für realistisch getestet zu haben.

Am Podium in der Cup-Wertung war ich knapp vorbeigelaufen – weniger als drei Minuten fehlten mit auf Rang 3 in der Zeitsumme aller drei Läufe, aber in meiner Altersklasse konnte ich ziemlich viel erreichen. Und so gab’s zwei Siegerehrungen, zwei Urkunden – und noch ein Bild mit Manuel und Selina vom Laufteam rennwerk.

Von den vier Gutscheinen für Eichis Laufladen gab’s dann gleich noch Puma Liberate Nitro, das zweite neue Paar Schuhe binnen drei Tagen. Das war nun die letzte Zwischenstation. Die weiteren Wettkämpfe fügen sich direkt in Countdown und Tapering für den Marathon ein. In drei Wochen wird es ernst mit dem Countdown nach Greif!

Großkatzenfische

„Du Rocky?“, sagte Xue. Rocky hob den Kopf und fragte: „Ja, Xue? Was ist denn?“ Die kleine Schneeleopardin zeigte auf die Fersenkappe der neue Schuhe. „Die Pumas haben Flossen hinten dran!“ Der kleine, inzwischen zum Laufexperten werdende Tiger erwiderte: „Das habe ich gesehen! Die sind toll, oder?“ Xue nickte, doch dann fragte sie nachdenklich: „Sind das dann Großkatzenfische?“

Rocky legte den Kopf schräg, weil er vom Vater der Besitzerin der Flossen-Puma-Schuhe gelernt hatte, dass man dann besser nachdenken könne. Schließlich erklärte er: „Ja. Großkatzenfische! Und zwar ziemlich schnelle!“

Steile Thesen

Als ich gestern nach kurzer Vorbereitung daheim mit dem Rad in Richtung eines Außendienstes unterwegs war, gingen mir einige Dinge – zum Glück nur nicht-physische – durch den Kopf. Unterbrochen vom Ärger über das Zustellen des Radweges hinter der Messe Karlsruhe durch irgendwelche motorisierten Fahrzeuge formierte sich langsam eine Idee. Inspiriert ist das Ganze von den Newton’schen Axiomen, die ja im englischsprachigen Raum zu diversen Dreieinigkeiten von Axiomen, Regeln oder Gesetzen, die nach ihrem jeweiligen Urheber benannt sind, geführt haben. Für mich begann das Gedankenspiel, dessen Früchte ich hoffe, hier aufzuführen, mit dem dritten Clarke’schen Gesetz, welches bekanntlich besagt, dass hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie nicht zu unterscheiden ist. Nun formierte sich in meinem Kopf der Gedanke, dass in hinreichend gesunden Lebensstil Pendel- und Besorgungswege von niedrigintensivem Training (low-intensity training, LIT) nicht zu unterscheiden seien.

Ich habe mich bemüht, das Ganze nicht so drastisch zu formulieren, wie ich das manchmal tue… zum Beispiel in Form der Adaption des „Cobra-Kai-Mottos“ zu „Train hard, Run fast, no Excuses“, oder in Form des Satzes, den ich immer wieder gerne zitiere: „Radfahren ohne Sensoren ist möglich – aber sinnlos“. Letzteres geht natürlich genauso für’s Laufen. Das sind freilich SEHR steile Thesen. Leider sind auch die folgenden drei Gesetze oder Axiome von einer Art, die als eher radikal betrachtet werden wird. Ich glaube aber tatsächlich, dass wenn man es versucht, man dieselbe Erfahrung macht wie ich: lange Zeit ausschließlich mit dem Pendeln beschäftigt zu verbringen, selbst im Stau noch Konzentration für’s Auto aufbringen zu müssen, sich im Auto und am Schreibtisch nur den Hintern platt zu sitzen und die körperlichen Fähigkeiten nicht (sanft, ggf. unterstützt) zu nutzen, lässt auf Dauer körperliche Fähigkeiten verkümmern, Krankheiten aufkommen und unglücklich werden. Daher habe ich die folgenden Gesetze für Pendeln bzw. Mobilität formuliert. Sie sind nicht so griffig, wie ich es mir wünsche, weil ich sie nicht radikal formulieren wollte. Sie sollen tauglich sein, um sich daran zu orientieren, selbst wenn man eben nicht „so eine Sportskanone“ wie ich ist, selbst wenn die Pendelstrecke etwas länger ist oder man durch bergige Struktur der Umgebung auf Unterstützung der Muskelkraft angewiesen ist.

  1. Pendelstrecken, die zurückzulegen einen nicht unwesentlichen Anteil des Tages einnimmt, ohne dabei Gelegenheit zu anderen, gesunden oder produktiven Tätigkeiten zu bieten, sind auf Dauer ungesund.
  2. Den Körper über eine (Pendel-)Strecke zu bewegen, sollte erfordern, zumindest einen Teil der dafür nötigen Energie durch Muskelkraft aufzubringen und sich außerhalb von geschlossenen Räumen aufzuhalten.
  3. In einem hinreichend gesunden Lebensstil sind Pendel- und Besorgungswege zumeist von niedrigintensivem Training nicht zu unterscheiden.

Nun bin ich mal gespannt, wie es sich entwickelt, mit diesen drei Thesen, Gesetzen oder Axiomen…