…das von etwas, das in den Neunzigerjahren im Fernsehen und dort wirklich ikonisch war, nicht auf die Schnelle ein Video auf Youtube aufzutreiben ist?
Was hat sie denn nun wieder, werdet Ihr fragen. Ikonisch… sicher irgendwas mit Science Fiction oder so, bevorzugt im abseitigen Bereich. Nein.
Ich habe die Begriffe „Manolo Saiz Venga Time Trial“ gesucht. Das, was man damals in den Neunzigern sah, wenn diese Begriffe zusammen fielen, fand ich nicht als Video, sonst hätte ich es gerne hier verlinkt. Deswegen muss ich es in Worten nachzeichnen, DARF ich es hier in Worten nachzeichnen.
Einzelzeitfahren, Tour de France. Ein Fahrer in einem rosanen Trikot mit einem Strichmännchen mit Blindenstock darauf auf einer Straße, schräg hinter ihm ein Begleitfahrzeug mit ganzen Rennrädern, Laufrädern, Equipment auf dem Dach. Vielleicht ist es Alex Zülle, der da Einzelzeitfahren fährt, vielleicht Joseba Beloki, in jedem Falle ist es der Fahrer des ONCE-Teams mit der besten Chance, auf das Podium der Tour de France zu fahren. Aus dem hinteren Fenster des Begleitfahrzeugs hängt ein Arm, ein halber Mensch heraus, der ein Megaphon in der Hand hält und in unendlicher Folge, immer wieder, dauernd, nur ein Wort brüllt:
„Venga! Venga! Venga!“
Skurril ist das, aber Manolo Saiz, der sportliche Leiter des ONCE-Teams, tat das durchaus ganze Einzelzeitfahren lang. Keiner seiner Schützlinge hat das gelbe Trikot nach Paris getragen.
Später wurde aus ONCE das Team ONCE – Eroski, dann ONCE – Deutsche Bank, zuletzt dann Liberty Seguros. Dann wurden Manolo Saiz und sein Team von Verstrickungen in die Doping-Netzwerke um den Arzt Fuentes weggespült. Ich habe gelitten unter diesem zusammenbrechenden Kartenhaus aus Doping, Leugnen und Lügen. Und doch bleiben Erinnerungen an ein Einzelzeitfahren, es muss tatsächlich damals noch Zülle gewesen sein, dem Manolo Saiz ein ganzes Einzelzeitfahren lang aus dem Megaphon vom Begleitfahrzeug her nur ein Wort in den Rücken brüllte: „Venga!“ Und wenn er’s nicht getan hätte, es wäre immer noch eine gute Geschichte.
Irgendwie mag ich das Einzelzeitfahren nicht so gerne. Die Bergtouren mit den unglaublichen Steigungen sind das Spannendste. 20%, das muß man sich vorstellen.
Bergrennen sind auch das Spannendste, ohne Frage. Auch die Dynamik eines flachen Rennens mit Ausreißern und Verfolgung und eventuell Massensprint oder auch nicht ist spannender als ein Einzelzeitfahren.
Aber es gehört halt dazu und bringt, auch weil es eben nicht so viel andere Spannung zeigt, mehr solche Anekdoten hervor wie die Beschriebene.
Hast du „Höllentour“ gesehen?
Nein, leider noch nicht.