Umleitung

In Karlsruhe wird derzeit gebaut.

Ähm. „Derzeit“ ist gut, werden einige Leute sagen. Tatsächlich wird ja in jeder halbwegs größeren Stadt, zu denen Karlsruhe mit seinen 300.000 Einwohnern wohl zählt, ständig irgendwo gebaut. Allerdings baut Karlsruhe seit etlichen Jahren an seiner „Kombilösung“, was letztlich bedeutet, die S-Bahnen aus der Fußgängerzone zu verbannen, indem man sie unter die Fußgängerzone verlegt, dabei auch eine große, zentrumsnahe Durchgangsstraße in den Untergrund zu verlegen und noch ein paar weitere Anpassungen vorzunehmen. Da nicht nur eine Linie, sondern ein ganzes T-Stück von Schienen unter die Erde verlegt wird und einer von drei Ästen dieses „T“ die tieferzulegende Straße kreuzt – und vor allem: Alle größeren Nord-Süd-S- und Tram-Bahnen über das „T“ verlaufen und die tieferzulegende Straße kreuzen, stellt sich das kompliziert dar.

Im Ergebnis haben wir derzeit das zweite Mal die kürzerfristige Umleitung von der längerfristigen Umleitung. Alle Nord-Süd-Bahnen werden nicht nur (längerfristig) parallel zum senkrechten Balken des „T“ umgeleitet, sondern für Sommer und Frühherbst auch auf halber Höhe des „T“ parallel zum waagerechten Balken des „T“. Klingt undurchsichtig? Oh, das ist es auch, sogar für Kenner des Karlsruher Netzes. Da das wohl auch den Verkehrsbetrieben und der Albtalverkehrsgesellschaft klar ist, verteilten sie im Vorfeld Broschüren in der Bahn, statt Tickets zu prüfen. Der darin gezeigte Netzplan löste bei mir erstmal einen gedanklichen Knoten aus, bis ich mich wieder reingefunden hatte.

Im Endergebnis darf oder muss ich nun bedingt durch die „Umleitung-von-der-Umleitung“ etwa anderthalb Stationen vor meiner Station der „normalen“ Station entfernt aussteigen und über drei Ampeln, zwei davon Teil der Straßen-tieferlege-Baustelle, bis zu meinem Büro gehen. Allerdings bin ich der Auffassung, dass es das wert ist. Am Ende wird die Karlsruher Innenstadt eine echte Fußgängerzone haben, in der nicht alle anderthalb Minuten ein Zug aus irgendeiner Richtung über die fast die Hälfte der Fußgängerzone einnehmenden Gleise durch selbige hindurchfährt. Eine große Straße nahe der Innenstadt wird in den Untergrund verlegt, an der Oberfläche entsteht ein neuer Raum, der lebenswerter ist. Zugleich werden die S-Bahnen nicht mehr in der Fußgängerzone durch Vorsicht wegen achtlos kreuzender Fußgänger langsam fahren oder Verspätung ansammeln müssen.

Am Ende wird es ganz wunderbar. Aber das ist noch ein bisschen hin. Und so nehme ich die Umleitung von der Umleitung hin. Ein bisschen genieße ich ja sogar, die ganzen Linien in meinem Kopf neu zu ziehen. Denn mit Linien hab‘ ich’s, das macht mir Spaß. Umleitungen machen natürlich weniger Spaß, aber hey: Die enden auch irgendwann. Und dann wird es ganz wunderbar.

2 Kommentare zu „Umleitung

  1. Ich wohne in einem Nest. Und hier gibt es ständig Großbaustellen. Jetzt wurde gerade ein halbes Jahr lang ein Kreisverkehr vergrößert. Endlich fertig, und schon wird eine Hauptverkehrsstraße gesperrt um dort die Asphaltdecke zu erneuern (3 Monate Bauzeit). Ebenso ist anderswo eine Straße gesperrt um dort einen Kreisverkehr zu bauen und gleichzeitig eine Brücke zu erneuern. Bauzeit 2 Jahre. Seitdem ich hier wohne überlege ich eigentlich nur noch, über welche Umleitung ich am besten fahren kann 🙄

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