Regen

Gestern regnete es. Es – regnete.

Im Buch „Es gibt hier nur zwei Richtungen, Mister“ sagt der Ich-Erzähler, dass im Bereich des Lake Superior, auf kanadischer Seite, Wald etwas sei, mit dem man leben müsse oder verrecken. Nicht wie in Deutschland „Wald“, der eigentlich nur Wäldchen sei, in den man hineinfahre und darin ein bisschen herum und dann wieder hinaus, sondern richtig Wald, der nicht mehr aufzuhören scheine.

So war es gestern mit dem Regen. Es regnete. Man ging in den Regen oder blieb daheim. Rausgehen ohne Regen war nicht drin. Es gab mal mehr, mal weniger dichten Regen, mal mehr, mal weniger große Tropfen. Aber Regen. Immer Regen. Noch immer halten wir uns an dem Mantra fest, dass der letzte Sommer zu heiß und zu trocken war, dass die Reservoirs noch nicht wieder aufgefüllt sind. Wir schauen raus und freuen uns über den Regen, denn er sagt, dass die Gefahr einer Dürre schwindet. Inzwischen bildet sich auf den ersten Flüßchen Hochwasser – heute auf der Fahrt zum Fitnessstudio erzählte das Radio vom mächtigen, braunen Strom, zu dem das Flüßchen Fils geworden ist. Draußen regnete es. Als wir wieder aus dem Studio kamen, mein Mann und ich, meinte ich, es sei besser geworden mit dem Regen. Tropfen schlugen in die Pfützen ein. Es regnete.

Das alles konnte mir nur zeitweise schlechte Laune machen, den Großteil des Tages war ich gutgelaunt, weil ich Auli’i Cravalhos Performance in „How Far I’ll Go“ und „I am Vaiana“ auf den Kopfhörern hatte, morgens im Zug. Nur auf dem Heimweg war’s dann ein bisschen arg mit Arbeitstag und Regen und noch mehr Regen. Was aber definitiv cool war, war der Lauf in der Stunde, die laut Wetterbericht den intensivsten Regen des Tages brachte. 3,6 Liter pro Quadratmeter, das gab eine Wetter-Seite für die Stunde zwischen zwölf und eins an. Es war genau die Zeit, in der ich etwa vierzig Minuten draußen laufen war. „Zwei Liter!“, verkündete ich fröhlich, als ich völlig durchnässt wieder im Büro ankam. Zwei Liter habe ich wohl abbekommen und in Haaren und Laufsachen aufgesogen. Die waren nach einem Arbeitsnachmittag auf der Leine immer noch patschnass, als ich sie in den Rucksack packte. Eingestandenerweise war auch die Bewunderung der anderen Läuferinnen und Läufer im Referat, dass ich bei diesem Wetter laufen gegangen war, ein ganz schöner Flash für mich. Mir macht das beim Laufen gar nichts mehr aus. Einzig die vielen Tropfen auf der Brille sind lästig, aber die kann man ja in der Hand tragen oder in die Tasche der Regenjacke stecken. Ansonsten ist’s während dem Laufen gar nicht schlimm, wenn es regnet. Rutschige Waldwege sind Koordinationstraining, der Regen ist frisch im Gesicht und die Luft ist toll, wenn sie vom Regen gewaschen wird. Erst danach wird’s eklig – aber wenn man dann die nassen Sachen ausziehen und durch trockene ersetzen kann, ein Handtuch über die Haare reiben oder sogar warm duschen kann, ist auch das kein Problem. Dennoch: All die Leute, die lieber bei trockenem Wetter laufen, bewundern einen, wenn man durch den Regen rennt und dann auch noch gut gelaunt zurückkommt. Genau das habe ich nämlich gemacht.

Weil es gestern regnete. Es – regnete.

3 Kommentare zu „Regen

  1. Hier regnet es auch viel. Ist aber nach dem letzten Sommer auch ganz gut so. Nützt ja nichts. Wer weiß was noch kommt. Der Sommer hat ja noch nicht angefangen.
    LG Jürgen

  2. Kennst Du das auch von Begegnungen mit anderen Regenläufern, dass man einander mit wissendem Blick, wie verschworen grüßt? In diesem Sinne einen Gruß an Dich 😉

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