Inspiriert von Mrs. Flummi und ihren Berichten über ihre Träume habe ich mich entschlossen, auch mal ein bisschen über meine Träume zu schreiben. Dabei will ich ein paar herausgreifen, die in irgendeiner Weise herausstachen. Dieser hier ist der erste, weil er eine sehr wichtige Botschaft vermittelte.
Es war im Frühsommer 2007, also schon eine ganze Weile her – zehn Jahre nunmehr! Ich befand mich mitten in einer Hormontherapie und zugleich in meiner Doktorarbeit – so ganz nebenbei war ich auch in einer Phase, in der ich mich (auch wegen der Hormontherapie) besonders stark für Männer interessierte. Hormone sind so eine Sache, manchmal reagieren Menschen sehr unterschiedlich darauf. Bei mir wurde Estradiol durch die Haut und ein vor allem Gestagen enthaltenes Präparat als Tablette eingesetzt. Natürlich gab es regelmäßige Blutkontrollen – und eines Abends bekam ich einen Anruf, man habe in meinem Blut eine stark erhöhte Konzentration eines bestimmten Hormons gefunden – keines der verabreichten allerdings. Ich nahm es auf die leichte Schulter, dachte mir so: „Kein Problem, ich fühle mich gut!“
Dann träumte ich in der Nacht darauf. Ich saß in einem Zimmer, es gab dort ein recht hoch gelegenes Fenster, vor dem eine Kommode stand. Auf dieser Kommode, so eine altmodische, verzierte Holzkommode, wie man sie in Filmen über die viktorianische Zeit vermuten würde, aus dunklem Holz, lag ein weißes Spitzendeckchen, die vordere Ecke hing leicht von der Kante der Kommode herunter. Darauf stand ein Schälchen, weitgehend weiß, ein paar blaue Verzierungen, aus Keramik. Auch hier verschlungen und verschnörkelt, wie keramikgewordene Spitze an den Rändern der Schale – und darin befand sich ein bisschen Milch. Die Szene wirkte furchteinflößend für mich, noch bevor ich den Kopf einer Kobra aus weißem Keramik, mit Goldapplikationen in den Falten des Reptilienkörpers und goldenen Augen am Fenster sah. In meinem Traum blinzelte ich manchmal oder sah weg. Nie sah ich die Keramik-Kobra sich bewegen – denn Keramik-Schlangen können sich nicht bewegen, egal, wie gefährlich sie aussehen. Dennoch hatte ich den Eindruck eines Schlängelns. Und dennoch kam das Traumwesen, das mir eine furchtbare Angst einjagte, mich aber auch furchtbar in seinen Bann schlug, mit jedem Blinzeln, jedem Weggucken ein bisschen näher. Zuerst sank es – immer von den Wegguck-Phasen verborgen – mit dem Kopf voran die Wand unterhalb des Fensters herab in Richtung der Kommode, dann lag der Kopf in dem Schälchen, in der Milch, dann starrte mich das Keramik-Tier direkt an, während es den Kopf – immer von Schwarzblenden unterbrochen, die dann eher wie flackerndes Licht als wie Weggucken oder Blinzeln wirkten – über den Rand des Schälchens in meine Richtung reckte. Die Augen des Wesens blitzten goldene Blitze in alle Richtungen und in der Milch im Schälchen breiteten sich Wellen aus um den Körper, wobei das Gefühl von Bewegung da war, aber eigentlich alles eher eine Momentaufnahme zu sein schien.
Dann wachte ich schweißgebadet auf. Das Hormon, das ich in alarmierender Weise zu hoch konzentriert im Blut hatte, so hoch, dass das Labor die Ärztin angerufen hatte, war Prolaktin. Ein krankhaft erhöhter Wert kann auf ein (medikamentös behandelbares, aber nichtsdestotrotz gefährliches) Geschwulst in der Hypophyse hindeuten, so meine Ärztin. Außerdem kann es, im „eindeutig pathologischen Bereich“, in dem sich mein Blutspiegel befand, für krankhafte Veränderungen der Brust förderlich sein. Vor diesem Traum hatte ich es leicht genommen. Nach dem Traum wusste ich: Es gibt Handlungsbedarf. Die Medikation wurde verändert, wir haben gemeinsam abgestimmt, wie wir es machen – meine Ärztin und ich. Binnen kurzem war das Problem im Griff. Aber erst der Traum hat mir klargemacht, wie ernst die Lage war – und wie ernst auch mein Geist, meine Emotionen die Lage nahmen, wo mein bewusster Verstand – wider alle Vernunft – das Ganze leicht nahm.
Ein faszinierender Traum – zudem eindringlich und bildhaft erzählt.
Das Schälchen mit Milch als Symbol für Prolaktin/ Brust; so wie ich es verstehe?
Genau das – und die Schlange für die Angst, die Gefahr und die Bedrohung durch den hohen Wert bzw. dessen Ursache.